Heidentum und Christentum in der epischen Dichtung: Nonnos von Panopolis


Hausarbeit, 2011

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
2.1 Nonnos von Panopolis
2.2 Das Epos „Dionysiaka“ ….
2.3 Die Nachdichtung des Johannesevangeliums
2.4 Das Problem der Datierung und der Chronologie
2.5 Die „nonnianische Frage“
2.5.1 Erste Theorie-Nonnos verfasste beide Werke als Christ
2.5.2 Die „Konversionstheorie“

III. Fazit

IV. Quellen- und Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Der Wissenschaft des im 5. Jahrhundert lebenden griechischen Dichters Nonnos von Panopolis und seiner uns heute erhaltenen Werke widmete sich eine Zeit lang nur ein kleiner Kreis von Forschern und „das Spektrum ihrer Beiträge erschien ähnlich lückenhaft, uneinheitlich und kontinuitätsarm wie deren Gegenstand selbst.“[1]

Dabei kristallisierten sich drei Fragestellungen heraus, die auch Teil der vorliegenden Arbeit sind. Erstens, ob Nonnos als der Verfasser der „Dionysiaka“, einer Erzählung über den griechischen Weingott Dionysos, und der Nachdichtung des Johannesevangeliums angesehen werden kann, zweier Werke, die sich konträr gegenüberstehen.[2] Das Epos gilt nämlich als positiv pagan, die Paraphrase des Johannesevangeliums hingegen als positiv christlich.[3] Zudem ist über Nonnos von Panopolis sehr wenig bekannt, da kaum zeitgenössische Berichte über seine Person existieren. Zweitens wird hier auch zu klären sein, wann und in welcher Reihenfolge er seine Werke verfasste, zumal auch hier keine Belege bekannt sind, die eine eindeutige Datierung beziehungsweise eine Chronologie zulassen. Die dritte Problemstellung - und Schwerpunkt - der vorliegenden Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Frage, welcher Religion Nonnos von Panopolis beim Verfassen der beiden Werke angehörte, zumal – wie bereits erwähnt – beide Werke konträre Themen zum Inhalt haben. Dementsprechend wurde auch in der älteren Forschung in Gegensätzen argumentiert. Der ersten These zufolge können die „Dionysiaka“ nur von einem Heiden verfasst worden sein. Der Grund für die Unvollständigkeit des Werkes liege demnach in der Konversion Nonnos‘ zum Christentum. Als Christ verfasste er dann die Paraphrase des Johannesevangeliums. Besonders Wolfgang Fauth, R. Keydell und Hans Bogner gelten hierbei als „Konversionstheoretiker“. Die andere, ebenfalls in Gegensätzen argumentierende Interpretation geht hingegen von einer „Rekonversion“ aus und sieht die Nachdichtung als das ältere Werk an. Demnach verfasste Nonnos als Christ die Metabolé, bekannte sich zum Heidentum und schrieb dann die „Dionysiaka“, die er aufgrund seines Todes nicht vollenden konnte. Allerdings ist diese Argumentation unzureichend belegt worden, so dass sie nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist. Eine dritte These geht davon aus, dass Nonnos beide Werke als Christ geschrieben hat und wird in erster Linie von Joseph Golega, Dietrich Willers und Barbara Abel-Wilmanns unterstützt.[4]

Die Interpretation, aber auch das Lesen eines Werkes erfordert oft Hintergrundwissen, insbesondere in Bezug auf den Autor. Über Nonnos von Panopolis ist wenig bekannt. Gerade für die Analyse der uns heute erhaltenen Werke des Nonnos, die „Dionysiaka“ und die Paraphrase des Johannesevangeliums, und für die Bestimmung der Datierung und der Chronologie wären aber weitere Details aus dem Leben des Dichters von Vorteil gewesen und die „nonnianische Frage“[5] vermutlich erst gar nicht aufgekommen. Trotzdem gibt der erste Teil der vorliegenden Arbeit einen kurzen Überblick über die Eckdaten des Dichters und über dessen Zeit, bevor die beiden Werke und die erwähnten Thesen beleuchtet werden sollen.

II. Hauptteil

2.1 Nonnos von Panopolis

Die wenigen Lebensdaten, die wir von Nonnos von Panopolis kennen, lassen sich grob in einem Satz zusammenfassen: Nonnos von Panopolis stammt – wie der Name schon sagt – aus Panopolis, das heutige Achmîm, das in Oberägypten am östlichen Nilufer liegt, und hat zumindest die Dionysiaka in Alexandrien verfasst.[6] Sein genaues Geburtstagdatum ist nicht bekannt, wird in der Forschung ebenfalls kontrovers diskutiert, soll aber nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein. Weiterhin soll er in Beirut die namhafte Schule für Rechtswissenschaften besucht haben und folglich mit heidnischen Rechtsgelehrten in Kontakt getreten sein, aber wohl eben auch mit dem Bischof von Beirut, Eusthathius.[7] So hatte er sowohl pagane als auch christliche Kultivierte in seinem Bekanntenkreis.

Abgesehen von seinen Werken haben wir nur ein Zitat aus dem Epos über den Weingott Bacchus[8] bei dem oströmischen Dichter Agathias.[9] Dieser verfasste ein Geschichtswerk, die sogenannten „Historien“, die uns aber nur unvollständig vorliegen. In diesem Werk erwähnt Agathias den Weingott Bacchus.[10]

Um zumindest ein besseres Verständnis für sein kulturelles Milieu haben zu können, sollte man einen kurzen Blick auf Ägypten beziehungsweise Panopolis im 5. Jahrhundert werfen.

Das 5. Jahrhundert war an sich von einer ägyptischen Vorherrschaft in der Lyrik geprägt. Panopolis beziehungsweise Achmim war Ende des 4. Jahrhunderts besonders kulturell lebendig und in erster Linie pagan. Ab etwa 400 sank die Zahl der Heiden und das Christentum wuchs. Um 450 waren Anhänger und Vertreter des Heidentums tatsächlich in der Minderheit, auch wenn noch einige Orte und Institutionen – u.a. die Schule von Alexandrien und die Isis-Heiligtümer- pagan blieben. Ab ca. 525 war die Zahl der Heiden so stark gesunken, dass sich nur noch kleine Verbände halten konnten. Trotzdem sind im 5. Jahrhundert nur einige ägyptische Dichter konvertiert, darunter Cyrus, Nonnus und Horapollon.[11] Einen klaren Bruch gab es in dieser Zeit jedoch nicht. „Nicht nur die christliche Kunst (die sich keineswegs nur heidnische Formen, sondern auch Inhalte zu Eigen machte), auch der christliche Kult hat zahllose heidnische Elemente übernommen oder sich ihnen angepasst.“[12] So war es zum Beispiel üblich, dass Christen in Ägypten das Bestattungsritual des Mumifizierens fortsetzten.[13]

2.2 Das Epos „Dionysiaka“

Das Epos beschreibt die Geschichte des Weingottes Dionysos von seiner Geburt an bis zu seinem Aufstieg in den Olymp, nachdem er die Inder besiegt hat. Die Geschichte beginnt mit der Entführung der Europa und beschreibt die Schlacht zwischen Typhon und Zeus und die sagenhafte Entstehung Thebens bis zur Geburt des Protagonisten im 8. Gesang. Die Gesänge 13 bis 24 behandeln den Zug nach Indien und die Bücher 24 bis 40 schließlich die Kämpfe in jenem Land. Die letzten acht Bücher beschreiben den Rückzug nach Europa. Mit 48 Büchern sind die „Dionysiaka“ so umfangreich wie „Ilias“ und „Odyssee“ von Homer zusammen[14] und sind anhand der zahlreichen Verse die größte griechische Dichtung, die uns aus antiker Zeit erhalten geblieben ist. Ferner hat Nonnos von Panopolis unzählige Elemente und lyrische Methoden von Homer übernommen und weiterentwickelt,[15] folgt bei den 25.000 Hexametern[16] aber strengeren Regeln als Homer und seine Vorgänger.

Adressaten der „Dionysiaka“ werden wohl hauptsächlich gebildete und kultivierte Heiden gewesen sein.[17] Grillmeier geht aber davon aus, dass ebenso auch Christen der höheren Schicht zum Leserkreis gehört haben müssen, zumal ihnen das Verhältnis bzw. die Beziehung zur heidnischen Kultur, deren Anhänger immer weniger wurden, wichtig gewesen sein muss.[18]

[...]


[1] Siehe Wolfgang Fauth, Eidos Poikilon. Zur Thematik der Metamorphose und zum Prinzip der Wandlung aus dem Gegensatz in den Dionysiaka des Nonnos von Panopolis. In: Hypomnemata 66 (1981). S. 11-30. (Im Folgenden zitiert als: Vgl. Wolfgang Fauth, Zur Thematik der Metamorphose und zum Prinzip der Wandlung aus dem Gegensatz in den Dionysiaka des Nonnos von Panopolis.) S. 11.

[2] Vgl. Joseph Golega, Studien über die Evangeliendichtung des Nonnos von Panopolis. Ein Beitrag zur Geschichte der Bibeldichtung im Altertum, Breslau 1930 (Breslauer Studien zur historischen Theologie. 15.) (Im Folgenden zitiert als: Joseph Golega, Studien über die Evangeliendichtung des Nonnos.) S. 12.

[3] Vgl. Hans Bogner, Die Religion des Nonnos, in: Philosogus 89 (1934). S. 320-333. (Im Folgenden zitiert als: Hans Bogner, Die Religion des Nonnos.) S.333.

[4] Vgl. Dietrich Willers, Dionysos und Christus – ein archäologisches Zeugnis zur Konfessionszugehörigkeit des Nonnos, in: Museum Helveticum 49 (1992). S. 141-151. (Im Folgenden zitiert als: Dietrich Willers, Dionysos und Christus – ein archäologisches Zeugnis zur Konfessionszugehörigkeit des Nonnos.) S. 142-144.

[5] Siehe Francis Vian bei Dietrich Willers, Dionysos und Christus – ein archäologisches Zeugnis zur Konfessionszugehörigkeit des Nonnos, S. 141-142.

[6] Vgl. Barbara Abel-Wilmanns, Der Erzählaufbau der Dionysiaka des Nonnos von Panopolis, Frankfurt am Main u.a. 1977 (Europäische Hochschulschriften. XV 11). (Im Folgenden zitiert als: Barbara Abel-Wilmanns, Erzählaufbau der Dionysiaka des Nonnos von Panopolis.) S. 12.

[7] Vgl. Alois Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. 2/4: Die Kirche von Alexandrien mit Nubien und Äthiopien nach 451. Freiburg u. a. O. 1990. S. 94-102. (Im Folgenden zitiert als: Alois Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche.) S. 94. Eusthathius war Bischof von Beirut von 448 bis 451.

[8] Bacchis ist ein Beiname des Weingottes Dionysos.

[9] Vgl. Joseph Golega, Studien über die Evangeliendichtung des Nonnos, S. 106.

[10] Agathias, Historien 4,23.

[11] Vgl. Alois Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, S. 92.

[12] Siehe Barbara Abel-Wilmanns, Der Erzählaufbau der Dionysiaka des Nonnos von Panopolis, S. 198.

[13] Vgl. ebd, S. 198.

[14] Nonnos hat die Buchzahl der beiden Werke von Homer für sein eigenes Epos summiert.

[15] Vgl. P. Kuhlmann, Zeus in den Dionysiaka des Nonnos, in: Rheinisches Museum für Philologie 142 (1999). S. 392-417. (Im Folgenden zitiert als: P. Kuhlmann, Zeus in den Dionysiaka des Nonnos.) S. 392.

[16] Auch „nonnianische Hexameter“ genannt. Vgl. Barbara Abel-Wilmanns, Der Erzählaufbau der Dionysiaka des Nonnos von Panopolis, S. 14.

[17] Vgl. E.Livrea bei Alois Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, S. 96.

[18] Vgl. Alois Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, S. 96.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Heidentum und Christentum in der epischen Dichtung: Nonnos von Panopolis
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V210157
ISBN (eBook)
9783656379508
ISBN (Buch)
9783656380795
Dateigröße
394 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
heidentum, christentum, dichtung, nonnos, panopolis
Arbeit zitieren
Annette Labusek (Autor:in), 2011, Heidentum und Christentum in der epischen Dichtung: Nonnos von Panopolis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210157

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