Das klassizistische Triest


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Klassizismus
2.1 Triest: Städtebauliche Entwicklung im 18. und 19. Jahrhundert

3 Klassizistische Architekten in Triest
3.1 Matteo Pertsch
3.1.1 Bauten in Triest
3.1.1.1 Teatro Verdi
3.1.1.2 Palazzo Carciotti
3.1.1.3 Casa Pancera
3.1.1.4 San Nicolò dei Greci
3.1.1.5 La Lanterna
3.2 Pietro Nobile
3.2.1 Bauten in Triest
3.2.1.1 Casa Costanzi
3.2.1.2 San Antonio Traumaturgo
3.3 Antonio Molari
3.3.1 Bauten in Triest
3.3.1.1 Borsa Vecchia
3.4 Antonio Buttazzoni
3.4.1 Bauten in Triest
3.4.1.1 Casa Stratti

4 Schlußwort

5 Glossar

6 Bibliographie

1 Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit befaßt sich mit der Stadt Triest zur Zeit des Klassizismus. Es wird nur von Klassizismus gesprochen, auch wenn in italienischen Quellen vom neoclassicismo die Rede ist. Im Italienischen wird der Begriff neoclassicismo benutzt, damit es nicht zu Verwechslungen kommt, und ganz deutlich wird, daß die Klassik wieder aufgegriffen wird. Im Deutschen ist der Begriff Neoklassizismus nicht weit verbreitet, daher wird er hier nicht benutzt. In Kapitel 2 bekommt der Leser zunächst einen Einblick in die Epoche des Klassizismus. Hierbei wird besonders auf Entstehung und Hauptmerkmale des Klassizismus eingegangen. In Kapitel 2.1 wird die Rolle Triests behandelt. Hierbei stehen die städtischen Erweiterungen unter Kaiserin Maria Theresia im Vordergrund. Der Leser steigt also gleich in die Geschichte Triests des 18./ 19. Jahrhunderts ein, ein geschichtlicher Hintergrund wird vorausgesetzt. Kapitel 3 ist den vier Hauptvertretern des Klassizismus in Triest, das heißt Matteo Pertsch, Pietro Nobile, Antonio Molari und Antonio Buttazzoni, gewidmet. Am Anfang jedes Unterkapitels finden sich Daten zum Leben der Architekten, die jedoch nicht sehr tiefgründig sind, da nicht sehr viel Informationsmaterial über die Künstler zu finden ist. Was die klassizistischen Bauten dieser Architekten betrifft, so habe ich mich auf die wichtigsten von ihnen beschränkt. So weit es mir möglich war, habe ich zur Veranschaulichung Abbildungen eingefügt. Bei nicht bekannten architektonischen Termini kann das Glossar in Kapitel 5 zu Rate gezogen werden. Zum Schluß möchte ich noch darauf hinweisen, daß die Jahreszahlen verschiedener Quellen nicht immer miteinander übereinstimmten. Ich habe dann das Datum ausgewählt, welches am häufigsten zu finden war.

2 Der Klassizismus

Der Klassizismus schließt sich als europäische Stilrichtung an den Barock und das Rokoko an. Er entwickelte sich in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts und umgreift die Epoche von etwa 1750/70 bis etwa 1830/40[1]. Man kann ihn nicht scharf von gleichzeitigen und folgenden Stiltendenzen (Romantik, Historismus) abgrenzen[2].

Die klassizistische Architektur stellt auf der einen Seite eine Gegenreaktion auf die übersteigerte Formensprache des Barock und des Rokoko dar, und auf der anderen Seite ist der Klassizismus entscheidend von den antiken griechischen und römischen Bauwerken beeinflußt, die man bei den archäologischen Ausgrabungen in Herculaneum (1738) und Pompeji (1748) entdeckte. Der Klassizismus ist dabei ebenso Ausdruck einer Geisteshaltung, die sehr großen Wert – den Idealvorstellungen der antiken Baukunst entsprechend - auf Reinheit und Erhabenheit der Formensprache legt. Die Bauwerke sollten nicht – wie im Rokoko - heitere Sinnenfreude widerspiegeln, sondern auf ernste und würdevolle Weise Ideen darstellen. Doch die Epoche stand nicht nur im Zeichen der Philosophie:

Im 18. Jh. kam das Reisen in Mode – jedenfalls unter den Menschen, die genügend Zeit und die nötigen finanziellen Mittel besaßen. Griechenland, das damals Teil des Osmanischen Reiches war und von Westeuropäern bis dahin nur selten besucht worden war, entwickelte sich zum Anziehungspunkt für Altertumsforscher und Architekten. Eine bedeutende Rolle spielten dabei auch James Stuart und Nicolas Revett, zwei junge britische Architekten. Sie fertigten während eines dreijährigen Griechenlandaufenthaltes detaillierte Zeichnungen von den antiken Ruinen an, die sie dann später veröffentlichten. Neue Erkenntnisse über die Praktiken der antiken Baumeister erbrachten aber vor allem auch die Schriften[3] Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst (1755) und Geschichte der Kunst des Altertums (1764)[4] des deutschen Dichters und Altertumsforschers Johann Joachim Winckelmann (1717-1768), der unter anderem jene aufsehenerregenden Funde beschrieb, die die Ausgrabungen in Pompeji zu Tage förderten.

All diese Entwicklungen ermöglichten den Architekten im 18. Jh. eine weitaus engere Anlehnung an die antiken Originale als zum Beispiel ihren Vorgängern in der Renaissancezeit[5]. Winckelmanns Schönheitsideal verkörperte die griechische Kunst, weil sich dort kein „übertriebener Ausdruck“ findet, sich die Beobachtung der Künstler vielmehr “[...] auf die Wirkungen der sich selbst belassenen Natur und auf die Wohlanständigkeit richtet“[6]. So wurde das ästhetische Ideal der ganzen Epoche durch Winckelmanns „edle Einfalt und stille Größe“ definiert[7].

Klassizistische Bauwerke zeichnen sich durch eine klare, elegante Linienführung aus. Die strengen, blockartigen Baukörper wirken ziemlich schmucklos, die Wandflächen sind glatt – im Gegensatz zu den dynamisch-bewegten Wandformen, wie man sie im Barock kannte. Zu den hervorstechenden Architekturdetails gehören freistehende Säulen und Kolonnaden[8], wobei die dorische Ordnung bevorzugt wurde[9]. Der Prototyp, an dem sich die klassizistische Architektur orientiert, ist der antike Tempel: In ihm sahen die Klassizisten die Bauregeln der Antike in ihrer reinsten Form verkörpert. Die Säule, die im antiken Tempelbau als Träger lastender Bauteile wie des Gebälks eine konstruktive Funktion übernimmt, wird in der klassizistischen Architektur wieder verstärkt als tragendes Element verwendet – nachdem sie in früheren Stilepochen mehr zu dekorativen Zwecken eingesetzt wurde. Typische Merkmale der Fassadengliederung sind Dreiecksgiebel und vorgesetzte Säulenordnungen, meist in Form eines der Eingangsseite des Gebäudes vorgelagerten Säulenportikus. Hier fällt der Einfluß der griechischen und römischen Tempelbauten besonders deutlich ins Auge.

Charakteristisch ist weiterhin das zurückhaltende Dekor des Außenbaus. Die Steinmetz-, Stuck- und Holzarbeiten wirken gegenüber Bauten früherer Epochen strenger und nüchterner; ihre technische Ausführung zeugt von sehr hoher Qualität und äußerster Sorgfalt.

Die konsequente Wahrung der klassischen Proportionen des Außenbaus stellt einen der vordringlichsten Grundsätze der klassizistischen Architektur dar. Das Gebäudeinnere

wird daher den Vorgaben des Außenbaus entsprechend angepaßt. Fenster, Türen und Treppen sind so angeordnet, daß sie den harmonischen Gesamteindruck des Äußeren nicht

stören. So ist es typisch für die Fassadengliederung, daß Türen und Fenster häufig hinter den Kolonnaden zurücktreten. Dieses auf vollkommene Ausgewogenheit ausgerichtete Gestaltungsprinzip stellte hohe Anforderungen an die Klassizisten. Sie waren vor das Problem gestellt, die vorbildhaften Formen der Antike mit den „modernen“ Ansprüchen und neuer Bauaufgaben zu vereinen[10].

Im Geiste der Humanitätsidee wuchs ein neues Bürgertum heran, dessen Selbstbewußtsein die Ideen der französischen Revolution entwickelt und gestärkt haben, die zum geistigen Träger der Kunst wurden, nachdem kirchliche und weltliche Mäzene durch die allgemeine Kritik am Absolutismus und dessen Ständeordnung immer mehr an Bedeutung verloren. Während früher weltliche und kirchliche Fürsten oder gebildete Liebhaber Auftraggeber und Kunstkenner waren, übte jetzt das Bürgertum einen nicht unwichtigen Einfluß auf die kunstgeschichtliche Entwicklung aus[11]. Zahlreiche öffentliche Gebäude wurden in Auftrag gegeben[12] und auch Museen, öffentliche Ausstellungen und die Kunstliteratur sind dieser gesellschaftlichen Umschichtung zu verdanken[13].

2.1 Triest: Städtebauliche Entwicklung im 18. und 19. Jahrhundert

Eine neue Periode der Stadt begann im Jahre 1719: Der Habsburger Kaiser Karl VI. (1711-1740) erklärte Triest zusammen mit Fiume am 18. März 1719 zum Freihafen[14].

Die Stadt, die bisher vom Verkauf von Wein, Öl und Salz gelebt hatte, erfuhr einen außerordentlichen Aufschwung, und zog Arbeiter, Seeleute, Kaufleute und Unternehmer an[15]. Die Einwohnerzahl, die um 1700 nicht mehr als etwa 4000 betragen hatte, erhöhte sich 1780 auf 17 000, 1791 auf 24 000, und gegen Ende des 19. Jahrhunderts war sie auf 176 000 angewachsen. Schon bald nach der Eröffnung des Freihafens mußte mit der Erweiterung der Stadt begonnen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Die Stadt Triest unter Kaiser Karl VI - 1740[16]

Abb.1 zeigt die Stadt Triest unter der Herrschaft Karl VI. im Jahre 1740, also noch vor der Stadterweiterung.

Die Bildung neuer Quartiere im 18. und 19. Jh. vollzog sich in 3 Phasen:

1. Città Teresiana oder Città Nuova: 1749 ließ Kaiserin Maria Theresia (1740-1780), Karls Tochter und Nachfolgerin, die mittelalterlichen Mauern schleifen. Die erste Ausdehnung des Wohngebietes erfolgte nach Norden, jenseits der Porta Riborgo[17]. Die Planer gaben zunächst nur die allgemeine Viertelgestaltung vor, die ein geometrisches System aus mehreren schnurgeraden, sich rechtwinklig kreuzenden Straßenachsen mit großen Häuserblöcken vorsah[18]. Im ganzen Gebiet, indem sich, wie in Abb.1 erkennbar, Salinen befanden, wurden die Kanäle ausgetrocknet und zu Straßen umgestaltet. Nur der sogenannte Canal Grande, an dem Segler mit Waren aus der ganzen Welt anlegten, blieb bestehen und wurde verbreitert und vertieft. Auf ihm fuhren die Segelschiffe ihre Waren bis ins Zentrum des neuen Stadtviertels. Der erst 1934 in seiner Länge reduzierte Kanal reichte ursprünglich bis an die Stufen der Kirche San Antonio Traumaturgo und durch Anlage beweglicher Brücken konnten ihn auch größere Schiffe befahren. Er bildete die Hauptachse der theresianischen Stadt, welche, begrenzt von Corso Italia, Via Cavour, Via Ghega und Via Carducci, zum Teil bis heute ihre ursprüngliche Physiognomie bewahrt hat[19]. Die Planer entwickelten zwei Haustypen, die als Standard für Wohn- und Geschäftshäuser übernommen wurden. Der frühere Typ bestand aus hohen Lagerräumen

[...]


[1] Vgl.: Eva Howarth: DuMonts Schnellkurs >Architektur< von der griechischen Antike bis zur Postmoderne. Köln: DuMont, 1992, S. 173

[2] Vgl.: dtv-Lexikon, München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1992, Band 13, S. 327

[3] Vgl.: Howarth, S. 173 f.

[4] Vgl.: Antje Longhi: Der Klassizismus in DuMont: Kunst: Die Weltgeschichte. Köln: DuMont, 1997, S. 359

[5] Vgl.: Howarth, S. 174

[6] Vgl.: Longhi, S. 359

[7] Vgl.: Longhi, S. 360

[8] Vgl.: Howarth, S. 176 f.

[9] Vgl.: dtv-Lexikon, S. 327

[10] Vgl.: Howarth, S. 177 ff.

[11] Vgl.: Gina Pischel: Große Kunstgeschichte der Welt. 1. Aufl., München: Südwest Verlag, 1975, S. 570 f.

[12] Vgl.: Howarth, S. 177 ff.

[13] Vgl.: Pischel: S. 570 f.

[14] Vgl.: Klaus Zimmermanns und Andrea Theil: Friaul und Triest, Unter Markuslöwe und Doppeladler – Eine Kulturgeschichte Oberitaliens. 1. Aufl., Köln: DuMont Buchverlag, 1999, S. 302 und http://www.triestetourism.it/itinerari/itinerario5.htm

[15] Vgl.: Zimmermanns/ Theil, S. 302

[16] http://triestemia.com/gallery/plan01.htm

[17] Vgl.: Manfred Wundram (Hg.): Reclams Kunstführer Italien: Südtirol, Trentino, Venezia Giulia, Friaul, Veneto: Baudenkmäler und Museen. 2. Aufl., Stuttgart: Philipp Reclam Jun., S. 522 f.

[18] Vgl.: Zimmermanns/ Theil, S. 303

[19] Vgl.: Wundram (Hg.), S. 522 f.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Das klassizistische Triest
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (FASK Germersheim)
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
26
Katalognummer
V21328
ISBN (eBook)
9783638249720
Dateigröße
1048 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Triest, Klassizismus, Kulturwissenschaft, Architektur
Arbeit zitieren
Diplom-Übersetzerin Karoline Ebel (Autor:in), 2000, Das klassizistische Triest, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21328

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