Die Rolle des Geldes im Volksmärchen "Fortunatus"

Hat Geld Fortunatus Familie ein gutes Leben ermöglicht oder sie zum Scheitern verurteilt?


Hausarbeit, 2011

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Geld im 15.Jahrhundert
2.1 Allgemein
2.2 Geld und soziale Schicht
2.3 Nachteile von Geld

3. Das Geldsäckel
3.1 Fortunatus und das Geldsäckel
3.2 Die Übergabe seiner Schätze von Fortunatus an seine Söhne
3.3 Andolosia und das Geldsäckel
3.4 Die Unterschiede zwischen Fortunatus und Andolosia im Umgang mit Geld und Mitmenschen

4. Schluss

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Geld spielt in der heutigen Gesellschaft eine große Rolle, ganz nach dem Motto „Geld regiert die Welt“. Aber auch schon lange vor unserer Zeit bedeutete Reichtum Ansehen und Freiheit. Wer Geld hatte konnte sich leisten was er will, hatte seine Leibeigenen und konnte reisen. Geld begegnet uns auch im Fortunatus in vielerlei Hinsicht.

Schon zu Beginn verweist der anonyme Autor auf die finanzielle Lage der Familie. Fortunatus Vater Theodorus verschwendete am Königshof seinen gesamten Reichtum.[1] Da Fortunatus´ Vater verarmt ist, möchte Fortunatus ihm nicht weiter zur Last fallen. Er beschließt zu reisen und zu dienen um sich seinen Lebensunterhalt zu sichern.

O aller liebster Vater laß von deinem trauren und sorg gantz nichts für mich / Ich byn jung / starck und gesund / ich will gan in frembde land unnd dienen. Es ist noch vil glüks in dieser welt / ich hoffen zu got mir wird sein auch ain teil[2]

Er hofft einen Teil des Glücks der Welt zu erlangen. Dieser wird ihm später tatsächlich durch das Geldsäckel zuteil. Mit dem unendlichen Vorrat an Geld, den er aus dem Geldsäckel beziehen kann tritt Fortunatus seine Reisen an. All die Abenteuer die er erlebt und die Erfahrungen, die er machen darf verdankt er zum großen Teil seinem Geldsäckel, denn ohne Geld wären diese Reisen ihm niemals möglich gewesen.

Auch seine spätere Frau Cassandra kann er nur für sich gewinnen, da er durch seinen Reichtum Ansehen erlangt. Fortunatus macht sich seinen Reichtum weitgehend zu Nutzen, er kennt die Grenzen von Geld und bleibt demütig. Sein Sohn Andolosia dagegen, bringt sich durch das Geldsäckel oft in prekäre Situationen. Schließlich müssen er und sein Bruder auch sterben, weil sie das Geldsäckel besaßen, denn so haben sie den Neid und Hass ihrer Henker auf sich gezogen. Hat die unausschöpfbare Geldquelle der Familie ihnen nun ein besseres Leben beschert oder sie eindeutig zum Scheitern verurteilt?

2. Geld im 15.Jahrhundert

2.1 Allgemein

Der Tauschhandel trägt die große Bürde der „double coincidence“, damit wird die Schwierigkeit bezeichnet, dass bei einem Tausch von Gütern mit Gütern beide beteiligten Personen genau dass brauchen sollten, das der Andere hat. Das heißt wer seine Kuh tauschen will und Eier braucht muss jemanden finden der Eier hat und eine Kuh braucht. Deshalb erleichtert die Einführung von Geld das Leben der Bürger im Mittelalter.

Philosophen sehen Geld allgemein eher kritisch. Auch Aristoteles ist sehr zurückhaltend in seiner Beurteilung und er erkennt bloß die Tauschfunkti- on des Geldes als legitim an, während schon der Handel für ihn eine ver- dächtige Beschäftigung ist, unwürdig eines freien Menschen.[3] Seneca sieht das Problem darin, dass Menschen nicht mehr danach fragen „was etwas ist“ sondern nur noch „was etwas kostet“. Dennoch sieht die Allge- meinheit der Philosophen Geld als etwas an, das Beziehungen lockern kann, für den Tauschhandel nötig ist und eine neue Arbeitsteilung ermög- licht. Geld ist instutionalisiertes Vertrauen, das Stück Papier, das wir heu- te noch in den Händen halten, ist, dem Rohstoff nach zu urteilen, genauso viel wert mit einer 10 oder einer 200 darauf. Nur die Vereinbarung, auf die sich die Menschen geeinigt haben misst dem Geld seinen Wert zu. An- ders war es bei den ersten Münzen, die den Wert des Materials hatten. Das Problem hierbei war die große Gefahr des Betrugs, da Metalle leicht gestreckt werden konnten.

„Das ideale Geld der globalisierten Wirtschaft isst nicht mehr Gold, sondern der pure Kredit, auf den Cent genau im elektroni- schen Gedächtnis der Banken verbucht. Gedeckt ist er einzig durch unser Vertrauen, einen vom Konto abzubuchenden Betrag jederzeit gegen einen gleichwertigen Teil des Sozialprodukts eintauschen zu können“[4]

Abschließend lässt sich sagen, dass es des Geldes vom Wesen her nie genug sein kann: ein Mensch, dem man einen Kaffee anbietet, kann ihn ablehnen, weil er schon einen getrunken hat, nie aber das angebotene GeId.[5]

2.2 Geld und soziale Schicht

Geld kennzeichnet im Mittelalter sowie heute die Reichen und Mächtigen. Wer Geld hat besitzt große Paläste, hat eine Schar von Knechten und reist wann er will wohin er will. Der Druck der auf den Schultern der Ar- men lastet ist noch größer als heute. Wer leben will muss Geld haben, wer Geld haben will muss arbeiten und das von Tag zu Tag viele Stun- den. Weder Krankheit noch Arbeitsunfähigkeit sind ein Grund nicht zu arbeiten. Keine Versicherung, kein Staat zahlt für die Arbeitsunfähigen. Wer arbeitslos wird muss betteln gehen. Bei solchen Bedingungen ist es für einen einfachen Bauern oder Arbeiter im handwerklichen Bereich nicht möglich zu reisen. Die einzige Möglichkeit etwas von der Welt zu sehen ist als Knecht mit einem hohen Herrn oder reichen Kaufmann mitzureisen, wie Fortunatus es tut.

Doch für die Armen hat Geld trotzdem nicht den gleichen Stellenwert wie bei den Adligen. Sie brauchen es um zu leben aber das Ehrempfinden trennt sich von Geld ab.[6] So liegt zum Beispiel für Lüpoldus Geld und Eh- re nicht zusammen sondern er ist ein ehrbarer Mann weil er die Welt be- reist hat und die verschiedenartigen Völker kennen gelernt hat. Er nutzt nicht Geld für sein soziales Ansehen. Ein anderes Beispiel ist die Reakti- on der Frau, die Andolosia täuschen soll und statt der auserwählten, be- zahlten, verheirateten Frau nachts zu Andolosia ins Bett steigen soll: „Mir ligt nit vil daran. Ich törft bey ainem sollichen mann umb sunst ligen“[7]

Ist man dagegen adlig, steht der Reichtum ab der Geburt zur Verfügung, die Stellung in der Gesellschaft erbt man von den Eltern. Deswegen ist die Erzürnung über Fortunatus groß, denn wie Fortunatus einige Zeit nach der Übergabe des Geldsäckels feststellen muss, reicht Geld nicht aus, um bei allen Adligen als ebenbürtiger angesehen zu werden. Ihm wird unter- stellt, dass er das Geld gestohlen haben muss und womöglich ein Mörder ist. Denn wer kein Land und keine Leute (Volk) hat, kann nicht so reich sein und so viele Geschenke verteilen und Festmahle veranstalten wie Fortunatus. Auch sein Sohn Andolosia, wird aufgrund der Tatsache, dass er sich mit Geld in den Adel einkauft als „kain geborener Mann“ be- schimpft.[8]

2.3 Nachteile und Grenzen von Geld

Wie heute erweckt auch im Mittelalter Alles, das von anderen Menschen begehrt wird Neid und Missgunst. Geld ist das meistbegehrte Gut in der Geschichte der Menschheit, auch in der Geschichte des Fortunatus. Sei- ne Söhne müssen diese Lektion später schmerzlich erfahren, da sie nur des Neides wegen ihren Tod finden. Menschen, die sich auf ihr Geld ver- lassen und denken sie können alles kaufen, werden früher oder später an ihre Grenzen stoßen.

Fortunatus versteht während seinen Reisen mehrmals, dass Geld seine Grenzen hat, zum Beispiel in der Grotte bei dem Kloster das er und Lüpoldus während der Reise besuchen: „O almechtiger got, nun kum uns zu hilff, wann hye hylfft weder gold noch silber!“[9]

Ein weiterer Nachteil von Geld ist die Gefahr des Übermutes und dem möglicherweise darauf folgenden Bankrott. Dies sieht man im Fortunatus direkt am Anfang, an der Geschichte des Vaters Theodorus, der trotz großem Vermögen durch Verschleudern verarmt ist.

[...]


[1] Vgl. Brunner, Horst: Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit im Überblick, Stuttgart 1997, S.338

[2] Vgl. Roloff, Hans-Gert (Hg.): Fortunatus, Stuttgart 1981, S.8

[3] Vgl. Sokol, Jan, Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik. Mering: 2004. Vol. 5, Iss. 2; S.177

[4] Vgl. Traub, Rainer (Hg.), Geld macht Geschichte, Kriege, Krisen und die Herrschaft des Kapitals seit dem Mittelalter, München 2010, S.65

[5] Vgl. Sokol, Jan, Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik. Mering: 2004. Vol. 5; S.177

[6] Vgl. Rohrman, P., The Central Role of Money in the Chapbook „Fortunatus“, Neophilologus, 59:2 (1975:Apr.), S.263

[7] Vgl. Roloff, Hans-Gert (Hg.): Fortunatus, Stuttgart 1981, S.127

[8] Vgl. Roloff, Hans-Gert (Hg.): Fortunatus, Stuttgart 1981, S.183

[9] Vgl. Roloff, Hans-Gert (Hg.): Fortunatus, Stuttgart 1981, S.62

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Details

Titel
Die Rolle des Geldes im Volksmärchen "Fortunatus"
Untertitel
Hat Geld Fortunatus Familie ein gutes Leben ermöglicht oder sie zum Scheitern verurteilt?
Hochschule
Universität Mannheim
Veranstaltung
Proseminar Fortunatus
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
15
Katalognummer
V211623
ISBN (eBook)
9783656397632
ISBN (Buch)
9783656398424
Dateigröße
421 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
geld, fortunatus, familie, leben, scheitern
Arbeit zitieren
Tamara Mödersheim (Autor:in), 2011, Die Rolle des Geldes im Volksmärchen "Fortunatus", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211623

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