Georg Simmel und das Wesen der Gesellschaft


Hausarbeit, 2009

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Text: „Soziologie der Geselligkeit“
Das Wesen der Geselligkeit
Individuum vs. Gemeinschaft
Der gesellige Mensch
Das Prinzip der Geselligkeit
Das Gesellschaftsspiel – Gesellschaft spielen
Das gesellige Gespräch
Die gesellige Ethik
Gesamtdeutung der Geselligkeit
Zusammenfassung

Text: „Soziologie der Mahlzeit“
Zusammenfassung

Textvergleich

Wie ist Gesellschaft möglich?

Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Wir leben in ihr, sind Teil von ihr, sie bestimmt uns ebenso wie wir sie bestimmen und doch erscheint es beinahe unmöglich sie zu fassen: Die Gesellschaft.

Doch was macht ihr Wesen aus und wie ist sie überhaupt möglich. Dieser Frage hat sich der Philosoph und Mitbegründer der deutschen Gesellschaft für Soziologie, Georg Simmel, zeitlebens gewidmet.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit zwei Abhandlungen Simmels: „Die Soziologie der Geselligkeit“ und „Die Soziologie der Mahlzeit“. Erstere Abhandlung wurde anlässlich des ersten deutschen Soziologentages im Jahre 1910 erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht[1], während letztere im gleichen Jahr im Berliner Tageblatt erschien[2].

Georg Simmel, der als einer der Wegbereiter der deutschen Soziologie gilt, beschäftigte sich in seinen Werken eingehend mit der Frage nach dem Wesen der Gesellschaft. Er beschritt seinerzeit einen neuen Weg der Gesellschaftswissenschaften und gab dabei viel Inspirationen und Anregungen auf denen andere später verfasste Arbeiten aufbauten.

Im Zuge des Seminars „Figuren der Gemeinschaft“ soll auf Basis der eingehenden Analyse beider Texte eine Annäherung an die Frage nach dem Wesen der Gesellschaft stattfinden.

Nach einer ausführlichen Vorstellung beider Texte, werden Vergleiche zwischen diesen beiden Texten gezogen, um sich zum Schluss anhand dieser Texte der grundlegenden Frage zu widmen, wie Gesellschaft möglich ist.

2 Text: „Soziologie der Geselligkeit“

2.1 Das Wesen der Geselligkeit

In seinem Text „Soziologie der Geselligkeit“ wirft Simmel gleich zu Beginn die Frage nach dem Wesen der Gesellschaft auf. Diesem schreibt er „eine Realität in doppeltem Sinne“[3] zu: Zum einen die Individuen als unabhängige Wesen und zum anderen all die Interessen und Inhalte von denen diese in ihrem Handeln geleitet werden.

Die Bildung von Zusammenschlüssen im Vergesellschaftungsprozess ist zwar zunächst von Interessen verschiedener Art motiviert, jedoch stets von einer jenseits dieser Inhalte vorhandenen Befriedigung begleitet, welche sich aus der Überwindung der Einsamkeit des Individuums ergibt. Das Streben nach dieser Befriedigung bezeichnet Simmel als Geselligkeitstrieb, der vergleichbar mit dem Spieltrieb oder dem Kunsttrieb an ein grundlegendes seelisches Bedürfnis geknüpft ist.

Der Geselligkeitstrieb löst nun aus der Ganzheit des sozialen Lebens die pure Form des Miteinanders als einen eigenen Wert heraus. Diese heraus gelöste Form des Miteinanders bezeichnet Simmel als die „Geselligkeit im engeren Sinne“[4].

Geselligkeit ist für Simmel also der Wert der Vergesellschaftung an sich, ohne Berücksichtigung irgendwelcher zweckrationalen Interessen. Er versucht also durch das Ausklammern aller Inhalte und Interessen, welche unser Leben bestimmen, den Wurzeln der Sozialität nach zu spüren.

Das „Wesen der Geselligkeit“ bestimmt Simmel wiederum durch den Vergleich mit dem Spiel. Ebenso wie das Spiel konstituiert sich die Geselligkeit durch eine enge Formbeziehung zur Realität. Das heißt, es werden die grundlegenden Formen sozialer Beziehungen in der Geselligkeit aufgegriffen, die Reibungswiderstände und Konsequenzen der Realität bleiben jedoch außen vor.

In diesem Sinne bezeichnet er die Geselligkeit als die Spielform der Vergesellschaftung [5] und zu ihr inhaltlich im Verhältnis stehend wie das Kunstwerk zur Realität. Dementsprechend lässt sich also sagen, dass die Geselligkeit ihrem Inhalt nach eine Abstraktion der realen Gesellschaft darstellt.

2.2 Individuum vs. Gemeinschaft

Simmel bezeichnet es als eines der größten Probleme der Gesellschaft eine Balance zwischen den Interessen des Individuums und denen der Gemeinschaft herzustellen. Die Lösung dieses Widerstreits ist nach Simmel nur in der Geselligkeit zu finden: Die Geselligkeit, welche frei von individuellen Inhalten und Interessen existiert, gründet sich eben wegen dieser Zweckfreiheit ausschließlich auf den in ihr vorhandenen Persönlichkeiten.

Da egoistische Interessen in der Geselligkeit als regulative und als die Sozialform bestimmenden Elemente entfallen, muss es eine andere Art der Selbstregulierung geben, die aus der Form des Beisammenseins selbst entspringt. Als diese Art der Selbstregulierung des Individuums führt Simmel das Taktgefühl an. Dieses erachtet Simmel gerade dort als unabdingbar, wo es keine aus egoistischen Interessen entspringenden Bedingtheiten gibt[6]. Das heißt, man wird im Alltag in seiner Interaktion mit anderen Menschen oftmals davon geleitet, dass man etwas haben oder erreichen möchte. Um zu bekommen, was man will, muss man sich um die Gunst seines Gegenübers bemühen und sein Verhalten entsprechend anpassen. Kaum jemand wird einem einen Dienst erweisen, wenn man sich ihm gegenüber asozial verhält.

Das Taktgefühl hingegen existiert laut Simmel jenseits dieser Interessen. Woher dieses Taktgefühl kommt oder woraus es entspringt, erklärt Simmel leider nicht. Es wird stattdessen schlichtweg als vorhanden vorausgesetzt.

Die Geselligkeit konstituiert sich auf Basis des Taktes nun als ein „soziale[s] Kunstgebilde“[7], in dem die Individuen sowohl die objektiven Bedeutungen ihrer Persönlichkeit (also gesellschaftlicher Stand, Reichtum, Bildungsstand etc.), als auch ihr zutiefst Persönliches (Stimmung, Probleme, Ängste, Depressionen etc.) außen vor lassen müssen. Diese beiden Grenzen, das rein Objektive und das zutiefst Persönliche, bezeichnet Simmel als die obere und die untere Geselligkeitsschwelle [8] .

In der Praxis bedeutet das, dass es für das gesellige Beisammensein unvorteilhaft ist, wenn jemand beispielsweise beginnt, sehr intime Probleme zum Thema zu machen. Ebenso schädlich ist es, wenn zum Beispiel eine prominente Persönlichkeit an einem geselligen Beisammensein teilnimmt, und sich aufgrund ihrer/ seiner Prominenz die gesamte Aufmerksamkeit nur auf ihn/ sie richtet.

Beide Übertretungen der Geselligkeitsschwellen haben ein Ungleichgewicht zur Folge, hervorgerufen durch eine zu starke Akzentuierung eines einzelnen Individuums. Es lässt sich hieraus der Nutzen der von Simmel bestimmten Geselligkeitsschwellen erkennen.

2.3 Der gesellige Mensch

Der Mensch als solcher ist „ein noch ungeformter Komplex von Inhalten“[9], welche je nach Anforderung der Situation geformt werden. Ebenso wie als Familienmensch oder als Politikschaffender, wird auch der gesellige Mensch als ein einmaliges Gebilde geformt. In die Geselligkeit tritt er einerseits in seiner reinen Menschlichkeit ein, andererseits muss er jedoch aufgrund der Geselligkeitsschwellen das Objektive und das Innerste seiner Persönlichkeit zurückhalten[10].

An anderer Stelle äußert Simmel allerdings, dass es ein Trugschluss sei, dass uns der Verzicht auf objektives und persönliches Wesen mit unserem „natürlich-persönlichen Sein“[11] in die Geselligkeit eintreten lässt. Tatsächlich kommt es durch die wachsende Überlastung des modernen Lebens mit objektivem Inhalt und Sachforderungen zu einer voranschreitenden Stilisierung des geselligen Menschen und dessen Entfernung vom eigenen Ich[12]. Das heißt, mit der zunehmenden Ausdifferenzierung der Kultur, wird das persönliche Sein immer stärker in den Hintergrund gerückt, also sozusagen von der Kultur überdeckt. Simmel widerspricht sich also im Grunde selbst, da es nach seiner eigenen Aussage so etwas wie reine Menschlichkeit in der modernen Welt gar nicht mehr gibt.

[...]


[1] http://socio.ch/sim/verschiedenes/1910/geselligkeit.htm

[2] vgl. http://socio.ch/sim/mahl10.htm

[3] Simmel, S. 177

[4] Simmel, S. 178

[5] Simmel, S. 180

[6] vgl. Simmel, S. 180 f.

[7] Simmel, S. 181

[8] Simmel, S. 182

[9] Simmel, S. 182

[10] vgl. Simmel, S. 182

[11] Simmel, S. 184

[12] vgl. Simmel, S. 184

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Georg Simmel und das Wesen der Gesellschaft
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Veranstaltung
Figuren der Gemeinschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
18
Katalognummer
V214479
ISBN (eBook)
9783656427674
ISBN (Buch)
9783656438564
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Georg Simmel, Gesellschaft, Gemeinschaft, Geselligkeit
Arbeit zitieren
Anja Schneck (Autor:in), 2009, Georg Simmel und das Wesen der Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214479

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Georg Simmel und das Wesen der Gesellschaft



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden