Die DDR in Eugen Ruges Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts"


Pre-University Paper, 2012

17 Pages, Grade: 10 Punkte


Excerpt


Inhalt

Vorwort

I. Vergleich ausgewählter Themen mit Darstellungen in der Fachliteratur
1. Auswertung einzelner Aspekte in Bezug auf der Leben in und mit der Partei
Vorkommen und Art der Parteiausschlussverfahren
Häufigkeit der Ordensverleihung
2. Betrachtung einzelner Punkte im Alltagsleben
Besiedlung von Altbauwohnungen
Tauschhandel
3. Analyse des beschriebenen oppositionellen Verhaltens
Rolle der Kirche
Generationenkonflikt

II. Beurteilung des vermittelten Gesamtbildes von Herrschaft und Alltag

Abschließendes Fazit

Anhang
Kritik und Selbstkritik
Potsdams Ex-Bürgermeisterin beichtet: »Ich habe an die DDR geglaubt bis die Stasi meine eigene Tochter holte«

Literaturverzeichnis

Fachliteratur:

Internetseiten:

Vorwort

Die Bewohner der ehemaligen DDR sind heute oft geteilter Meinung über die damaligen Verhältnisse. Einige bagatellisieren den Einfluss der Partei auf den Alltag, beispielsweise in Form der Überwachung durch die Staatssicherheit, und die fragwürdige Demokratie regelrecht, während andere die Verhältnisse dämonisieren. Das liegt wohl vor allem an den individuellen Erinnerungen der berichtenden Personen.

Im Gegensatz zu dieser differenzierten Betrachtungsweise sehen die meisten Westdeutschen die DDR häufig nur als Unrechtsstaat, da oft lediglich über die doch recht willkürlich erscheinende Herrschaft gesprochen wird, und somit das Alltagsleben der „normalen“ Bürger, das sich größtenteils wohl gut mit dem der Bürger in der BRD vergleichen ließe, komplett vernachlässigt wird.

In der Unterhaltungsliteratur sind Geschichten, die in der DDR spielen, ein beliebtes und ebenso weitgefächertes Thema.

Eugen Ruges Roman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“, für den er den Deutschen Buchpreis, Aspekte-Literaturpreis und Alfred-Döblin-Preis erhielt, beschreibt ein weites Panorama einer Familie, deren verschiedene Generationen den Weg von vollster Unterstützung der Partei und des Staates bis hin zur Flucht in den Westen gehen. Dies bietet eine Vielzahl an Darstellungsmöglichkeiten, die im Folgenden mit Ausführungen der Fachliteratur verglichen und auf ihre Plausibilität geprüft werden, wobei der Schwerpunkt des ersten Teils auf ausgewählten Themen, der des zweiten Teils auf dem vermittelten Gesamtbild von Herrschaft und Alltag liegt.

I. Vergleich ausgewählter Themen mit Darstellungen in der Fachliteratur

1. Auswertung einzelner Aspekte in Bezug auf der Leben in und mit der Partei

Vorkommen und Art der Parteiausschlussverfahren

Nachdem Kurt, der als Historiker an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin tätig ist, von dem Institutionsdirektor über das Verfahren gegen Paul Rohde, einen Mitarbeiter aus seiner Arbeitsgruppe, informiert wurde, bricht er am nächsten Tag auf, um an der einberufenen Parteiversammlung teilzunehmen. Das Verfahren gegen Rohde wurde eingeleitet, da dieser in der Zeitschrift für Geschichts-wissenschaften das Buch eines westdeutschen Kollegen zum Thema Einheitsfrontpolitik besprochen hatte und diesem Kollegen eine persönliche Rezension, in der er sich für die negative Kritik entschuldigt, das Buch vermeintlich im Namen seiner Kollegen lobt und anmerkt, dass die DDR in Bezug auf offene Diskussionen zu diesem Thema noch nicht bereit wäre, geschickt hatte. Die Versammlung wird von ihrem Präsidium, bestehend aus dem Institutionsdirektor und einem Vertreter aus der Abteilung Wissenschaft des Zentralkomitees der SED, eröffnet. Nach der Eröffnung präsentiert Rohde seine zuvor auswendig gelernte, abgesprochene und klar gegen ihn sprechende Selbstkritik, gefolgt von ebenso „spontanen“ Stellungnahmen verschiedener Kollegen. Nach diesen Stellungnahmen findet eine offene Abstimmung über den Parteiausschluss Rohdes statt.[1]

Im Folgenden wird nun überprüft, inwiefern diese Darstellung zutreffend ist.

Parteiausschlussverfahren und Parteiausschlüsse als deren Folgen waren unter anderem in der DDR eine Bestrafung bei Verstoß gegen die Parteidisziplin und annähernd an der Tagesordnung. Die Parteiordnung der SED richtete sich dabei nach den Ordnungsprinzipien des demokratischen Zentralismus, die 1976 in Ziffer 23 des SED-Statuts folgendermaßen beschrieben werden:

„Der Organisationsaufbau der Partei beruht auf dem Prinzip des Demokratischen Zentralismus. Dieser Grundsatz besagt:

a) daß alle Parteiorgane von unten bis oben demokratisch gewählt werden;
b) daß die gewählten Parteiorgane zur regelmäßigen Berichterstattung über ihre Tätigkeit vor den Organisationen verpflichtet sind, durch die sie gewählt wurden;
c) daß alle Beschlüsse der höheren Parteiorgane für die nachgeordneten Organe verbindlich sind, straffe Parteidisziplin zu üben ist und die Minderheit sowie der Einzelne sich den Beschlüssen der Mehrheit diszipliniert unterordnet.“[2]

Es gab sogar eine eigene Kommission zur Überprüfung der politisch-ideologischen Zuverlässigkeit der Mitglieder.[3]Bei diesen Versammlungen waren verhältnismäßig viele Genossen anwesend und der Angeklagte hatte die Möglichkeit sich zu den ihm vorgeworfenen Ereignissen zu äußern. Auch die anderen Anwesenden hatten die Gelegenheit ihre Meinung einzubringen und es fand eine Abstimmung über den Verbleib oder Ausschluss des Angeklagten statt.[4]

Die Einzelheiten über die eigenen Aussagen der Angeklagten in Roman und Artikel sind nicht deckend. In Ruges Roman wird die Selbstkritik Rohdes als abgesprochen und einstudiert beschrieben, in Havemanns persönlicher Schilderung hingegen glich seine Aussage nicht einer negative Selbsterkenntnis, sondern eher einer Verteidigung, was allerdings am Ergebnis der darauf folgenden Abstimmung nichts ändert. Die im Roman geschilderte Selbstkritik war in der Sowjetunion allerdings eine tief verwurzelte Tradition, die ihren Ursprung in der durch Lenin und Stalin geprägten KPdSU hat und später auch von der SED übernommen wurde. Bei diesem Ritual ging es in erster Linie nicht um die Wahrheit, sondern um die Durchsetzung von Machtpositionen und die gegenseitige Kontrolle von Parteimitgliedern. Seit der ersten Entstalinisierungswelle verlor die Selbstkritik zwar an Härte und Bedeutung, blieb aber bis zur Selbstauflösung der SED erhalten.[5]

Trotz dieses Unterschieds erscheint die Darstellung des Romans weitgehend zutreffend, da es von Fall zu Fall und aufgrund der Ursachen verschiedener Ausschlussverfahren wahrscheinlich immer leichte Abweichungen und somit nichtdasParteiausschlussverfahren gab.

[...]


[1]Vgl. Ruge, Eugen: In Zeiten des abnehmenden Lichts. Reinbek 2011. S.170 f. & S.177 ff.

[2]Zitiert nach Marxen, Klaus/ Werle, Gerhard/ Rummler, Toralf/ Schäfter, Petra: Strafjustiz und DDR-Unrecht: Gewalttaten an der deutsch-deutschen Grenze. Walter de Gruyter 2002. S.655

[3]Vgl. Schröder, Klaus: Der SED-Staat. S.100

[4]Vgl. Der Spiegel, Ausgabe 41/1970: Sie sind entlassen, Genosse – Erinnerungen des Ost-Berliner Marxisten Robert Havemann. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43800942.html (zuletzt aufgerufen: 05.10.2012)

[5]Vgl. Kritik und Selbstkritik. http://www.jugendopposition.de/index.php?id=4989 (zuletzt aufgerufen: 15.10.2012; Ausdruck siehe Anhang)

Excerpt out of 17 pages

Details

Title
Die DDR in Eugen Ruges Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts"
Grade
10 Punkte
Author
Year
2012
Pages
17
Catalog Number
V210937
ISBN (eBook)
9783656385929
ISBN (Book)
9783656386230
File size
489 KB
Language
German
Keywords
bild, eugen, ruges, roman, zeiten, lichts
Quote paper
Susan Eisenschmidt (Author), 2012, Die DDR in Eugen Ruges Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210937

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