Kleines Land mit grossen Banken? Eine wirtschaftshistorische Analyse des schweizerischen Bankensektors von 1848 bis 1950


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

28 Seiten, Note: 1.5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

VORWORT UND FRAGESTELLUNG

1. ENTSTEHUNG DER SCHWEIZER GESCHÄFTSBANKEN
l.l. WAS SIND GESCHÄFTSBANKEN?
l.2. ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DER SCHWEIZER GESCHÄFTSBANKEN
l.2.l. DAS INDUSTRIELLE ZEITALTER
l.2.2. DIE ERSTEN SCHWEIZER GROSSBANKEN
l.3. AUFSTIEG DER BANKEN
l.3.l. DER BAU DER EISENBAHN UND SEINE FINANZIERUNG
l.3.2. AUSWIRKUNGEN AUF DIE VOLKSWIRTSCHAFT
l.3.3. DIFFERENZEN BEI DEN QUELLEN
l.3.4. BANKENENTWICKLUNG l848 BIS l9l0
l.3.5. REALES BIP DER SCHWEIZ UND REALER OUTPUT DER SCHWEIZER BANKEN
l.4. KLEINERE BANKEN IN DER SCHWEIZ
l.4.l. DIE ENTWICKLUNG DER KLEINEN BANKEN: DATEN UND FAKTEN
l.4.2. GRÜNDUNGSMOTIVATION FÜR SPARKASSEN

2. DIE ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG DES GELDWESENS
2.l. DIE ENTWICKLUNG DES GELDWESENS
2.l.l. DIE ENTSTEHUNG DES SCHWEIZER FRANKENS
2.l.2. DIE GELDKRISE l870
2.2. WEGE ZUR ZENTRALISIERUNG DER NOTENEMISSION
2.2.l. AUFKOMMEN UND ENTWICKLUNG DER NOTENBANKEN
2.2.2. PROBLEME BEI EINER VIELZAHL VON NOTENEMITTIERENDEN BANKEN
2.3. DIE ENTSTEHUNG DER SCHWEIZERISCHEN NATIONALBANKl
2.3.l. DIE WICHTIGSTEN GESETZESÄNDERUNGENl
2.3.2. WEGWEISENDE EREIGNISSEl

3. DER FINANZPLATZ DER SCHWEIZ IN DEN 1930-ER JAHREN
3.l. DIE STELLUNG DES SCHWEIZER FINANZPLATZES IN EUROPA
3.l.l. NACH DEM ERSTEN WELTKRIEG
3.l.2. DER GROSSE AUFSCHWUNG BIS l930
3.2. DIE FINANZKRISE DER 30ER JAHRE2l
3.2.l. DER BÖRSENCRASH IN NEW YORK
3.2.2. ZUSAMMENBRUCH DES INTERNATIONALEN ZAHLUNGSVERKEHRS
3.2.3 SCHWERE FOLGEN FÜR SCHWEIZER BANKEN
3.2.4. BANKENPANIK IN DER SCHWEIZ?
3.3. DER ZWEITE WELTKRIEG
3.4. DIE ZEIT BIS l950

4. FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS

Vorwort und Fragestellung

Im Masterplan der schweizerischen Bankiervereinigung steht, dass die Schweiz im weltweiten Ranking der Finanzplätze den sechsten Platz belegt.l

Wie kommt es, dass ein so kleines und rohstoffarmes Land in der Liga von international renommierten Finanzplätzen wie New York oder London mitzuspielen vermag? Wie ist der heute so mächtige Finanzplatz der Schweiz entstanden?

In einem ersten Teil werden wir auf die Entstehung des schweizerischen Bankensystems im

19. Jahrhundert eingehen. Zu dieser Zeit ist das Kreditwesen noch kaum entwickelt und das Vertrauen in Papiergeld gering. Zwei Entwicklungen spielen sich parallel ab: Die Entstehung vieler Geschäftsbanken, welche als Kreditanstalten eine wichtige Rolle übernehmen und die Vereinheitlichung des Geld- und Münzwesens bis zur Gründung der Nationalbank. Obwohl diese Entwicklungen gleichzeitig geschehen sind, halten wir die beiden verschiedenen Themen gezielt auseinander, da Geldwesen und Kreditmarkt mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben. Abschliessend analysieren wir den Aufstieg in den internationalen Markt im frühen 20. Jahrhundert. Dieser Teil zeigt auf, dass es auch mit einer Nationalbank, einer einheitlichen Währung und einem funktionierenden Kreditwesen nicht einfach ist, im internationalen Geschäft zu bestehen. Mit der globalen Ausrichtung wird das Schweizer Bankenwesen anfällig auf internationale Krisen, wie die Weltwirtschaftskrise von 1929.

Im Rahmen dieser Seminararbeit versuchen wir die Entwicklung des Bankenwesens in der Schweiz von 1848 bis zum zweiten Weltkrieg aufzuzeigen. Da der gewählte Zeithorizont sehr umfangreich ist, versuchen wir einige prägende Ereignisse aus der Bankengeschichte herauszusuchen und diese zu erläutern.

1. Entstehung der Schweizer Geschäftsbanken

1.1. Was sind Geschäftsbanken?

Geschäftsbanken sind privatwirtschaftlich orientierte Unternehmen, welche hauptsächlich das Kreditgeschäft ausüben. Andere Tätigkeiten findet man in den Bereichen des Wertpapier- und des aktiven Kapitalanlagegeschäfts, der Vermögensverwaltung für Dritte und der Girogeschäfte.

Im Kreditgeschäft hat die Bank die Aufgabe, die Verbindung zwischen Geldanbieter und Kreditnachfrager herzustellen. Dabei ist die Annahme des Geldes ein passives Geschäft, wobei die Kreditvergabe eine aktive Reinvestition der Fremdgelder in die Wirtschaft darstellt. Die Bank verleiht den Kredit zu einem höheren Zinssatz, als sie dem Geldgeber versprochen hat. Dadurch entsteht der Gewinn der Banken beim Kreditgeschäft.[2]

1.2. Entstehungsgeschichte der Schweizer Geschäftsbanken

1.2.1. Das industrielle Zeitalter

In der Schweiz des 18. und 19. Jahrhunderts fand man kaum Leute, die bereit waren geborgtes Geld anzunehmen. Man fand hingegen viele Leute, die Geld verleihen wollten. Es gab nicht nur fähige Bankiers, sondern auch Kapital, dass dank dem Uhren- und Textilhandel, den Söldnerpensionen der Offiziere und der Kantonsregierungen reichlich vorhanden war.[3]

In dieser Aufbauphase der schweizerischen Industrie und dem Handel, herrschte im primären Sektor eine Einstellung der Selbstfinanzierung vor. Die Leute konnten entweder eine gewinnbringende Kapitalanlage im Ausland suchen oder das Geld zu Hause horten.

1.2.2. Die ersten Schweizer Grossbanken

Von 1853 bis 1864 kam es zur Gründung von sechs grossen Banken: Banque Générale Suisse de Crédit International foncier et mobilier in Genf (1853), Deutsch-Schweizerische Kreditanstalt in St.Gallen und Zürich (beide 1856), Bank in Winterthur und Basler Handelsbank (beide 1862; Vorläufer der SBG oder UBS) und Eidgenössische Bank in Bern (1864).

Die im Jahr 1856 von Alfred Escher gegründete Schweizerische Kreditanstalt, ist heute die zweitgrösste nationale Bank. Escher hatte nicht nur einen entscheidenden Einfluss auf die Schweizer Politik, er gründete auch das Finanzinstitut, welches sich bald als grösste Schweizer Bank durchsetzte und dies bis zum Ende des Jahrhunderts blieb.[4]

Im Laufe ihrer Betriebsgeschichte erlebte die Schweizerische Kreditanstalt viele Fusionen. Die wichtigsten davon sind der Zusammenschluss mit der Schweizerischen Bodenkreditanstalt (1976), mit der Bank Leu (1990) und mit der Schweizerischen Volksbank (1993). Die 1869 gegründete Berner Volksbank nannte sich ab 1880 Schweizerische Volksbank. Ihr Geschäftsbereich hatte sich auch national ausgebreitet, was sich seit 1880 auch im Namen widerspiegelte.[5] Nach einer langen Betriebsgeschichte führten 1993 Probleme im Immobilien und Silbertermingeschäft zur Übernahme der Bank durch die Credit Suisse.[6]

Im Gegensatz zur prosperierenden Geschichte der Schweizerischen Kreditanstalt stand die erste Grossbank der Schweiz (Banque Générale Suisse de Crédit International foncier et mobilier in Genf), die 1853 in Genf gegründet worden ist und 1869, nach einer bewegten Geschichte, wieder von der Bildfläche verschwand. Dem überschwänglichen Gründungsoptimismus folgten auch einige Pleiten.

1862 wurde die Bank in Winterthur mit der Absicht gegründet, ein lokales Lagerhaus im neu entstandenen Eisenbahnknotenpunkt zu betreiben. 1912 fusionierte sie mit der Toggenburger Bank zur Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG). Im Jahr 1945 fusionierte die SBG mit der Eidgenössischen Bank in Bern. 1872 taten sich einige Basler Privatbankiers zusammen und gründeten den Schweizerischen Bankenverein (SBV), der bis 1997/98

Bestand hatte. In den Jahren 1997/98 entstand durch die Fusion der SBV mit der SBG die UBS.[7]

Dieser kurze Abriss zeigt auf, dass die allgemeine Entwicklung der Grossbanken in der UBS und der CS endete, welche heute eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung einnehmen, bei einem Bilanzsummenanteil von 67.7 % der Gesamtbilanzsumme im Jahr 2007.[8]

1.3. Aufstieg der Banken

1.3.1. Der Bau der Eisenbahn und seine Finanzierung

Der Bau des Eisenbahnnetzes benötigte riesige Mengen an Geld. Einige ausländische Investoren legten ihr Geld in Aktien der Schweizerischen Eisenbahnen an. Unter dem Eindruck einer ausländischen Übernahme, entstand das Bedürfnis einer schweizerischen Beteiligung, damit sich die Herrschaft nicht ins Ausland verlagerte.[9] Zusätzlich hatte man seit 1848, dank dem Wegfall der interkantonalen Zölle, der Vereinheitlichung des Münzenwesens und dem verstärkten interkantonalen und internationalen Handel vermehrt Vertrauen in die schweizerische Wirtschaft geschöpft.

Die Schweizerische Kreditanstalt[10] wurde gegründet, wobei sich die Leipziger Bank mit 50 Prozent beteiligen durfte. Mit nur zwei Sitzen im Verwaltungsrat hatte sie jedoch keinen entscheidenden Einfluss. Vorgesehen war ein Gründungskapital von 15 Millionen Franken, welches wie folgt aufgeteilt wurde:

Die Leipziger Bank steuerte 7.5 Millionen Franken bei, die Zürcher Regierungen übernahm

1.5 Millionen Franken und 3 Millionen Franken bezahlten die Gründer. Die restlichen 3 Millionen Franken wurden zur öffentlichen Zeichnung ausgeschrieben. Die Nachfrage nach diesen Aktien war derart gross, dass sie um das 72-fache überzeichnet wurden. Der Erfolg war beträchtlich: Statt den geplanten 3 Millionen Franken generierte man unter der Leitung Eschers 218 Millionen Franken. Die Abhängigkeit von ausländischem Kapital war offenbar nicht so gross wie man angenommen hatte. Diese 72-fache Überzeichnung bewies, dass viele Leute eine gewinnbringende Kapitalanlage suchten.

1.3.2. Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Schweizerische Wirtschaft wuchs durch die interkantonale Zollaufhebung (1848), die Vereinheitlichung des schweizerischen Münzwesens (1848) und des verstärkten nationalen wie internationalen Freihandels. Das Bankenwesen entwickelte sich dabei parallel zum Wachstum der Wirtschaft. Die Geldwirtschaft ging in die Kreditwirtschaft über. Es gab immer mehr Banken und Sparkassen, da diese das Bedürfnis nach Krediten als Finanzintermediäre befriedigen konnten.[11]

Zusätzlich war die Schweiz seit einem Jahrhundert ein Land, welches weit industrialisiert war, exportintensiv wirtschaftete und gleichzeitig eine der sparsamsten Bevölkerungen Europas hatte. Dank dem Vertrauensgewinn in das schweizerische Bankenwesen, fielen auch die Hemmungen für kleinere Betriebe, Bauern und Gewerbetreibende, einen Kredit aufzunehmen. Auf der anderen Seite gab es viele Personen aus dem Mittelstand mit dem Bedürfnis, ihre Geldreserven gewinnbringend anzulegen, auch wenn es sich meist um kleinere Beträge handelte. Die damaligen Banken waren vor allem auf den Markt mit grösseren Krediten fokussiert und konnten diesen Bedürfnissen nicht gerecht werden.[12] Die kleineren Sparkassen und Lokalbanken konnten diese Lücke schliessen.

1.3.3. Differenzen bei den Quellen

Die folgende Tabelle stammt aus der eidgenössischen Sparkassenstatistik. Die Anzahl Sparkassen bezieht sich nicht explizit auf die Sparkassen, sondern auf alle Institutionen die Spargelder aufnahmen. Deshalb sind alle Finanzintermediäre darin aufgeführt (auch Grossbanken). In der unteren Zeile werden die Daten nach der ESO Datenbank der Universität Zürich abgebildet. Diese sind zwar erst nach 1840 vorhanden, zeigen aber grosse Unterschiede zur eidgenössischen Bankenstatistik von 1924[13], was wahrscheinlich mit einer anderen Zähl- oder Definitionsart zusammenhängt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da unsere Quellen sehr unterschiedliche Zahlen aufweisen, haben wir uns auf die Daten der ESO Datenbank fokussiert und werden von nun an mit diesen Zahlen arbeiten.

[...]


[l] Schweizerische Bankiervereinigung, Masterplan Finanzplatz Schweiz, 14/12/2008, URL: http://www.swissbanking.org/home/dossier-masterplan.html

[2] Prof.Dr.Hans Schmid, Geld, Kredit und Banken: Bank und finanzwirtschaftliche Forschung; S. 11-12.

[3] Stucki Lorenz, das heimliche Imperium: wie die Schweiz reich wurde.

[4] Youssef Cassis, Metropolen des Kapitals, Die Geschichte der internationalen Finanzzentren 1780-2005, S. 86f.

[5] Volksbank; in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), 11/02/2005, URL: http://www.hls-dhs- dss.ch/textes/d/D41976.php.

[6] Heute: Credit Suisse Group, Schweizerische Kreditanstalt.

[7] UBS, Wir über Uns; URL: http://www.ubs.com/1/g/about/history.html. 8 SNB, Banken in der Schweiz 2007, 92. Jahrgang, 11/02/2005, URL: http://snb.ch/ext/stats/bankench/pdf/defr/Stat01.pdf.

[9] Stucki Lorenz, das heimliche Imperium: wie die Schweiz reich wurde.

[ll] Generaldirektion der Schweizerischen Volksbank, das Sparkassenwesen in der Schweiz, Mailand 1924.

[l2] Stucki Lorenz, Das heimliche Imperium: wie die Schweiz reich wurde.

[l3] Generaldirektion der Schweizerischen Volksbank, das Sparkassenwesen in der Schweiz, Mailand 1924, S. 6.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Kleines Land mit grossen Banken? Eine wirtschaftshistorische Analyse des schweizerischen Bankensektors von 1848 bis 1950
Hochschule
Universität Bern  (Institut für Volkswirtschaftslehre)
Veranstaltung
Seminar Wirtschaftsgeschichte
Note
1.5
Autoren
Jahr
2008
Seiten
28
Katalognummer
V210393
ISBN (eBook)
9783656385752
ISBN (Buch)
9783656447849
Dateigröße
563 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Schweiz, Banken, Wirtschaftsgeschichte, Wirtschaftswachstum, VWL, Volkswirtschaftslehre, Seminararbeit, Kapital, Geschichte, Wachstum, Bank, UBS, Kreditanstalt, Bankverein, Depression, Nationalbank, Notenbank, Krise
Arbeit zitieren
Michael Obrist (Autor:in)Dominic Schorneck (Autor:in)Dimitri Buddeke (Autor:in), 2008, Kleines Land mit grossen Banken? Eine wirtschaftshistorische Analyse des schweizerischen Bankensektors von 1848 bis 1950, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210393

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