Die Gewinnung von Rohstoffen zur Kleiderherstellung im Antiken Griechenland

Über Schafwolle, Flachs, Baumwolle und Seide


Hausarbeit, 2011

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Schafwolle
2.1 Gewinnung des Rohmaterials
2.1.1 Einblick in die Techniken zur Gewinnung des Rohmaterials
2.1.1.1 Das Rupfen der Schafe
2.1.1.2 Das Scheren der Schafe
2.2 Verarbeitung von Wolle
2.3 Spinnen der Wolle

3 Flachs (Leinen)
3.1 Die Ernte des Flachs
3.2 Die Verarbeitung von Flachs
3.3 Das Spinnen von Flachs

4 Baumwolle

5 Seide

6 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Kleidung ist für uns etwas so Alltägliches, aber dennoch macht man sich nur sehr selten Gedanken über deren Herstellung. Um besagte zu produzieren bedarf es als Grundelement des Fadens. Dieser kann aus mehreren Rohstoffen hergestellt werden, von denen diese Hausarbeit beabsichtigt einige etwas näher zu beleuchten. Genauer wird die Ausarbeitung sich der Schafwolle, dem Flachs, der Baumwolle und der Seide widmen. Leider findet dieses spezielle Thema in der Fachliteratur selten Erwähnung, weshalb es mitunter schwierig sein wird, spezifische und vor allem zeitnahe Forschungsliteratur zu finden.

Diese Arbeit beabsichtigt zunächst einen kurzen Überblick über die verschiedenen Materialien zur Rohstoffgewinnung zu geben. Zu diesem Zweck wird es zu Beginn der Be- schäftigung mit den entsprechenden Werkstoffen einen kurzen allgemeinen Einblick in den Forschungsstand, über Domestikation sowie allgemeine Fakten über die Verwertbarkeit die- ser Stoffe geben. Besonderes Augenmerk wird dabei auf der Gewinnung und Verarbeitung der Schafwolle liegen, da dieses das wohl am weitesten verbreitete Material im Antiken Griechenland war.1 Zudem wird sich die Arbeit der Gewinnung der unbehandelten Wolle etwas näher widmen, weil diese durch eine für heutige Verhältnisse untypische Verfahrens- weise, nämlich das Rupfen, gewonnen wurde. Insbesondere gilt es in Erfahrung zu bringen, wo genau die Unterscheide zu späteren Gewinnungsmethoden gelegen haben und wie, wann und warum sich diese Technik änderte. Dafür werden auf Grund der teilweise schwierigen Quellenlage auch antike römische Quellen herangezogen werden müssen, um den zu klä- renden Sachverhalt angemessen zu bearbeiten. Da die Technik und das Prinzip des Spin- nens bis weit in die Frühe Neuzeit hinein der antiken in nichts nachstanden und sich auch zwischen den Materialien keine nennenswerten Unterschiede hinsichtlich der Verarbeitung in diesem Prozessschritt ergaben, werden detaillierte Erläuterungen hierzu lediglich bei der Wolle ausgeführt werden und bei den übrigen Werkstoffen lediglich geringfügige Unter- schiede erläutert.

2 Schafwolle

Die Domestikation von Schafen geht bis weit in die neolithische Zeit, also die Jungsteinzeit, zurück und begann wahrscheinlich in der Region des heutigen Iran oder Afghanistan.2 Schafwolle war im antiken Griechenland das wohl verbreitetste Material zu Herstellung von Kleidern.3 Es besteht in der Forschung weitestgehend Konsens, dass „[...] sobald die Nomaden- und Jagdvölker begannen dauerhaft zu siedeln kontrastreichere Kleidungsstücke und damit Schafwolle die ursprünglichen robusteren Kleidungsstücke vertrieben hat.“4 Belege für diese These finden sich bereits bei Platon.5 Dennoch ist es keineswegs gewiss, welcher Stoff zuerst zur Faserproduktion verwendet wurde.6

Das Schaf als Nutztier wurde in fast allen Teilen der antiken Welt, sofern es die klimatischen Bedingungen ermöglichten, gehalten. Mit zunehmender Nutzung und Bedarf breitete sich folglich auch die Schafhaltung immer mehr aus. Dass die Wertschätzung der Schafe in der antiken Welt immens war, zeigen Quellen, die berichten, wie Wiedergutma- chungen in Folge von Vergehen in Schafen berechnet wurden.7 Demzufolge ließ sich auch Wohlstand an der Größe der eigenen Schafherde messen.8 Primär wurde das Schaf ver- mutlich zur Fleisch- und Milchgewinnung gehalten, schon bald allerdings wurde dieser ur- sprüngliche Nutzen durch die Gewinnung von Rohwolle (ἔρια; lat. lana) abgelöst. Es ist davon auszugehen, dass dieser Nutzen bereits vor dem Beginn der Schriftlichkeit bekannt gewesen war.

2.1 Gewinnung des Rohmaterials

Der Praxis der Schafzüchtung muss bereits in der griechischen Antike große Beachtung ge- schenkt worden sein.9 So unterschied man möglicherweise verschiedene Schafrassen nach Dichte, Länge, Feinheit und Glanz der Wolle. Columella widmete der Schafzucht sogar eine eigene Abhandlung in seiner „De Re Rustica Libri Duodecim“, einer Sammlung des zu der Zeit bekannten Wissens bezüglich der Landwirtschaft. Ebenfalls waren Verfahren zur Züchtung, also das Mischen verschiedener Rassen, in der antiken Welt bereits bekannt.10 Glanz, womit gemeinhin die Farbe des Schaffelles gemeint ist, wurde dabei wohl am meis- ten geschätzt.11 Mutmaßungen, dass Wolle als ein hohes Gut angesehen wurde, erhärten sich durch die in den Quellen beschriebenen verschiedenen Maßnahmen zur Gewinnung eines möglichst hohen Anteils der Wolle. Als die geeignetste Zeit für das Scheren galt die Tag- und Nachtgleiche, wenn die Schafe zu schwitzen anfingen.12 Mitunter wurden Schafe auch zweimal im Jahr geschoren. Als Grund hierfür nennt Varro den Glauben an das schnellere Wachsen der Wolle. Ebenfalls trennte man die Tiere von der Herde, um nicht ungleichmä- ßige und qualitativ unterschiedliche Wolle zu vermengen. In der Regel fand auch vor dem Scheren keine Wäsche statt, weil so die Wolle schwerer und damit leichter zu verarbeiten war.13

2.1.1 Einblick in die Techniken zur Gewinnung des Rohmaterials

Schafzüchtern kam bei der Gewinnung der Rohwolle auch die verantwortungsvolle Aufgabe des Scherens zu. Im Folgenden soll es nun darum gehen, herauszufinden, welche Techniken es hierfür gab, wie diese sich unterschieden und wie sie gehandhabt wurden.

2.1.1.1 Das Rupfen der Schafe

Hinweise darauf, dass das Rupfen eine weit verbreitete Methode der Wollgewinnung darstellte, finden wir bei einigen antike Autoren. Den wohl deutlichsten Hinweis lieferte jedoch Varro in seinen „Gesprächen über die Landwirtschaft“.14 Darin belegt er anhand der von ihm verwendeten Bezeichnung für die frisch abgenommene Wolle des Schafes, dass man in früherer Zeit die Schafe rupfte.15 Der Rückschluss, dass zu der Zeit als Varro seine Abhandlung schrieb, diese Technik für ihn schon als veraltet galt, liegt also nahe.

Dagegen spricht wiederum, dass Varro eine Anweisung gibt, wie bei dieser Proze- dur mit dem Schaf im Vorfeld verfahren werden soll.16 Er empfiehlt, dass die Schafe vor dem Rupfen drei Tage lang ohne Nahrung gehalten werden sollten, damit die Tiere für diese Prozedur ausreichend geschwächt sind und dem Rupfen das geringst mögliche Maß an Ge- genwehr entgegensetzen würden. Das zeigt allerdings, dass diese Methode einerseits wohl bekannt war und im allgemeinen Verständnis seines Umfeldes keinerlei weiterer Erklärung oder Rechtfertigung bedurfte. Andererseits veranschaulicht auch die Vorgehensweise, die Schafe zu schwächen, dass die Technik, durch Versuche sie zu verbessern oder effizienter zu gestalten, auch real praktiziert wurde.

Eine weitere Möglichkeit der Deutung liegt in der regionalen Auslegung, also der Tatsache, dass Varro von entfernteren Gebieten als dem seinen und somit auch vom heutigen Griechenland und darüber hinaus gesprochen haben könnte. Leider geben uns besonders die römischen Quellen so gut wie keine weitere Auskunft über die genauen Hintergründe, noch genaue Erläuterungen zur Schermethode. Bei Plinius finden wir in seiner „Naturkunde“ le- diglich ebenfalls den Verweis, dass es auch die Technik des Rupfens gab.17 Quellen dieser Art sind aus griechischer Zeit leider nicht vorhanden. Dennoch gibt Marquart eine sehr inte- ressante Erklärungsthese. Er vermutet einen weitverbreiteten Aberglauben, ausgelöst durch induktives Vorgehen der Beobachtung, bei dem zufällig gemachte Beobachtungen oder sub- jektiv wahrgenommene Eindrücke zu Handlungsanweisungen transformiert werden.18 Von diesem Standpunkt betrachtet lässt sich bei Varro eine Erklärung dafür finden, warum die Methode angewandt wurde, denn er äußert die Vermutung, dass man womöglich der An- sicht war, dass bei dieser Prozedur die Haare schneller nachwachsen würden.19

Zudem lassen ältere aus dem Griechischen stammende Wortbezeichnungen darauf schließen, dass die ältesten bekannten Wörter für Wolle die ursprüngliche Bedeutung der ausgerupften Wolle hatten.20

2.1.1.2 Das Scheren der Schafe

Albert Neuberger äußert in seinem Buch „Die Technik des Altertums“ die Vermutung, dass die Schafe von jeher gerupft wurden, es sich dabei also um die ursprünglichste Methode der Wollgewinnung handelte. Das Scheren der Tiere sei wahrscheinlich eine Erfindung der Römer, ebenso wie die Schurschere, die sich von Rom aus weiterverbreitete.21 Unterstützung erfährt diese These durch Darstellungen von Plinius und Varro, die unter Punkt 2.1.1.1 bereits erläutert wurden. Zudem erwähnt Forbes die ersten antiken Funde von Schurscheren im Römischen Einflussgebiet und datiert diese um die Zeit 300 v.Chr.22

Folgt man dieser Überlegung, bleibt zu fragen, wann genau ein Wechsel der Techniken stattfand und vor allem aus welchen Gründen.

Leider bietet keinerlei rationale Erklärung eine plausible Schlussfolgerung, so dass jeder Versuch bloße Spekulation bleiben würde. Forbes erwähnt hierzu in seinem Buch „Studies in Ancient Technology“, dass das Rupfen eine typische Tätigkeit in der Bronzezeit gewesen sei und es mit dem Wechsel von der Bronze- in die Eisenzeit um 10.000 v.Chr. ei- nen Wechsel gegeben haben musste. Das wiederum läge aber weit vor der von Neuberger geschätzten Vermutung. Als Beleg führt er einen neo- babylonischen Text an, in dem Sche- ren erwähnt werden. Zudem kennen wir auch verschiedene Handlungsanweisungen, wie Schafe geschoren oder gerupft werden sollen, aus beiläufigen Erwähnungen aus der Thora, deren Ursprünge aus dieser Zeit stammen.23 Dennoch lässt sich bedauerlicherweise für die- sen Punkt keine abschließende und vor allem befriedigende Antwort geben.

Eine ausführliche und detaillierte Erklärung oder Schilderung des Vorgangs ist an dieser Stelle meines Erachtens nach überflüssig. Dennoch lassen die bereits erwähnten Fun- de von antiken Scherwerkzeugen den Schluss zu, dass mit der Umstellung der Technik ein Schritt gemacht wurde, der erst mit der Elektrisierung der Scherapparate eine neue Innova- tion fand. Die Scherentechnik ist sogar bis heute bei einfachen Völkern oder Stämmen zu finden.

2.2 Verarbeitung von Wolle

Nach der Gewinnung des Rohmaterials war es nun notwendig, dieses vom Schmutz und Schweiß des Schafes zu reinigen. Dafür wurde die Wolle zunächst in heißem Wasser mit Wurzeln des Seifenkrautes ausgewaschen.24 Spätere Quellen geben auch als Wasserzugaben Wein, Öl oder Schweinefett an. Jedoch erscheint dies bei weiterer Verfolgung der Quellen eher den Zweck des Färbens oder Präparierens zu dienen, ohne jenes jedoch näher zu be- stimmen.25

Im Anschluss daran wurde die Wolle zum Trocknen ausgebreitet und zum Entfer- nen des restlichen Schmutzes sowie zum Auflösen der Wolle geschlagen.26 Dies geschah mit einem Stock oder verschieden Ruten.27 Die Technik erhielt sich in ihren Grundzügen prak- tisch bis weit in die Frühe Neuzeit hinein. Nachdem die Wolle nun gereinigt und getrocknet worden war, wurde sie per Hand vom verfilzten Wollknäuel zu langen Fäden ausgezupft.28 Danach wurden die Fäden gekrempelt, also die Fasern durch ein kammartiges Eisenwerk- zeug zu einem Vlies ausgerichtet.29 Nicht ganz sicher ist hingegen, ob die Wolle bereits in diesem Stadium gefärbt wurde, denn hier gehen die Forschungsmeinungen auseinander.30

2.3 Spinnen der Wolle

Schon bei Homer erscheint das Spinnen der Wolle als Tätigkeit der Frau im heimischen Umfeld. So berichtet er von einer Meisterschaft der griechischen Frauen im Spinnen und Weben.31 Verweise darauf finden wir ebenfalls in der Beschreibung der Helena in der Ilias. Dabei wäre allerdings zu bemerken, dass die Quellen Webarbeiten nicht explizit als Frauenrolle ausweisen.32 Dennoch lassen insbesondere antike griechische Bezeichnungen von Geräten und Tätigkeiten darauf schließen.33

[...]


1 H. Blümner, Technologie, 178.

2 R. Forbes, Technology, Vol. IV, 2.

3 H. Blümner, Technologie, 178.

4 Ebd., S. 90.; W. Wild, Textile Production, 466.

5 H. Blümner, Technologie, 103.

6 H. Blümer geht von der These aus, die oben angeführt ist. In Gegendarstellungen zu seinem Buch („Technologie und Terminologie“) und durch Verweise und Auseinandersetzungen mit anderen Fachbü- chern geht allerdings hervor, dass es auch Thesen gibt, die Flachs als das erste zur Gewebeherstellung verwendete Material ansehen.

7 J. Marquart, Privatleben, 476.

8 K. Kroll, Lana, 595.

9 Colum. 7.2.4-5.; K. Kroll, Lana, 597.

10 Ath. XII, 519B.; J. Wild, Textile Production, 466.

11 Varro rust. II, II, 18.

12 Varro rust. II, XI, 6-8.

13 Alle gerade entnommen Informationen entstammen ebenfalls Varro und eine Belegung in den Fußnoten wären eine bloße Aufzählung.

14 Plin. nat. VIII, 191.

15 Varro rust. II, XI, 9.

16 Ebd.

17 Plin. nat. VIII 191.

18 J. Marquart, Privatleben, 511.

19 Varro rust. II, XI, 9.

20 Varro, l.l. V, 54, 130; H. Blümner, Technologie, 94.

21 A. Neuberger, Technik, 172.

22 R. Forbes, Techology, Vol. IV, 8.

23 Ebd.

24 Aristoph. Eccl. 215.; Plin. Nat. XIX 48.

25 Varro rust. II XI, 11.

26 Aristoph. Lys. 575,732.

27 J. Marquart, Privatleben, 503.

28 Aristoph. Lys. 577.

29 Iuv. Sat. 7,224

30 Einige Autoren (z.B. Blümner) erwähnen zwar, dass hier bereits eine Möglichkeit bestanden hätte die Wolle zu färben, allerdings ist dies auf Grund der Quellenlage schwer zu sagen.

31 A. Neuberger, Technik, 167.

32 Hom. Il. 7,124.

33 H. Schneider, Einführung, 120.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Gewinnung von Rohstoffen zur Kleiderherstellung im Antiken Griechenland
Untertitel
Über Schafwolle, Flachs, Baumwolle und Seide
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Mode im Antiken Griechenland
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
17
Katalognummer
V210495
ISBN (eBook)
9783656387848
ISBN (Buch)
9783656388456
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mode, antike, Griechenland, Gewinnung von Rohstoffen, Schafwolle, Flachs, Baumwolle
Arbeit zitieren
Sebastian Scheffler (Autor:in), 2011, Die Gewinnung von Rohstoffen zur Kleiderherstellung im Antiken Griechenland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210495

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