Stadtgeographie und städtische Ökonomie - Von der industriellen zur postindustriellen Stadt

Untersuchung amerikanischer Städte


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

23 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einführung

2. Kennzeichen der Ökonomie in der industriellen Stadt

3. Wandel der Ökonomie – Probleme in der Stadt
3.1 Deindustrialisierung
3.1.1 Schließung von Fabriken
3.1.2 Polarisierung der Beschäftigungsstruktur und des Arbeitsmarktes
3.1.3. Konsequenzen der Deindustrialisierung
3.2 Deregulierung
3.3 Flexibilisierung und Globalisierung
3.4 Entstehung neuer städtischer Ökonomien
3.5 Schlussfolgerung für die städtische Struktur

4. Sozialökonomische Spaltungen im Innern der Städte
4.1 Segmentierung der Stadt
4.2 Polarisierung des Arbeitsmarktes
4.3 Auf dem Weg zu einer vielfach geteilten Stadt
4.4 Die Ökonomie in „aufgegebenen“ Stadtquartieren
4.5 Zusammenfassende Bemerkung zur Spaltung

5. Transformationsprozesse der postmodernen Stadt
5.1 Von Chicago nach Los Angeles: Trendsetter USA?
5.2 Ökonomische Restrukturierung der Region von Los Angeles
5.3 Der postmoderne urbanisierte Raum
5.4 Alternatives Model der urbanen Struktur

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einführung

Die gegenwärtige Umbruchsphase in unserer postmodernen, globalisierten Zeit – Wörter die heutzutage nahezu inflationär benutzt werden – ist mit einer Neuordnung räumlicher Gefüge und städtischer Hierarchien verbunden. Dazu gehört die Verschiebung von Industrie- und Wachstumszentren im weltweiten Maßstab. Früher bedeutende industrielle Zentren wirtschaftlichen Wachstums und stabiler Beschäftigung sind heute oft von industriellem Niedergang, also der Deindustrialisierung bestimmt. Die betroffenen Städte sind mit einer anhaltend hohen Arbeitslosigkeit, sinkenden Bevölkerungszahlen, brachliegenden Industrieflächen und einer verschärften Finanznot konfrontiert. Dem entgegengesetzt profitieren andere Stadtregionen von einer räumlich selektiven Konzentration der Wachstumspotentiale des modernen Kapitalismus (Krätke: 1995, S. 7).

Auf diese nur scheinbar ungeordneten und anarchischen Ansammlungen von Wachstumspolen neben aufgegebenen Quartieren in der Stadt, wie sie die Schule von Los Angeles beschreibt, soll in der Arbeit näher eingegangen werden. Außerdem werden auch die (globalen) Restrukturierungsprozesse im Städtesystem erklärt. Diese sind vor allem, neben der bereits erwähnten Deindustrialisierung, die Flexibilisierung von Produktion und Arbeit, sowie die Polarisierung im Arbeitsmarkt.

2. Kennzeichen der Ökonomie in der industriellen Stadt

Bekannte Stadtforscher, wie Häußermann weisen darauf hin, dass die industrielle Stadt trotz ihrer Klassenunterschiede und der Marginalisierung bestimmter Bevölkerungsteile auch in ihrer ökonomischen Zusammenstellung immer auf Integration ausgerichtet war. „Die moderne Stadt, also die Stadt des frühen 20. Jahrhunderts war eine Integrationsmaschine für die Industrialisierung“ (vgl. Häußermann: 1998, S.137).

Diese Integrationsfunktion übernahm zunächst der industrielle Arbeitsmarkt. Plakativ könnte man sagen, in der industriellen Stadt wurden Arbeitskräfte zwar ausgebeutet, aber wer ausgebeutet wird, wird immerhin noch gebraucht. Dies ist ein großer Unterschied zur postindustriellen-postmodernen Stadt, in der immer größer werdende Teile der Bevölkerung nicht einmal mehr ausgebeutet werden, sondern schlicht „überflüssig“ sind.

Ein Leitbild der Moderne, nämlich die zonierte Stadt, lässt sich u.a. als Begleiterscheinung der Ökonomie der Stadt und vor allem als Begleiterscheinung der zunehmenden Industrialisierung der städtischen Gebiete und des einsetzenden Fordismus erklären. In ökonomischer Hinsicht war die moderne Stadt gekennzeichnet durch industrielle Massenproduktion, Economies of Scale. Kennzeichnend war eine produktionsbasierte Wirtschaft (Hall: 1998, S. 83).

Die fundamentale Erfindung Fords war dabei, neben dem wissenschaftlich geführten Management und der Planung der Produktion unter rationaler Zerteilung des Arbeitsprozesses in kleine, zeitlich definierte Teilbereiche, die Entdeckung des Arbeiters als Konsumenten. Der Eindruck liegt nahe, dass unter dem Einfluss dieses riesigen Schubes an Arbeit die Stadt ähnlichen Ordnungskategorien unterworfen wurde. Laut Hellbrecht war „die Stadtentwicklung ebenfalls am Modell der Massengesellschaft orientiert und konzentrierte sich in der Planung auf die Ausweitung von Wohn- und Gewerbefläche“ (vgl. Hellbrecht: 1994, S. 16). Die Stadt wurde also räumlich zoniert in Arbeits-, Wohn- und Erholungsbereiche aufgeteilt.

Dies steht natürlich in diametralem Gegensatz zu postfordistischen Stadtmodellen, wie etwa dem Modell des Keno-Kapitalismus (vgl. Punkt 5.4), bei dem die Stadt das zufällige Produkt einer „kapitalistischen Lotterie“ ist (Dear, Flusty: 1998, S. 66).

3. Wandel der Ökonomie – Probleme in der Stadt

Hall spricht davon, dass die städtische Entwicklung durch die Stellung in der Weltökonomie beeinflusst ist. Die Folge davon ist, dass wir die Prozesse, die die Städte formen, nicht innerhalb der Städte selbst finden werden „cities are shaped by processes from far beyond their boundaries“ (Hall: 1998, S. 30).

Diese internationale Dimension bei der Stadtentwicklung ist jedoch nicht neu. Ältere Industriestädte wie etwa London, die Kommandozentrale eines ehemaligen Weltreiches, pflegten Handel mit Städten in der ganzen Welt. Das Erbe dieser internationalen Funktionen ist immer noch in der Stadtlandschaft, der Wirtschaft und den städtischen Einrichtungen sichtbar. Der internationale Kontext der Urbanisierung bekam jedoch erst in den Zeiten der Postmoderne eine neue Bedeutung, zu der Zeit also, in der die Effekte des internationalen Wettbewerbs in den Wirtschaften der älteren Industriestädte Europas und Nordamerikas deutlich wurden und internationale Organisationen, wie die Europäische Union zunehmend die Geschicke der Städte leiteten und einflussreiche Unternehmen in immer internationalerem Stil operierten (ebenda: S.30-31.)

Die heutigen Wirtschaftsweisen stehen in enger Wechselwirkung mit den ökologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Die entscheidenden Bestimmungsfaktoren der Stadtentwicklung sind im ökonomischen Bereich zu finden, sie müssen jedoch auch im Kontext von sozialen, kulturellen und politischen Verhältnissen und Veränderungen gesehen werden“ (vgl. Haubold:1997, S.27).

In den folgenden Punkten sollen die Trends der ökonomischen Entwicklungsprozesse, wie etwa Deindustrialisierung und Flexibilisierung näher erklärt werden.

3.1 Deindustrialisierung

Die Städte der Moderne sind mit der Industrialisierung groß geworden. Industrialisierung und Urbanisierung sind also historisch gesehen in unserem Kulturkreis untrennbar miteinander verbunden. Die moderne Stadt prägten Merkmale, wie eine besondere Produktionsweise (Fordismus), eine spezifische Sozialstruktur (Arbeiterschaft) und daran ausgerichtete räumliche Strukturen (Gewerbezonen, Industriebereiche, Wohngebiete) (Blotevogel: 1995, S.1122).

Mitte der siebziger Jahre ging dann der ausgeprägte Industrialisierungsprozess mit fordistischen Produktionsweisen in den westlichen Ländern mehr oder weniger zu Ende. Von den Ölpreisschocks erholte sich die Industrie zwar wieder, aber der neue Wachstumsführer war von nun an der Dienstleistungssektor. Die Bedeutung der Industrie nahm vor allem für die Beschäftigung immer mehr ab. Zur Zeit des Fordismus, also in der Stadt der Moderne, hatte die Regionalökonomie vor allem das Gefälle zwischen Zentrum und Peripherie zu klären; dies änderte sich mit dem Übergang zur postindustriellen Zeit dahingehend, dass nun Entwicklungsdifferenzen zwischen den verschiedenen Agglomerationen das Bild prägen.

Der Rückgang des sekundären Sektors bewirkte in den Städten tiefgreifende Strukturveränderungen und führte zu Verlagerungen und Schließungen von Unternehmen, ohne dass parallel dazu ausreichend adäquate Arbeitsplätze etwa im tertiären Sektor entstehen konnten (Haubold: 1997, S. 26).

Auch Hall erläutert den Prozess der Deindustrialisierung und führt Daten aus dem Vereinten Königreich und Nordamerika an. Danach waren noch im Jahre 1975 etwa sieben Millionen Menschen im sekundären Sektor und etwa zwölf Millionen im Dienstleistungssektor beschäftigt. Zwei Jahrzehnte später waren es in der Industrie nur noch 3,9 Millionen, im Servicesektor dagegen über 16 Mill.

Hall definiert zwar nicht die Art der ausgeführten Arbeiten im Dienstleistungsbereich, dennoch wird der Wandel der Beschäftigungsstruktur als Auswirkung des Deindustrialisierungsprozesses an diesem Beispiel deutlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(nach Hall, 1998: 31)

3.1.1 Schließung von Fabriken

Die Schließung der Fabriken ist ein Prozess, der mit dem Verlust der industriellen Kapazität einhergeht und ist ein Vorgang, der zum Synonym für die Situation der Ökonomie in innerstädtischen Gebieten der großen Städte geworden ist. Der Verlust der industriellen Kapazität dieser Innenstädte geht zum Teil mit dem Beginn der Dezentralisierung bis auf die 1940er zurück.

Hall beschreibt, dass zwischen den Jahren 1960 und 1982 jede bedeutende industriestädtische Ansammlung im Vereinten Königreich zwischen einem Viertel und der Hälfte seiner Beschäftigten verlor. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit unter den gelernten männlichen Arbeitskräften in Großbritannien war zu weiten Teilen das Ergebnis dieser Fabrikschließungen, wobei meist dieser Trend nicht durch die Schaffung neuer Unternehmen kompensiert werden konnte (Hall: 1998, S. 32-33).

3.1.2 Polarisierung der Beschäftigungsstruktur und des Arbeitsmarktes

Die Beschäftigungsstruktur der Großstädte wandelte sich in den letzten zwei Jahrzehnten nachhaltig. In diesem Wandel verschwand die unqualifizierte Industriearbeit weitgehend, wie schon vorher beschrieben wurde. Aufgrund der Transport- und Kommunikationstechnologie, die zusammen mit den Arbeitskosten die Standortbedingungen für die Produktion verändert haben, verloren die Städte insgesamt an Gewicht als Standorte der Erwerbstätigkeit (vgl. Häußermann : 1992, S. 21).

[...]

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Details

Titel
Stadtgeographie und städtische Ökonomie - Von der industriellen zur postindustriellen Stadt
Untertitel
Untersuchung amerikanischer Städte
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt  (Lehrstuhl für Kulturgeographie)
Veranstaltung
Hauptseminar
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V212333
ISBN (eBook)
9783656404392
ISBN (Buch)
9783656406280
Dateigröße
1324 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
postmoderne Stadt, städtische Ökonomie, Dear und Flusty, Kenokapitalismus, Deindustrialisierung, Chicago, Los Angeles, Stadtmodell
Arbeit zitieren
M.A. Daniel Lehermeier (Autor:in), 2006, Stadtgeographie und städtische Ökonomie - Von der industriellen zur postindustriellen Stadt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212333

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