Straßenkinder in Deutschland


Hausarbeit, 2003

18 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung

1 Definition

2 Statistik „Vermisste (ohne Kindesentzug)“

3 Ursachen und Bedingungsfaktoren für das Leben auf der Straße
3.1 Flucht von zu Hause
3.2 Flucht aus Einrichtungen der Jugendhilfe

4 Lebensbedingungen auf der Straße
4.1 Faszination Straße
4.2 Gesundheit
4.3 Missbrauch von Suchtmittel / Drogen
4.4 Prostitution
4.5 Delinquenz und Gewalt

5 Angebote der öffentlichen Jugendhilfe sowie der Lebensweltorientierten Sozialarbeit
5.1 Kinder- und Jugendnotdienst
5.2 Allgemeine Soziale Dienst
5.3 Mobile Jugendarbeit
5.4 Streetwork
5.5 Szenenahe Anlaufstellen
5.6 Weiterführende Wohnformen

6 Das Schwellenstufensystem: eine neue Gestaltung von pädagogischer Unterstützung bei Straßenkindern

7 Zusammenfassung

8 Literaturverzeichnis

0 Einleitung

Kinder wachsen in allen Kulturen unsere Erde zu den unterschiedlichsten Bedingungen auf. Ob man dabei immer von „kinderfreundlich“ sprechen kann, hängt sowohl von den vorherrschenden Gegebenheiten als auch von der Tradition des Landes ab. Aber der wichtigste Punkt in Bezug auf kinderfreundliches Aufwachsen, ist das Verständnis für den Begriff „Kindheit“.

In Deutschland zum Beispiel, lässt sich feststellen, dass sehr viele Kinder nicht nach dem Verständnis von Kindheit aufwachsen, sondern die Zeit der Entwicklung und des Entdeckens, des phantasievollen Spielens und Lernens im geschützten Familien- und Lebensumfeld nicht genießen dürfen oder gar nicht erst erfahren. Viele aufwachsende Menschen erleben ihre Kindheit nicht als eine Zeit des Wachsens und Gedeihens, erfahren wenig Vertrauen und Geborgenheit der Eltern. Mangelnde Zeit und Aufmerksamkeit, zu wenig Bewegung, viel zu viel Beschäftigung vor dem Fernseher oder Computer und falsche Ernährung sind die Mängel an denen einige Kinder unserer „Wohlstands“-gesellschaft leiden müssen. Doch viel öfter noch als die materielle Armut erfahren Kinder emotionale Armut.

In der nachfolgenden Arbeit möchte ich einen Überblick geben, über Straßenkinder in Deutschland, deren Lebenswelt und die Ressourcen, die Kinder und Jugendliche zur Organisation ihres Lebens zur Verfügung stehen.

1 Definition

„Sie leben allein oder in Gangs. Sie sind unterernährt und hungern seit ihrer Geburt. Es mangelt ihnen an Zuwendung, Geborgenheit, Erziehung und Bildung und vor allem an Liebe. Es sind Kinder und Jugendliche, die auf selbsterlebte Ablehnung, Gewalt, Verführung und Ausgrenzung zu ihrem Überleben verzweifelte Auswege in Diebstahl, Prostitution, Gewalt und Drogenhandel suchen. Sie verrichten unterbezahlte, harte Arbeit. In Straßenbanden schaffen sie sich einen Familienersatz, eine physische und emotionale Zufluchtsstätte, ein Überlebenssystem, das Sicherheit und Schutz gewährt. Etwas, das sie in ihrem Leben bitter vermisst haben.“ (Degen 1995, S.27)

Die Rede ist von Straßenkindern, welche viele nur aus der Dritten Welt kennen. Wo Kinder auf Grund der Armut von ihren Eltern ausgesetzt werden. Doch auch in Deutschland gibt es Kinder, die in Armut leben. Die meisten Straßenkinder in Deutschland erfahren jedoch dabei emotionale Armut und nicht wie in den Ländern der Dritten Welt, materielle Armut.

Trotz dieser Tatsache, gibt es auch nach Jahren der Fachdiskussion keine allgemein anerkannte Begriffsbestimmung für „Straßenkinder“.

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hat mit Experten Merkmale für die Definition von Straßenkindern zusammengestellt:

- weitgehende Abkehr von gesellschaftlich vorgesehenen Sozialisationsinstanzen wie Familie oder ersatzweise Jugendhilfeeinrichtungen sowie Schule und Ausbildung,
- Hinwendung zur Straße, die zur wesentlichen oder auch einzigen Sozialisationsinstanz wird,
- Hinwendung zu Gelderwerb auf der Straße durch Vorwegnahme abweichender, teilweise delinquenten Erwachsenenverhaltens, wie Betteln, Raub, Prostitution, Drogenhandel,
- Faktische Obdachlosigkeit.

(DJI 1995, „Straßenkinder“, S. 138)

Bei den oben genannten Merkmalen handelt es sich in Deutschland meist um ältere Kinder oder Jugendliche mit einem durchschnittlichen Eintrittsalter von 11 Jahren. (vgl. Degen 1995, S.28)

Allerdings ist der Begriff Straßenkinder auch direkt verwandt mit anderen gebräuchlichen Begriffen die ich im folgenden kurz anführen möchte:

Treber

- brechen aus massiven Konfliktsituationen und aus gewohnten Sozialisationsinstanzen aus
- in der Regel ohne festen Wohnsitz und ohne regelmäßige Einkünfte

Ausreißer

- brechen durch Fortlaufen aus Sozialisationsinstanzen aus
- meist nur für kurze Zeit
- laufen mit einem Ziel weg > wollen damit ein Signal setzen

Aussteiger

- sind Ausreißer, wo jedoch ihre Abwesenheit von der Familie / Eltern toleriert wird (keine Vermisstenmeldung)

obdachlose Minderjährige

- haben in der Familie beziehungsweise Jugendhilfeeinrichtungen auch keinen Platz mehr, sondern werden auch dort rausgeschmissen oder gar nicht erst aufgenommen, weil sie sich dort nicht an die gegebenen Regeln und Normen anpassen können

All diese Merkmale schließt der Begriff Straßenkinder mit ein, doch das Hauptaugenmerkmal bleibt die schutzlose Straße, die zum existentiellen Lebensraum wird. Familie oder familienersetzende Alternativen treten in den Hintergrund oder existieren gar nicht. (vgl. Degen 1995, S.28f)

In der nachfolgenden Arbeit möchte ich mich speziell auf TreberInnen beziehen. Für sie wird die Straße zum Lebensmittelpunkt und zur wesentlichen Sozialisationsinstanz. Sie kehren sich ab von Familie/Heim, Schule und Ausbildung. Trebergänger sind faktisch obdachlos und wenden sich dem Gelderwerb auf der Straße zu.

2 Statistik „Vermisste (ohne Kindesentzug)

Insgesamt männlich weiblich

Gesamtbevölkerung

in Deutschland 31.12.1997 82.057.379 39.992.311 42.063.068

„Vermisste“

Gesamtzahlen am 02.07.1999 7578 5155 2425

...davon Kinder 911 559 353

...davon Jugendliche (15-17J) 1101 544 558

... davon Erwachsene 3568 2610 958

(vgl. Bundeskriminalamt Wiesbaden, Pressestelle; Stand 02.07. 1999)

3 Ursachen und Bedingungsfaktoren für das Leben auf der Straße

3.1 Flucht von zu Hause

Straßenkinder in Deutschland stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Die Gründe für ein Leben auf der Straße sind ebenso sehr breit gefächert. Vernachlässigung, Beziehungslosigkeit, Misshandlung / Missbrauch und vermisste Geborgenheit. Materielle Not spielt eher eine zweitrangige Rolle. Doch auch geringe Belastungen und Krisen im Elternhaus können Gründe dafür sein, um von zu Hause wegzulaufen. Dabei ist es eigentlich keine Besonderheit, dass im elterlichen Haus Konflikte zum Beispiel über längere Ausgehzeiten, mehr Taschengeld etc. auftreten. Gerade in der Pubertät haben Kids viel Stress mit ihren Eltern, viele kommen damit zurecht, andere hingegen sind mit der Situation maßlos überfordert. Sie protestieren gegen die elterlichen Normen, Gebote und Verbote, kritisieren den Lebensstil der Eltern und setzen sich letztendlich ab, weil sie dies als einzigsten Ausweg sehen. (vgl. Permien, Zink 1998, S.100)

Doch nicht nur die Pubertätskrise treibt Kinder und Jugendliche auf die Straße. Viel problematischer wird die Situation im Elterhaus, wenn Kinder oder Jugendliche vor sexueller Belästigung fliehen müssen. Dazu kommen schlechte Noten in der Schule, Gewalt, Trunksucht der Eltern, Gleichgültigkeit und Ablehnung. All diese Faktoren können Auslöser für Familienflucht sein.

Straßenkinder sind geprägt von Beziehungslosigkeit, Vertrauensmangel und Vernachlässigung. All diese Faktoren treiben Kinder und Jugendliche auf die Straße, die sie zunächst als erträglicher empfinden als das zuletzt erlebte „zu Hause“.

Abschließend möchte ich hinzufügen, dass es auch Straßenkinder gibt, die ein geordnetes Zuhause mit liebevollen Eltern hatten und wo es zum Beispiel durch Versterben der Eltern (Unfall) und die Verkettung unglücklicher Umstände zur Katastrophe kommen kann.

(vgl. Pfennig 1996, S.7ff)

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Straßenkinder in Deutschland
Hochschule
Hochschule Mittweida (FH)  (Fachbereich Soziale Arbeit)
Note
1,5
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V21125
ISBN (eBook)
9783638248167
Dateigröße
498 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Szenebetrachtung, Erklärungsversuche und sozialarbeiterische Ansätze
Schlagworte
Straßenkinder, Deutschland
Arbeit zitieren
Claudia Mehner (Autor:in), 2003, Straßenkinder in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21125

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