Symbolismus der Gran Madre


Seminararbeit, 2000

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Wiedererwachen des Muttermythos

Geschichte des Mutterkultes

Darstellungsformen der Magna Mater

Entwicklung des Muttermythos

Veränderung der Lebensumstände

Die Gran Madre bei Gioconda Belli

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Bei einer Beschäftigung mit dem Mutterkult ist es zunächst wichtig sich bewußt zu machen, dass es sich bei diesem Thema um eine Art Tasten in einem diffusen und nur ungenau erforschten Terrain handelt. Die Ursprünge des Mutterkultes liegen zu lange zurück als dass man auf schriftliche Primärquellen aus jener Zeit zurückgreifen könnte. Vielmehr gründet unser heutiges Wissen auf sog. Überrestquellen der damaligen Zeit, die sich aus Wandmalereien, Statuen, Friesen und Schmuckstücken zusammensetzen. Die uns zur Verfügung stehenden spärlichen Überreste reichen natürlich nicht aus um definitive Aussagenüber die jeweiligen Kulturen, ihre Lebensformen und Kulthandlungen zu treffen. Eine Deutung der uns vorliegenden Überreste liegt somit stets im Ermessen des Betrachters und des jeweiligen Zeitgeistes. Diese Tatsache führt zu einer Vielzahl von

Theorien die im Rahmen dieser Arbeit leider nicht einzeln betrachtet werden können. Die vorliegende Arbeit soll vielmehr einen allgemeinen Überblicküber die weitgefächerte Thematik des Mutterkultes bieten und geht nicht näher auf bestehende Theorien ein.

Wiedererwachen des Muttermythos:

In den letzten Jahrzehnten kann man besonders in den westlichen Staaten einen Trend beobachten, der oft als Wiedererwachen des Femininen bezeichnet wird. Gioconda Belli ist eine der bekanntesten Vertreterinnen dieses Trends in Lateinamerika. In verschiedenen Werken Bellis tritt vor allem der Mythos der „Gran Made“ der Muttergöttin zutage. So z.B. in „De la costilla de Eva“ im der sie den althergebrachten Schöpfungsmythos umkehrt und an die Vorstellungen des frühzeitlichen Mutterkultes und einer matriarchalischen Gesellschaft anknüpft. Was ist nun jener Mutterkult? Woraus besteht er und wo liegen seine Ursprünge?

Geschichte des Mutterkultes:

Der Mutterkult besteht ca. seit dem 6. Jahrtausend v. Christus. Er folgt auf die Verehrung verschiedener Tiere als Gottheiten. Der Mutterkult bzw. sein in der Muttergöttin personifiziertes Wesen hat in den verschiedenen Religionen/Kulturen verschiedene Namen erhalten. Die Minoer nannten sie zunächst Kybele, die Griechen Gaia, die Römer Magna Mater (Große Mutter) und die Germanen pflegten den Kult der drei Matronen.

Die Auffassung, daß es sich bei der göttlichen Identität um eine weibliche handele gründete in den Beobachtungen der frühzeitlichen Menschen. Über lange Zeit war die Teilhabe des Mannes an der Zeugung des Nachwuchses unbekannt. Lediglich die Frauen zeigten beobachtbare Merkmale, die somit die frühzeitlichen Menschen darauf schließen ließen, daß allein die Frau für den Nachwuchs verantwortlich sei. Die Rolle des Mannes in der frühzeitlichen Gesellschaft war somit eine untergeordnete. Die Analogie zwischen Empfängnis- und Gebärvorgang bei der Frau und den Naturerscheinungen führte zu dem Schluß, daß die für alles Seiende verantwortlicheüberirdische Kraft nur weiblicher Natur sein könne.

Um diese kosmische Lebenskraft direkt verehren zu können bedurfte es, wie auch in heutigen Religionen noch zu beobachten, einer Personifizierung um sich das Abstrakte vergegenwärtigen zu können. Und weil die frühen Menschen die Analogien zwischen den Naturerscheinungen und der Frau erkannten, wurde die Frau zum Symbol kosmischer, weiblicher Schöpfungskraft. Die Große Mutter oder auch Große Göttin war der Inbegriff aller Lebensordnung, die schöpferische Urkraft, die matriarchale Weisheit. Sie herrschteüber die Fruchtbarkeit der Erde sowieüber den Himmel, wachteüber Leben und Tod.

Die Große Mutter wird oftmals in folgender Weise beschrieben: „Sie gebar alles aus sich heraus, wo vorher nichts war; und ebenso riß sie wieder alles mit sich in den Tod. Sie war unerbittlich, jenseits von gut und böse. Sie war die vorchristliche Dreifaltigkeit.“ An dieser Stelle wird klar, daß die Große Mutterüber Leben aber auch Tod entschied. Diese Auffassung gründete aus der Beobachtung der Naturerscheinungen und deren Übertragung auf den menschlichen Lebenszyklus. Gab es in der Natur die verschiedenen Jahreszeiten, die Leben enstehen ließen oder zerstörten, so mußten diese auch für das menschliche Leben gelten.

„Der Lebensraum archaischer Menschen warüberschaubar. Das Meer, die Wüste oder ein unüberwindliches Gebirge bildeten seine natürlichen Grenzen. Dort draußen wohnten die Mächte des Todes. Doch gerade von dort - vom Meer und vom Gebirge – kehrte in jedem Jahr zuverlässig das Leben zurück. Es kündigte sich in regenbringenden Wolken an, im Herbst, wenn die Sonne das Land ausgebrannt hatte.“

Der Symbolismus der Magna Mater ist lunar (vom Mond entspringend) und chtonisch (der Erde entspringend). Das bedeutet, daß er auf dem Verständnis eines konstanten und rhythmischen Wechsels zwischen Schöpfung und Zerstörung in der Natur, und Geburt und Tod beim Menschen gründet. Die drei Mondphasen - Neumond, zunehmender Mond, abnehmender Mond - stellen drei verschiedene Charaktere dar: Jungfrau, Mutter, Weise Frau.

Darstellungsformen der Magna Mater:

Die Große Mutter wird in vielfältiger Weise dargestellt. Die Darstellungen reichen von Wandmalereienüber Gefäßdekorationen, Schmuckstücke bis hin zu kleinen Statuen. Auffallend bei den Darstellungen der Jungsteinzeit (Neolitikum 6000 v. Chr.) ist, daß idealisierende Darstellungen bewaffneter Macht, Grausamkeiten und gewaltsamer Herrschaft fehlen. Weder die dargestellte Göttin noch ihre dargestellten Begleiter tragen Symbole, die Macht assoziieren würden. Keine Speere, Schwerter oder Donnerkeile wie sie uns als Symbole der späteren Männergötter (z.B. Zeus) bekannt sind. Die Muttergöttin wird oftmals im schwangeren oder gebärendem Zustand dargestellt. Häufig findet man sie in Begleitung wilder Tiere (z.B. Stiere) dargestellt. Grund dafür soll die Ähnlichkeit des Stierkopfes mit den weiblichen Geschlechtsorganen sein. Der Stier stellt somit in der Mythologie ein Fruchtbarkeitssymbol dar. Als Symbol für die Einheit allen Lebens in der Natur ist die Muttergöttin gelegentlich selbst halb Mensch halb Tier. In manchen Darstellungen weilt an ihrer Seite anstelle eines wilden Tieres eine gehörnte Gestalt, welche - die Wissenschaftler sind sich uneinig - die männliche Zeugungskraft vertritt, aber auch das Gedeihen und Vergehen der Natur im Jahreszyklus darstellt. Als „Geliebter“ der Großen Mutter und gleichzeitig als ihr Sohn, mußte jene Gestalt immer wieder sterben um dann im Frühjahr neu aufzuerstehen. Diese Gestalt stellte den Vegetationsgott dar, der in späteren Religionsformen und Gottesbildern verschiedene Namen erhielt. (Osiris (Ägypter), Pan (Griechen), Adonis (Römer)) Im Verlauf der Jungsteinzeit (Neolithikum) entwickelte sich eine genauere Vorstellungüber den Fortpflanzungsprozeß in Folge derer die Rolle des Mannes als Vater anerkannt wird. Jedoch wog die Position der Mutter als Gebärende weiterhin wesentlich schwerer. Es kam neben der Verehrung der Muttergöttin zur Verehrung einzelner untergeordneter männlicher Götter. (siehe Fruchtbarkeitsgötter).

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Symbolismus der Gran Madre
Hochschule
Universität zu Köln  (Romanisches Institut)
Veranstaltung
PS Gioconda Belli
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
12
Katalognummer
V21030
ISBN (eBook)
9783638247467
ISBN (Buch)
9783640337231
Dateigröße
386 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Symbolismus, Gran, Madre, Gioconda, Belli, Große Mutter, Mutterkult
Arbeit zitieren
Philipp Günther (Autor:in), 2000, Symbolismus der Gran Madre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21030

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