Probleme der Öffnung des Dienstleistungssektors im gemeinsamen Binnenmarkt der EU


Seminararbeit, 2011

24 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Wohlfahrtseffekte durch eine EU-Binnenmarktliberalisierung
2.1 Ungenut7.es ProduktivitäLspotential in der EU
2.2 Die Vorteile und Auswirkungen von freiem Dienstleistungshandel
2.3 Nutznießer einer BinnenmarktliberalLsierung

3 Die neue Dienstleistungsrichtlinie und ihr Entstehungsuisprang
3.1 Die Lissabon-Strategie als Kerngedanke der Dienstleistungsrichtlinie
3.2 Der Bolkestein-Entwurf
3.2.1 Beseitgu ngderH indernisse für die Dlenstleistungs freiheit
3.2.2 Beseitgung der Hindernisse für einen freien Dienstieistungswrkehr
3.2.3 Stärkung desgegenseitgen Vertrauens zwischen den Mitgliedsstaaten
3.3 Die finale Fassung der Dienstleistungsrichtlinie
3.4 Beweggründe für die Entwurfsabänderung

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Produkt-Markt-Regulierung und Wettbewerbsindex, 1998 und 2003

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Bei einem EU-weiten Entwicklungsvergleich der drei verschiedenen Wirtschaftssektoren kommt es zur Auffälligkeit, dass innerhalb der letzten Jahre der Dienstleistungssektor, verglichen mit dem primären sowie sekundären Sektor, sich immer mehr zur vorrangigen Erwerbsquelle entwickelt hat.[1] Am Beispiel Deutschlands ist zu erkennen, dass es auch hier, wie auch in anderen hoch entwickelten Ländern, im Zuge des gesamtwirtschaftlichen Strukturwandels zu einer überproportionalen Expansion des privaten Dienstleistungssektors gekommen ist. Trug der tertiäre Sektor im Jahre 1991 55 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei, so waren es im Jahre 2005 bereits 64 Prozent. Ähnliche Größenordnungen liegen ebenfalls für den Anteil Erwerbstätiger des tertiären Sektors im 3-Sektorenmodell für selbigen Zeitraum vor. Kam es in diesem Zeitraum im Sekundärsektor durch Arbeitsplatzabbau zu einem Verlust per Saldo von 3,1 Millionen Arbeitsplätzen, so wurden im privaten Dienstleistungssektor 4,4 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.[2] Somit ist es unübersehbar, welche zentrale Rolle der Dienstleistungssektor bei der Betrachtung der Einkommensgenerierung und somit für die volkswirtschaftliche Wohlfahrt einnimmt. Bei Betrachtung der Dienstleistungsmärkte im europäischen Ausland zeigt sich auch am Beispiel von Deutschlands Mittelfeldposition hinsichtlich des Erwerbstätigenanteils sowie des Anteils der Bruttowertschöpfung unausgeschöpftes wirtschaftliches Potential. Dieses, auch in anderen EU-Ländern vorliegende, ungenutzte Potential resultiert hierbei in der Regel aus vielfältigen Gründen wie Sprach- und Kulturbarrieren, Problemen bei der Finanzierung und Preisgestaltung aber primär aus rechtlichen Hindernissen. Eine Untersuchung der Europäischen Kommission von Juli 2002 zeigt, dass sich diese rechtlichen Barrieren insbesondere für KMU meistens nur mit erheblichen Anpassungs- und Beratungskosten überwinden lassen.[3] Mit diesem Beitrag möchte ich erstens zeigen , dass die Öffnung des europäischen Binnenmarktes für Dienstleistungen zu positiven Wohlfahrtseffekten in der EU führt, zweitens darlegen, ob die finale Fassung der Dienstleistungsrichtlinie ihrem Entstehungsgedanken gerecht wird, um drittens Lösungsansätze bzw. Handlungsempfehlungen für eine effektive gemeinschaftliche Zielerreichung zu geben, was die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes für Dienstleistungen betrifft. Zu Beginn dieses Beitrages sollen in Kapitel 2 vorerst Fakten und Belege herausgearbeitet werden, um zu zeigen, welche konkreten Wohlfahrtseffekte durch eine Liberalisierung des Dienstleistungssektors im Binnenmarkt zu erwarten sind. In Kapitel 3 soll zunächst kurz die Lissabon-Strategie als Ergebnis des Sondergipfels der europäischen Staats- und Regierungschefs vom März 2000 umrissen werden, da diese als Bewegungsgrund für die Schaffung der neuen Dienstleistungsrichtlinie gesehen werden kann. Nach diesem kurzen Lissabon-Exkurs geht dieser Beitrag folgend im Hauptteil auf die eben bereits erwähnte Richtlinie 2006/123/EG[4] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ein. In diesem Abschnitt wird die besagte Richtlinie einem Vergleich mit dem ursprünglich vorangegangen Bolkestein-Entwurf unterzogen, welcher unmittelbar die in Lissabon deklarierten Ziele zur Realisierung als Absicht verfolgte. In Kapitel 4 werde ich ein Fazit anlässlich der europäischen Liberalisierungsbemühungen bezüglich des Dienstleistungssektors ziehen. Jenes soll in einer Handlungsempfehlung im Hinblick auf die Gestaltungsmöglichkeiten der zukünftigen Wirtschaftspolitik entquellen was potentielle Nachbesserungsmöglichkeiten besagter Richtlinie anbelangt.

2 Wohlfahrtseffekte durch eine EU-Binnenmarktliberalisierung

2.1 Ungenutztes Produktivitätspotential in der EU

Bei der Betrachtung des Produktivitätspotentials des Dienstleistungssektors herrschte über lange Zeit die Meinung vor, dass dieses, verglichen mit dem Produktionspotential im Industriesektor, begrenzt und auf jeden Fall geringer als im Industriesektor sei. Als einer der Gründe dafür wurde unter anderem der Produktivitäts-Bias angeführt. Dienstleistungen werden in der Regel weniger kapitalintensiv produziert als Waren, somit sind durch höhere Fertigungsmengen niedrigere Skalenerträge möglich. Als Konsequenz hieraus würde es bei einer fortlaufenden Ausweitung der Dienstleistungsaktivitäten die Produktivitätsfortschrittsrate verringern und folglich auch den Handlungsspielraum für zukünftige Realeinkommenserhöhungen, da diese sich an besagter Produktivitätsentwicklung orientieren. Jedoch kommen neuere empirische Untersuchungen zu deutlich anderen Ergebnissen. Der Dienstleistungssektor ist durch Heterogenität geprägt. Dienstleistungsbereiche, bei denen die gebundene und auf lokale Absatzmärkte gerichtete Dienstleistungserbringung im Fokus steht, weisen gewöhnlich niedrige Produktivität auf. Hingegen gibt es bei den Bereichen der ungebundenen und informationsbasierten Dienstleistungen Produktivitätsentwicklungen, welche vergleichbar mit denen der Industrie sind. Wie aber auch im Industriebereich hängt es in erster Linie wesentlich vom Ausmaß der Wettbewerbsintensität ab, ob es in den einzelnen Dienstleistungsbranchen zur vollständigen Produktivitätspotentialausschöpfung kommt. Gestützt werden können diese neuen empirischen Untersuchungen ebenfalls durch eine neuere Studie der Europäischen Zentralbank, welche den mit den USA verglichen niedrigeren Produktivitätsfortschritt im Euroraum auf eine stärkere Regulierung der Dienstleistungsmärkte hier vor Ort zurückführt. Als Folge hieraus kommt es zu einer Hemmung des dynamischen Wettbewerbs, so dass sich dieser nicht im selben intensiven Maße entfalten kann.[5] Diese im Vergleich schärferen Regulierungen der Dienstleistungsmärkte, im Vergleich zum weltweiten Handel mit Waren, sind hierbei die Folge der Notwendigkeit der Präsenz der Dienstleister in dem jeweiligen Land der Dienstleistungserbringung. Wegen der häufigen Komplexität bestimmter Dienstleistungen sowie der Unentbehrlichkeit von gewissen Qualifikationen seitens des Dienstleisters, werden diesen komplexere Richtlinien auferlegt, als es der Fall bei internationalem Güterhandel ist.[6] Diese energischen lokalen und nationalen Regulierungen, sowie die teilweise nicht gebotene Transparenz, machen den Serviceexport im Vergleich schwerer zugänglich und führen in der Folge zur Hemmung der Produktionspotentialentwicklung. In der Abbildung 1 sind exemplarisch unterschiedliche Länder sowie deren unterschiedlichen Marktregulierungen aufgeführt sowie in Folge derer, der daraus resultierende Wettbewerb. Bei den türkisfarbenen Balken handelt es sich um die Werte von 2003, bei den Kreisen um die Werte von 1998, wobei niedrigere Werte für weniger Regulierungen stehen. Auffällig hierbei ist die Heterogenität der Anzahl von Regulierungen innerhalb der EU-Staaten, aber auch im Vergleich zu nicht EU-Mitgliedsländern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Produkt-Markt-Reaulieruna und Wettbewerbsindex. 1998 und 2003[7]

2.2 Die Vorteile und Auswirkungen von freiem Dienstleistungshandel

Die außenhandelstheoretischen Ansätze gehen davon aus, dass nicht nur jedes Land an sich, sondern auch die insgesamt die Welt Profiteure des freien internationalen Handels sind. So führt der freie Handel über mit einhergehenden Spezialisierungen zu einer besseren Allokation der Ressourcen. Diese Effekte lassen sich nicht nur mit der Theorie der komparativen Kosten oder Preise begründen, sondern auch mit der Nichtverfügbarkeit[8], mit differenzierten Nachfragepräferenzen, Produktdifferenzierungen und mit Skalenerträgen. Hierdurch können die Kunden Dienstleistungen einer bestimmten Art zu Weltmarktpreisen erwerben, welche sie ohne offenen Handel nicht, oder nur zu höheren Preisen hätten erwerben können.[9] Betrachtet man speziell den Dienstleistungshandel innerhalb der Europäischen Union, so würde hier ein intensivierter bzw. freier internationaler Dienstleistungshandel zwei konkrete positive Wirkungen erwarten lassen. Zum einen stiege in der Summe das Transaktionsvolumen der gehandelten Waren. Dies ist die Folge daraus, dass heimische Anbieter die Chance erhielten, neue Absatzmärkte im Ausland zu erschließen aber auch daraus, dass neue Anbieter, sofern sie denn besser sind als die etablierten Unternehmen, letzteren Marktanteile streitig machen können. Daneben kann es innerhalb des Inlandes ebenfalls zur Schaffung neuer Arbeitsplätze kommen, wenn heimische Dienstleistungsunternehmen durch Marktöffnung verstärkt international tätig würden, dadurch schneller wüchsen und hierdurch letztlich die Arbeitskräftenachfrage steigen würde. Zum anderen käme es zu einem erhöhten Wettbewerb auf den jeweiligen heimischen Dienstleistungsmärkten. Dieser von außen kommende Wettbewerb ist für gewöhnlich besonders wirksam, da die Erfahrungen gezeigt haben, dass es in der Regel nicht zu Kollusionen zwischen den verschiedenen Anbietern kommt.[10] Das Resultat dieser Wettbewerbssteigerungen ist die Notwendigkeit für die verschiedenen Dienstleister innovativ zu sein was ihr Portfolio betrifft, um dieses möglichst schnell an Veränderungen der Nachfragerpräferenzen anzupassen, aber auch innovativ zu sein, damit ihre Beschäftigten produktiv und kostengünstig produzieren können.[11] In der Summe würde somit freier Dienstleistungshandel die Dienstleistungspreise reduzieren, den Dienstleistungshandel intensivieren und den Output aller Sektoren innerhalb der EU um mehr als 33 Mrd. € ansteigen lassen. Begleitet würde dies von einer zusätzlichen Schaffung von mehr als 600.000 neuen Arbeitsplätzen bei simultaner Lohnerhöhung. Zusammenfassend würde ein freier Dienstleistungshandel, trotz zeitweiligem Jobverlust in einigen Branchen innerhalb gewisser Länder, zu einem volkswirtschaftlichen Gewinn führen bei insgesamt positiv steigender absoluter Nettobeschäftigung innerhalb des gemeinsamen EU-Raumes.[12]

[...]


[1] Vgl. BMWi: Monatsbericht 02-2007 BMWi. Berlin 2007, S. 32.

[2] Vgl. Donges, J. et al. (Hg.): Dienstleistungsmärkte in Europa weiter öffnen (= Schriftenreihe Stiftung Marktwirtschaft, Band: 45). Berlin 2007, S. 8.

[3] Vgl. BMWi, a.a.O., S. 33 f.

[4] Vereinfachend in der folgenden Arbeit einfach als Dienstleistungsrichtlinie bezeichnet.

[5] Vgl. Donges, J. et al., a.a.O., S. 11 f.

[6] Vgl. Vogt, L.: The EU´s single Market: At your service? In: Economics Department Working Paper, 2005, Working Paper 449, S. 11.

[7] Vgl. Conway, P. et al.: Product Market Regulation in OECD Countries, 1998 to 2003, 2005. In: OECD Economics Department Working Paper, 2005, Working Paper 419.

[8] Vgl. Hesse, H. et al.: Außenhandel I, Determinanten. In: HdWW, 1. Band, hrsg. von Albers, W. et al. Stuttgart, Tübingen, Göttingen 1988, S. 367-372.

[9] Vgl. Rabe, T. (Hg.): Liberalisierung und Deregulierung im Europäischen Binnenmarkt für Versicherungen (= Schriftenreihe des Instituts für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln, Neue Folge Heft 51). Berlin 1997, S. 70.

[10] Ein Zusammenwirken mehrerer Unternehmen zu Lasten des Verbrauchers findet also nicht statt.

[11] Vgl. Donges, J. et al., a.a.O., S. 13.

[12] Vgl. Jensen, J. et al.: Economic Assessment of the Barriers to the Internal Market for Services - Final Report. Kopenhagen 2005, S. 7 f.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Probleme der Öffnung des Dienstleistungssektors im gemeinsamen Binnenmarkt der EU
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
2
Autor
Jahr
2011
Seiten
24
Katalognummer
V211399
ISBN (eBook)
9783656392828
ISBN (Buch)
9783656393689
Dateigröße
602 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Binnenmarkt, Dienstleistungs, Binnenmarktliberalisierung, Wohlfahrtseffekte, Produktivitätspotential, Dienstleistungshandel, Lissabon-Strategie, Bolkestein, Dienstleistungsfreiheit, Dienstleistungsrichtlinie, Dienstleistungsverkehr
Arbeit zitieren
Patrick Busack (Autor:in), 2011, Probleme der Öffnung des Dienstleistungssektors im gemeinsamen Binnenmarkt der EU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211399

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