Die Deutschlandpolitik während der Wende. Standpunkte der BRD und DDR


Seminararbeit, 2012

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Deutschlandpolitik bis Mai 1989
2.1 Innerdeutsche Beziehungen bis Mai 1989
2.2 Internationale Beziehungen bis Mai 1989

3. Deutschlandpolitik von Mai 1989 bis Oktober 1989
3.1 Das deutsch-deutsche Verhältnis
3.2 Amerikanische Deutschlandpolitik
3.3 Sowjetische Deutschlandpolitik

4. Fazit

5. Bibliographie

1. Einleitung

Die Deutsche Wiedervereinigung vollzog sich im Jahr 1990 mit einer Geschwindigkeit, die wohl niemand so recht glauben konnte. Nach Jahrzehnten des Nebeneinanders entwickelte sich aus zwei Ländern, die ideologisch nicht unterschiedlicher sein konnten, ein homogener Staat, der die Menschen in Freiheit und Selbstbestimmung vereinte. Wie war es dazu gekommen?

Seit 1987 drohte der DDR aufgrund von Missernten und ausbleibenden Importen ein wirtschaftlicher Bankrott.[1] Unwiderruflich steuerte der sozialistische Staat auf sein Ende zu. Doch fast niemand rechnete mit einer deutschen Einheit und nicht nur für die politischen Akteure dieser Zeit wirkte sie später fast wie ein Wunder. Insbesondere der Zeitraum von Mai 1989 bis Oktober 1989 steht beispielhaft für eine Deutschlandpolitik der Zurückhaltung, sowohl auf deutscher, wie auch auf internationaler Ebene, in dem Voraussagen über die Zukunft so gut es ging vermieden wurden. Dennoch erhoben sich die ersten Stimmen, die den Fall der Mauer forderten, wenngleich sie eine politische Einheit Deutschlands zu diesem Zeitpunkt nicht im Sinn hatten.

In der folgenden Seminararbeit soll nun also die Zeitspanne von Mai 1989 bis Oktober 1989 näher beleuchtet werden. Welche Akteure vertraten welchen Standpunkt? Welche Deutschlandpolitik vermittelten die einzelnen Regierungen und welche Ziele verfolgten sie? Um den Rahmen der Arbeit zu wahren, sollen neben den deutsch-deutschen Beziehungen, lediglich die sowjetische und amerikanische Deutschlandpolitik untersucht werden, ungeachtet der sicherlich interessanten Bedeutung anderer Staaten in diesem Prozess.

Zunächst ist die Begrifflichkeit der Deutschlandpolitik näher zu erläutern, wofür die Bundeszentrale für politische Bildung eine gelungene Definition liefert:

„Die Deutschlandpolitik umfasste jenen Bereich politischer Konzeptionen und Aktionen, der sich aus der Tatsache der deutschen Teilung und insbesondere der Existenz zweier deutscher Staaten zwischen 1949 und 1990 ergab. Die Deutschlandpolitik war dabei sowohl im programmatischen Anspruch ihrer Akteure als auch in der politischen Wirklichkeit zwischen Außen- und Innenpolitik angesiedelt. Auf der einen Seite war die Deutschlandpolitik stets in die Ost-West-Beziehungen und die Bündnispolitik der beiden Blöcke eingebettet, auf der anderen Seite stand sie in einem engen Bezug zur Innenpolitik des jeweiligen deutschen Staates und insbesondere deren Legitimationsbedürfnissen. Daher verknüpften sich in der Deutschlandpolitik eine Vielzahl von politischen, juristischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekten.“[2]

2. Deutschlandpolitik bis Mai 1989

2.1. Innerdeutsche Beziehungen bis Mai 1989

Nach der Bildung zweier deutscher Staaten im Zuge des Kalten Krieges sah es lange Zeit nicht nach einer Wiedervereinigung dieser Staaten aus. Die Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland waren aufgrund der verschiedenen ideologischen Ausrichtungen kaum vorhanden. Häufig bestand die Deutschlandpolitik der beiden Länder vor allem darin sich selbst als den Kernstaat zu begreifen und an der Legitimität desjeweils anderen Staates zu zweifeln. Bemühungen um die Anerkennung der DDR wurden von Seiten der BRD stets abgelehnt. Auch international wurde dies durch die Hallstein-Doktrin verdeutlicht.[3] Der erste Politiker der seitens der BRD um Entspannung bemüht war, wurde 1963 Egon Bahr, der von einem „Wandel durch Annäherung“ sprach.[4] Mit der Politik der kleinen Schritte unter Willy Brandt bemühte man sich um erste Kontakte, verweigerte der DDRjedoch weiterhin die Anerkennung. 1971 erklärte auch der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker auf dem 8. Parteitag der SED ausdrücklich, dass es zwei deutsche Nationen gebe, eine bürgerliche im Westen, eine angeblich sozialistische im Osten.[5] Fundament der Deutschlandpolitik der 70er und 80er Jahre wurde dann am 21.12.1972 der Grundlagenvertrag, in dem sich beide Staaten offiziell anerkannten. International erweiterte sich so der Spielraum für Wirtschaft und Handel, innerdeutsch waren die Beziehungen noch immer deutlich gespannt, unter anderem auch durch die Enttarnung eines DDR Spions 1974 im Bundeskanzleramt.[6] Im Herbst 1982 kam die CDU/CSU unter Helmut Kohl an die Macht und hielt in ihrer Deutschlandpolitik am Weg der vorherigen sozialliberalen Koalition fest.[7] Zusammen mit der DDR-Spitze unter Honecker wollte man vor allem eine Aufrüstung in Deutschland vermeiden.

In seinem Bericht „Zur Lage der Nation“ baute Helmut Kohl vor allem auf drei Eckpfeiler der Deutschlandpolitik. Der erste Grundstein lag in der Verschärfung des normativen Abstands zur DDR. Hier trat Kohl besonders bestimmt auf, oftmals offen konfrontativ zur ostdeutschen Führungsspitze. Gleichzeitig bemühte er sich aber auch um eine verbesserte Kooperationsfähigkeit gegenüber der DDR. Als letzten Grundsatz bemühte sich Kohl um die Einbringung der Deutschlandpolitik in gesamteuropäische Zusammenhänge.[8] Für die Regierung der Bundesrepublik stand die Freiheit noch immer im Kern der deutschen Frage.

Natürlich spielte in der BRD auch die Opposition bei deutschlandpolitischen Angelegenheiten eine gewichtige Rolle. Zu diesem Zeitpunkt sah die SPD keinen Grund von ihren Erfolgen aus der Entspannungspolitik, innen- wie außenpolitisch, Abschied zu nehmen. Die erste Grundentscheidung der Partei nach dem Machtverlust 1982 war also, die CDU auf Einhaltung ihres Versprechens einer Lösung der deutschen Frage zu drängen.[9] Aus Sicht des neuen Bundeskanzlers ergab sich ein Interesse, die Ergebnisse der Entspannungspolitik nicht zu gefährden. Immer wieder kam es in den ersten Jahren von Kohls Kanzlerschaft zu innerdeutschen Konfliktfeldern. Beispielhaft hierfür kann die Stationierung von technisch neuartigen Raketen des US-Militärs in Westdeutschland genannt werden. Zum wiederholten Male drohte die Gefahr einer erneuten Verhärtung der Fronten zwischen BRD und DDR. Doch trotz Raketen auf beiderlei Seiten wurde eine Art „Schadensbegrenzung“ zum Schlüsselwort der Deutschlandpolitik in den 80er Jahren.[10]

Seit Willy Brandts Zeiten fanden Verhandlungen und Gespräche bis zum Jahr 1989 nur mit den regierenden Kommunisten der einzelnen Ostblockländer statt, und nicht etwa mit Oppositionellen oder Dissidenten. So verhielten sich sowohl die Regierung als auch die Opposition unter der SPD. Neben der überparteilichen Einigkeit, spielte diese Frage auch innerparteilich keine Rolle. Die westdeutschen Politiker waren sich ihrer Verantwortung gegenüber der ostdeutschen bzw. osteuropäischen Opposition bewusst und wollten diese nicht weiter gefährden. Ein weiterer Hauptgrund der Vernachlässigung von Dissidenten lag sicherlich auch in der Intention lieber wichtige Kommunisten in ihrer Denkweise zu beeinflussen. Wie kompliziert das Konstrukt aus Regierung und Opposition in der BRD und der SED war, zeigt ein Zitat von Egon Bahr (SPD): „Sofern wir also unsere Kontakte von der bisherigen Regierungsebene auf die der Parteien verlegen würden, ergäbe sich die ungewöhnliche und wirklich neue Situation, operativen Einfluss auf dem Umweg über die regierenden Parteien auf die dortigen Regierungen und ihre Haltung nehmen zu können und damit einen Hebel zu gewinnen, um die eigene Regierung an das Versprechen zu binden, Entspannungs- und Deutschlandpolitik fortzusetzen.“[11]

Im September 1987 besuchte Erich Honecker erstmals die BRD. In den Gesprächen mit Helmut Kohl hielt dieser entschieden an der Wiedervereinigungsklausel im Grundgesetz fest, wenngleich vor allem politische Vereinbarungen bezüglich der Abrüstungsfrage und Transitabkommen getroffen wurden.[12] Entscheidend für alle Beteiligten sollte jedoch das Jahr 1989 werden.

2.2 Internationale Beziehungen bis Mai 1989

Die Amerikaner hatten sich bereits 1954 geeinigt auf ein wiedervereinigtes Deutschland mit einer freiheitlich-demokratischen Verfassung hinzuarbeiten.[13] Konstant bleiben sollte sich in der gesamten Zeit bis 1989 die Werte der Selbstbestimmung und der Freiheit für das deutsche Volk. Durch den Kalten Krieg und die verbundenen Aufrüstungen rückte die deutsche Frage jedoch sowohl auf amerikanischer und erst recht auf sowjetischer Seite in den Hintergrund.[14] Erst Mitte der 1980er begannen die Amerikaner, nachdem jahrelang auch innerhalb der amerikanischen Regierungen kein

[...]


[1] Weber, Wolfgang: DDR - 40 Jahre Stalinismus. Ein Beitrag zur Geschichte der DDR, Essen 1992, S. 112.

[2] Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 5., aktual. Aufl. Opladen 2003. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2003.

[3] Vgl. Scholz, Michael F.: Die DDR 1949-90, erschienen in: Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte. Band22, Stuttgart 2009 (10.Auflage), S.387-388

[4] Lemke, Christiane: Internationale Beziehungen Grundkonzepte, Theorien und Problemfelder, München 2008 (2.Auflage), S.112.

[5] Bericht des Zentralkomitees an den VIII. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, 15.-19.Juni 1971, BerichterstatterErich Honecker, Berlin 1975, S.32.

[6] Vgl. Weber, Hermann, Die DDR 1945-1990, München 2006, S.89.

[7] Weidenfeld, Werner u. Korte, Karl-Rudolf(Hrsg.): Handbuch zur Deutschen Einheit 1949 - 1989 - 1999, Frankfurt/Main 1999, S. 424.

[8] Korte, Karl-Rudolph: Die deutsche Wiedervereinigung, in: Die Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz nach 60 Jahren, hrsg. Von Hans Peter Schwarz, Köln 2008, S.185.

[9] Bahr, Egon: die Deutschlandpolitik der SPD nach dem Kriege, in: Dieter Dowe (Hg.), Die Ost und Deutschlandpolitik der SPD in der Opposition 1982-1989. Papiere eines Kongresses der Friedrich- Ebert-Stiftung am 14. und 15. September 1993 in Bonn (Gesprächskreis Geschichte 4), Bonn 1993, S.22.

[10] ebenda

[11] Bahr: S.23.

[12] Korte: S.164.

[13] Knappe, Jens: Die USA und die deutsche Einheit. Amerikanische Deutschlandpolitik im Kontext von veröffentlichter und öffentlicher Meinung 1989/90, München 1996, S. 30.

[14] Knappe: S.31.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Deutschlandpolitik während der Wende. Standpunkte der BRD und DDR
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Das letzte Jahr der DDR: Aufbruch-Umbruch-Abbruch?
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
14
Katalognummer
V210931
ISBN (eBook)
9783656385943
ISBN (Buch)
9783656386360
Dateigröße
420 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
DDR, BRD, Deutschlandpolitik
Arbeit zitieren
Björn Harms (Autor:in), 2012, Die Deutschlandpolitik während der Wende. Standpunkte der BRD und DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210931

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