Vertreter des Gemeinwohls oder Partikularinteressen: Untersuchung von Verbänden und non-governmental Organizations


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

17 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Allgemein: Organisationsformen von Bürgervertretungen

2. Lobbyismus
2.1 Definition
2.2 Gemeinwohl im Pluralismus

3. Verbände
3.1 Definition
3.2 Funktionen
3.3 Schattenpolitik? - Mittel und Methoden der Verbände
3.3.1 Information und Kommunikation
3.3.2 Integration politischer Entscheidungsträger in das Verbandswesen
3.3.3 Personelle Penetration
3.3.4 Politikfinanzierung
3.3.5 Politische Pression

4. non- governmental organisations
4.1 Definition
4.2 Amnesty International
4.3 Amnesty Schwandorf
4.3.1 Ziele
4.3.2 Arbeitsweisen und Aktionen

5. Fazit

6. Quellen

1. Allgemein: Organisationsformen von Bürgervertretungen

In unserer heutigen pluralistischen Gesellschaft agieren viele verschiedene Organisationsformen zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie den Staatsorganen und versuchen jeweils, Einfluss auf die politischen Entscheidungen der Regierung zu nehmen. Zu diesen intermediären Gruppen zählen neben Parteien, Gewerkschaften, karitativen Organisationen, Kirchen und Verbänden auch Bürgerinitiativen und non- governmental organisations. Sie „verfolgen selbständig und autonom ihre Ziele innerhalb des politischen Systems“[1], erheben aber zugleich auch oftmals den Anspruch, nicht nur Partikularinteressen, sondern das Gemeinwohl zu vertreten.

Zunächst sollte man sich jedoch darüber im Klaren werden, was es überhaupt bedeutet, das Gemeinwohl zu vertreten. Dadurch, dass der Begriff „Gemeinwohl“ ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, gibt es mehrere Deutungsmöglichkeiten. Orientiert man sich an der Auslegung von Schubert und Klein, definiert sich Gemeinwohl dadurch, dass es den „Gegensatz zum Individual- oder Gruppeninteresse“[2] darstellt.

Nicht nur aufgrund dieser Unbestimmtheit stellt sich immer wieder die Frage: Sind diese Organisationen wirklich Vertreter des Gemeinwohls oder etwa doch nur von Partikularinteressen? Diese Frage wird nachfolgend mit Fokus auf Verbände und non- governmental organisations näher beleuchtet.

Zunächst wird auf grundlegende Aspekte des Lobbyismus sowie der jeweiligen Organisationsformen eingegangen. Anschließend werden sie kritisch hinterfragt und zu einem Fazit zusammengeführt.

2. Lobbyismus

2.1 Definition

Laut Ulrich von Alemann und Florian Eckert definiert sich Lobbyismus als „systematische und kontinuierliche Einflussnahme von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sozialen oder auch kulturellen Interessen auf den politischen Entscheidungsprozess.“[3] Dies geschieht in organisierter Form neben Verbänden auch durch Gewerkschaften, Kammern oder Public- Affairs- Firmen. Eine freiere Organisationsform von Bürgervertretungen stellen die Bürgerinitiativen dar.[4]

Den Adressaten dieser Interessenvertretung stellt heute bevorzugt die Exekutive dar, während früher noch überwiegend das Parlament und die Parteien beeinflusst werden sollten. Hierbei ist hervorzuheben, dass mittlerweile alle Interessenvertreter, die an offiziellen Hearings teilnehmen möchte, auf einer „Lobbyliste“ verzeichnet werden müssen. Mit dieser Maßnahme soll mehr Transparenz gewährleistet werden.[5] Eine weitere Methode, Interessen zu vertreten, ist eine „medienzentrierte Öffentlichkeitsarbeit“[6]. Auf diese Art und Weise soll auch die öffentliche Meinung beeinflusst werden. Problematisch wird dieser Aspekt, wenn nicht klar ist, wer diese Meinung vertritt, da dem Medienkonsumenten so die tieferen Beweggründe einer Ansicht nicht klar werden. Darum ist es wichtig, darauf zu achten, den Absender klar zu benennen und somit Unklarheiten zu vermeiden.

2.2 Gemeinwohl im Pluralismus

Rousseaus formulierte seinerzeit die These, eine „Gemeinwohlkonzeption verlange ein Höchstmaß gesellschaftlicher Homogenität, die notfalls auch mit terroristischen Mitteln vom législateur durchgesetzt werden muß.“[7]

Im Kontrast dazu steht eine Aussage, die die Problematik der Vertretung des Gemeinwohls oder auch von Partikularinteressen durch Verbände relativiert. Gemäß Fraenkel kann das Gemeinwohl in einem pluralistischen Staat nur a posteriori, keineswegs a priori bestimmt werden. Dies resultiere aus dem „organisatorische[n] Gegensatz von Totalitarismus und Pluralismus“.[8] Während in einer totalitären Demokratie davon ausgegangen werde, dass ein „eindeutig bestimmbare[s] vorgegebene[s] Gemeinwohl[ ]“[9] existiere, könne in einer freiheitlichen Demokratie „das Gemeinwohl lediglich a posteriori als das Ergebnis eines [dialektischen] Prozesses der divergierenden Ideen und Interessen der Gruppen und Parteien erreicht werden“.[10] „Das Gemeinwohl wird der Gesellschaft [folglich] nicht von einer Minderheit aufgezwungen, sondern entsteht im Prozeß der offenen Konfliktaustragung in der Gesellschaft. Zu diesem Prozeß gehören Verhandlungen, Diskussionen und Kompromisse“.[11] Die beste Basis für die Ermittlung des Gemeinwohls ist somit eine heterogene Gesellschaft, die sich durch Kommunikation auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigt. Dies entspricht auch der Pluralismustheorie nach Schütt- Wetschky, welche besagt, dass es sich bei Pluralismus in einem Staat um „die für freiheitlich verfaßte Gemeinwesen charakteristische Vielfältigkeit der Meinungen und Interessen“[12] handelt. Wenn wir in Deutschland in einer pluralistischen Gesellschaft leben möchten, ist es also zwingend notwendig, die verschiedensten Ansichten in den Meinungsbildungsprozess einzubeziehen und nicht schon von vorneherein einen Standpunkt festzulegen.

3. Verbände

3.1 Definition

Es existiert sowohl eine allgemeine als auch eine politische Definition des Begriffs „Verband“. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung handelt es sich bei Verbänden um einen „Zusammenschluss von Personen mit gemeinsamen Interessen zur Verfolgung gemeinsamer Ziele.“[13]

Politisch betrachtet sind Verbände „Vereinigungen, deren Aufgabe es ist, die besonderen Interessen ihrer Mitglieder in den politischen Entscheidungsprozess einfließen zu lassen.“[14] Hierbei existieren sowohl „kooperierende [als auch] gegnerische Interessenorganisationen“[15].

Laut einer Studie Edingers gibt es bei den politischen Verbänden eine Gliederung in die „Großen Vier“. Zu diesen zählen „wirkungsmächtige[…]Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Kirchen und Interessenorganisationen der Bauern.“[16] Ein wichtiger Unterschied zwischen diesen Organisationen ist ihre jeweilige Zielsetzung. So vertreten Wirtschaftsverbände vorrangig die Interessen von Unternehmen, während Gewerkschaften die Interessen der Arbeitnehmerschaft repräsentieren. Im Gegensatz dazu engagieren sich die Kirchen für „sozial- und kulturpolitische[…] Angelegenheiten“[17], so wie auch für Familien- und Bildungspolitik. Ein wiederum anderes Feld bedienen die Bauernverbände, die sich primär mit wirtschaftlichen, sozialpolitischen und steuerlichen Entscheidungen auseinandersetzen.

3.2 Funktionen

Neben einem hohen Grad an Struktur und Organisation zeichnen sich Verbände außerdem durch ihre Funktionen aus.

Straßner unterscheidet vier grundlegende Aufgaben, auf die im Weiteren nacheinander eingegangen wird.

Bei der ersten Funktion der Verbände handelt es sich um die Interessenaggregation. Darunter wird im Allgemeinen „die Bündelung einer Vielzahl heterogener Forderungen zu einheitlichen verbandspolitischen Zielen und programmatischen Aussagen verstanden.“[18] Durch die Aggregation der Interessen bleiben Verbände handlungsfähig, da alle Mitgliederinteressen auf das wesentliche reduziert werden. Denn nur, wer ein klares Konzept und somit auch ein eindeutiges Ziel vertritt, kann von den Politikern bei Entscheidungen und Festlegungen von Maßnahmen berücksichtigt werden.

Auf die Interessenaggregation baut die Interessenselektion, auch als Filtermechanismus bezeichnet, auf. Hierbei geht es darum, sich innerhalb der Verbände darauf zu einigen, welche Interessen als durchsetzbar erachtet werden. Dafür ist es notwendig „systematisch[…]Extrem- und Minderheitsmeinungen“[19] auszuschließen und „unterschiedliche Interessen auf einen Minimalkonsens zu bringen“[20]. Neben der Festlegung der zu vertretenden Thematik ist ein weiterer wichtiger Aspekt die Auswahl der Amtsinhaber, an die herangetreten werden soll, da nicht alle Politiker für alle Anliegen empfänglich sind.

[...]


[1] Andersen U. /Woyke W. (Hrsg.): Pluralismus, in: Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden, 2009, S. 530

[2] http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17540/gemeinwohl

[3] Alemann v. U./ Eckert F.: Lobbyismus als Schattenpolitik. In: APuZ 15 – 16/ 2006. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2006, S. 4

[4] Vgl. Straßner A.: Funktionen von Verbänden in der modernen Gesellschaft. In: APuZ 15-16/2006. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2006

[5] Vgl. Straßner A.: Funktionen von Verbänden in der modernen Gesellschaft. In: APuZ 15-16/2006. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2006

[6] Straßner A.: Funktionen von Verbänden in der modernen Gesellschaft. In: APuZ 15-16/2006. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2006, S. 5

[7] Münkler H. / Bluhm H. (Hrsg.): Gemeinwohl und Gemeinsinn. Zwischen Normativität und Faktizität. Berlin, 2002, S. 224

[8] Schütt- Wetschky E.: Interessenverbände und Staat. Darmstadt, 1997, S. 13

[9] Schütt- Wetschky E.: Interessenverbände und Staat. Darmstadt, 1997, S. 13

[10] Fraenkel E. : Der Pluralismus als Strukturelement der freiheitlich- rechtsstaatlichen Demokratie. In: Deutschland und die westlichen Demokratien. Stuttgart, 1979, S. 200

[11] Münkler H./ Bluhm H. (Hrsg.): Gemeinwohl und Gemeinsinn. Zwischen Normativität und Faktizität. Berlin, 2002, S. 225

[12] Schütt- Wetschky E.: Interessenverbände und Staat. Darmstadt, 1997, S. 22

[13] http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/18392/verband-verbaende

[14] http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/18392/verband-verbaende

[15] Schmidt G. Manfred: Das politische System Deutschlands. Institutionen, Willensbildung und Politikfelder. München: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2011, S. 111

[16] Schmidt G. Manfred: Das politische System Deutschlands. Institutionen, Willensbildung und Politikfelder. München: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2011, S. 111

[17] Schmidt G. Manfred : Das politische System Deutschlands. Institutionen, Willensbildung und Politikfelder. München: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2011, S. 116

[18] Straßner A.: Funktionen von Verbänden in der modernen Gesellschaft. In: APuZ 15-16/2006. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2006, S. 11

[19] Straßner A.: Funktionen von Verbänden in der modernen Gesellschaft. In: APuZ 15-16/2006. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2006, S. 12

[20] Straßner A.: Funktionen von Verbänden in der modernen Gesellschaft. In: APuZ 15-16/2006. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), 2006, S.12

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Vertreter des Gemeinwohls oder Partikularinteressen: Untersuchung von Verbänden und non-governmental Organizations
Hochschule
Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Note
1,7
Jahr
2012
Seiten
17
Katalognummer
V212263
ISBN (eBook)
9783656403531
ISBN (Buch)
9783656406440
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vertreter, gemeinwohls, partikularinteressen, untersuchung, verbänden, organizations
Arbeit zitieren
Anonym, 2012, Vertreter des Gemeinwohls oder Partikularinteressen: Untersuchung von Verbänden und non-governmental Organizations, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212263

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