Ein Vergleich der Erzählziele der Fassungen A und B des Märenstoffes vom "Mönch als Liebesboten"


Hausarbeit, 2010

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ausrichtung der Arbeit
1.2 Forschungsüberblick

2. Vergleich der Fassungen A und В
2.1 Entstehungsgeschichte derbeiden Fassungen
2.2 Analyse der beiden Fassungen
2.2.1 Fassung A
2.2.1.1 Inhalt und Erzählarrangement
2.2.1.2 Die Figuren
2.2.2 Fassung В
2.2.2.1 Inhalt und Erzählarrangement
2.2.2.2 Die Figuren
2.3 Vergleich der Erzählziele der beiden Fassungen

3. Resümee

Verzeichnis der verwendeten Literatur

Textausgaben

Forschungsliteratur

1. Einleitung

1.1 Ausrichtung der Arbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten1 2 3

Bei diesen Zitaten handelt es sich um das jeweilige Promythion der drei Fassungen des Märenstoffes vom Mönch als Liebesboten. Schon anhand der unterschiedlichen Promythien lässt sich eine auch jeweils unterschiedliche Zielrichtung der drei Bearbeitungen des gleichen Stoffes vermuten. Der unbekannte Autor von Fassung A stellt eine Geschichte in Aussicht, welche unterhält und erheitert; Heinrich Kaufringer, Verfasser von Fassung B, möchte veranschaulichen, wie der, der buolschaft gert und suochen wil, sein Ziel mit gscheidkait und mit cluogem list erreichen kann; in der von Hans Schneeberger erdachten Fassung C erwartet der Rezipient von der Erzählung eine Bestätigung für die aufgestellten Behauptung über die Verführungskunst der Frauen.

In der vorliegenden Arbeit sollen Fassung A und die Fassung von Heinrich Kaufringer miteinander verglichen werden.4 Dabei soll es nun nicht primär darum gehen, ob die jeweiligen Pro- und Epimythien mit den Handlungen der drei Mären in Einklang zu bringen sind, genau so wenig sollen sie allerdings ausgeblendet werden. Vielmehr soll herausgearbeitet werden, was sich im Hinblick auf Erzählarrangement und Figurenzeichnung über das Erzählziel der Texte sagen lässt. Unerlässlich hierfür ist ein Überblick über die wesentlichen mediävistischen Arbeiten, die sich bisher mit diesem Thema beschäftigt haben.

1.2 Forschungsüberblick

Hanns Fischer bestimmt in seinen Studien zur deutschen Märendichtung5 drei Grundtypen von Mären, welche sich hauptsächlich stofflich-thematisch, jedoch auch in der „Art und Weise der Stoffbehandlung“6 und damit in ihrer „poetischen Zielsetzung“7 unterschieden: Das schwankhafte Märe, das höfisch-galante Märe und das moralisch-exemplarische Märe. Als das primäre Ziel des schwankhaften Märes nennt Fischer die Illustration des Sieges der Klugheit über die Torheit sowie die Intention zur Unterhaltung und Erheiterung.8 Die Moralisationen in den von ihm als Schwänken klassifizierten Mären tut er als literarische Tradition ab, die „kurzerhand preiszugeben [...] unsere Schwankmären-Dichter offenbar weder fähig noch willens“9 waren. Sie hätten die Moralisationen typusgerecht abgewandelt und damit „eine Tangierung des schwankmäßigen Erzählziels“10 vermieden. In den beiden anderen Grundtypen stehen die Moralisationen laut Fischer im Einklang mit dem Erzählziel, welches beim höfisch-galanten Märe die Präsentation vorbildhafter Handlungen und Haltungen, außerdem „eine Art von höfisch-gesellschaftlicher Erbauung“11, beim moralisch­exemplarischen Märe, dem Namen entsprechend, „die Propagierung und Illustration bestimmter moralischer Positionen“12 sei.

Joachim Heinzle, der sich in Märenbegriff und Novellentheorie. Überlegungen zur Gattungsbestimmung der mittelhochdeutschen Kleinepik13 sehr kritisch mit den von Fischer vorgeschlagenen Klassifizierungen auseinandersetzt, sieht die mittelhochdeutsche Kleinepik insgesamt „in der Tradition des exemplarischen Erzählens verwurzelt.“14 Dementsprechend plädiert er, im Anschluss an Suchomski, auch dafür, die Moralisationen in der Regel ernstzunehmen, auch wenn es in der mittelhochdeutschen Dichtung durchaus Texte ohne jede Lehrabsicht gebe und es nicht auszuschließen sei, dass „manche Autoren ihre Erzählungen aus formaler Rücksicht auf die Ablehnung weltlich-unterhaltender Dichtung durch rigoristische Kreise bloß zum Schein didaktisch aufgeputzt“15 hätten. Grubmüller und Friedrich suchen Hinweise auf das Erzählziel auf der Ebene der Textkonstruktion und gehen auf die gesellschaftsstützende oder subversive Kraft der Mären ein. Grubmüller kommt in einer Arbeit über Metaerzählungen im Märe16 zu dem Ergebnis, dass es der Zweck des häufigen Auftretens vom Erzählen in der Erzählung in der Märendichtung sei, „den Widerstreit von Täuschung und Erkennen, Schein und Sein ins Bild zu setzen.“17 In Die Ordnung, der Witz und das Chaos. Eine Geschichte der europäischen Novellistik im Mittelalter18 weist Grubmüller darauf hin, dass in vielen europäischen Kurzerzählungen des Mittelalters die Frage nach der rechten Ordnung zentral sei, „nach ihrer demonstrativen Bekräftigung, ihrer Ausgestaltung, ihren Konsequenzen für das Leben der Menschen.“19 Je nach Komplexität der Erzählung sei deren Ziel eine Anweisung zum richtigen Leben nach der rechten Ordnung, die Bestätigung des Wertehorizonts, welcher die rechte Ordnung fundiert, das Aufzeigen der Vergeblichkeit des Strebens nach der rechten Ordnung oder eben dieser Vergeblichkeit „die Fiktion einer Rettung durch die Literatur entgegenzustellen.“20

Ähnliches findet sich bei Friedrich21, der mit der Steigerung der Komplexiät eines Erzählmodells „durch Anlagerung variierender Situationstypen und Handlungskonstellationen oder durch Verarbeitung impliziter sozialer Normen“22 auch eine Verschiebung der Funktion, zum Beispiel von der Festigung sozialer Normen zu deren Reflexion oder Kritik, verbindet.

2. Vergleich der Fassungen A und В

2.1 Entstehungsgeschichte derbeiden Fassungen

Laut Grubmüller ist die Geschichte vom Mönch als unfreiwilligen Liebesboten mit drei voneinander unabhängigen Fassungen der in der deutschen Märendichtung am häufigsten genutzte Stoff. Neben den drei Fassungen, die das Motiv in den Mittelpunkt stellen, wird es im Schüler von Paris A in einem kleineren Handlungsstrang verarbeitet. Fassung A ist vor 1450 entstanden, wahrscheinlich um 1400, ein Autor ist nicht bekannt, die Nennung Konrad von Würzburgs am Ende des Textes „Teil eines Spiels mit literarischen Konventionen.“23 24

Auch Fassung В ist um 1400 entstanden, der Verfasser ist Heinrich Kaufringer.

Grubmüller geht davon aus, dass Fassung C Dekamerons Novelle III, 3 als direkte Vorlage hatte, da viele Details der Geschichten übereinstimmen. Für Fassung A und В vermutet Grubmüller aufgrund der „Übereinstimmung in den Grundzügen“25 und trotz einiger Differenzen einen gemeinsamen Hintergrund. Abhängigkeiten der beiden Fassungen untereinander oder eine direkte Abhängigkeit von Boccaccio, wie bei Fassung A, ließen sichjedoch nicht belegen, so Grübmüller.

Die Vorgeschichte des Stoffes in Europa vor Boccaccios Bearbeitung bleibt im Dunkeln. Einen Zusammenhang mit früheren, orientalischen Erzählungen hält Rosenfeld für möglich26, Grubmüller jedoch für fraglich, da die Gemeinsamkeiten sehr allgemein seien.

2.2 Analyse derbeiden Fassungen

2.2.1 Fassung A

2.2.1.1 Inhalt und Erzählarrangement

Die Geschichte spielt in dieser Fassung in Rom, wo ein Mann lebt, welcher eine wunderschöne Frau hat. In diese verliebt sich ein vornehmer Jüngling von hoher Geburt, welcher auf ihrer Straße flaniert, so dass sie auch für ihn in Liebe entbrennt. Als nun der Mann einmal ausreitet, denkt sich die Frau eine List aus. Sie geht zu einem Barfüßer-Möch und leistet eine falsche Beichte: Sie behauptet, der Jüngling habe ihr einen goldenen Ring geschenkt, deshalb fürchte sie um ihre Ehre und um ihr Ansehen bei ihren Freunden.

[...]


1 Der Mönch als Liebesbote A: Die Falsch Peicht. Text nach: Klaus Grubmüller (Hrsg.): Novellistik des Mittelalters. Märendichtung. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Klaus Grubmüller. Frankfurt a.M. 1996 (Bibliothek deutscher Klassiker 138. Bibliothek des Mittelalters 23)., S. 524-543.

2 Heinrich Kaufringer: Der Mönch als Liebesbote B. Text nach: Sappler, Paul: Werke. Heinrich Kaufringer. Tübingen 1972. S. 81-91.

3 Hans Schneeberger: Der Mönch als Liebesbote C. Text nach: Hanns Fischer: Studien zur deutschen Märendichtung. Tübingen 1982, S. 338-347.

4 Ausführliche Vergleiche zwischen dem Kaufringer-Text und der Fassung Schneebergers haben schon Marga Stede: Schreiben in der Krise. Die Texte des Heinrich Kaufringer (Literatur, Imagination, Realität 5). Trier 1993. Zugl.: Diss. Berlin 1991 und Michaela Willers: Heinrich Kaufringer als Märenautor. Das Oeuvre des cgm 270. Berlin 2002. Zugl.: Diss. Konstanz 2001 vorgelegt. Ein Vergleich zwischen Fassung A und C verspricht nicht so ergiebig zu sein, wie der Vergleich von A und B, da sich A und C in ihrer Ausrichtung sehr ähneln.

5 Fischer, Hanns: Studien zur deutschen Märendichtung. 2., durchges. und erw. Aufl., besorgt von Johannes Janota. Tübingen 1983.

6 Ebd., S. 101.

7 Ebd.

8 Vgl. ebd., S. 101-104.

9 Ebd., S. 107.

10 Ebd., S. 109.

11 Ebd., S. 111.

12 Ebd.

13 Joachim Heinzle: Märenbegriff und Novellentheorie. Überlegungen zur Gattungsbestimmung der mittelhochdeutschen Kleinepik. In: Schirmer, Karl-Heinz: Das Märe. Die mittelhochdeutsche Versnovelle des späteren Mittelalters (Wege der Forschung 558). Darmstadt 1983, S. 91-110.

14 Ebd., S. 103.

15 Ebd., S. 102.

16 Klaus Grubmüller: Schein und Sein. Über Geschichten in Mären. In: Haferland, Harald (Hrsg.) und Mecklenburg, Michael (Hrsg.): Erzählungen in Erzählungen. Phänomene der Narration im Mittelalter und Früher Neuzeit (Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur 19). München 1996, S.243-257.

17 Ebd., S. 257.

18 Klaus Grubmüller: Die Ordnung, der Witz und das Chaos. Eine Geschichte der europäischen Novellistik im Mittelalter. Tübingen 2006.

19 Ebd., S. 336.

20 Ebd., S. 337.

21 Udo Friedrich: Metaphorik des Spiels und Reflexion des Erzählens bei Heinrich Kaufringer. In: IASL 21, H. 1 (1996), S. 1-30.

22 Ebd., S. 2.

23 Die hier gemachten Angaben entstammen dem Kommentar zu Fassung A in Grubmüller: Novellistik des Mittelalters, S. 1196-1202.

24 Ebd., S. 1196.

25 Ebd., S.1199.

26 Vgl. Hans-Friedrich Rosenfeld: Mittelhochdeutsche Novellenstudien. Leipzig 1927. Zugl.: Diss. Berlin 1926, S. 502ff.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Ein Vergleich der Erzählziele der Fassungen A und B des Märenstoffes vom "Mönch als Liebesboten"
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Seminar für Deutsche Philologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
17
Katalognummer
V210217
ISBN (eBook)
9783656383536
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vergleich, erzählziele, fassungen, märenstoffes, mönch, liebesboten
Arbeit zitieren
Nils Brenner (Autor:in), 2010, Ein Vergleich der Erzählziele der Fassungen A und B des Märenstoffes vom "Mönch als Liebesboten", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210217

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Ein Vergleich der Erzählziele der Fassungen A und B des Märenstoffes vom "Mönch als Liebesboten"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden