Das Verhältnisse der Geschlechter im Kinofilm


Hausarbeit, 1997

21 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Konstruktion des männlichen Blickes
2.1. Frauenforschung und Geschlechterdifferenz
2.2. Film und Psychoanalyse
2.3. Die Geschlechterkonstruktion im Film
2.4. Eine Theorie des weiblichen Zuschauers

3. Geschlecht und Schönheit im Film
3.1. Schönheit im Film
3.2. Weibliche Schönheit im Film
3.3. Unterschiede bei männlicher und weiblicher Schönheit im Film
3.4. Neue Frauen im Film

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Vorliegende Hausarbeit dient dem benoteten Scheinerwerb im Bereich 8 des Magisterstudienganges, Nebenfach Erziehungswissenschaft. Die Hausarbeit stellt die schriftliche Ausarbeitung des Seminarvortrages zum selben Thema dar.

Anliegen der Arbeit ist es, anhand ausgewählter Texte die Widerspiegelung der gesellschaftlichen Verhältnisse bezüglich der Geschlechter im Kinofilm kritisch interpretierend aufzuzeigen, zu verdeutlichen und auf Wechselwirkungen hinzuweisen. Die These, an der sich die Arbeit entlang bewegen soll ist dabei, dass der Kinofilm einerseits Ausdruck des Verhältnisses der Geschlechter in der Gesellschaft, dass er andererseits dieses Verhältnis in seiner bestehenden Form auch verstärkt und dass er vom dominierenden männlichen Geschlecht als Instrument zur Erhaltung der eigenen Machtstellung gebraucht wird.

Nähere Erläuterungen zum Geschlechterverhältnis in der Gesellschaft allgemein sind nicht Anliegen dieser Arbeit. Es wird hierbei auf der vorherrschenden Erkenntnis von der durch die Männer dominierten Gesellschaft, inklusive der Unterdrückung des weiblichen Geschlechts, aufgebaut. Im Übrigen erschließt sich dieser Aspekt teilweise rückwirkend im Verlauf dieser Arbeit, seine Ursachen bleiben jedoch weitestgehend ausgeblendet, da zu komplex, um sie hier zu erfassen. Anfügen möchte ich, dass aufgrund der m. E. recht differgierenden Annahmen dieser Ursachen und ihrer völlig unzureichend Erforschung natürlich das Bild von der Männergesellschaft selbst weiter zu hinterfragen ist.

Im ersten Teil der Arbeit soll es dann um den männlichen Blick im Kino und seine Konstruktion gehen. Dabei gehe ich kurz auf diesbezügliche Ergebnisse der Frauenforschung ein, widme mich kurz der Psychoanalyse als Mittel zur Untersuchung des Films und erläutere eine mögliche Theorie des weiblichen Zuschauers. Im zweiten Teil der Arbeit beschäftige ich mich mit der Verbindung Geschlecht und Schönheit im Film, insbesondere am Beispiel des Hollywoodfilms als klassischem Vertreter des "männlichen" Films und natürlich in Betrachtung der Frauen als den Repräsentantinnen der Schönheit im Film.

2. Die Konstruktion des männlichen Blicks

2.1. Frauenforschung und Geschlechterdifferenz

Ruth Seifert zeigt in ihrem Aufsatz "Machtvolle Blicke - Genderkonstruktion und Film" zwei Defizite auf, die nach ihrer Meinung gegenwärtig die Frauenforschung bestimmen. Zum einen ist dies die Tatsache, dass der kulturellen Bedingtheit der Geschlechterunterschiede zu wenig Beachtung geschenkt wird. Vorherrschend ist statt dessen immer noch die Vorstellung, dass diese Unterschiede und die zu erklärenden männlichen und weiblichen Spezifika als gegeben und als biologische Tatsache angenommen werden, die durch die Sozialisation lediglich beeinflusst werden. Als Problem sieht sie bei dieser Herangehensweise, dass der Herrschaftscharakter (Bspl. unterschiedliche Lebenschancen) der durch die Männer dominierten Gesellschaft nicht mehr hinterfragbar ist. Ebenso versage diese Theorie bei der Erklärung des Rollenmodells insbesondere bei Schwulen und Lesben. Ein zweites Defizit sieht sie darin, dass die Männerproblematik völlig ausgeblendet bleibt, Männlichkeit ebenso wie die Geschlechterdifferenz als "natürliches Phänomen" (Seifert, S. 41) angesehen wird.

Ich halte diesen Punkt, auf den die Autorin nicht näher eingeht, als einen ganz wesentlichen Fehler der Frauenforschung, der ihrer Weiterentwicklung Schranken setzt. Ich bin der Überzeugung, dass ein Großteil der die Frauenforschung bewegenden Probleme nur im gemeinsamen Vorgehen mit einer selbstbewussten Männerforschung zu lösen sind, da man ein Geschlecht in dieser dualen Welt nicht separat betrachten kann. Beide Geschlechter sind in ihrer sozialen Entstehung und Ausformung so eng miteinander verbunden, beeinflussen und bedingen einander, dass beide auch nur gemeinsam erforscht werden können im Sinne eines Zusammengehens und Austausches der Frauen- und Männerforschung. Leider muss gesagt werden, dass die Männerforschung gerade in Deutschland noch in den Anfängen steckt, in Amerika und England auch erst seit den 80ern etabliert ist, während die Frauenforschung bereits auf eine etwa 25-jährige Tradition zurückblicken kann. Hier besteht für die Männerforschung natürlich enormer Nachholbedarf.

Näher auf den ersten Punkt eingehend wird eine Möglichkeit zur Lösung des Problems der zu starken Fixierung auf biologisch Ursachen im Gender-Ansatz gesehen, der von amerikanischen Theoretikerinnen aufgestellt wurde. Hierbei wird das Geschlecht aufgeteilt einmal in das biologische Geschlecht - "sex" und zum anderen in das soziale Geschlecht - "gender". Die Geschlechterdifferenzierung wird als wesentlich gesellschaftlich verursacht beschrieben. Was männlich und was weiblich ist, wird also hauptsächlich von der Gesellschaft festgelegt. Es stellt sich demnach nicht mehr die Frage nach Frau- oder Mannsein, sondern nur die Frage nach der Subjektivität bzw. warum und wie diese geformt wird. Diesem Ansatz implizit ist eine Kritik der biologischen Ansätze und es wird behauptet, physiologische und anatomische Unterschiede zwischen Frauen und Männern wären geringer als eben diese Unterschiede innerhalb der beiden Geschlechter. Selbst wenn dies den Tatsachen entspricht, so ist dabei m. E. wesentlich, welcher Art diese innergeschlechtlichen Unterschiede sind und welche Bedeutung sie für die Geschlechterdifferenzierung und ihre Ursachen haben. Es wird weiter festgestellt, dass eine Ableitung menschlichen Verhaltens von biologischen Ursachen nicht möglich und ein geschlechtlicher Dualismus aus der Natur anzuzweifeln ist. Im Bezug auf den sozialen Dualismus halte ich diese These für durchaus plausibel, eine derartige Unterscheidung wird im Text jedoch nicht vorgenommen. So ist die These dann vor dem Hintergrund der Tierwelt, Darwins Abstammungslehre und ohne eine schlüssige Gegenargumentation für mich nicht mehr nachvollziehbar. Es folgt der Verweis auf den Ursprung der Biologie, der diese als ein gesellschaftliches Konstrukt ohne Anspruch auf Objektivität ausweist. Geschlechtsidentität ist demnach also mit Biologie nicht zu erklären. Sie nutzt diese biologischen Tatsachen lediglich und ist ansonsten kulturell erzeugt. Auch der daran anschließende Satz "Bevor wir Unterschiede erkennen können, müssen sie im Kopf vorhanden sein." (Seifert, S. 46) bleibt in seiner Allgemeinheit und in seinem generellen Infrage-Stellen wissenschaftlicher Erkenntnisse für mich ohne Substanz.

2.2. Film und Psychoanalyse

Eine Möglichkeit, den Film und seine Faszination, sein Umgehen mit den Geschlechtsunterschieden (reflektierend, spielerisch, kontrollierend) zu untersuchen, ist die Psychoanalyse. Laura Mulvey benutzt sie in ihrem Aufsatz "Visuelle Lust und narratives Kino" als Analysewerkzeug und als "politische Waffe" (Mulvey, S. 30) und fragt, wie sich die patriarchale Gesellschaft unbewusst im Film widerspiegelt. Der Begriff "politische Waffe" ist dabei meines Erachtens nur zu tolerieren mit dem Wissen, dass dieser Text bereits 17 Jahre alt ist. Aber auch für seine Entstehungszeit, besonders jedoch für das Heute halte ich eine derartige, auf Kampf implizierende Konfrontation verweisende Ausrichtung für sehr fragwürdig und als absolut unangebracht, die Probleme der Geschlechterdifferenzen zu bewältigen. Wer kann sachlich und nüchtern bleiben, wenn er bekämpft werden soll, wer kann sachlich und nüchtern kämpfen und wie wenn nicht sachlich und nüchtern, sind diese Probleme zu bewältigen?

Angemerkt werden muss hier weiter, dass der von Mulvey benutzte Begriff des Patriarchats heute nicht mehr zutreffend ist, da es den so bezeichneten Mann in der Vaterrolle, über Haus, Frau, Kinder und Gesinde herrschend so nicht mehr gibt. Den gegenwärtigen Zuständen besser entspricht z.B. der Begriff Männergesellschaft. Da ich mich im Folgenden jedoch wesentlich auf den Aufsatz von Laura Mulvey stütze, belasse ich es bei dem Begriff Patriarchat, bitte jedoch beim Lesen immer seine Fragwürdigkeit zu beachten.

Von zentraler Bedeutung bei dieser Analyse und in der Psychoanalyse überhaupt ist der Phallozentrismus als eine symbolische Ordnung mit dem Bild der kastrierten Frau und ihrem Penisneid und dem Mann mit der ihm impliziten Kastrationsangst. Eine Theorie, die trotz ihrer Verdienste nicht unumstritten ist. Danach hat im patriarchalen Unbewussten die Frau zwei wesentliche Funktionen. Erstens ist sie, da ohne Penis, für den Mann Symbol der Kastrationsangst und zweitens erhebt sie, als Ausdruck des eigenen Peniswunsches, ihr Kind ins Symbolische. Charakteristisch für das Patriarchat ist auch, dass die Frau nur über den Mann definiert wird, nämlich als "anders" als er.

Hier muss eingeschränkt werden, dass in Partnerstudien 1972-93 in Ostdeutschland eine Verflüchtigung der klassischen Pubertät "des bürgerlichen Jungen" (Sydow, S. 177), inklusive des Schwindens von Phänomenen wie Penisneid im Rahmen einer generellen Wandlung im Partner- und Sexualverhalten sowie eine Entwicklung hin zu mehr Offenheit und Unverklemmtheit zu verzeichnen ist. Angesichts solcher Ergebnisse muss das Modell der Psychoanalyse zumindest für die Gegenwart in seiner Gültigkeit hinterfragt werden.

Als zweiten Strang ihrer Argumentation beruft sich Mulvey auf das Kino als "hoch entwickeltes Repräsentationsystem" (Mulvey, S. 32) und fragt auch hier nach den unbewussten Aspekten des Patriarchats. Als günstig für ihre Analyse wählt sie den klassischen Hollywood-Film der 50er und 60er aus, da in diesem die traditionellen Rollenvorstellungen von Mann und Frau sehr deutlich widergespiegelt werden.

So sehr diese Deutlichkeit günstig für die Analyse ist, so defizitär wird sie jedoch angesichts der Veränderungen, die der Film seither zweifellos erfahren hat.

Im traditionellen Hollywood-Stil dominiert die Sprache des Patriarchats, dem das Erotische unterworfen wird. Die Lust am Schauen wird gezielt manipuliert. Mulvey möchte mit ihrer Analyse des traditionellen Kinos dieses Vergnügen des Schauens in der spezifisch männlichen Ausprägung zerstören und die Befriedigung und Bestätigung des männlichen Egos demontieren.

Die Lust am Schauen und die Faszination der menschlichen Gestalt stehen in einem engen Zusammenhang. Zurück gehen beide auf die Skopophilie, die als krankhafte Neugier, bei Freud als Instinkt und Trieb angelegt, in Verbindung zum Narzissmus und der lustvollen Selbstentdeckung bzw. dem lustvollen Anschauen anderer Personen zu sehen ist. Das Kino bietet diesbezüglich einerseits die "Illusion voyeuristischer Distanziertheit" (Mulvey, S. 35), also eine scheinbare Distanz zum betrachteten Objekt. Eigene Selbstbetrachtung wird unterdrückt und der Schauspieler übernimmt stattdessen die Rolle der zu betrachtenden Person. Andererseits wird das Zusammenspiel von Schauen und Identifikation mit dem Akteur, dessen in der Regel überdurchschnittliche Qualitäten der Zuschauer gedanklich übernimmt, als lustvoll erlebt. Beide Aspekte, die Lust am Schauen mit dem Akteur als Objekt der Betrachtung als eine Funktion der Sexualtriebe und die Lust durch Identifikation mit dem Akteur als Subjekt als eine Funktion der Libido, erzeugen durch ihre Verbindung eine Spannung und einen Kontrast in der Lust, die der Kinofilm in einer angenehmen Scheinwelt verbindet. Allgegenwärtig bleibt dabei die Kastrationsangst, die sich ständig im Bild der Frau manifestiert.

Auf die beiden Geschlechter bezogen ist also die Frau passives Bild, während der Mann aktiver Träger des Blickes ist. Die Frau impliziert dabei immer auch Angesehen-werden-wollen als erotisches Objekt einmal für die Akteure im Film und zum anderen für den Zuschauer im Saal. Sie ist in dieser Form zwingender Bestandteil des "normalen, narrativen Films" (Mulvey, S. 37), also beispielsweise und besonders des Hollywood-Films der 50er und 60er. Der Mann hingegen repräsentiert die Macht und ist keinesfalls Sexualobjekt (zumindest nicht in Filmen dieser alten Prägung). Der Zuschauer (gemeint ist offensichtlich nur der männliche Zuschauer) übernimmt diese Macht des männlichen Akteurs und erhält durch die Übernahme von dessen Fähigkeiten ein Gefühl der Omnipotenz (vgl. Mulvey, S. 38).

Kritisch angemerkt werden muss hier, dass es sich um eine absolut einseitige und damit unvollkommene Sicht handelt (die natürlich in der Freudschen Psychoanalyse schon so angelegt ist), insbesondere was die Frage nach der weiblichen Sichtweise bei dieser Problematik angeht, die völlig ausgeblendet bleibt. Offensichtlich sehen Frauen sich entweder nicht generell als passives Objekt männlicher Schaulust oder sie erleben dies nicht als negativ, sonst würden sie sich derartige Filme nicht ansehen bzw. weiterführend auch nicht solche Rollen spielen, in denen ebendieses Auftreten verlangt wird. Es stellt sich also die generelle Frage, wie Frauen sich in ihrem Status als zentralen Gegenstand männlichen Seins sehen. Möglicherweise sind hier weitere Ursachen für diesen Zustand zu finden. Blendet man diese Seite, wie es in der Frauenforschung meist geschieht, jedoch gänzlich aus, schafft man damit eine ungesunde Polarisierung, indem man lediglich die Männer stigmatisierend in den Mittelpunkt rückt. Dies sollte um so mehr verwundern, da es in der Frauenforschung doch eigentlich primär um die Frauen geht.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Das Verhältnisse der Geschlechter im Kinofilm
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Sozialpädagogik und Sozialarbeit)
Veranstaltung
Seminar: Geschlecht und Medien
Note
2
Autor
Jahr
1997
Seiten
21
Katalognummer
V212245
ISBN (eBook)
9783656403609
ISBN (Buch)
9783656405856
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschlechterverhältnis, Geschlechterkonstruktion, weiblicher Zuschauer, männlicher Zuschauer, weiblicher Blick, männlicher Blick, weibliche Schönheit
Arbeit zitieren
Magister Artium Soziologie Rene Stauß (Autor:in), 1997, Das Verhältnisse der Geschlechter im Kinofilm, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212245

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