Der schwedische Kommissar Wallander und der venezianische Kommissar Brunetti

Ein Vergleich und eine Analyse ihres Erfolges in Deutschland


Facharbeit (Schule), 2011

43 Seiten, Note: 15 Punkte (sehr gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Brunetti und Wallander im Vergleich
2.1. Charakterisierung der beiden Kommissare
2.2. Verbrechen, Täter, Polizeiarbeit
2.3. Geografische Verortung der Romanserien
2.4. Erzählstruktur und Einordnung in den Kriminalroman
2.5. Sprachliche Gestaltung

3. Gründe für den weltweiten Erfolg
3.1. Das Erfolgsrezept Donna Leons
3.2. Das Erfolgsrezept Henning Mankells
3.3. Untersuchung auf gemeinsame Aspekte
3.4. Untersuchung auf unterschiedliche Publiken

4. Gründe für die hohe Beliebtheit in Deutschland

5. Kritische Auseinandersetzung mit dem Erfolg der Romanserien

6. Bibliographie

1. Einleitung

Der Kriminalroman gehört seit Jahren zur beliebtesten Gattung in Deutschland. Hervorzuheben sind der schwedische Kommissar Kurt Wallander und der italienische Commissario Guido Brunetti, die sich vor allem im deutschsprachigem Raum hoher Beliebtheit erfreuen.

Mehr als die Hälfte der Gesamtauflage der Wallander-Romane von dreißig Millionen entfällt auf den deutschen Sprachraum. Deutsche pilgern auf Wallanders Spuren durch die Kleinstadt Ystad1 und auch Brunetti ist besonders erfolgreich in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich: „Die verkaufte Gesamtauflage der Bücher im deutschen Sprachraum liegt bei weit über einer Million“2.

Die beiden Kommissare, die unterschiedlicher nicht sein könnten, stammen aus so verschiedenen Teilen Europas, dass sich die Frage stellt:

Warum sind zwei so gegensätzliche Kriminalhelden so gleichermaßen erfolgreich?

Die logische Schlussfolgerung lässt zwei Thesen zu:

1. Den Erfolgsrezepten beider Romanserien müssen gemeinsame Aspekte unterliegen. 2. Es werden unterschiedliche Publiken angesprochen. Ferner ergibt sich die Frage, wie die Autoren Mankell und Leon es mit ihren Ermittlern geschafft haben gerade in Deutschland eine so zahlreiche Leserschaft zu erreichen.

Um die erste Frage zu beantworten, sollen im Verlaufe dieser Arbeit die beiden Kommissare und ihre Romane analysiert und verglichen werden, um auf dieser Grundlage auf die Gründe für ihren Erfolg zu schließen und die aufgestellten Thesen zu überprüfen.

Letztere Fragestellung bedarf daran anknüpfend eines Blickes in die Vergangenheit Deutschlands sowie auf die Assoziationen, die Deutsche mit Italien und Schweden verbinden.

2. Brunetti und Wallander im Vergleich

2.1. Charakterisierung

Zunächst gilt es die besagte Unterschiedlichkeit der Kommissare und der Romanserien herauszustellen. Diese ist am Auffälligsten in der Charakterisierung der beiden Ermittler.

Die ersten Unterschiede finden sich bereits in der äußeren Erscheinung der Protagonisten. Während Kurt Wallander, angestellter Kriminalkommissar im ländlichen Ystad in Südschweden, übergewichtig ist, wird Guido Brunetti wie folgt beschrieben:

„Er war ein überraschend gepflegter Mann: seine Krawatte war sorgfältig gebunden, das Haare kürzer als derzeit Mode (C) Die Kleidung wies ihn eindeutig als Italiener aus. Der Akzent war unverkennbar venezianisch. Sein Blick war der eines Polizeibeamten“3.

Brunetti, angestellt bei der Stadtpolizei in Venedig, ist mit Paola, der Tochter eines reichen venezianischen Conte verheiratet. Als Vater von zwei Kindern ist er ein „ausgeprägter Familienmensch“4, der seine Frau liebt und stolz auf seine Kinder ist5. Im Gegensatz dazu ist Wallanders Leben nach seiner Scheidung von seiner Frau Mona geprägt von Einsamkeit, die kurzzeitig unterbrochen wird von seiner Beziehung zu Baiba aus Riga und den seltenen Besuchen seiner Tochter Linda:

„Plötzlich wurde ihm mit erschreckender Deutlichkeit klar, wie einsam er war.

Abgesehen von Linda, die in Stockholm lebte und die er selten traf, hatte er fast keinen Vertrauten. Sein Umgang mit Menschen beschränkte sich auf seine Arbeitskollegen. Und die traf er nie in seiner Freizeit“6.

Nicht nur das Fehlen von Freundschaftsbeziehungen ist für das Gefühl der Einsamkeit verantwortlich, sondern auch die fehlende Beziehung zu einer Frau, jedoch will er trotz dieses Wunsches ein Eigenbrötler bleiben:

„Ich möchte eine Frau, mit der ich schlafen kann, eine, die dann da ist, wenn ich es will. Und eine, die mich in Frieden lässt, wenn ich allein sein will“7. Mit dem Fehlen eines Familienlebens ist Wallanders Unfähigkeit abzuschalten zu erklären: „Und was tust du, wenn du nicht arbeitest?- Es fällt mir ziemlich schwer abzuschalten“8. Seine Arbeit absorbiert ihn. Um ihr standzuhalten, verzichtet er auf Privat- und Gefühlsleben:

„Ihm steckte ein Kloß im Hals. Wann würde er endlich Zeit haben, die Trauer um seinen Vater anzunehmen?“9

Brunetti hingegen findet in der Familie und bei seiner Frau Paola Abstand und Erholung von seinen Ermittlungen:

„Wie so oft hatte das Mittagessen daheim im Kreis seiner Familie Brunetti ungeahnten Auftrieb gegeben“10.

Die Familie ist für Brunetti seine Ressource für Glück, Erholung und Rekreation: „Er tankte zu Hause seelisch auf“11. Ferner sieht er in seiner Frau eine Vertrauensperson, mit der er sich über seine Ermittlungen austauschen kann. Wallander hingegen muss mit dem Druck der jeweiligen Ermittlungen allein fertig werden, was ihm oft nicht gelingt: „Er fragte sich, woher er die Kraft zum Weitermachen nehmen sollte“12. Für Wallander bedeutet sein Beruf nicht nur Verzicht auf Privatleben, sondern auch keine Zeit für die Hausarbeit zu haben:

„Bevor er ins Bad ging, sammelte er seine schmutzige Wäsche zusammen, die in der ganzen Wohnung herumlag. Sie ergab einen großen Berg in der Mitte des Wohnzimmers“13.

Brunetti braucht sich darüber keine Sorgen zu machen, da Paola dies für ihn erledigt. Er nennt sie liebevoll: „brave römische Hausfrau“14, was seine Vorstellung der familiären Rollenverteilung offenbart. Der venezianische Kommissar setzt auf Traditionen und konservative Werte, was sich in seinem Bewusstsein hierarchischer Unterschiede niederschlägt (wie beispielsweise dem Beharren auf der jeweils korrekten Anrede15 ). Ungeachtet dieser Auffassung liebt er Paola „die Wonne seines Herzens“16 sehr und bringt ihr Blumen mit oder hilft gelegentlich beim Abwasch.

Nicht nur seine Familie beschert Brunetti eine willkommene Abwechslung, er kann auch aus den kleinen Freuden des Lebens Kraft schöpfen:

„Es gibt Tage, an denen ich glaube, es wird alles schlimmer und dann gibt es Tage, an denen ich das weiß. Aber dann kommt die Sonne heraus und ich ändere meine Meinung“17.

Diese Fähigkeit fehlt Wallander, wodurch er in schwere Depressionen verfällt und mehrmals daran denkt seinen Beruf als Polizist aufzugeben18. Obwohl er sogar einige Zeit an einem Burn-out leidet, schafft er es dennoch nicht, aufzuhören:

[...]


1 Halter, Martin: „Servus, alter Schwede“. In: FAZ 30.04.2010

2 Beyer, Susanne: „Weiter Weg zum Mittelmeer“. In: Der Spiegel: Die Aufklärer. Wer lügt? 5/2000 3

3 Leon, Donna: Venezianisches Finale. Zürich: Diogenes Verlag, 1995, S. 15

4 Weihrich, Margit/Voß, Günter: Detektivische Lebensführung. Arbeit und Leben von Guido Brunetti, Kurt Wallander, Kay Scarpetta und V.I. Warshawski.

5 Leon, Donna: Nobiltà. Zürich: Diogenes Verlag, 2001, S.113f.

6 Mankell, Henning: Mittsommermord. Wien: Paul Zsolnay Verlag, 2000, S.33

7 Mankell, Henning: Die Brandmauer. Wien: Paul Zsolnay Verlag, 2001, S.175

8 Mankell, Henning: Die falsche Fährte. Wien: Paul Zsolnay Verlag, 1999, S.207 4

9 Mankell, Henning: Die fünfte Frau. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2003, S. 381

10 Leon, Donna: Verschwiegene Kanäle. Zürich: Diogenes Verlag, 2004, S.145

11 Leon, Donna: Verschwiegene Kanäle. Zürich: Diogenes Verlag, 2004, S.145

12 Mankell, Henning: Die fünfte Frau. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2003, S. 300

13 Mankell, Henning: Die falsche Fährte. Wien: Paul Zsolnay Verlag, 1999, S.52

14 Leon, Donna: In Sachen Signora Brunetti. Zürich: Diogenes Verlag, 2000, S.120

15 Vgl.: ebd. S.129

16 Leon, Donna: Venezianische Scharade. Zürich: Diogenes Verlag, 1997, S.58

17 Leon, Donna: In Sachen Signora Brunetti. Zürich: Diogenes Verlag, 2000, S.153

18 Z.B.: Mankell, Henning: Die fünfte Frau. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2003, S.36 5

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Der schwedische Kommissar Wallander und der venezianische Kommissar Brunetti
Untertitel
Ein Vergleich und eine Analyse ihres Erfolges in Deutschland
Veranstaltung
Deutsch Leistungskurs
Note
15 Punkte (sehr gut)
Autor
Jahr
2011
Seiten
43
Katalognummer
V212689
ISBN (eBook)
9783656414124
ISBN (Buch)
9783656414766
Dateigröße
698 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kommissar, wallander, brunetti, vergleich, analyse, erfolges, deutschland
Arbeit zitieren
Madleen Wendt (Autor:in), 2011, Der schwedische Kommissar Wallander und der venezianische Kommissar Brunetti , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212689

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