Pilgerfahrten im 15. Jahrhundert. Das Fremde in den Reiseberichten Bernhard von Breydenbachs und Arnold von Harffs


Hausarbeit, 2013

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung
1.1 Quellenlage
1.2 Fragestellung und Vorgehensweise

2. Quellenvergleich
2.1 Jerusalem
2.2 Kairo
2.2 Alexandria

3. Fazit

4. Anhang
4.1 Quellenverzeichnis
4.2 Literaturverzeichnis

1.Einleitung

1.1 Quellenlage

Die Reiseberichte des Mainzer Domdekans Bernhard von Breydenbach und des Ritters Arnold von Harff zählen zu den bedeutendsten und bekanntesten Zeugnissen spätmittelalterlicher Pilgerfahrten. Beide Pilger unternahmen gegen Ende des 15. Jahrhunderts ungewöhnlich lange Reisen, besuchten dabei unzählige bekannte Pilgerstätten, aber auch selten bereiste Ziele wie Kairo und Alexandria. Der Berichterstattung ist für zeitgenössische Verhältnisse äußert umfangreich. Dementsprechend bieten sowohl die Peregrinato in terram sanctam des Mainzer Domdekans Breydenbach, als auch das Pilgertagebuch des Ritters Arnold von Harff ein großes Untersuchungspotential.

Eine vergleichende Untersuchung der beiden Pilgerberichte gestaltet sich äußerst interessant. So findet man hier zwei ganz unterschiedliche Pilger, mit verschiedenen Hintergründen und Intentionen, welche die Gestaltung des jeweiligen Berichtes beeinflussen. Als Quellen dienen dieser Arbeit zum einen die von Isolder Mozer 2010 herausgebrachte Fassung der "Peregrination in terram sanctam". In dieser Fassung finden sich sowohl der frühneuhochdeutsche Text, als auch die moderene Übersetzung. Für diese Zusammenstellung bediente sich Mozer einem Großteil aller noch verfügbaren Exemplare der ersten Auflage, von denene viele nur unvollständig erhalten sind. Trotzdem gelang es ihr, den Originaltext vollständig zu rekonstruieren. Zusätzlich fügte Mozer eine Inhaltsangabe, ein Register, sowie ein Itinerarium bei.

Die zweite Quelle stellt "Das Pilgertagebuch des Ritters Arnold von Harff (1496-1498)" dar. Die beiden Autoren Helmut Brall-Tuchel und Folker Reichert übersetzten und kommentierten für diese 2008 erschienene Fassung die Ausgabe von Eberhard von Groote. Zudem wurde eine hilfreiche Einleitung, sowie zahlreiche Abbildungen hinzugefügt.

1.2 Fragestellung und Vorgehensweise

Da beide Werke eine enorme Bandbreite an Analysemöglichkeiten für die geschilderten Darstellungen des Fremden bieten, welche den Umfang dieser Arbeit sprengen würden, reduziert sich dieser Beitrag auf die Begegnungen und Beschreibungen des Fremden in den Städten Jerusalem,Kairo und Alexandria. Zentraler Bestandteil sind hierbei sowohl die unterschiedlichen Schwerpunkte bei der Darstellung des Fremden, als auch die Hintergründe dieser thematischen Gewichtung. Insbesondere die Wahrnehmung und Darstellung fremder Religionen ist elementarer Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit, allerdings werden auch gesellschaftliche Fremdheitserfahrungen berücksichtigt. Zu diesem Zweck werden verschiedenen Passagen der beiden Reiseberichte analysiert, verglichen und hinsichtlich Hintergrund und Bedeutung kontextualisert. Schlussendlich soll zumindest ansatzweise die Frage beantwortbar sein, wie und mit welcher Intention Bernhard von Breydenbach und Arnold von Harff ihre Reiseberichte schrieben. Da die Intention eines solchen Reiseberichtes fast zwangsläufig über eine einfache Wiedergabe des Erlebten hinaus gehen muss, wird im Fazit zudem die Verknüpfung von Intention und Konstruktion innerhalb der Reiseberichte erläutert.

2. Quellenvergleich

2.1 Jerusalem

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts eine Reise ins Heilige Land zu unternehmen, bedeutete zwangsläufig eine weitaus intensivere Konfrontation mit dem Fremden, als zu Zeiten der Kreuzfahrerstaaten. Trotz der erwartbaren Gefahren, wählten viele Pilger den beschwerlichen Weg nach Jerusalem.

Bernhard von Breydenbach erreichte die Heilige Stadt zusammen mit seinen Gefährten am 12.Juli 1483. Der Aufenthalt Arnold von Harffs in Jerusalem wird auf den Dezember des Jahres 1497 datiert. Zeigen sich in anderen Bereichen der beiden Reiseberichte zum Teil erhebliche Unterschiede, überwiegen bei der Berichterstattung über den Aufenthalt in Jerusalem die Gemeinsamkeiten. Berichtet Harff während seines Aufenthaltes in Kairo oder Alexandria vielfältig und thematisiert verschiedene Bereiche von Religion, Gesellschaft, Kultur, Flora und Fauna, liest sich die Passage über die heiligen Stätten in und um Jerusalem ähnlich einseitg wie bei Breydenbach. Besonders bei letzterem ist eine strikte Schematik zu erkennen. Zunächst wird der Ort beschrieben: ,,Von dannen kamern wir in eyn andere alte zerbrochene kyrch· alleyn mit _teynen gemuret· “

Anschließend erfolgt eine Erläuterung der Geschehnisse an diesem Ort, sowie die Benennung des Heiligen, welcher das Geschehen prägte: ,,An welchem ende die jHgfrau maria nach dem tod vnd uff er_tennHg cri_ti jhe_u yres l1eben kyndes·wol ·xiij· jar hatt gewonet·“ Abschließend erfolgt die Angabe über den erhaltenen Ablass an der jeweiligen Stätte: ,,Vnd i_t an dem _elben ende vergebung aller _unde·“1

Ähnlich geht Harff bei seinen Schilderungen vor: ,,Darin gibt es auf der rechten Seite eine 22 Fuß lange Höhle. Darin wurden das Heilige Kreuz, der Speer, die Nägel und die Dornenkrone gefunden. 307 Jahre nach Christi Geburt. Hier gibt es Vergebung aller Sünden."2

Bei beiden Pilgern ist zudem zu erkennen, dass die Ausführungen umso detailierter ausfallen, desto bedeutender die religiöse Stätte ist. Der Beschreibung der Kirche des Heiligen Grabes fügen sowohl Breydenbach, als auch Harff genaue Größenangaben hinzu.3 Insgesamt bestehen beide Jerusalemberichte fast ausschließlich aus Aneinanderreihungen der unzähligen Stätten, wobei der Mainzer Domdekan standesgemäß noch ausführlicher berichtet. Harff unterbricht die monotone Berichterstattung bei der Beschreibung einer Messe am Heiligen Grab, in deren Anschluss er sich zum ,,[... ] Ritter, zur Ehre des Heiligen Grabes [... ]” schlagen ließ. Die Prozession beschreibt er ausführlich und gibt seinen Schwur wortgenau wieder.4 Während Harff als Ritter zwangsläufig ein bestimmtes Interesse an solchen Titeln hat und im Verlauf seiner Reise noch einige andere Rittertitel sammelt, zeigt sich Breydenbach wenig interessiert und beschreibt nur beiläufig, dass einige seiner Gefährten zum Ritter geschlagen wurden.5 6

Insgesamt sind nur spärliche Schilderungen persönlicher Begegnung mit Menschen fremder Kultur oder anderen Formen des Unbekannten zu erkennen. Diese Tatsache lässt sich auf zwei Gründe zurückführen. Einerseits legten sowohl Harff, aber natürlich im noch stärkeren Umfang Breydenbach, ihren Schwerpunkt bei der Besichtigung Jerusalems von vornherein auf die Heiligen Stätten. Viel stärker als in Kairo oder Alexandria, bot sich hier die Möglichkeit, die zentralen Standorte und Wurzeln des eigenen Glaubes zu ergründen.7

Andererseits reisten Breydenbach und Harff zu einem Zeitpunkt , als Jerusamlem noch ein touristisch organisiertes Pilgerziel war und mit seinen umfangreichen christlichen Wallfahrtsorten wenig Spielraum für ein außerplanmäßiges, kulturelles Aufeinandertreffen bot.8 Dementsprechend reduzierten sich solche Begegnungen auf das Zusammentreffen von Pilgern und Einheimischen, welche in die ansässige Touristik involviert waren. In erster Linie waren dies Führer, Wächter oder Verwalter religiöser Stätten, welche mit den christlichen Pilgern ihren Lebensunterhalt verdienten. Treffen solcher Art finden sind insbesondere bei Bernhard von Breydenbach zahlreich. So gelingt es ihm und seinen Gefährten nur durch Bestechung der mamelukischen Wächter in das Haus Pilatus' zu gelangen.9 Harff gelingt die Besichtigung auf die selbe Weise.10 Auch im Tempel des Heiligen Grabes musste eine Abgabe geleistet werden, um Eintritt zu erlangen.11 Einige Stätten blieben den Pilgern jedoch auch gänzlich verwehrt. So schafft es Breydenbach nicht, die Kirche der Jungfrau Maria zu besichtigen, da ihm der Eintritt nicht gestattet wird.12

Harff profiliert sich zudem in seinem Bericht als todesmutiger Abenteurer, welcher mit ,,[... ] geheim gehaltener Hilfe eines Mamluken in den Tempel Salomos gelangen kann [... ]”.13 Bedrohliche Begegnungen mit den Heiden erlebt Breydenbach insbesondere vor den Toren der Stadt. Auf dem Weg nach Jerusalem berichtet er von einem bedrohlichen Erlebnis mit der einheimischen Bevölkerung, ,,[... ] die _ich yn den dorffen vnd in dem veld ver_amelen mit gro__er zal· vnnd werffen mit _teynen in die pilgeren· "14 Auch auf der Rückfahrt von Bethlehem schildert Breydenbach einen Überfall durch eine Gruppe Araber, welche den Pilgern 24 Dukaten abnehmen.15 Vorfälle solcher Art sucht man bei Harff vergeblich. Ob dies dem Zufall geschuldet ist oder Breydenbach seine polemischen Ausführungen gegen den Islam durch persönliche Schreckenserfahrungen untermauern will, bleibt unklar. Deutlich hingegen wird aufgrund der ständigen Wiederholung , dass Breydenbach jede noch so kleine Chance in Form von negativen Erlebnissen mit den Heiden nutzt, um Propaganda zu betreiben.

Den Höhepunkt findet er hierbei in seinen Äußerungen über den Islam, Mohammed, den Koran und alle anderen fremden Religionen. Hierbei wird z.B. in einem Abschnitt die Entstehung des Islam und des Korans beschrieben. Dieser Ausführung zufolge, sei der Koran durch Vermischung von altem und neuem Testament unter Hinzufügung von,,[... ] fal_cheyten [... ]” entstanden16 Weiterhin wird ein manipulativer und betrügerischer Charakter Mohammeds postuliert.17 Auch die einzelnen Artikel des Korans werden angeführt und entwertet. So gelangt Breydenbach zu dem Fazit über den Koran: ,,[... ] daz alles daz do i_t on rechte fatzHg· on rechte ordenung· on alle gezyrde· on alle vernunff v] _ynn al_ _st ge_etzet· [... ]".18

Auch das Judentum wird in einem Abschnitt behandelt. Hauptanklagepunkte sind hierbei die Schuld am Tod Jesus Christi und ihr verleugnender Glaube. Im weiteren Verlauf dieses Abschnittes wird auch der jüdische Zinswucher thematisert. Ebenso ist Breydenbach überzeugt, die Juden praktizieren ,,[... ] vil zaubery v] verbotten kun_ten [... ]”.19 20

Letzendlich lesen sich die komplette Einschübe über den Islam und die anderen Religionen als reine Propagandaschrift, mit dem Ziel, die Irrtümer anderer Religionen aufzuzeigen und den eigenen Glauben zu erhöhen . Breydenbach selbst, fasst das wie folgt zusammen: ,,[... ] wan alleyn eyn eyniger warer glaub i_t· neml1ch der chri_tenlich glaub“21

[...]


1 Mozer, Isolde: Peregrinatio in terram sanctam. Frühneuhochdeutscher Text und Übersetzung, hg. von Isolder Mozer über De Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York 2010 , S.124

2 Brall-Tuchel, Helmut ; Reichert, Volker: Rom-Jerusalem-Santiago. Das Pilgertagebuch des Ritters Arnold von Harff (1496-1498), hg. vom Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2008, S.191

3 Mozer (Hg.): Peregrinatio in terram sanctam, S.132 Brall-Tuchel,Reichert: Rom-Jerusalem-Santiago, S.189

4 Brall-Tuchel, Reichert: Rom-Jerusalem-Santiago, S.194

5 Ebd. S.258: Harff wird vom König Ludwig von Frankreich zum Ritter geschlagen. Hierzu auch: Ganz-Blättler, Ursula: Andacht und Abenteuer. Berichte europäischer Jerusalem und Santiago-Pilger (1320-1520), hg. vom Gunter Narr Verlag, Tübingen 2000, S.235

6 Mozer (Hg.): Peregrinatio in terram sanctam, S.169

7 Beloschnitschenko, Swetlana: Deutschsprachige Pilger- und Reiseberichte des 15. und 16. Jahrhunderts. Eine Untersuchung ihrer Themen und ihrer Sprache im mentalitätsgeschichtlichen Kontext, hg. von Der Andere Verlag, Osnabrück 2004, S.27: Über die Ziele der Jerusalempilger

8 Schröder, Stefan: Zwischen Christentum und Islam. Kulturelle Grenzen in den spätmittelalterlichen Pilgerberichten des Felix Fabri, hg. vom Akad.-Verl. , Berlin 2009, S.13

9 Mozer (Hg.): Peregrinatio in terram sanctam, S.148

10 Brall-Tuchel, Reichert: Rom-Jerusalem-Santiago, S.197

11 Mozer (Hg.): Peregrinatio in terram sanctam, S.132

12 Ebd. S.150

13 Brall-Tuchel, Reichert: Rom-Jerusalem-Santiago, S.197

14 Mozer (Hg.): Peregrinatio in terram sanctam, S.116

15 Ebd. S.164

16 Ebd. S.302

17 Ebd. S.306

18 Ebd. S312

19 Ebd. S.410ff.

20 Ebd. S. 412

21 Ebd. S.456

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Pilgerfahrten im 15. Jahrhundert. Das Fremde in den Reiseberichten Bernhard von Breydenbachs und Arnold von Harffs
Hochschule
Universität Bremen
Veranstaltung
Seminar "Die Erfahrung des Fremden im Heiligen Land: Fremdheitskonstruktionen und Reiseberichte im Mittelalter"
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
18
Katalognummer
V213261
ISBN (eBook)
9783656413905
ISBN (Buch)
9783656414445
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
pilgerfahrten, jahrhundert, fremde, reiseberichten, bernhard, breydenbachs, arnold, harffs
Arbeit zitieren
Felix Wendler (Autor:in), 2013, Pilgerfahrten im 15. Jahrhundert. Das Fremde in den Reiseberichten Bernhard von Breydenbachs und Arnold von Harffs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/213261

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