Un-Möglicher Friede?

Im-Possible Peace?


Fachbuch, 2013

179 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis/Index

Tei 1
Die Lösung des historischen Kriegs- und Friedensdilemmas
Integrating the Dilemma of War and Peace Paradigms
1. Der unmögliche Friede?
2. Straßen des Krieges, Wege des Friedens
3. Frieden durch kulturelle Abrüstung
4. Interview mit Dr. Francisco Barahona Riera - Rektor der Friedensuniversität der Vereinten Nationen, San José/Costa Rica

Part 2
The Divine Metaphor of Creation: The Supreme Model of Peace
Die göttliche Schöpfungsmetapher und Erlösungsrealität als einziger irreversibler
Friedensweg
1. Cross-Cultural Observations
2. The Enigma of the Cross
3. The Root of Civilisation and the Tree of Life
4. The Application of the Metaphor of Metaphors to the World's Cultures and their Integration
5. Conquest and Ownership of and Leadership from the Innermost Center
6. The Quantum-Cultural Motive in Creation
7. Third Millennium Axiology
8. CROSS - Cultural Management
9. Cosmic Love
10. The Civilisation of Love
11. Praxology: From Interculturalism towards Transculturalism. A Synopsis of Intercultural Interfacing Instruments and Strategies
Bibliography/Bibliographie

Teil 1 Die Lösung des historischen Kriegs- und Friedensdilemmas Integrating the Dilemma of War and Peace Paradigms

1 Der un-mögliche Friede?

Nach Äonen menschlicher Geschichte, die vor allem durch intergruppen und interpersonale, sowie zwischen beiden wechselwirkenden Konflikten und Kriegen gekennzeichnet waren, gibt es Anlass zur Formulierung der Frage, ob der Mensch ein Geschöpf des Friedens oder aber des Krieges ist. Aufgrund der Persistenz der Kriegs- und Konfliktpatterns und deren Eskalierung parallel zur vermeintlichen Zivilisierung der Menschheit, scheint es genügend Evidenz dafür zu geben, dass das Konfliktpattern eine konstitutive Komponente der menschlichen Natur ist. Ist es aber eine konstitutive Komponente des Menschen, so kann man kaum erwarten, dass Kriege und Konflikte in diversen Formen in menschlich überschaubaren Zeiträumen ein Ende finden können. Wenn sich im Laufe der Geschichte über Zeiten, Kulturen und Breiten hinweg etwas verändert hat, dann die zeit-, kultur- und technikbedingten Formen und Ausprägungen der Konflikte, jedoch nicht die inneren kriegstreibenden Motive und Prozesse in der menschlichen Psyche, die als Konflikte externalisiert werden und die man auf einem Intensitätskontinuum von kalten bis heißen Kriegen systematisieren kann. Und das menschliche Leben der Kulturen, Nationen, Gruppen, Individuen, Völker und Staaten ist ein permanenter Tanz auf diesem Kontinuum, auf dem es, so scheint es, nur bedingten, reversiblen Frieden geben kann. Die Regel, statt der Ausnahmeerscheinung ist der Konflikt auf interpersonaler, interorganisationaler, interinstitutioneller und globaler Ebene geworden. Seine vormals klarer definierbaren Fronten sind der Universalisierung eines weltumspannenden, allumfassenden soziokulturellen Konfliktes gewichen, der sogar die virtuellen Räume, sowie extraterrestrische, ja sogar die subatomaren Bereiche und die letzten Winkel der Tiefsee miteinbezieht. Sie alle haben einen gemeinsamen anthropogenen Ursprung und sind nicht übergeordneter, einer sich dem Menschen entziehenden und ihn alternativlos bedingenden höheren Gewalt, jenseits menschlicher Einflussnahme und Kontrolle, zuzuschreiben. Diese Quelle der Konflikte jedweder Form und Gestalt, die kollektiv verstärkt wird und nur schwer, wenn überhaupt steuerbar ist, befindet sich im Inneren des Individuums. Bereits der preußische Kriegstheoretiker von Clausewitz hat den Prozess der Entwicklung von Konflikten mit einem Aufzug ohne Halteknopf verglichen, der, sobald er einsetzt, unkontrollierbar ins Unendliche emporschnellt, während alle menschliche Steuerungsmechanismen bisweilen außer Kraft gesetzt zu sein scheinen.

Tausendjährige asiatische Kriegsphilosophie und Strategie haben aufgrund der Uneinschränkbarkeit des Kriegsphänomens daher auch den gesamten menschlichen, den psycho-materiellen Kontext, ja selbst die gesamte Natur in ihre strategisches Denken miteinbezogen und endlose Strategeme der List im Hinblick auf die für die Beherrschung der kriegerischen menschlichen Natur ersonnen. Rationalistischere, wissenschafts- und technikgläubige, vermeintlich modernere, westliche Kulturen, meinten, sie könnten das Phänomen auf relativ mechanistisch steuerbare Prozesse reduzieren. Allen voran die USA haben damit seit dem Vietnamkrieg, trotz großer materieller Überlegenheit, bis in unsere Tage hinein, eine Lektion über die menschliche Natur in dieser Hinsicht lernen müssen, denn das innere menschliche Kriegsmotiv ist nur schwer - und wenn dann vielleicht zeitlich begrenzt - von der materiellen Seite her, von außen nach innen, steuerbar, sondern, wenn überhaupt, dann von der inneren psychischen Konfliktquelle her.

Gleich wieviel Aufwand man auch immer in das Management eines Stromes investieren mag, es hat keinen Impact auf die Quelle, solange sie ihrer Natur gemäß fortsprudelt. Die Natur lehrt uns, dass man die Dinge nur von ihrem Ursprung, von ihrer ursächlichen Kausalität her steuern kann. Und dies scheint auch auf die Natur des Menschen zuzutreffen und darauf anwendbar zu sein.

Man könnte sagen, dass, was unsere Situation hierzulande anbelangt, man nach den beiden großen Weltkriegen des 20. Jahrhunderts, die in ihrem Vorfeld von der Hoffnung auf dauerhaften Frieden geprägt waren, zu erkannt haben scheint, dass der Krieg unvermeidbar ist und dass seine Entstehung und seine Prozesse Teil der menschlichen Konstitution und somit irreversibel zu sein scheinen. Folgerichtig, so könnte man annehmen, hat man daher auf die formale Ausarbeitung und Unterzeichnung eines Friedensvertrages zwischen den Kriegsparteien des zweiten Weltkrieges verzichtet. Denn er würde ja sowieso irgendwann in irgendeiner Form wieder gebrochen werden.

In der Tat, die progressive Aushöhlung der Friedenspolitik, die unter dem Impact der Nachwirkungen der Verheerungen des zweiten Weltkrieges mit seinen 80 Millionen Opfern initiiert worden war, hat sich naturbedingt wieder, gleich dem Dieb in der Nacht, in das psychologische Gebäude des Menschen eingeschlichen, sodass er bald wieder fähig und innerlich auch bereit war, zum kriegerischen Business as Usual zurückzukehren und dies mit noch mehr Kriegspotential als je zuvor. Man mag dies natürlich mit dem geopolitischen Kontext einer bipolarisierten Welt im Zeichen des Gleichgewichtes des Schreckens rechtfertigen, aber es ist, wie auch immer, eine Rückkehr zum Kriegsparadigma auf Raten. Und wenn die Raten abgeleistet sind, dann steht man irgendwann wieder vor der vollendeten menschlichen, psychologisch-materiellen Konfliktkonstitution mit ihren bekannten und ebenso unabänderlichen Prozessen, wie sie oben kurz beschrieben wurden. Der Mensch hat sich zum Preis seiner und der Schöpfung Integrität daran gewöhnt, in einem permanenten intern-extern, national und international vernetzen latenten, universalisierten Konfliktzustand zu existieren, statt in Frieden zu leben und hat sogar die Vision des Friedens weitgehend verloren.

Und doch ist der Frieden ein gleichermaßen legitimes und unverzichtbares Paradigma, das aufgrund der Konfliktkonditionierung mehr und mehr verdrängt wurde, da insbesondere die jüngere Geschichte mit der Entstehung der Nationalstaaten keinen Raum mehr für dieses Friedensparadigma hatte. Doch spaltet man dieses Paradigma von der menschlichen Psyche ab, so fehlt dem kalten-heißen Kriegskontinuum das integrative Moment und die Dynamik zur Beherrschung des Kriegsparadigmas. Es erhebt sich also die Frage, wie man das menschliche Bewusstsein wieder für das gesamte, ganzheitliche Kontinuum der Kriegs- und des Friedensparadigmen sensibilisiert. In dieser umfassenderen Wahrnehmung der menschlichen Konstitution findet der Mensch und die Gesellschaften einen möglichen Schlüssel für die Beherrschung seiner konstitutiven martialischen Natur.

Bertrand Russel hat als Philosoph und Mathematiker zutreffend erkannt, dass die Macht das zentrale soziale Motiv des Menschen ist, ebenso, wie die zentrale Größe in der Physik die Energie ist. Im inneren Menschen scheint also ein Machtmotiv zu herrschen, das alle anderen Motive unterordnet und für seine Zwecke usurpiert. Die Macht ist immer in Beziehung zum Mitmenschen auf individueller oder kollektiver Ebene zu sehen:

Die Quelle des Kriegsparadigmas ist also innerer Natur, steht im Zeichen der Macht und ist immer ein relationales Problem.

Diese dreifältige Formulierung des Ursprungs des Kriegsparadigmas gestattet einen konkreteren Ansatz im Hinblick auf die einzig mögliche Steuerung des Kriegsmotivs und Paradigmas von seiner Kausalität her. Wissenschaftlich betrachtet würde es somit insbesondere die Psychologie und die soziale Analyse involvieren - oder besser noch eine zu realisierende integrale Wissenschaft vom Menschen. Doch diese haben sich unter dem Impact ihres eigenen bedingten Nützlichkeitsdenkens von der fundamentalten Erforschung der Quelle derartig existenzieller Sachverhalte für den Menschen abgewandt und sich stattdessen utilitaristischeren Interessen zugewandt. Und der langfristige Impact dieser Wertpriorisierung wird sie mit der Zeit einholen, da sie ihr Gebäude auf Sand, statt auf Fels, bauen. Der wissenschaftliche Mainstream der Lehre und Forschung bewegt sich, auch nach einem Jahrhundert quantenphysikalischer Paradigmenwechsel, in der Peripherie des Menschen, obwohl er sich hin zu den Nanobereichen und zum Makrokosmos strecken mag und kann die erforderliche Innensteuerung der Prozesse bisweilen gar nicht mehr in seinem Bewusstseinshorizont wahrnehmen. Somit fällt die scheinbare Zivilisierung der Menschheit durch die Wissenschaft auch weitgehend aus und erklärt zum Teil, wie die scheinbar zivilisierte Welt mit einer Generalisierung und Intensivierung des Konflikt- und Kriegsparadigmas einhergeht.

Die Bilanz der Menschheitsgeschichte angesichts der Eskalierung des Kriegsparadigmas und des Scheiterns einer Revidierung desselben durch die wissenschaftsbasierte Zivilisierung scheint auf eine „No way out" Szenario, eine scheinbar ausweglose Situation des Menschen hinzuweisen. Ja sie scheint auf das Missmanagement oder die Unmöglichkeit des konstruktiv-integrativen Managements seiner eigenen konstitutiven, martialischen Natur hinzudeuten. Alles, was die Politik aufzuweisen hat, sind aber stets umfassendere, mächtigere Allianzen und immer noch zerstörungsfähigere Waffen, um sich vor seiner martialischen Natur zu schützen. Die dadurch bedingte Wahrnehmung einer Bedrohung seitens ideologisch-strategischer Antagonisten wird zum Stein des Anstoßes und bringt den Stein des Konfliktes ins unsteuerbare Rollen. Somit wird erst recht die innere-äußere interdependente relationale Konfliktlogik entfacht.

Die Ursache des Phänomens schlummert in der Tiefe der Psyche der einen, wie der anderen und ihre Interaktion wird umso unbeherrschbarer, da mehrere Variablen psychologischer Natur involviert sind, die die Abschreckungsphilosophie und Strategie zu kontrollieren beabsichtigt. Man hat zumindest erkannt, dass die Quelle der Konflikte sich im Inneren des Menschen befindet und daher nur von dort her steuerbar ist. Folgerichtig, so könnte man sagen, basiert sie deshalb auf der Glaubhaftmachung, dass man dem Gegner einen für ihn nichttolerierbaren Schaden zufügen und ihn somit von einem Übergriffs- und Angriffsansinnen für die Realisierung seiner Machtinteressen abbringen kann. Diese Strategie basiert auf einem rationalen Menschenbild. Doch eben diese Rationalität wird sowohl von der Geschichte, als auch von der strategischen Philosophie, wie sie z. B. bei von Clausewitz anklingt, negiert. Selbst die Erkenntnis der Quelle des Konfliktes im Kontext des Gleichgewicht des Schreckens ist zwar eine kausale Erkenntnis, die sich aber, aufgrund des Machtmotivs und des ebenso potenziell irrationalen Verhaltens der strategischen Akteure, durchaus auch als Chimäre in Bezug auf die Zähmung der konstitutiven martialischen Natur des Menschen erweisen kann. Der Mensch braucht eine wirksame Erkenntnis und Strategie zur Beherrschung seiner eigenen martialischen Natur, die im Zuge der Entwicklung der Menschen offenbar immer mehr verstärkt, satt verringert wurde. Zumindest wurde die Diskrepanz zwischen technischer und psychologischer Entwicklung des Menschen noch im 20. Jahrhundert metaphorisch dahingehend diagnostiziert, dass der Mensch technologisch zwar auf dem Mond, psychologisch aber noch in der Höhle sei.

Eine Betrachtung der Kultur vermittelt aber auch den Eindruck, dass die sich gegenwärtig globalisierende Zivilisation in kulturell variabler Form auch das Kriegs­und Gewaltmotiv in diversen Formen und Graden glorifiziert. Auch hier hat sich eine drastische Eskalierung aufgrund der technischen Möglichkeiten der Inszenierung des tiefenpsychologischen martialischen Motivs ergeben.

Der Erziehungs- und Bildungssektor, von denen man stets annahm, dass sie eine friedensstiftende Sozialisierung förderten, sind, unter dem Impact des globalen Macht- und Wettbewerbsparadigmas, zu einem Medium der Konditionierung für rücksichtslosen Wettbewerb und die Durchsetzung von Machtagenden geworden. Auch der Bildungssektor kann daher also den Menschen nur dadurch scheinbar nachhaltig zivilisieren, dass er ihn durch die Abverlangung maximalen technischen Sachwissens zeitweise ruhigstellt.

Selbst an der geistig-biologischen Basis des Menschen und der Gesellschaft tobt ein Geschlechterkampf, der die Gesellschaft in eine permanente und omnipräsente Machtkampf Arena verkehrt. Diese kann daher nur noch bedingt den Humus eines friedensfördernden Terrains bereitstellen. Und doch hätten alle drei genannten kulturellen Dimensionen auch das Potential, friedensstiftend zu wirken. Sie sind ihrer fundamentalen Mission untreu geworden und wurden im Zuge der vermeintlichen Kultivierung und Zivilisierung des Menschen zu Werkzeugen der Unkultur und Unzivilisiertheit im Bann der unbeherrschbaren psychologisch verankerten, scheinbar alles unterordnenden Motive der Macht und Beherrschung in vielfältigen implizierten und expliziten Formen. Auf dieser korrumpierten Grundlage versucht man, eine soziale Schönwetterillusion global medial zu inszenieren, die zudem eine Spannung zwischen Sein und Schein, Realität und Wirklichkeit, sowohl erzeugt als auch obendrein zu kaschieren sucht, die den sozialen Kollateralschaden des friedlosem Konfliktparadigmas in der Gestalt der Spaltung der nationalen und globalen Gesellschaft fördert und dem Konflikt- und Kriegsparadigma insgesamt Vorschub leistet.

Wie sich der Mensch auch drehen oder wenden mag, es scheint kaum einen Ausweg aus seinem konstitutiven, temporal und kontextuell abhängig, variablen Labyrinth seiner konstitutiven Natur zu geben. Wie die Gefangenen von Cayenne kehrt er immer wieder zu dieser martialischen Konstitution mit ihren für sie charakteristischen Prozessen zurück, vergleichbar mit dem konstitutiven größeren Schritt des Flüchtenden im Dschungel, der ihn stets ins Gefängnis zurückführt. Es erhebt sich also, auch aufgrund dieser Parabel die Frage, wie das Friedensparadigma, das dem den größeren Schritt (des Kriegsparadigmas) kompensierenden, komplementären Schritt gleichzusetzen ist, das konstitutive menschliche Terrain wieder normalisieren kann. Denn ebenso wie der Mensch von einer biologischen Bipolarität geprägt ist, ist er auch von einer entsprechenden geistigen Polarität geprägt, deren Integration immer wieder zu realisieren ist, damit er sich auf dem materiellen, ebenso wie auf dem psychosozialen Lebensweg, kohärent und konstruktiv, ohne sozialen Kollateralschaden zu verursachen, bewegen kann.

Traditionell befand sich die Aufgabe der "Schrittverlängerung" durch das Friedensparadigmas im Bereich der Obliegenheit der Kultur mit ihren diversen Aspekten der Sozialisierung und Humanisierung; der Zivilisierung des Menschen. Diese ihre originäre Mission wurde nun, im Zeichen des alles beherrschenden Paradigmas, zu einem Kultur- und Kampfparadigma umgemünzt und die Welt zahlt in dieser Falschwährung. Auch die Religion als Oberhoheit des inneren Menschen über sein gesamtes inner-äußeres, interdependentes Wesen, ist, gleich einem Rufenden in der Wüsten, dessen Worte ungehört verhallen, auf eine Protokollier- und soziale Viabilisierungesfunktion und Instanz des dominanten Paradigmas reduziert und pervertiert worden. Ja, sie wurde sogar zu einem Werkzeug des Machtkampfes, von einer Pflugschar der geistigen Urbarmachung der individuellen und kollektiven psychischen Natur des Menschen in eine ultimative Waffe pervertiert, die an der Quelle des Menschen mit maximalem Impact ansetzt und agiert. Hier findet auf diese Art eine Höchstform der geistig-materiellen Quellenverschmutzung statt, wenn sie ihrer Mission, im Kontext einer säkularisierungsbedingten Relativierung und Entgöttlichung, untreu wird und somit der Götzenhuldigung in der Gestalt des Kriegsparadigmas anheimfällt, statt der Gotthuldigung in der Gestalt des Friedensparadigmas alle Ehre zuteilwerden zu lassen.

Die aufgrund historischer Evidenz hinterfragungsbedürftige Legitimation und Fähigkeit von Wissenschaft und Intellekt, ja sogar von Formen der Religion, soll hier nicht vertieft werden, um nicht ein noch aussichtsloser erscheinendes Menetekel für die Zukunft der Menschheit an die Wand zu malen. Im Bewusstein authentischer Religiosität in der Praxis gibt es, Gott sein Dank und, Deo volente, ein erlösteres Alternativszenario. Indes, die grandiose deutsche intellektuell-philosophische Tradition hat die großen sozialen Katastrophen der Anmaßung mitbewirkt, die westlichen Leader der technisch-wissenschaftlichen Zivilisation brillieren durch die Weltführerschaft im globalen Krieg und selbst fundamentalistische Varianten der Religion rüsten zur geistigen Unterwerfung des Menschen von der Quelle oder vielmehr deren Pervertierung her auf.

Die Bewusstheit um die schiere Friedensunmöglichkeit auch seitens der christlichen Zivilisation und Tradition, deren Kennzeichen eigentlich der Friede ist - eingedenk der Tatsache, dass in der neueren Menschheitsgeschichte Machtbesessene gigantischen Ausmaßes, wie Stalin, Hitler, Mussolini und andere, mit ihrem destruktiv-martialischen Impact auf die Menschheit aus ihr hervorgegangen sind - diskreditiert diese Zivilisation nicht zwangsläufig als offenbar strukturell friedensunfähig oder unwillig.

Die Metapher des Kreuzes und die identifizierte Erkenntnis der Steuerbarkeit menschlicher individueller und sozialer Sachverhalte von der Quelle her wirft ein neues Licht auf die uralte Metapher und Realität des fundamentalen christlichen Kreuzes: Die sinnbildliche menschliche, horizontale Achse, kann durch die Erkenntnis der sinnbildlichen vertikalen Achse nicht nur integriert, sondern das Dilemma beider Paradigmen in Christus sogar transzendiert und erlöst werden. Die Quelle aller Quellen vermag die Quelle der menschlichen paradigmatischen konstitutiven Dilemmata zu erlösen, weil ihre Natur, ungleich der menschlichen, weder ambivalent noch dialektisch ist.

Wenn somit in Christus das paradigmatische Kontinuum mit seinen positiven und negativen Polen beherrschbar wird, dann endet die Frage des Krieges und des Friedens. Der wahre Frieden bekommt eine Chance in dem Maße, in dem die Menschheit sich auf diese Quelle der Quellen zurückbesinnt. Frieden wird möglich, nicht der reversible menschliche, sondern der göttliche. Somit hat die alternativlose düstere Realitätserkenntnis hinsichtlich der menschlichen Natur mit ihren nicht integrierbaren, konkurrierenden Paradigmen, jene menschliche Schwäche - eingedenk der Glanzlichter seiner menschlichen Größe im Bereich seiner Werke - entlarvt, deren Anerkennung ihn dazu veranlassen kann, sich mit der erforderlichen Humilität der einzigen Quelle der Lösung seiner epochalen Friedensfrage und seiner Erlösung schlechthin vertrauensvoll zuzuwenden. Die reale Möglichkeit des Friedens und der Erfüllung der verschütteten geistigen Ursehnsucht der Menschheit nimmt somit Gestalt an.

Die Metapher des Kreuzes habe ich bereits früher, im Kontext des interkulturellen Managements, zur Steuerung von Kulturkonflikten verwendet. Und die Kultur im sozialanthropologischen Sinn steht für die diversen gegenwärtigen Spielarten des Konfliktparadigmas. Es ist somit auf die Friedensfrage anwendbar, da es umfassender Natur ist. Siehe dazu Teil/Part 2 der Erörterung.

2 Straßen des Krieges, Wege des Friedens

Als ich am Berliner Nollendorfplatz, im Stadtteil Schöneberg wohnte, war mir noch nicht so recht bewusst, dass ich am Generalszug wohnte, das heißt einer Anzahl von Achsen, die nach preußischen Generälen benannt waren, darunter von Bülow und von Kleist. Und der Winterfeldplatz, der einen weiteren General kommemorierte, befand sich auf der anderen Seite meiner Wohnung, die sich wiederum in der Nachbarschaft des Geburts- und Wohnhauses des maßgeblichen Dirigenten des 20. Jahrhunderts, nämlich Furtwänglers befand, der seinerseits für die künstlerische Erbauung des Generalstabs des Naziregimes sorgte. Und hier begegneten sich die Extreme, denn am Winterfeldplatz stand und steht auch heute noch die Matthiaskirche, wo der Widerstandskämpfer Kardinal von Galen früher als Kaplan tätig war.

Und als ich mit dem Zug aus Moskau via Berlin in Paris ankam, da war mein erster Kontakt mit dieser Weltstadt der frühere Gare de Verdun, der nunmehr in Gare de l'Est umbenannt wurde. Der Zug Moskau- Berlin-Paris war die Umkehrung jener Wegstrecke, die abertausende deutsche Soldaten bis in den kriegsentscheidenden Kessel von Stalingrad hinein - darunter mein Vater - an die russische Front befördert, aber die meisten von ihnen leider nicht mehr zurück. Der Tod an der Front war die Geburtsstunde der vaterlosen Gesellschaft mit ihrer eigenen historischen Konfliktdynamik bis in die Gegenwart. Der Krieg im Osten stand vor allem im Zeichen des Generals der 6. Armee der Wehrmacht und Feldmarschalls Paulus, zumindest was das Ende des Krieges, nämlich die Schlacht um Stalingrad anbelangt. Viele andere Nazigeneräle haben den mit Blut getränkten Weg des Vormarschs des Naziarmee an der Ostfront bis zu diesem finalen Fiasko großer Armeen geebnet.

Die DDR-Soldaten, die den Wegabschnitt des Zuges durch die ehemalige DDR kontrollierten, standen damals letztendlich noch unter dem entfernten, aber dezidierten Kommando der Sowjetgeneralität und des Sowjetregimes. Der Prikas oder Befehl aus dem Zentrum der Macht (ursprünglich ein Befehl des Zaren) in Moskau, der die äußersten Ende des Sowjetimperiums, inklusive seiner Warschauer Pakt Alliierten sicher erreichte, bestimmte auch die Handlungsweise an der Basis der militärisch-politisch-gesellschaftlichen Hierarchie, wo sich diese einfachen Grenzsoldaten befanden.

Und die Passierung der Grenze in Kehl/Straßburg war in der Zeit vor dem Freizügigkeitsabkommen und der Beseitigung der Grenzkontrollen eine Begegnung nicht russisch-deutscher, sondern napoleonisch-preußisch-deutscher militärischer Traditionen, die nunmehr nach drei Kriegen in einem Jahrhundert zu einem etwas friedlicheren Einvernehmen gelangt sind. Wo käme man auch hin, wenn man nur noch Krieg führen würde, der die gesamten Ressourcen und Energien der Völker in Anspruch nimmt und verschlingt. Letztendlich sind Krieg und Frieden ein Tanz auf Messers Schneide und ein Kontinuum von polar entgegengesetzten Wertepräferenzen, das stets aufs Neue integriert werden muss. Dafür ist ein Quantum menschlicher Intelligenz erforderlich.

Und der erste Kontakt mit Frankreich auf der Wegstrecke nach Paris steht, mit Elsas­Lothringen, gleichermaßen im Zeichen der ewigen Frage von Krieg und Friedens. Es war ein Spielball der Macht zwischen der Grande Nation und germanischem Großmachtanspruch. Als Pufferzone und potenzieller Kriegsschauplatz zwischen den Erbfeinden Deutschland und Frankreich gedacht sollte dieser Zustand nun im Wege der europäischen Integration und des Elyséevertrages zwischen dem maßglichen Alliierten General de Gaulle und dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer, der seinerseits persönlich die sowjetische Generalität im Zentrum der Macht der Sowjetunion aufgesucht hat, um deutsche Kriegsgefangene freizukaufen, im gegenseitigen Interesse beendet werden und einen friedlicheren Zeitabschnitt in der bilateralen Kriegsgeschichte einleiten. Die NATO Generäle des Pentagon mit ihren europäischen Befehlszentren übernahmen nun, im Kontext einer ideologisch bipolarisierten Welt zwischen Washington und Moskau das strategische Oberkommando im Westen. Allein General de Gaulle bestand auf einer souveränen Force de Frappe (nuklearen Streitmacht), unabhängig vom westlichen Bündnis. Der französische General und Staatspräsident, der einerseits ein Verehrer einer großen deutschen Kultur, sich aber andererseits der Gefahr voll bewusst war, die von dieser großen Kriegskulturnation ausging, war kein großer Freund eines starken Deutschland. Ich mag Deutschland so sehr, dass ich gar nicht genug davon sehen kann, soll er gesagt haben. Es bestätigt das machiavellische Strategem Divide et Impera und bedeutet in der Praxis, je gespaltener Deutschland ist, desto besser ist es für uns in kriegsstrategischer und machtpolitischer Hinsicht. Denn, Einigkeit, die ja zurecht in unserer Nationalhymne zelebriert wird, macht erfahrungsgemäß stark. Und diese Stärke ist eine latente Bedrohung im Lichte der europäischen Kriegsgeschichte.

Und auf dem weiteren Weg Richtung Paris, den bereits Myriaden von Kultur- und Kriegsmotivierte gleichermaßen beschritten haben, kommt man dann nicht um die näher und ferner gelegenen Kriegsschauplätze und die strategisch relevante Topologie der bilateralen Kriegsgeschichte herum, denn hier begegnenden sich jeweils die großen Armeen beider Nationen. Nicht zuletzt Verdun kommt einem dabei in den Sinn, wo Helmut Kohl und Francois Mitterand ein Erzsozialist und ein Erzkonservativer, sich, über alle ideologische Differenzen hinweg, im Lichte einer höher rangierenden Motivs der Dialektik des Seins und Nichtseins, des Kriegs und Friedens sich, gleich zwei sich versöhnenden Buben, die Hände hielten. Die Ohnmacht vor der Übermacht des kriegerischen Impulses im Menschen und den Nationen kennt da weder Scham, noch Ideologie, noch Stolz, noch Hybris.

Doch die Schauplätze der Showdowns und Armageddons zwischen beiden Erbfeinden beschränkten sich keineswegs auf die geopolitische Schnittstellen Topographie zwischen den Erbfeinden. Nein, ihre Armeen begegneten sich auch weit entfernt von der Metropolregion der europäischen Kernländer. Selbst der ausgangs erwähnte Nollendorfplatz bezieht seinen Namen aus dem tschechischen Nollendorf, das Schauplätz der Befreiungskriege gegen Napoleon war. Von Bülow und von Kleist waren preußische Heerführer dieser für beide Armeen extraterritorialen Auseinandersetzung. Noch weiter östlich, mit zahllosen Generälen und Soldaten Russland zu bezwingen suchten, sind alle am Herz der russischen Reiches gescheitert, denn hier herrscht noch ein General - das Mütterchen Russland schützende Väterchen Frost - der stets schwer besiegbar ist. Jener General im Gewand Natur in der Gestalt des russischen Winters und jener eines schier unendlichen Reiches. Beide Generäle stehen nicht so sehr auf den Generalstabskarten westlicher Generalstäbe, da sie in den hiesigen Breiten eine geringere Rolle spielen, weil sie weniger extrem sind. Jedoch die asiatische Strategie bezieht die psychologische, die umweltliche und andere Variablen von vorne herein in ihr strategisches Kalkül mit ein und versucht, unter Zuhilfenahme der Summe der Faktoren, inklusive insbesondere auch der Natur, den Gegner zu bezwingen.

Möglicherweise ist der Hitlerkrieg an der Ostfront aufgrund dieses Sachverhalts - unter anderen Faktoren - verloren worden. Und Napoleons Flucht aus Russland spricht eine verblüffende ähnliche Sprache. Ebenso Frankreichs Niederlage in Indochina scheint durch die auf dem chinesischen General Sun Tzu basierende Strategie der konfuzianisch-asiatischen Welt mitbedingt zu sein (Siehe Näheres weiter unten). Dies würde bedeuten, dass Kriege aufgrund kultureller und strategisch kultureller Variablen gewonnen oder aber verloren werden. Das kann man bis in unsere Tage hinein beobachten, wenn die Kräfte der westlichen Allianz trotz haushoher materiell-militärischer Überlegenheit sich im Umfeld einer Wüstentopographie und anderer natürlicher schwer beherrschbarer Bedingungen, sowie auch aufgrund der psychologischen Kultur und Moral des Gegners sehr schwer tun. Der Ruf eines amerikanischen Verteidigungsministers nach einer neuen Schlachtfeldkultur wird dadurch verständlich. Die physische Kultur und die psychologische, sowie die strategische, in den kulturell diversen Gestalten eines Alexanders des Großen, eines von Clausewitz, Sun Tzus oder US-amerikanischen strategisches Denkens im Nuklearzeitalter sind Komponenten ganzheitlicherer militärstrategischer Planung und Führung.

Sun Tzu Bekannter chinesischer Stratege des 5. Jahrhunderts v. Chr. und Autor einer Abhandlung über den Krieg. Entscheidend ist für ihn nicht die Addition der militärischen Kräfte, sondern die Gesamtheit der wirtschaftlichen und politischen Daten, nicht die Zerstörung sondern die Paralysierung des Gegners, Unbesiegbarkeit gründet in der Defensive, und eine siegreiche Armee ist bereits vor Beginn der Kampfhandlungen siegreich. Direkte versus indirekte, und innen versus außengesteuerte Strategie sind wesentliche Unterscheidungsmerkmale der westlich­östlichen strategischen Dialektik.

Eigentlich sollte dies dort gelehrt werden, wo mich mein nächster Schritt auf der Reise hinführt, nämlich an den U-Bahnhof Militärakademie in Paris. Hatte Frankreich nicht Kriegserfahrung in den Dschungeln Asiens, im afrikanischen Busch und im algerischen Maquis gesammelt? Hier würde mich ein Schlüssel für die Erschließung der Großstadt Paris erwarten, nämlich bei einer in Berlin hergestellten Beziehung - über einen Mittelsmann - zu jemand, der das Symbol eines großen Firmenschildes in der Gestalt eines Schlüssels - seines Zeichens eines Schlossers, an seinem Haus in der Passage der Jungfrau an der Militärakademie hatte. Doch hier war kein Lazarett, sondern ein Punkt des Netzwerkes internationaler Freundschaften jenseits der Dialektik von Krieg und Frieden. Entsprechend wurde ich als Unbekannter und Fremder mit Champagner und Streuselkuchen bewirtet und für meine nächste Etappe mit Information ausgestattet, so etwa in der Art der strategisch-taktischen Philosophie der Resistance. Die Passage de la Vièrge (Passage der Jungfrau Maria) eine engen Passage und Hoffnungsschimmer des schmalen Pfades des Friedens befindet sich zwischen den breiten Straßen und Plätzen des Marsfeldes mit dem Eiffelturm einerseits und der Militärakademie andererseits. Sie symbolisieren das Spiel von Licht und Schatten der Menschheit im urbanen Organismus. Der topographisch symbolisierte geistige Bezug der Friedens- und Kriegsparadigmen sind in der Jungfrau in der einzigartigsten Weise im Bereich der menschlichen Zivilisation zugegen, in der Gestalt, dass die Mehrzahl der Marienerscheinungen der neueren Geschichte in vielen Ländern, insbesondere in Fatima (Portugal), in Lourdes und La Salette (Frankreich), Garabandal (Spanien) und Akita (Japan) den Menschen vor die Alterative des totalen Kriegs- oder aber des Friedens stellen, der nur durch eine Veränderung des Menschen im Geist Jesu Christi erreichbar ist. Der einzige Schlüssel zum Frieden ist und bleibt somit Jesus Christus auf die Fürsprache der Gottesmutter. Hier besteht in der Tat die Möglichkeit der Umwandlung der breiten Straßen des Krieges in die schmalen Wege des Friedens.

Noch am selben Abend würde ich mich in der Herberge an der Métro Station Stalingrad einquartieren, aber nur, um von hier die Stadt als 19-jähliger Deutscher auf meine Weise zu erobern: Stalingrad, das oben erwähnte, das heute Wolgograd heißt und einer der größten Schauplätze moderner Kriegsgeschichte war. Damals hatten diese Umstände keine Bedeutung für mich, denn ich hatte andere Survival- und Erfolgsprioritäten in einem fremdkulturellen Umfeld. Ich hatte offenbar den militärischen Vorstoß zu dem Stalingrad im Osten spiegelbildlich und auf meine mir noch unbekannte Weise zu beenden. Indes, meine Waffen würden immaterieller, geistiger Natur sein. Krieg ist ein multidimensionaler Prozess mit verschiedenen Fronten und zeitlichen Horizonten.

Die École Militaire am Marsfeld (Mars, Gott des Kriegs) mit dem Eiffelturm würde für mich ein strategische, relationale Drehscheibe und Plattform über eine Anzahl von Jahren bleiben, wo ich mich mit Madame X in gewissen Zeitabständen zu Gesprächen traf. Ihr Mann war ein jüdischer Unternehmer der unser geistiges Freundschaft im Zeichen jenes Weisen befürwortete, der zutreffend sagte:

„Tut was ihr wollt, ohne Liebe werden ihr nur alles verschlimmern."

Ich würde nun, nachdem ich die für mich persönlich strategisch relevant erscheinenden Metropolen Madrid und London kulturell erobert hatte, die ich hier nur kurz erwähnen möchte, da man sich nicht an vielen Fronten zugleich verzetteln und somit seine Kräfte spalten sollte, mich im Nachbargebäude des Panthéon, wo der Feldheer und Kaiser par excellence, Napoleon Bonaparte ruht, nämlich an der Sorbonne, studieren.

Doch London und Madrid, ebenso wie bereits durch Berlin illustriert, offenbaren uns denselben martialischen Mindset ihrer Völker in der Gestalt einer urbanen, militärisch-nationalistischen Ruhmestopographie. Die zentralen Werte dieser Kulturen sind hier städtebauhistorisch im urbanen Design verdichtet. Er ist in der Tat ein steinerne Metapher für den Geist der Menschen, der sich um das individuelle und kollektive Ich herum kristallisiert und als höchster Wert individuelle und kollektive Einstellungen und Verhaltensmuster bedingt, die sich weltgeschichtlich als Kriegsgeschichte saldieren: Der zentrale Wertepriorität in Paris ist durch den Arc de Triomphe gegeben, an dem 12 Avenuen konvergieren. Man kommt in Paris also, gleich von welcher Himmelrichtung man kommt, an diesem militärhistorischen Ruhemsdenkmal nicht vorbei. Und ebenso ist es im Geist des Volkes, der daher dem Selbstbild einer Grande Nation huldigt. In London kommt man an dem Trafalgar Square mit der Nelson Säule nicht vorbei. Nur die Gestaltannahme der Ruhmesgeschichte variiert hier etwas, da sie hier, wie es physisch kulturell bedingt einer Seefahrer Nation gebührt, insbesondre die britische Überlegenheit zur See zelebriert. Aufgrund der Erkenntnis, dass jener die Welt beherrscht, der die See beherrscht, hat alsdann die deutsche Admiralität um von Tirpitz versucht den britischen Ruhm zur See strategisch zu emulieren und gleichermaßen eine Flotte des Ruhmes unter deutscher Flagge aufzubauen.

Diese britische Militärgeschichte führt zwangsläufig zur konkurrierenden seekriegsgestützten kolonialen Weltmacht, nämlich der iberischen Halbinsel, insbesondere mit Spanien (und auch Portugal), das - abgesehen von intraeuropäischen Operationen zur See, wie beispielsweise jener der berühmten Armada als strategische seegestützte Waffe gegen den britischen Erzrivalen zur See, andere strategische Ziele in der damals noch nicht definitiv aufgeteilten Welt hatte.

In Madrid findet man daher z.B., neben anderen historischen, in Stein gemeißelten Persönlichkeiten der Militärgeschichte, Pizarro, der eine Schüsselrolle in der Conquista (Eroberung) der neuen romanischen Welt Südamerikas einnahm. Doch in der urbanen Topographie von Madrid ist das katholische Paradigma gleichermaßen vorherrschend, das in Paris auch unübersehbar ist und nimmt die Form an, dass ein Großteil der urbanen Landkarte religiöse Referenzen aufweist. Dieses Paradigma vermochte es, die 800 Jahre währende Besatzung Spaniens durch die Mauren zu beenden; eine Thematik, die in der weltweiten Gegenwartsgeschichte nunmehr wiedereinmal Brisanz gewinnt. Die Bündelung des militärischen, des maritimen und des metaphysischen (katholischen) Paradigmas waren wesentliche Komponenten der spanischen Kolonialstrategie. Auch der Generalissimo Franco des 20. Jahrhunderts, den ich selbst anlässlich seines 35. Regierungsjubiläums auf der Plaza del Oriente unter einer Million Menschen gesehen habe, integriert das militärische und das katholischen Paradigma in einer Person. Er sagte von sich als General und Staatschef: „Ich wurde katholisch geboren, wollte katholisch leben und möchte katholisch sterben." Ein jedes Buch, das in der Franco Ära veröffentlicht wurde, bedurfte einer weltlichen und religiösen Approbation. Und was in Paris und London der Triumphbogen und Nelson Column in der urbanen, ebenso wie der geistigen Topographie dieser Völker ist, ist in Berlin - mein Ausgangspunkt - gewiss das Brandenburger Tor, das in diesem Land, über die Wiedervereinigung bis in unsere Tage dieselbe Symbolkraft hat und die bei den meisten Bürgern in den tieferen Schichten der kollektiven Unbewussten, nach wie vor nationale Einstellungen, Werte und Verhaltensmuster über Jahrhunderte verstärkt hat und diese immer noch prägt. Daher ist auch die überzeitliche, langfristige historische Erkenntnis des Chefs der Eurogroup, des Luxemburgers Junckers bezüglich der Gefahr die immer noch von den nur schlafenden europäischen Kriegsdämonen ausgeht, nicht leichtfertig von der Hand zu weisen.

Das unser deutscher Triumphbogen am Paris Platz in Berlin steht, weist er symbolisch auf die Interdependenz der militärischen Ruhmesgeschichten hin. Die hier erörterten Sachverhalte sind alle, so könnte man vom psychologischen Standpunkt aus sagen, kollektive, relationale Fehlleistungen des menschlichen Bewusstseins, vorwiegend in nationaler Ausprägung. Und das relationale, nationale Paradigma prägt auch die im 21. Jahrhundert noch die internationalen Beziehungen in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht. Sie sind die Weiterführung des Krieges mit anderen Mitteln, ebenso, wie der Krieg als die Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln gilt. Um der ganzheitlichen, urbanen geistig-physischen Topographie gerecht zu werden, ist hinzuzufügen, dass das kriegshistorische Paradigma ein Leitmotiv ist, in dessen Schatten die anderen Bereiche des menschlichen gerückt sind. Krieg und Frieden erscheinen als ein Kaleidoskop des Paradigmenwechsel im Bewusstsein strategischer Akteure.

Modernere Formen der Kriegsführung wie koloniale Befreiungskriege, Revolutionskriege, Guerrillakrieg und fundamentalistischer Terrorismus bis zur Cyber- und biologischen Kriegführung haben nun die klassischen Kriegsstrategien verändert. Wo klare Fronten dem Krieg eine makabre Romantik abgewinnen konnten, da die Schlachtfelder lokal relativ definiert waren, ist das Schlachtfeld nun omnipräsent. Jeder führt nunmehr seinen Krieg gegen jeden in jeder möglichen Form. Dieser Zustand der Anarchie, der ein permanenter kalter Krieg ist, kann jederzeit in einen heißen Krieg ausarten. Das menschliche Ego und seine kollektive Potenzierung sind unersättlich und können das Ende der Spezies Homo sapiens und die Integrität der Schöpfung einleiten, wenn der Mensch nicht zur Besinnung und Selbsterkenntnis gelangt. Was will der Mensch eigentlich mehr, den Krieg oder den Frieden?

Schauen wir zu uns: Trotz der historischen Erfahrung eines Summum an Barbarei führen Deutsche den Krieg interkulturell fort und Immigranten vom Balkan führen ihren Krieg trotz ethnischer Säuberung auch bei uns fort und Muslime kollidieren hier und anderswo unverbesserlich sogar mit Gastlandkulturen. Alle drei haben kannibalistischen Völkermord auf dem Gewissen. Juden, Armenier und Bosnier etc. Sie sind friedensunwillig: Eine heidnische Regression, die eine Bedrohung für die Menschheit darstellt. Daher die biblische Mahnung: „Seelig sind die Friedensstifter, denn ihrer ist das Himmelreich."

Der Frieden ist also im Bereich der Sanktität angesiedelt und nur dort erreichbar. Dies würde bedeuten, dass eine zweite urbane, paradigmatische Symbolik des menschlichen Geistes in der Gestalt von hunderten von Kathedralen und Kirchen revalorisiert werden muss, um die Straßen des Krieges in Wege des Friedens zu konvertieren. Diese Konvertierung ist Konversion, Bekehrung zum Krieg transzendierenden Frieden.

Ich möchte nun wieder die persönliche Geschichte meiner Paris Erfahrung fortsetzen: Doch wo die physische Topographie eine symbolische Verdichtung der militärischen Ruhmesgeschichte der Nation und der ganzen Welt ist, wird man ihr auch in der geistigen Topographie begegnen. In der Tat, gegen Ende meines Studiums der internationalen Politik an der Universität Paris I - Sorbonne, die den signifikanten Beinamen „Panthéon" -Sorbonne hat, hatte ich Forschungsseminare mit Titeln wie „Strategie, Ideologie und internationale Beziehungen, UDSSR und China und der Bürgerkrieg". Wir haben alle modernen Bürgerkriege seit dem zweiten Weltkrieg recherchiert und analytisch ausgewertet. Fazit: Krieg hat eine analytische Logik und man kann ihn daher gewissermaßen prognostizieren und auf der Basis dieser Erkenntnis eventuell verhüten. Meine damaligen Recherchen haben mich in Kontakt mit russischen und amerikanischen diplomatischen Vertretern gebracht und die Referenz Sorbonne, vielleicht noch mit dem Namenszusatz der historischen Hall of Fame haben auch einem jungen deutschen - ehemaligen Gegner - Carte Blanche, einen Freibrief geben und Tür und Tor geöffnet. Im Marinemuseum im Palais der Chaillot hat mir eine Spezialist ein signiertes Buch über die Zukunft der chinesischen Armee geschenkt, die US Botschaft problemlos Berichte des US Verteidigungsministeriums überlassenDas Vertrauen ohne Alternative war dabei, wieder zurückzukehren. Denn alles andere wäre im Zeichen und strategischen Kontext des Gleichgewichtes des Schreckens der multiplen gegenseitigen Vernichtungskapazität durch einen atomaren Erstschlag und durch die Zufügung des intolerablen Schadens durch einen Zweitschlag - als Abschreckung an sich bekannt - auch unvorstellbar. Doch ist nicht Krieg eben das, was sich die Menschen ob der Erfahrung und Evidenz seiner Grausamkeit nicht mehr vorstellen können oder wollen und das dennoch die Menschheit heimsucht, wie es in der Zeit vor dem 1. un 2. Weltkrieg war.

Jean-Claude Juncker, der Chef der Eurogroup meint, wie oben erwähnt, dass die Kriegsdämonen in Europa nicht verschwunden seien und dass sie nur schliefen!

Selbst die Nuklearstrategie stand auf meiner Vorlesungsagenda, ebenso, wie die Strategie gegen den Krieg durch einen verdienten jüdischen Akademiker und Diplomaten, dessen signifikante Forschung und Publikation Strategie gegen den Krieg ein Vorwort des französischen Generalstabschef ehrte. Das Bewusstsein war von den Gräueln emotional abgekoppelt und hat sie wissenschaftlich aufgearbeitet, ohne Ressentiments. Der Mensch kann sich durchaus durch Erkenntnis transzendieren, so er guten Willens ist.

Während meiner Zeit in Paris habe ich das Dojo eines aus einem japanischen Samurai Geschlechts stammenden Spezialisten für japanische Kultur frequentiert. Er selbst war 1914 von japanischen Besatzern in Korea geboren worden. Er hat sich auf einen geistigen Kriegerpfad des Friedens in den Westen aufgemacht, um diesem die japanische Kultur näherzubringen. Eine wesentliche Komponente war das Aikido. Er war ein Schüler des Begründers des Aikido. Jener, Morihei Ueshiba, beherrschte die Kriegskünste so vollkommen, dass er als kleiner Mann der stärkste Mann der japanischen Armee war. Doch er hat eine alle Budo (Kampfkunst) Systeme integrierende kriegsfreie Kriegskunst entwickelt, nämlich das Aikido, das dem Gegner die Zwecklosigkeit seines kriegerischen Ansinnens vermittelt; die Kampfkunst in eine Kunst der Harmonie verwandelt. Er war davon überzeigt, dass Japan eine Friedensmission in der Welt hat und dass es in der Tat die Welt befrieden könnte, vermittels dieser und anderer kultureller Vorzüge.

Im Lichte der Erkenntnis aus der Kriegsgeschichte ist schließlich der Friedensartikel 9 in der japanischen Verfassung verankert worden. Er lautet wie folgt:

Art. 9 1In aufrichtigem Streben nach einem auf Gerechtigkeit und Ordnung gegründeten internationalen Frieden verzichtet das japanische Volk für alle Zeiten auf den Krieg als ein souveränes Recht der Nation und auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten. 2

Um das Ziel des vorhergehenden Absatzes zu erreichen, werden keine Land-, See- und Luftstreitkräfte oder sonstige Kriegsmittel unterhalten. Ein Recht des Staates zur Kriegsführung wird nicht anerkannt. http://de.wikipedia.org/wiki/Artikel 9 der Japanischen Verfassung

Dazu mag der amerikanische General Douglas Mac Arthur seinen Beitrag geleistet haben. Denn, als ehemaliger Oberbefehlshaber der amerikanischen Pazifikstreitkräfte ist er schließlich ein Pazifist geworden.

Sowohl in der erkenntnistheoretischen Aufarbeitung und Analyse des Krieges, als auch im Aikido, als auch in der kollektiven Erfahrung, die im japanischen Friedensartikel zum Ausdruck kommt, ist ersichtlich, dass die Logik des Krieges transmutierbar und transzendierbar ist.

Der folgende von I. Tsuda stammende Passus sino-japanischer Provenienz aus meinem Transkulturellen Management Fachwörterbuch besagt, dass der Mensch ein Wahl zwischen zwei Modi des Seins hat, eines pazifistischen und eines kriegerischen und dass dieses Dilemma integrierbar ist. Und diese Integration ist auf kulturell diversen Wegen realisierbar.

Haku/Kon

Diese beiden japanischen Begriffe chinesischen Ursprungs haben, laut Tsuda, folgende Bedeutung: 1 Kon: Essentielle Seele, die als unteilbare Einheit im Menschen wohnt. 2 Haku: Körperliche Seele, die die physische Einheit seines Wesens gewährleistet. Die Einheit der beiden Seelen bildet das Individuum. Beim Tod löst sich die Einheit der beiden auf, die beiden Seelen trennen sich. Kon steigt zu Himmel auf, Haku bleibt auf der Erde. Dank der Haku-Seele können wir unsere menschliche Gestalt aufrechterhalten. Wenn wir ihr aber zu viel Bedeutung beimessen, erliegen wir ihren Versuchungen und ersticken schließlich die essentielle Seele. Wenn wir aber andererseits der Haku-Seele zu wenig Bedeutung beimessen, verhungern wir. Die Entwicklung von Kon vermittels des physischen Körpers, wie in Haku no budo (M. Ueshiba) befreit uns von materiellen Lastern und führt zu Harmonie unter den Mitmenschen, während die Entwicklung von Haku, wie in Haku no Budo (M. Ueshiba) auf die Zerstörung des anderen abzielt. Dies verdeutlicht die Werte von Einheit und Harmonie im individuellen, kollektiven und transzendenten Bereich.

3 Frieden durch kulturelle Abrüstung

„Si vis pacem para bellum" versus « Si vis pacem para pacem »

(Basierend auf dem obigen römisches Sprichwort)

Der Begriff der Friedenssicherung durch Abrüstung wird herkömmlicherweise für den Bereich der militärischen Abrüstung, insbesondere der strategischen Abrüstung verwendet, da der Bereich der strategischen ABC-Waffen das größte Risiko für die Auslöschung der Menschheit in Teilen oder insgesamt darstellt und immer noch darstellt. Mit der technologischen Weiterentwicklung und dem Wiederaufleben zeitüberdauernder kultureller Verwerfungen sind inzwischen noch weitere strategisch relevante Waffen, wie beispielsweise der fundamentalistisch basierte Terrorismus auf die Weltbühne getreten, der Selbstmordkommandos für unabsehbare Zerstörungen neuralgischer Schaltstellen der menschlichen Gesellschaft einsetzen kann oder der globale Informationskrieg in der digitalen Welt, der ebenso nationale und globalen Katastrophen heraufbeschwören kann. Darüber hinaus gibt es eine Anzahl von menschlich bedingten Szenarien - insbesondere in diversen wissenschaftlichen und Forschungsbereichen - die ebenso, auf Grund der zügellos- kompetitive Wissenschaftskultur, ein Risiko für die planetare Heimat des Menschen darstellen.

Alle materiellen Bedrohungsszenarien gründen also in der menschlichen Psyche und ihren Abgründen, insbesondere im menschlichen Konkurrenzgebaren mit seinen Mitmenschen, das kulturell verstärkt, die Auslöschung von Mitmenschen und anderen Kulturen, in den Augen der Akteure zu legitimieren scheint, ja sogar bereit ist, das Risiko unberechenbarer Risiken für die Menschheit im Zeichen der Wissenschaft in Kauf zu nehmen.

Eine materiell-politische Abrüstung erfordert also zunächst eine Abrüstung im Bereich des menschlichen Bewusstsein, jener Psyche des Menschen, die vor allem auf interpersonalem, interkulturellem Wettstreit beruht, der, so lehrt es die Geschichte, intra- oder interkulturell, zyklisch in die Weiterführung des psychosozialen Krieges mit anderen Waffen eskaliert. Diese Eskalationsprozesse sind weitgehend unkontrollierbar und gehen gleich einem Aufzug ohne Halteknopf vonstatten, wie es schon von Clausewitz festgestellt wurde. Eine Kontrolle oder Prävention solcher Prozesse würde also die Entwicklung von Instrumenten des psychologischen Prozessmanagement im menschlichen Bewusstsein erfordern.

Schaut man jedoch z. B. nach Asien, so erkennt man, dass es dort seit zweieinhalb tausend Jahren bis zum heutigen Tag vor allem um die Frage der Verfeinerung der Kriegslist geht, um die Konfliktprozesse jeglicher Steuerung und Kontrollierbarkeit zu entziehen. Es wurde erkannt, dass aller Krieg zunähst ein psychologischer Krieg ist. Von Sun Tzu bis Mao hat man erkannt, dass die Summe der geistig-materiellen Faktoren den Verlauf der Konflikte bestimmt und dass die Information über die Konfliktparteien, zusammen mit der Moral, die eigentlichen Determinanten des Kriegsverlaufs sind. Hier, insbesondere in den konfuzianischen Kulturen Asiens, hat man also die soziopsychologische Dimension des Konfliktmanagements schon vor Millennia erkannt und auf dieser Erkenntnis eine strategische Kultur der entsprechenden Art entwickelt.

Blickt man in den amerikanischen Westen, so schien man insbesondere im Bereich der nuklearen Eskalationstheorie von einer relativ linearen Planbarkeit von internationalen Konflikten auszugehen. Die jüngere Erfahrung der USA, beginnend mit dem Vietnam Debakel und den Fiaskos auf anderen Schlachtfeldern der Welt, hat aber, so scheint es, ein Umdenken in der amerikanischen Strategie herbeigeführt, dergestalt, dass die Information und die Kulturkompetenz allgemein, sowie auch die Schlachtfeldkultur heute höher bewertet werden. Die imperialen Mächte, Frankreich in Indochina, die USA in Vietnam und die Briten in Britisch India, ja selbst Napoleon, ebenso wie Hitler in Russland, wenn man die physische Kultur miteinbezieht, mussten trotz materieller Stärke vor kulturellen Faktoren kapitulieren. Sowohl in den Kriegen, als auch in deren Vorphase, wie auch der Prävention, spielt die geistige, die psycho-kulturelle Dimension, eine zentrale Rolle.

Alles Menschliche hat seinen Ursprung im menschlichen Geist, die Produktion von Waffen ebenso, wie auch deren Einsatz oder Nichteinsatz. Die Ursachen aller menschlichen Phänomene sind primär im menschlichen Geist zu suchen. Letztendlich handelt es sich also um kollektivierte psychische Prozesse, die man unter dem Begriff kulturell zusammenfassen kann. Jegliche Steuerung und Prävention von Konflikten beginnt also im kulturellen Bereich. Hier findet die wahre Abrüstung ebenso, wie die Aufrüstung und Eskalation kalter in heiße Konflikte statt.

Kulturelle Abrüstung entzieht dem Konflikt den Boden und die Nahrung. Kulturelle Aufrüstung dagegen gießt Öl ins Feuer und macht aus Scharmützeln bisweilen Flächenbrände.

Sind die kulturellen Programme der menschlichen Zivilisation Programme der Selbstvernichtung der Menschheit oder können sie gesteuert werden? Dies hängt von den Werten ab, die in der Sozialisierung der Nachfolgegenerationen vermittelt werden. Aufgrund der die menschlichen Einstellungen und somit Verhaltensweisen bedingenden Werte kann man Konflikte lange vor ihrer Entstehung steuern, ihre Art und ihre Intensität, ihre Zustandekommen und ihr Nichtzustandekommen. Sozialisiert man die Menschen explizit für den Konflikt, so wird die Sozialisierung zu einem Konflikt generierenden Kampfinstrument, wie es in der Hitlerzeit geschehen ist. Die fundamentalistische Sozialisierung unserer Zeit, in gewissen Teilen der Welt, ist eine alte und nun wieder moderne Version der Kriegssozialisierung. Kulturpsychologisch sind Dschihad und der Hitlerfaschismus, z. b. in seinem Ausdruck durch die Hitlerjugend, durchaus vergleichbare soziokulturelle Phänomene. Die ideologische Indoktrinierung des Kommunismus erfüllt(e) dieselbe Funktion der Kriegssozialisierung. Sie unterscheiden sich im Grad und der Form, aber nicht unter dem Blickwinkel des sie steuernden Bewusstseinsprinzips oder der psychologischen Gesetzmäßigkeit, die wir als kulturell identifiziert haben. Die Mechanismen der menschlichen und kulturellen Konditionierung und deren Verstärkung sind, beginnend mit Physiologen, wie Pawlow, über Psychologen, wie Skinner, bis zur modernen sozialanthropologischen Kulturforschung, eingehend erforscht worden.

Aber nicht nur die extreme, explizite Konfliktsozialisierung (i. e. Konflikt generierende Sozialisierung) des Menschen und der Völker, sondern auch die gängige kulturelle Sozialisierung kann eine Konfliktsozialisierung sein, wenn der Ethnozentrismus und Partikularismus durch deren hohe Wertpriorisierung destruktiv dynamisiert werden, während die ethische Dimension und Rechenschaftspflichtigkeit an Bedeutung verliert, wie es in den säkularisierten Gesellschaften unserer Zeit der Fall ist. Die ethnozentrischen Partikularismen werden durch die ethische Entkopplung und den ethischen Werteverlust in Konfliktkulturen umprogrammiert. Die Ethnozentrismen werden somit zur einzigen und höchsten Wertepriorität, die das menschliche Verhalten determiniert. Ethische Relativierung, partikularistischer Ethnozentrismus und materielle Präkarität können dann ein Scharmützel eskalieren lassen. Der fundamentalistische Fanatismus potenziert die Konfliktprozesse noch mehr als die ethische Relativierung, weil er gezielter als der Relativismus operiert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 179 Seiten

Details

Titel
Un-Möglicher Friede?
Untertitel
Im-Possible Peace?
Veranstaltung
Kulturforschung/Friedensforschung
Autor
Jahr
2013
Seiten
179
Katalognummer
V212564
ISBN (eBook)
9783656403999
ISBN (Buch)
9783656566632
Dateigröße
1346 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In Deutsch und Englisch
Schlagworte
Friedensforschung, interkulturelle Psychologie, peace research, internationale Politik, Religionswissenschaft, Bewusstseinsforschung, interkulturelle Forschung, globales Management, Geopolitik, Krieg und Frieden
Arbeit zitieren
D.E.A./UNIV. PARIS I Gebhard Deißler (Autor:in), 2013, Un-Möglicher Friede?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212564

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