Fallorientierte Didaktik - Ein neues Bildungskonzept für die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege?

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Bachelorarbeit, 2013

75 Seiten, Note: Sehr gut (1)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Schlüsselbegriffe
2.1 Fallorientiert
2.2 Didaktik
2.3 Bildung

3 Kompetenz ein ambivalenter Begriff in der Pflege
3.1 Die Entwicklung von den Schlüsselqualifikationen zu den Kompetenzen
3.2 Anforderungen für zukünftiges Handeln in den Pflegeberufen
3.3 Nachhaltigkeit in der beruflichen Bildung

4 Gesetzliche Grundlagen und Rahmenbedingungen in Österreich
4.1 Analyse Gesundheits- und Krankenpflegeausbildungsverordnung und Fachhochschul- Gesundheits- und Krankenpflege-Ausbildungsverordnung
4.2 Mindestanforderungen an die Ausbildung
4.3 Offenes Curriculum der Allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege

5 Notwendigkeit einer fallbezogenen Pflegebildung

6 Das integrierende Modell des Lernens

7 Fallorientierte Didaktik in der Pflegeausbildung
7.1 Der Fall
7.2 Vier Typen von Fallstudien
7.2.1 Typ 1 – Fallmethode
7.2.2 Typ 2 – Einzelfallprojekt
7.2.3 Typ 3 – Falldialog
7.2.4 Typ 4 – Fallarbeit
7.3 Verwendungsarten von Fällen
7.4 Typologie fallbezogener Lehr- und Lernmethoden
7.5 Fallbezogene Verfahren zur Förderung der Problemlösungskompetenz
7.5.1 Die Fallmethode
7.5.2 Das Einzelfallprojekt
7.6 Fallbezogene Verfahren zur Förderung hermeneutischer Kompetenz
7.6.1 Der Falldialog
7.6.2 Die Fallarbeit als Lehr- und Lernverfahren

8 SWOT- Analyse fallorientierter Didaktik
8.1 Strengths - Stärken
8.2 Weakness - Schwächen
8.3 Opportunities - Chancen
8.4 Threats - Risiken

9 Fazit

10 Literaturverzeichnis

11 Anlagenverzeichnis
11.1 Anlage 1

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Pflegepersonen sind in ihrem Beruf hohen Anforderungen ausgesetzt. Nussbaumer und von Reibnitz (2008, S. 31) sind der Ansicht, dass die veränderten Strukturen des Gesundheitswesens zu neuen Aufgabenstellungen in der Pflegeausbildung führen. Eigenständiges, selbstverantwortliches Pflegehandeln und koordinierendes, kooperierendes und interdisziplinäres Arbeiten rücken in den Vordergrund. Pflegepersonen müssen immer mehr Kompetenzen zur Bewältigung neuer Arbeitsfelder erwerben und umsetzen, mit anderen Berufsgruppen kooperieren, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten sektorenübergreifend koordinieren zu können. Es zeigen sich somit immer mehr und mehr neue Anforderungen an die Weiterentwicklung der Ausbildung der Pflegepersonen. Zukünftige Pflegeausbildungen sollen demzufolge gewährleisten, dass durch die Planung und Gestaltung von Lernprozessen die Handlungskompetenz der Auszubildenden gestärkt wird. Nach Nussbaumer und von Reibnitz (2008, S. 32) geht diese didaktische Idee mit einer Abkehr vom traditionellen Lernbegriff einher, nach dem Lernen vorwiegend Reproduktion überprüfbaren Wissens ist. Es liegt nun an den Lehrkräften, den Unterricht so zu gestalten, dass die Zusammenstellung und Umsetzung von Lernsituationen, die Fragen, Erfahrungen und Probleme der Auszubildenden im Fokus hat. Primäres Ziel dieser Lernsituationen sollte der Erwerb von Fähigkeiten, Einstellungen und Strategien im Sinne umfassender beruflicher und persönlicher Kompetenzen sein. Hundenborn (2007, S. 6-11) spricht in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit einer fallbezogenen Pflegeausbildung. Sie sieht die Begründung für eine fallorientierte Didaktik in den gesetzlichen Grundlagen, in den Entwicklungen der Pflegewissenschaft und Pflegeforschung und im demographischen Wandel. Ihrer Ansicht nach (Hundenborn, 2007, S. 8) lassen sich Kompetenzen nicht in Form von Wissensreproduktion nachweisen, sondern sind an das Handeln in Situationen gebunden. Kompetentes Handeln zeigt sich demnach in der Art und Weise, wie Menschen mit den Herausforderungen einer Situation umgehen.

Abstract

Currently, the complexity of the competencies expected of care persons is continually increasing. As research shows case-based teaching and learning strategies could be seen as a powerful tool in order to pass on those competencies that are needed to care for patients in a professional way. The purpose of this thesis is to explore the benefit of using this teaching method for the Austrian Nursing Educational Program. The focus is put on the education of registered nurses. First there is a discussion , which competencies are the key competencies in the nursing profession. Secondly , it is reflected which regulatory and basic framework exists in Austria for nursing education. The first and the second part lead directly to the third part, which deals with the following question: Which competencies could be developed with case based teaching and learning strategies? Four case based teaching strategies are compared and contrasted in the context of obtaining problem solving ability and enhancing clinical reasoning skills. In conclusion a swot-analysis presents the results of this paper. Although there are certain limitations for the use of case based teaching and learning methods, it was found that this teaching method could provide a rich basis for developing skills, which are essentially needed in the nursing profession. Further studies in this area are strongly recommended.

Aktuell sind Pflegepersonen mit kontinuierlich steigenden Anforderungen an ihre Kompetenzen konfrontiert. Wie die Forschung zeigt, können fallorientierte Lehr- und Lernmethoden als wirksames Instrument zur Vermittlung von Kompetenzen, die für die professionelle Patientinnen- und Patientenversorgung relevant sind, angesehen werden. Das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es, den Nutzen dieser Unterrichtsmethode für die österreichische Pflegeausbildung darzustellen. Die Arbeit hat die Grundausbildung zur allgemeinen diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester und zum allgemeinen diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger im Fokus. Im ersten Teil werden Ansätze diskutiert, die aufzeigen, welche Kernkompetenzen im Pflegeberuf von Bedeutung sind.

Im zweiten Teil geht es darum grundlegende und rechtliche Rahmenbedingungen für die Pflegeausbildung in Österreich zu reflektieren. Der dritte Teil der Arbeit baut auf den ersten und zweiten Teil auf und beantwortet die Frage, welche Kompetenzen durch fallorientierte Lehr- und Lernmethoden vermittelt werden können. In Bezug auf die Förderung von Problemlösekompetenz und auf die Vermittlung von klinischer Entscheidungskompetenz werden vier fallorientierte Lehrmethoden miteinander verglichen und gegenübergestellt. Abschließend werden in einer Swot-Analyse die Ergebnisse der Arbeit dargestellt. Obwohl es bestimmte Grenzen für den Einsatz von fallorientierten Lehr- und Lernmethoden gibt, wurde herausgefunden, dass diese Unterrichtsmethode eine breite Basis an Fähigkeiten vermitteln kann, die für den Pflegeberuf hauptsächlich benötigt werden. Die Durchführung von weiteren Untersuchungen auf diesem Gebiet wird dringend empfohlen.

1 Einleitung

Kremer (2011, S. 5) stellt fest, dass kaum eine Branche so personalintensiv ist, wie das Gesundheitswesen. Die Pflegekräfte, die in diesem Arbeitsbereich tätig sind, sind durch den gesellschaftlichen und politischen Wandel der vergangenen Jahre massiv gestiegenen Anforderungen ausgesetzt. Dabei geht es um Veränderungen in den Qualifikationsanforderungen, der Arbeitsorganisation und den Arbeitsbedingungen gleichermaßen. „Um auch künftig eine qualitativ hochwertige und umfassende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung gewährleisten zu können, gewinnen Fragen nach geeigneten Konzepten beruflicher Bildung zur Verbesserung der beruflichen Handlungsfähigkeit des Personals und zur Attraktivitätssteigerung des Gesundheitssektors ein ganz neues Gewicht“. Angesichts dessen, stellt sich die Frage, ob das Personal bei einer immer größeren Komplexität der Aufgaben, inhaltlich und organisatorisch in der Lage ist, mit den Veränderungen bei der Versorgung kranker, pflege- und hilfsbedürftiger Menschen adäquat umzugehen. Bröker-Brandt & Diendorf (2011, S. 149) bestätigen, dass fachliches Wissen und eine hohe zwischenmenschliche Kompetenz in den verschiedenen Handlungsfeldern zu gleichermaßen wichtigen Grundvoraussetzungen der professionellen Pflege werden. Nach Kremer (2011, S. 5) spielen für die Weiterentwicklung der Qualität der beruflichen Bildung moderne Bildungskonzepte, innovative Qualifizierungsstrategien, eine gezielte Kompetenzentwicklung sowie die Professionalisierung des Bildungspersonals eine ganz entscheidende Rolle. Die Idee, das Thema Fallorientierte Didaktik- ein neues Bildungskonzept für die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege in der zweiten Bachelorarbeit aufzugreifen, entstand aus persönlichem und vor allem aus beruflichem Interesse. Um mich für meine neue Aufgabe als Lehrerin an einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege vorzubereiten, beschäftigte ich mich bereits im Vorfeld mit den Themenbereichen Kompetenzentwicklung, Bildung und Didaktik in der Pflege.

Aus dieser Auseinandersetzung entstanden Forschungsfragen, die im Rahmen dieser Arbeit wissenschaftlich bearbeitet werden: Wozu soll die Pflegeausbildung befähigen? Welche gesetzlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen gibt es dazu in Österreich? Welcher Auftrag ergibt sich daraus für die Gestaltung der Ausbildung? Werden durch eine Pflegeausbildung, in der Fallbearbeitung geplant, regelmäßig und methodisch gelenkt wird, Kompetenzen angebahnt, welche zur Ausübung des Pflegeberufs von Bedeutung sind? und Welche Argumente lassen eine fallbezogene Pflegeausbildung als notwendig und sinnvoll erscheinen? Die pflegewissenschaftliche Bedeutung dieser Arbeit liegt darin, ein neues Bildungskonzept, das als curriculare Grundlage für die zukünftige Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege dienen könnte, kritisch analytisch zu reflektieren, und die Erkenntnisse daraus für die Praxis zu evaluieren. Als Methode habe ich einen literaturbasierten, hermeneutisch- interpretativen Zugang gewählt. Der Begriff Hermeneutik ist definiert als die Kunst des Auslegens und Verstehens von Texten (Lexikon Psychologie und Pädagogik). Die Aufgabe der Hermeneutik ist es, den inneren Sinn aus einem Text herauszufiltern. Bei hermeneutisch-interpretativen Vorgehensweisen, die vor allem sinnerschließendes Verstehen zum Ziel haben, geschieht dies mittels methodischer Reflexion (Universität Tübingen, S. 2). Wesentlich bei dieser Vorgehensweise ist, dass gegenüber den zu analysierenden Gegenständen und Problemen, eine offene, kritische und mehrperspektivische Haltung eingenommen wird. In derartigen Arbeiten werden zu Beginn Fragestellungen formuliert und die damit verbundenen Vorverständnisse geklärt. Dann werden auch historisch angelegte Deutungen der Symbolträchtigkeit der Problem-Gegenstände vorgenommen. Abschließend steht die Erschließung von problemübergreifenden Zusammenhängen und die Darstellung und Kommentierung kontroverser Aussagen (Lesarten), im Mittelpunkt der Bearbeitung. Werden dann die interpretierten Einzelstücke in einem Ganzen zusammengefasst, kann es dadurch gelingen zu einem tieferen Verständnis vorzustoßen. Nach der klaren Formulierung der Forschungsfragen konnte mit den entsprechenden Schlüsselbegriffen die vertiefte Recherche beginnen. Gesucht wurde in Online-Datenbanken und Bibliotheken. Um relevante Daten aufzufinden wurden die von Behrens & Langer (2010, S. 129-154) empfohlenen Suchstrategien, angewandt.

2 Schlüsselbegriffe

2.1 Fallorientiert

Um diesen Begriff zu definieren, bezieht sich die Verfasserin auf die in der Dissertation von Steiner verwendeten Ausführungen. Demnach zeigt Steiner (2004, S. 10) auf, dass fallbezogene (oder fallorientierte beziehungsweise kasuistische) Methoden als Oberbegriff diejenigen Verfahrensweisen bezeichnen, bei denen die Bearbeitung eines (Einzel-) Falles zu Lern-, Ausbildungs-, Untersuchungs- und Forschungszwecken eingesetzt wird. „Bei kasuistischen Verfahren bestimmt der konkrete Fall und dessen Bearbeitung durch die Lernenden oder Forschenden die Choreographie, den Verlauf einer spezifischen Ausbildungssequenz, eines Untersuchungs- oder Forschungsprojektes“.

2.2 Didaktik

Die Wurzeln des Wortes Didaktik liegen etymologisch in der griechischen Antike (Lehner, 2009, S. 10). Begriffe aus dem Wortfeld Didaktik sind zum Beispiel didaskein, das heißt unterrichten oder lehren, didaskalos, das war der Lehrer (zumeist ein Sklave und männlichen Geschlechts) und didaskaleion, das war die Schule, auch benannt als Raum des Lernens. Die Didaktik ist eine Teildisziplin der Pädagogik. Ihre Aufgabe ist es festzustellen, wie Lernsituationen im jeweiligen Kontext beschaffen sind, Entwürfe für ihre Verbesserung zu liefern und gewonnene Einsichten umsetzen zu helfen. Anders ausgedrückt: die Praxis des Lernens aufzuklären und zu fördern. Lehner bezeichnet dabei Lernen als die primäre Kategorie, die grundsätzlich auch ohne Lehre auskommt, während Lehren immer auf Lernen angewiesen ist. Demnach ist die Didaktik die handlungsorientierte Wissenschaft vom Lehren und Lernen. Um es auf den Punkt zu bringen, Didaktik ist die Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens. Doch ganz so einfach ist es nicht, wie Lehner (2009, S. 11-13) in seinen Ausführungen aufzeigt. Es bestehen unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich des Zwecks von Didaktik, zum Beispiel Reflexion versus Handlungsorientierung oder Theorie versus Praxis. In der Folge entsteht daraus eine begriffliche Heterogenität (Lehner, 2009, S. 11). Mehr Konsens herrscht über die Bestimmung des Gegenstands der Didaktik (Lehner, 2009, S. 12). Die Aktionen, Reaktionen und Denkhandlungen, der beteiligten Personen werden als Gegenstand der Didaktik angesehen. In der geschichtlichen Entwicklung der Didaktik lassen sich mehrere Phasen unterscheiden. „Johann Amos COMENIUS (Jan Amos Komensky, 1592-1670) gilt als Begründer der Didaktik als eigenständige Disziplin“ (Lehner, 2009, S. 14). In seinem Werk didactica magna postulierte er den Ausspruch Omnes, omnia, omnino. Comenius war der Auffassung, dass allen Menschen alle Dinge der Welt in grundlegender Weise gelehrt werden können. Im 18./19. Jahrhundert suchte Pestalozzi nach Möglichkeiten, die Menschen zu stärken, um in der Einheit von Handeln, Sprache und Emotion Lernprozesse anzuregen (Lehner, 2009, S. 15). Mit seinem Konzept vom verständnisintensiven Lernen, mit Kopf, Herz und Hand meinte er ein Lernen, in dem sich Erkenntnisvermögen, Emotion und Handeln methodisch miteinander verbinden. Herbart war davon überzeugt, dass in jedem Kind kognitive Strukturen vorhanden seien, die zu den im Unterricht neu zu lernenden Strukturen in Beziehung gesetzt werden müssen. Damit dies im Unterricht gelingt, arbeitete Herbart eine komplexe Methodenlehre, besser bekannt als die Formalstufentheorie, aus. Die Formalstufen folgen im Wechsel von Vertiefung und Besinnung aufeinander. Die Reformpädagogik im frühen 20. Jahrhundert ist als Antwort auf den schematisierten und lehrergesteuerten Unterricht des Herbartianismus zu verstehen (Lehner, 2009, S. 16). „Ausgehend von der Annahme, dass die Fähigkeiten des Menschen bereits im Kinde angelegt seien, ging es darum, diese durch Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit zu entfalten“. Bedeutende Vertreter dieser Sichtweise sind Peter Petersen, Maria Montessori und Georg Kerschensteiner (Lehner, 2009, S. 16-18). Zahlreiche neue Schul- und Unterrichtsformen sind im Rahmen der Reformpädagogik entstanden. Zu diesen zählen der Gesamtunterricht, der Gruppenunterricht oder die Arbeitsgemeinschaften. Aus der geisteswissenschaftlich geprägten Didaktik, die bereits neben dem Ansatz der Reformpädagogik existierte, entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die bildungstheoretische Didaktik von Klafki und als Gegenentwurf dazu, die lerntheoretische Didaktik von Heimann (Lehner, 2009, S. 18). Eine Vielzahl von Didaktiken entstand in deren Folge, bestimmend blieben letztlich die bildungstheoretische und die lerntheoretische Didaktik. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts kann von einer eigenständigen Didaktik der Erwachsenenbildung gesprochen werden. Der Übergang von der Volksbildung zur Erwachsenenbildung vollzieht sich nach dem zweiten Weltkrieg, ab Mitte der siebziger Jahre findet in der Didaktik der Erwachsenenbildung eine deutliche Subjektivitäts- und Teilnehmerorientierung statt (Lehner, 2009, S. 19). Wird der Begriff Didaktik näher beleuchtet, so müssen auch die verschiedenen Dimensionen dieses Begriffes erklärt werden. Die Allgemeine Didaktik beschäftigt sich mit Konzepten und Theorien, die unabhängig vom Bildungsbereich eine grundsätzliche Bedeutung für die Lehre haben. Das heißt allgemein bedeutet in Bezug auf Didaktik unabhängig von den Bildungsbereichen. Demzufolge geht es zunächst um ein weitgehend zielgruppenunabhängiges didaktisches Denken und Handeln (Lehner, 2009, S. 20). Im Gegensatz dazu gibt es die Fachdidaktiken, sie stellen den Zusammenhang zwischen der fachwissenschaftlichen Disziplin und der allgemeinen Didaktik her. Die Didaktik der Physik wird als Beispiel angeführt. Weil die Fachdidaktik an die Fachwissenschaft gekoppelt ist, gilt sie nicht als erziehungswissenschaftliche Disziplin (Lehner, 2009, S. 21). Sie steht damit im Spannungsfeld fachwissenschaftlicher Erkenntnisse, gesellschaftlicher und bruflicher Anforderungen und schulischer Realität. Neben den Fachdidaktiken gibt es weitere spezielle Didaktiken, sie fokussieren das jeweilige Fach, übergreifende Bereiche, verschiedene Zielgruppen und Institutionen. Nun stellt sich nach Falk & Kerres (2003, S. 7) die Frage, was ist das Besondere der Didaktik und Methodik der Pflegeausbildung ? Drei Aspekte kennzeichnen das Besondere der Pflegetätigkeit, der Umgang mit Körperlichkeit und Berührung, die Konfrontation mit Krankheit, Altern, Verlust, Einsamkeit und Tod und das Spannungsfeld zwischen effizienter Arbeitsorganisation und dem Anspruch nach individueller biographieorientierter und lebensweltbezogener Begleitung. Hundenborn (2007, S. 32) äußert diesbezüglich, dass didaktische Konzepte immer auch an eine Vorstellung dessen gebunden sind, auf welche Weise sich Lernprozesse vollziehen und was demnach dem Lernen förderlich ist. In diesem Zusammenhang erwähnt die Autorin zwei Hauptströmungen der psychologisch orientierten Lehr- und Lernforschung, den kognitiven Ansatz und den Situiertheitsansatz (Hundenborn, 2007, S. 32). Der kognitive Ansatz betrachtet den Menschen als informationsverarbeitendes System. Das pädagogische Interesse ist vor allem darauf ausgerichtet, Prozesse der Informationsaufnahme und- verarbeitung so zu gestalten, dass die Lernenden strukturiertes Wissen aufbauen können. Wissen beschreibt hier nicht nur die Kenntnisse einer Person, sondern auch deren Können. „Diese beiden Wissensarten im kognitiven Ansatz werden als deklaratives und prozedurales Wissen bezeichnet“ (Renkl zit. nach Hundenborn, 2007, S. 32). Die Kritiker des kognitiven Ansatzes gehen davon aus, dass Wissen immer kontextgebunden erworben wird, das heißt in Situationen (Hundenborn, 2007, S. 33). Eine Möglichkeit zur Gestaltung von Lernprozessen stellt hier das Konzept des Lehrlings-lernens (apprenticeship learning) und das problemorientierte Lernen dar. Das problemorientierte Lernen kommt auch im kognitiven Ansatz vor, Ausgangspunkt der Lernprozesse sind komplexe, realitätsnahe Problemsituationen. Während diese beiden Ansätze nicht selten als sich ausschließende Forschungslinien angesehen werden, gibt es auch integrierende Ansätze, in denen eine Verschränkung der unterschiedlichen Strategien vorgenommen wird (Hundenborn, 2007, S. 34). Das von Kaiser (2005) entwickelte Modell, das integrierende Modell des Lernens, differenziert vier unterschiedliche Wissensarten: neben dem deklarativen und prozeduralen Wissen, das situative und das sensomotorische Wissen. Deklaratives Wissen umfasst das in Begriffen vermittelte Wissen, das prozedurale Wissen oder auch Können die eingeübten Routinen, das situative Wissen die eigene Erfahrung auf der Grundlage erlebter Situationen und das sensomotorische Wissen die trainierte Ablaufsteuerung (Hundenborn, 2007, S. 34). Werden demnach Lernprozesse gestaltet, so gilt es sowohl Strategien aus dem kognitiven Ansatz als auch aus dem Situiertheitsansatz nutzbar zu machen. Ein fallbezogenes Vorgehen für die Pflegeausbildung wurde von Kaiser auf der Grundlage seines integrierenden Modells des Lernens entwickelt, in welchem die einzelnen Wissensarten systematisch miteinander verknüpft werden. Teaching can be summed up as the process of bringing about learning, on this basis a teacher may be regarded as a designer and manager of learning events and situations (Heath, 2006, S. 3). Falk und Kerres (2003, S. 47) zeigen auf, dass moderne didaktische Konzepte für die Ausbildungen der Pflegeberufe in Zukunft darauf abzielen müssen, adäquates berufliches Handeln in komplexen sozialen Situationen lern- und lehrbar zu machen.

2.3 Bildung

Der Begriff Bildung stammt vom mittelhochdeutschen Wort bildunge und vom althochdeutschen Wort bildunga ab (Duden Wörterbuch, 2012). Bildunga wird übersetzt mit den Worten Schöpfung, Bildnis und Gestalt. Als Bedeutungen werden das Bilden, die Erziehung, das Gebildetsein, das Ausgebildetsein, erworbenes Allgemeinwissen, das Formen, die Schaffung, das Sich bilden, die Entstehung, die Form und die Gestalt angeführt. Die Begriffe Ausbildung, Erziehung, Schulung, Allgemeinwissen, Wissen, Formung, Gründung, Konstituierung, Schaffung, Entstehung, Entwicklung, Herausbildung, Form, Formung und Gestalt gelten als Synonyme. Lehner (2009, S. 87) sagt, dass der Bildungsidee ein humanistisches Konzept vielseitiger Persönlichkeitsentfaltung zugrunde liegt, welche auf Handlungsfähigkeit für frei gesetzte Zwecke abzielt. Um Bildungsentwürfe zu unterscheiden, muss differenziert werden, ob sie eher die Inhalte und Bildungsgüter oder die zu erwerbenden methodischen Kompetenzen fokussieren. Bildung sei außerdem dadurch gekennzeichnet, dass sie einerseits auf das gesellschaftliche Leben vorbereitet und andererseits das Subjekt auch dem gesellschaftlichen Verfügungsdruck entziehen kann. Das bedeutet, dass Bildung, den Menschen dazu anregt, die Möglichkeit zu vernünftiger Selbstbestimmung wahrzunehmen und die erforderlichen Fähigkeiten auszubilden. Das Ziel der Bildung ist die Handlungsfähigkeit für freigesetzte Zwecke (Lehner, 2009, S. 88). Diese Handlungsfähigkeit ist eine Kompetenz zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst, der Gesellschaft und der Welt. Bildung schafft also die Voraussetzungen für den Umgang mit dem eigenen Selbst, der Welt und der Gesellschaft, kontrolliert aber nicht das konkrete Handeln, dementsprechend sind die Anlässe für Bildung vielfältig und entziehen sich einer genauen Bestimmung (Lehner, 2009, S. 89). Wenn Lehner (2009, S. 90) beschreibt, dass Bildung einerseits auf das Leben in einer (auch) von Zwängen geprägten Gesellschaft vorbereitet und andererseits sich auf Handlungsfähigkeit und Selbstermächtigung orientiert, weist er darauf hin, dass Bildung eine Art Doppelcharakter besitzt. Bei der Analyse der Literatur kann diese Auffassung unterstützt, wenn nicht sogar verstärkt werden. Es zeigt sich, dass Bildung ein schillernder Begriff ist. Bildung zielt im 19. Jahrhundert auf die Instandsetzung, auf die intellektuelle Ausstattung und Befähigung des Menschen zur Führung seines Lebens (Falk & Kerres, 2003, S. 22). Seit Anfang der siebziger Jahre nahmen die Diskussionen um die Integration von Allgemeinbildung und Berufsbildung zu (Falk & Kerres, 2003, S. 25). In den achtziger Jahren ist dann die Verworrenheit der Begriffe Allgemeine Bildung und Berufliche Bildung nicht mehr zu überbieten, da jeder Unterricht, und jede Bildung, je nach Fragestellung und Betrachtungsweise, speziell oder fachlich einerseits und allgemein andererseits sein kann (Falk & Kerres, 2003, S. 26). Durch den gegenwärtigen Umbau der Industriegesellschaft in eine Informations- und Dienstleistungsgesellschaft ergeben sich neue Anforderungen an die berufliche Bildung. Weil der Einzelne nun nicht mehr nur in seiner berufstheoretisch ausgerichteten Identität und der beruflichen Handlungskompetenz betroffen ist, ist er als betrieblicher Akteur mit all seinen biografisch gegebenen Kompetenzen gefordert (Peters zit. nach Falk & Kerres, 2003, S. 28). Falk und Kerres weisen darauf hin, dass dies Auswirkungen auf eine Berufspädagogik hat, weil es nicht mehr darum geht, nur Fachwissen zu vermitteln, das immer schneller veraltet. „Lebenslanges Lernen wird zum Muss, Grundfähigkeiten, mit denen sich der einzelne leichter auf veränderte Situationen einstellen kann, gewinnen an Bedeutung“. Die Grundzüge einer zeitgemäßen Allgemeinbildung mit den Dimensionen der Bildung für alle, die Entwicklung eines Bewusstseins für aktuelle Schlüsselprobleme und der Allgemeinbildung im Sinne einer vielseitigen Bildung, wurden von Klafki entwickelt (Falk & Kerres, 2003, S. 45). Diese Dimensionen gelten insbesondere für das Handlungsfeld der Berufspädagogik, laut Klafki geht es hier besonders um Aufklärung über die Rahmenbedingungen beruflicher Tätigkeit, über die Bedeutung des Berufs für die Entwicklung der personalen Identität und um die Beziehung zwischen Arbeit und Freizeit (Falk & Kerres, 2003, S. 45). In den neunziger Jahren forderte v. Hentig dann schließlich das Adjektiv allgemein zu streichen und nur noch von Bildung zu sprechen sowie Kriterien aufzustellen, mit deren Hilfe sich messen lasse, woran sich Bildung bewährt. Falk & Kerres (2003, S. 46) stellen fest, dass im Verlauf der Entwicklung der beruflichen Pflege meistens andere Themen dominierten als bildungstheoretische Überlegungen zur Verbindung von allgemein bildendem und berufsbildendem Unterricht. Erwähnenswert erscheint den beiden Autorinnen auch, dass die Medizin sich kontinuierlich bemüht hat, Inhalte der Pflegeausbildung so weit wie möglich zu bestimmen. Allgemeine berufliche Bildung fördert die Entwicklung einer personalen Identität. Ein neues Konzept der zeitgemäßen Allgemeinbildung, verstanden im Sinne von Klafki als vielseitige Bildung für alle, sowie mit der Dimension der Entwicklung eines Bewusstseins für die zentralen Probleme der Gegenwart und der Zukunft, ist von hoher Bedeutung für die Pflegeberufe. Gerade die Wandlungsprozesse im Gesundheitswesen bestätigen die veränderten Anforderungen an die Pflegeberufe (Falk & Kerres, 2003, S. 47). In deren Tätigkeitsfeldern ist zunehmend Voraussetzung, selbstständig und je nach Situation flexibel entscheiden und aus dem Fundus schöpfen zu können, der in hohem Maße Bildung und Qualifikation voraussetzt.

3 Kompetenz ein ambivalenter Begriff in der Pflege

Die Markt-, Rahmen- und Organisationsstrukturen haben sich in den vergangenen Jahren im Gesundheitswesen gravierend verändert (Dietze, 2011, S. 133). Die pflegerische Arbeit wird zunehmend von volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Überlegungen beeinflusst. Dadurch, dass die Ausbildung berufsübergreifender Handlungskompetenzen zunehmend an Bedeutung gewinnt, steht das berufliche Bildungssystem vor der Herausforderung, sich flexibel und innovativ den sich ändernden Anforderungen des Beschäftigungssystems anzupassen. Die Fragen, welche Kompetenz Menschen in unserer stetig wachsenden höchst komplexen Lebens- und Arbeitswelt benötigen, werden dringlicher (Olbrich, 2010, S. 11). Gerade das Thema der Pflegekompetenz ist besonders aktuell, denn Pflege als Teil der Gesellschaft muss sich den Herausforderungen stellen. Sahmel (2011, S. 1) spricht in diesem Zusammenhang auch vom Wandel der Pflege. Nach einer sehr plakativen Präsentation, wie sich der Wandel aktuell in den verschiedenen Settings der Gesundheits- und Krankenpflege abzeichnet, wirft Sahmel zwei Fragen auf, Wie ist auf den Wandel zu reagieren? und Wie wollen wir hier argumentieren? (Sahmel, 2011, S. 4). Auch die Beantwortung der vorhergehenden Fragestellungen formuliert der Autor in zwei weiteren Fragen. Er stellt in den Raum, ob es um eine Reaktion auf Markt-probleme geht oder ob pflegewissenschaftliche und pflegepädagogische Perspektiven in den Vordergrund rücken (Sahmel, 2011, S. 4-5). Der Autor bekennt sich zur Vertretung der zweiten Position. Es geht ihm vorrangig um den konsequenten Übergang vom derzeit vorherrschenden medizinisch- technischen, zu einem sozialpflegerischen Paradigma (Sahmel, 2011, S. 4). Deshalb gilt es laut Sahmel (2011, S. 6) zunächst zu klären, was der bislang skizzierte Wandel der Pflege bezüglich der Frage nach den Kompetenzen der Pflegekräfte bedeutet.

3.1 Die Entwicklung von den Schlüsselqualifikationen zu den Kompetenzen

Sahmel (2011, S. 7) beschreibt in seinen Ausführungen rückblickend die Entwicklung der Kompetenzen. Er verfolgt dabei den Weg vom Allgemeinen zum Besonderen. Zunächst kann festgestellt werden, dass in Bezug auf den Kompetenzbegriff, sich schon der berufspädagogische Vorgänger-Begriff, das Konzept der Schlüsselqualifikationen, als widersprüchlich erwies. Der bildungsökonomisch verstandene Begriff zielte weitgehend auf berufliche Funktionalität und geriet in Gegensatz zum Begriff der Bildung. Auch die Konjunktur des inzwischen fast inflationär gebrauchten Begriffs Kompetenz ist nach Sahmel in einem ähnlichen Licht zu sehen. „Die Veränderungen der Arbeitsverhältnisse in einer globalisierten Welt machen verstärkt einen flexiblen Menschen (um mit Richard Sennett zu reden) notwendig und der Begriff Kompetenz steht für größere Eigenständigkeit, Autonomie und Handlungsfähigkeit, ist aber zugleich auch mit Steigerung der Produktivität und Leistungsbereitschaft verknüpft. Der flexible, sich selbst organisierende Mitarbeiter wird zunehmend zu seinem eigenen Unternehmer.“ (Sahmel, 2011, S. 7) Einerseits zeichnet sich dadurch die Individualisierung ab. Im Neoliberalismus entspricht dies einer deutlichen Tendenz zum Rückzug des Staates aus der Verantwortung für Bildung und zum Rückgang der Bereitschaft von Unternehmen, sich um Weiterbildung zu kümmern. Das lebenslange Lernen liegt in der Eigenveranwortung eines jeden Einzelnen. Andererseits existiert daneben auch weiterhin ein Verständnis von Kompetenz im Sinne von Bildung. Sahmel (2011, S. 9) möchte darauf aufmerksam machen, dass die Verwendung des Begriffs kritisch pädagogisch zu hinterfragen ist. Damit zeigt der Autor den ebenso vielfältigen Gebrauch des Begriffs in der Pflege auf. Des Öfteren lässt sich eine Aneinanderreihung von Kompetenzen oder die simple Teilung in Fachkompetenz, personale Kompetenz, soziale Kompetenz und Methodenkompetenz finden, ohne dass zum Beispiel deutlich darauf hingewiesen wird, dass soziale Kompetenz ein substantieller Bestandteil der pflegerischen Fachkompetenz ist.

Bemerkenswert erscheint auch die Tatsache, dass viele neue Kompetenzen erfunden werden (Sahmel, 2011, S. 9). Sahmel konstatiert, dass eine intensive Auseinandersetzung mit der gerade aufgewiesenen Ambivalenz zwischen affirmativem und kritischem Gebrauch der Kategorie Kompetenz zumeist entfällt. Darüber hinaus werden oft die Unschärfen in der Verwendung des Kompetenz-Begriffs in der Pflege verstärkt, indem oftmals Bezüge zum Kompetenzbegriff von Benner hergestellt werden. From Novice to Expert ist eine Studie aus dem Jahr 1994, der Interviews mit erfahrenen und weniger erfahrenen Pflegepersonen sowie Beobachtungen ihrer Praxis zugrunde liegen (Benner, 2012, S. 11). Sie wurde im Kontext der amerikanischen Pflege durchgeführt und besteht aus zwei Teilen. Benner wandte erstens das von den Brüdern Dreyfus entwickelte Modell des durch Wissen und reiche Erfahrung ermöglichten Kompetenzerwerbs auf die Gesundheits- und Krankenpflege an, und zweitens umriss sie das Berufsfeld anhand von sieben Bereichen (Sahmel, 2011, S. 9). Sahmel hebt die relevanten Ergebnisse daraus hervor, wichtiger, als die Einstufung der Kompetenzen (from novice to expert) erscheint ihm, dass Benner der Erfahrung durch das Handeln eine große Bedeutung zuschreibt. Benner (2012, S. 207) sagt diese Thematik betreffend, dass das Modell, das Durchlaufen der verschiedenen Kompetenzniveaus als Prozess, der auf Erfahrungen mit der Praxis beruht, darstellt. Wobei Theorie und Prinzipien den Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern einen sicheren und effektiven Zugang zu ihrem Lernfeld ermöglichen und das Basiswissen bilden. Mit diesen Kenntnissen im Gepäck werden sie in die Lage versetzt, die bedeutsamen Fragen zu stellen und nach den richtigen Problemen Ausschau zu halten. Benner schreibt dazu weiter, wem dieses Basiswissen fehlt, der verfügt nicht über das nötige Handwerkszeug, um aus seinen Erfahrungen die entscheidenden Lehren zu ziehen. Zwischen der Kompetenzstufe auf der einen und der Expertenstufe auf der anderen Seite existiert ein schrittweiser und kein kontinuierlicher Übergang (Benner, 2012, S. 76). In Bezug auf die Arbeitsqualität von Angehörigen der Expertenstufe äußert Benner Folgendes. „Wenn nämlich diejenigen, die sich auf den beiden höchsten Stufen befinden, sich in ihrem Handeln auf bestimmte Einzelheiten oder formale Modelle und Regeln stützen sollen, verliert ihre Arbeit an Qualität“. Sahmel (2011, S. 9) weist darauf hin, dass Olbrich mit ihrer 1999 veröffentlichten Dissertation Pflegekompetenz an Benner anknüpft und im Gegensatz dazu sehr viel differenzierter wird. Sie kommt zu einer diskussionswürdigen Einschätzung derjenigen Kompetenzen, die zur Ausübung des Pflegeberufs notwendig sind. In der Untersuchung von Olbrich (2010, S. 57) waren Pflegepersonen bereit, Situationen aus ihrem Pflegealltag zu beschreiben. In diesen Beschreibungen stellten sie alle ihr pflegerisches Handeln in das Zentrum von Pflege. Handeln ist dabei nicht auf manuelles Tun beschränkt, sondern es vollzieht sich auch im Bereich der verbalen und nonverbalen Kommunikation mit den pflegebedürftigen Menschen. Olbrich (2010, S. 59) sieht die zentralen Kompetenzen der Pflegepersonen in der Wahrnehmung, der Einschätzung und Beurteilung des situativen Geschehens. Die Pflegehandlungen werden nicht nur aufgrund von ausbildungs- und regelgerichtetem Wissen ausgeführt, sondern die individuelle Situation der Patientinnen und Patienten wird eingeschätzt und danach die pflegerische Handlung ausgerichtet. Allerdings gestaltet sich die Wirklichkeit nicht so einfach, wie Lunney (2001, S. 27) einbringt, die sich auf eine diesbezügliche Aussage des Wissenschaftsphilosophen Webster bezieht, für den die Komplexität, der für die Pflege relevanten Phänomene beispiellos ist (Webster zit. nach Lunney, 2001, S. 27). Der Grund für diese Komplexität ist die Tatsache, dass die Pflege den Menschen und seine Gesundheit ganzheitlich betrachtet, die Patientin oder der Patient möchte von der Pflegeperson als Mensch und nicht bloß als Beispiel für eine bestimmte Krankheit oder für ein bestimmtes Problem wahrgenommen werden. Was noch hinzu kommt ist, dass Pflegende die Gesundheit der Menschen im Kontext ihrer Lebensumstände fördern. Wie ist dann in diesem Zusammenhang der Begriff des kritischen Denkens im pflegediagnostischen Prozess zu sehen? „Kritisches Denken in der Pflege ist ein wesentliches Merkmal professioneller Verantwortlichkeit und ein Garant für die Qualität der Pflege. Kritisch denkende Pflegepersonen zeichnen sich durch folgende Attribute aus: Selbstvertrauen, kontextuelle Sensibilität, Kreativität, Flexibilität, Neugier, intellektuelle Integrität, Intuition, Offenheit, Beharrlichkeit und Reflexionsvermögen. Kritisch denkende Pflegepersonen arbeiten mit folgenden kognitiven Strategien: Analyse, Einhaltung von Richtlinien, Kontrolle, Informationsbeschaffung, logisches Denken, Prognose, Wissensübertragung und Wissenstransformation“ (Rubenfeld & Scheffer zit. nach Lunney, 2001, S. 34).

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Details

Titel
Fallorientierte Didaktik - Ein neues Bildungskonzept für die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege?
Untertitel
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Hochschule
FH Krems  (Gesundheitswissenschaften: Bachelorstudiengang Advanced Nursing Practice)
Veranstaltung
Bachelorarbeit II und Bachelorseminar- Pflegeentwicklung und Patienteneducation
Note
Sehr gut (1)
Autor
Jahr
2013
Seiten
75
Katalognummer
V212289
ISBN (eBook)
9783656415138
ISBN (Buch)
9783656415497
Dateigröße
804 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fall, Kompetenz, Didaktik
Arbeit zitieren
Elisabeth Enengl (Autor:in), 2013, Fallorientierte Didaktik - Ein neues Bildungskonzept für die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212289

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