Wertpapiere nach HGB und IAS/IFRS


Hausarbeit, 2003

29 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

1. Einleitung
1.1 Die Bedeutung von HGB und IAS
1.2 Abgrenzung von Wertpapieren gegenüber Finanzinstrumenten

2. Bilanzierung und Bewertung von Wertpapieren nach HGB
2.1 Ansatz und Ausweis von Wertpapieren nach HGB
2.2 Bewertung von Wertpapieren nach HGB

3. Bilanzierung und Bewertung von Wertpapieren nach IAS
3.1 Ansatz von Wertpapieren nach IAS
3.1.1 Allgemeine Ansatzvorschriften
3.1.2 Zu Handelszwecken gehaltene Wertpapiere
3.1.3 Bis zur Endfälligkeit zu haltende Wertpapiere
3.1.4. Zur Veräußerung verfügbare Wertpapiere
3.2 Bewertung von Wertpapieren nach IAS
3.2.1 Erstmalige Bewertung von Wertpapieren
3.2.2 Folgebewertung von Wertpapieren
3.3 Die Umwidmung von Wertpapieren in eine andere Kategorie
3.4 Geplante Änderungen des IAS 39 ab 2004

4. Wesentliche Unterschiede zwischen HGB und IAS

Anhang

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Das deutsche HGB folgt dem Konzept des Gläubigerschutzes und führt daher tendenziell eher zu einer vorsichtigen Bewertung des Vermögens und der Schulden eines Unternehmens. Bei den IAS steht dagegen die Information für Investoren im Mittelpunkt, denen es ermöglicht werden soll, auf Basis des Jahresabschlusses Entscheidungen zu treffen. Dies führt im Vergleich zum HGB bei Wertpapieren zu einer zeitnäheren und realistischeren Bewertung. Die wachsenden internationalen Kapitalmärkte haben international vergleichbare Jahres­abschlüsse erforderlich gemacht. Ab 2005 wird ein Konzernabschluss nach IAS für börsen­notierte Unternehmen der EU verpflichtend sein. Dadurch werden die IAS im Vergleich zu nationalen Rechnungslegungsvorschriften und dem US-GAAP weiter an Bedeutung gewinnen. Für den Ansatz und die Bewertung von Wertpapieren gelten im HGB die allgemeinen Vorschriften für Vermögensgegenstände. Sie sind in der Bilanz als einzeln veräußerbares und bewertbares Vermögen anzusetzen und höchstens zu Anschaffungs­kosten zu bewerten. Diese ergeben sich aus den historischen Kaufkursen. Gesunkene Kurse werden durch außerplan­mäßige Abschreibungen berücksichtigt. Dabei ist die Zugehörigkeit der Wertpapiere zum Anlage- oder Umlaufvermögen entscheidend. Bei Wertpapieren des Umlaufvermögens gilt das strenge Niederstwertprinzip. Es verlangt, dass bei einer Wertminderung die Wertpapiere auf den niedrigeren beizulegenden Wert abzuschreiben sind. Gleiches gilt für Wertpapiere des Anlagevermögens bei einer dauerhaften Wertminderung. Ist die Wertminderung dagegen nur von vorübergehender Wirkung besteht das Wahlrecht von einer Abschreibung abzusehen. Dies wird als gemildertes Niederstwertprinzip bezeichnet.

Wertpapiere werden in den IAS als Teil der Finanzinstrumente in IAS 39 behandelt. Die IAS unterscheiden drei Arten von Wertpapieren. Handelspapiere wurden erworben, um Gewinne aus kurzfristigen Preisschwankungen zu erzielen. Fälligkeitspapiere werden mit der Absicht erworben, sie bis zur Endfälligkeit zu halten und Veräußerungspapiere sind Wertpapiere, die keiner anderen Kategorie zugeordnet werden können. Bei der Erstbewertung sind alle Wertpapiere mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten. Erst bei der Folgebe­wertung ist die Einteilung in die drei Gruppen ausschlaggebend. Handelspapiere und Veräußerungspapiere sind mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Dadurch wird im Gegensatz zum HGB auch eine höhere Bewertung als zu den Anschaffungskosten ermöglicht. Bewertungs­änderungen bei Handelspapieren werden erfolgswirksam verbucht. Bei Veräußer­ungspapieren besteht dafür ein Wahlrecht für eine erfolgsneutrale oder erfolgswirk­same Verbuchung. Fälligkeitspapiere werden zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet.

Weitere Änderungen an IAS 39 werden voraussichtlich ab 2004 in Kraft treten.

1. Einleitung

1.1 Die Bedeutung von HGB und IAS

Gesetzliche Grundlage für die Erstellung von Jahresabschlüssen in Deutschland ist das dritte Buch des Handelsgesetzbuches. Da hierzulande die Unternehmen für die Kapitalbe­schaffung traditionell mehr die Fremdkapitalfinanzierung über Kreditinstitute anstatt die Eigenkapital­finanzierung über den Aktienmarkt nutzen, dominiert in der deutschen Rech­nungslegung der Gläubigerschutz. Dies zeigt sich in den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und einer Reihe von Prinzipien. Als wesentliche Beispiele dazu sind das Vorsichts- und Im­paritätsprinzip des §252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, das Niederstwert- und das Nominalwert­prinzip (§253 Abs. 1-3 HGB) zu nennen. Der Jahresabschluss dient damit einerseits der Infor­mation, indem er ein den tatsächlichen Verhältnissen der Vermögens-, Finanz- und Ertrags­lage ent­sprechendes Bild zeigt (§264 Abs. 2 HGB). Andererseits dient er auch der Bemessung von Zahlungen an die Eigner (z.B. Dividenden) und Steuern an den Fiskus. Letzteres wird über die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz erreicht (§5 Abs. 1 Satz 1 EstG).

Die International Accounting Standards werden seit 2001 vom International Accounting Standards Board, vorher dem International Accounting Standards Committee, als Bestandteil der International Financial Reporting Standards, verabschiedet. Der Begriff „IFRS“ steht ab 2001 für alle neuen vom IASB veröffentlichten Rechnungslegungsstandards.[1] In dieser Arbeit wird, wie im Großteil der Literatur, weiterhin von den IAS gesprochen. Zielsetzung der IAS ist die Information über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens („true and fair view“) für Investoren. Sie soll so dargestellt werden, dass sie als Grundlage für Entscheidungen dient („decision usefulness“). Abschlüsse nach IAS besitzen nur eine Informationsfunktion. Gläubigerschutzorientierte Vorschriften sowie steuerliche Belange sind nicht enthalten.[2] Sie orientieren sich am Kapitalmarkt und dienen der Vergleichbarkeit unter­schiedlicher Unternehmen in verschiedenen Ländern. Das kontinuierliche Fortschreiten der Globalisierung und die zunehmende Internationalisierung der Kapitalmärkte haben vergleich­bare Jahresabschlüsse nach einheitlichen Standards erforderlich gemacht. Dies gewährleisten die IAS. Das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) von 1998 hat durch den neu eingefügten §292a im HGB börsennotierte Unternehmen in Deutschland von der Aufstellung eines Konzernabschluss nach HGB befreit, wenn sie nach IAS oder US-GAAP bilanzieren. Für den Einzelabschluss bleibt das HGB jedoch verpflichtend. Der §292a HGB ist bis Ende 2004 befristet. Mittlerweile hat die EU in einer Verordnung vom Juni 2002 die Aufstellung eines Konzernabschlusses nach IAS für alle börsennotierten Unternehmen der EU ab 01.01.2005 zur Pflicht erklärt.[3] Dadurch werden nationale Rechnungslegungsvorschrif­ten in Europa weiter an Bedeutung verlieren.

Schon jetzt ist es in Deutschland für die Notierung im Prime Segment der Deutschen Börse AG, welche Voraussetzung ist für die Zugehörigkeit zu einem der Auswahlindizes (DAX, MDAX, SDAX, TecDAX), notwendig, nach IAS oder US-GAAP zu bilanzieren (gemäß §62 Abs. 1 Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse).

Interessant wird in den nächsten Jahren die Frage, welche Bilanzierungsstandards sich endgültig international durchsetzen. Seit Mai 2000 werden die IAS von der IOSCO, dem internationalen Zusammen­schluss der nationalen Börsenaufsichts­behörden, anerkannt und empfohlen. Nahezu alle Börsen weltweit, ausgenommen die USA und Kanada, akzeptieren seitdem IAS. Für die Notierung am größten Kapitalmarkt der Welt, der New Yorker Börse (NYSE), verlangt die SEC weiterhin einen Jahresabschluss nach US-GAAP. Die Bilanz­skandale in den USA (z.B. Enron, Worldcom) haben gezeigt, dass auch die US-GAAP nicht frei von Fehlern und Gestaltungsspielräumen sind. Damit wurde die Unantastbarkeit der US-GAAP beendet und die IAS gewinnen seitdem mehr an Bedeutung.

1.2 Abgrenzung von Wertpapieren gegenüber Finanzinstrumenten

Die Betrachtung ist auf solche Finanzinstrumente begrenzt, die Wertpapiere des Anlage- und Umlaufvermögens iSd. HGB sein können. Diese umfassen alle verbrieften Inhaber- oder Orderpapiere[4], welche nach Art und Ausstattung über­tragbar und im Bedarfsfall verwertbar sind, wie z.B. Wertpapiere mit Gewinnbeteiligungs­ansprüchen (Aktien, Genuss­scheine, Investmentanteile, etc.) oder festverzinsliche Wert­papiere (Industrie- und Bankobli­gationen, öffentliche Anleihen, Unternehmensanleihen, Pfandbriefe, etc.).[5] Die Bilanzierung derartiger Wertpapiere wird durch die IAS 32 Finanzinstrumente: Angaben und Darstellung („disclosure and presentation“) und IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung („recognition and measurement“) geregelt. Weitere, ebenfalls von IAS 32 und 39 erfasste, Finanzinstrumente, wie etwa Derivate, Sicherungsgeschäfte, finanzielle Schulden, vom Unternehmen ausgereichte Kredite und Forderungen oder Geldvermögen werden, da sie keine Wertpapiere im og. Sinn sind, in dieser Arbeit nicht näher betrachtet. Die für Kreditinstitute geltenden Sondervorschriften der §§ 340ff. HGB und IAS 30 sind ebenfalls nicht Gegenstand dieser Arbeit.

2. Bilanzierung und Bewertung von Wertpapieren nach HGB

2.1 Ansatz und Ausweis von Wertpapieren nach HGB

Gemäß §246 Abs. 1 Satz 1 hat der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände (und Schulden) zu enthalten. Ein Vermögensgegenstand ist aktivierbar, dh. er kann in der Bilanz auf der Aktivseite angesetzt werden, wenn er selbständig bewertbar und einzeln veräußerbar ist. Dabei bedeutet selbständig bewertbar, dass ein geeigneter Wertmaßstab im Sinne von Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorliegt. Die Beschränkung auf die Einzelveräußer­barkeit dient dem Gläubigerschutz, damit für sie im Insolvenzfall die Möglichkeit besteht, einzelne Objekte zur Schuldentilgung heranziehen zu können.[6] Die Erfassung ist nur zum Erfüllungstag zulässig, da der Bilanzierende zu diesem Zeitpunkt das rechtliche Eigentum erwirbt.[7] Vom Unternehmen gehaltene Wertpapiere sind, wenn sie zum Betriebs­vermögen gehören, als Vermögensgegenstand auf der Aktivseite der Bilanz entweder im Anlage- oder Umlaufvermögen anzusetzen. Unter der Position Anlagevermögen sind gem. §247 Abs. 2 HGB nur die Gegenstände auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Bei nur vorübergehender, dh. nicht auf Dauer ausgelegter Nutzung (idR. Nutzungs­dauer unter einem Jahr) zählen sie zum Umlaufvermögen. Im Anlagevermö­gen gehören Wertpapiere zu den Finanzanlagen (§266 Abs. 2 A III. HGB) und dort insbesondere zur Position „Wertpapiere des Anlagevermögens“. Dabei ist unerheblich ob sie an einer deutschen Börse oder im Ausland gehandelt werden.[8] Sofern es sich bei ihnen um Aktien handelt, können sie auch den Positionen „Beteiligungen“ oder „Anteile an verbun­denen Unternehmen“ zugeordnet sein. Beteiligungen sind gem. §271 Abs. 1 Satz 1 HGB Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen. Dabei ist die Form der Beteiligung unerheblich (§271 Abs. 1 Satz 2 HGB). Es können neben Aktien z.B. auch GmbH-Anteile, die keine Wertpapiere sind, sein.[9] Wichtig für die Zuordnung ist die Beteili­gungsabsicht, nicht die Beteiligungshöhe. Allerdings gilt nach §271 Abs. 1 Satz 3 HGB ein Anteil von mehr als 20% an einer Kapitalgesellschaft im Zweifel als Beteiligung. Verbundene Unternehmen sind Unternehmen, die als Mutter- oder Tochter­unternehmen (§290 HGB) nach den Regeln der Vollkonsolidierung einzubeziehen sind (§271 Abs. 2 HGB). Entscheidend dafür sind bestimmte Merkmale z.B. das Vorliegen eines Beherrschungsvertrages.[10] Sofern die Beteiligungsabsicht widerlegt wird, es sich nicht um Anteile an verbundenen Unternehmen handelt und eine dauernde Anlage gegeben ist, sind Aktien unter den „Wertpapieren des Anlagevermögens“ auszuweisen.

Werden Wertpapiere nur zur vorübergehenden Anlage flüssiger Mittel gehalten und sind sie jederzeit veräußerbar, so sind sie im Umlaufvermögen unter der Position „Wertpapiere“ (§266 Abs. 2 B III. HGB) unter den „sonstigen Wertpapieren“ auszuweisen.[11] Anteile an verbundenen Unternehmen mit Wertpapiercharakter sind nur Aktien.[12] Werden sie ohne dauerhafte Besitz­absicht gehalten, sind sie unter der entsprechenden Position „Anteile an verbun­denen Unter­nehmen“ im Umlaufvermögen auszuweisen. Handelt es sich bei ihnen um eigene Anteile, sind sie ebenfalls dort unter §265 Abs. 2 B III Nr. 2 HGB zu bilanzieren. Diese Anteile haben einen Doppelcharakter, da sie, sofern ihr Verkauf geplant ist, Vermögenswerte verkörpern oder im Fall der Liquidation einen Korrekturposten zum Eigen­kapital darstellen.[13] Für sie ist nach §272 Abs. 4 HGB eine Rücklage für eigene Anteile zu bilden.

2.2 Bewertung von Wertpapieren nach HGB

Für die Bewertung von Wertpapieren ist neben den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen des §252 HGB der §253 HGB ausschlaggebend. Eine spezielle Regelung nur zur Bewertung von Wertpapieren gibt es im HGB nicht. Die Vorschriften im HGB beziehen sich immer allgemein auf die Bewertung aller Vermögensgegenstände. Wertpapiere sind gemäß §253 Abs. 1 Satz 1 HGB als Vermögensgegenstände beim Zugang höchstens zu Anschaf­fungskosten zu bewerten. Eine Bewertung zu höheren Werten als den Anschaffungskosten die durch Kurs­steigerungen entstehen, ist im HGB nicht erlaubt. Damit können stille Reserven geschaffen werden, die erst beim Verkauf der Wertpapiere und der tatsächlichen Realisation des Gewinns am Markt sichtbar werden. „Die bis zum Abschlussstichtag aufgelaufenen Stückzinsen aus festverzinslichen Wertpapieren sind als sonstige Vermögensgegenstände zu aktivieren (Vollständigkeitsgebot, §246 Abs. 1 Satz 1 HGB).“[14] Gefallene Kurse sind durch außerplan­mäßige Abschreibungen zu berücksichtigen. Dies ist Ausdruck des Imparitäts­prinzips, also der Ungleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten, dem Realisationsprinzip sowie dem Nominalwertprinzip. Planmäßige Abschreibungen kommen nicht in Betracht, da keine zeitlich begrenzte Nutzungsdauer vorliegt. Die Anschaffungskosten sind in §255 Abs. 1 HGB definiert. Wert­papiere der gleichen Art, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten und Kursen erworben wurden, werden zu Durchschnittsanschaffungskosten bewertet. Werden die individuellen Anschaf­fungskosten anhand von Wertpapiernummern nachgewiesen, kann auch die Einzelbewertung erfolgen.[15] Zu den Kaufkursen sind gemäß §255 Abs. 1 Satz 2 HGB Anschaffungs­nebenkosten wie Händlerprovisionen, Bankspesen und Maklergebühren hinzu­zurechnen. Anschaffungspreis­minderungen wie Übernahme­provisionen, Bonifikationen und sonstige Vergütungen sind abzuziehen.[16] Unabhängig davon ob es sich um individuell bestimmbare Wertpapiere handelt oder nicht, ist es handelsrechtlich zulässig die Anschaf­fungskosten mit einer Durchschnitts- bzw. Gruppenbewertung gemäß §240 Abs. 4 iVm. §256 Satz 2 HGB zu ermitteln. Außerdem kann für die Ermittlung der Anschaffungs­kosten von Wertpapieren derselben Gattung des Umlaufvermögens auf die Bewertungs­vereinfachungs­verfahren des §256 Satz 1 HGB zurückgegriffen werden.[17] Kapitalgesellschaften müssen zu den gewählten Bewertungsmethoden (§284 Abs. 2 Nr.1) und mittelgroße und große Kapital­gesellschaften iSd. §267 HGB zu wesentlichen Unterschiedsbeträgen gegenüber den letzten Börsenkursen Angaben im Anhang machen (§284 Abs. 2 Nr. 4 iVm. §288 Satz 1 HGB).

Für die Berücksichtigung von Kursschwankungen unter den Anschaffungswert durch außerplanmäßige Abschreibungen ist die Zugehörigkeit der Wertpapiere zum Anlage- oder Umlaufvermögen maßgeblich (siehe Anhang, Tab. 1). Nach §253 Abs. 2 Satz 3 HGB besteht für Wertpapiere des Anlagevermögens das Wahlrecht bei einer nur vorübergehenden Wertminderung außerplan­mäßige Abschreibungen vorzunehmen, um auf den niedrigeren beizulegenden Wert am Abschlussstichtag abzuschreiben. Diese als gemildertes Niederst­wertprinzip bezeichnete Vorschrift gilt nach §279 Abs. 1 Satz 2 HGB bei Kapital- und Personen­gesellschaften iSd. §264a HGB nur für Finanzanlagen, bei allen anderen Kaufleuten dagegen auch für alle weiteren Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung besteht die Pflicht auf den niedrigeren Wert abzuschreiben. Bei Wertpapieren des Umlaufvermögens gilt gemäß §253 Abs. 3 HGB das strenge Niederstwert­prinzip. Es verlangt, dass Abschreibungen auf den niedrigeren Wert, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt, vorzunehmen sind, sofern dieser unter den Anschaffungskosten liegt. Dabei ist es unerheblich, ob es sich nur um eine vorüber­gehende oder dauernde Wertminderung handelt. Der „Vergleichswert ist grundsätzlich der Börsenkurs des Abschlußstichtages, der um Verkaufsspesen zu kürzen ist.“[18] Steigen die Kurse später wieder, ist nach §280 Abs. 1 HGB für Kapital- und Personen­gesellschaften iSd. §264a HGB eine Wertaufholung durch Zuschreibung bis zu den ursprüng­lichen Anschaffungskosten vorgeschrieben. Für alle anderen Kaufleute besteht dagegen laut §253 Abs. 5 HGB das Wahlrecht auch die niedrigeren Werte beizubehalten. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit zur Bildung stiller Reserven. Dies gilt jeweils für Wertpapiere des Anlage- und Umlaufvermögens. „Erwartete Kursverluste der nächsten Zukunft (im allge­meinen ein Zeitraum bis zu 2 Jahren) dürfen durch Abschreibungen antizi­piert werden (§253 Abs. 3 Satz 3 HGB).“[19] Sinkt der Börsenkurs unter die Anschaf­fungs­kosten, sind die Wertpapiere, wenn eine baldige Veräußerung nicht beabsichtigt ist, mit dem Börsenkurs zuzüglich anteilig abgeschriebener Anschaffungsneben­kosten anzusetzen.[20] Aus praktischen Gründen erscheint es dagegen auch zulässig für die Bewertung nur den maßgeb­lichen Börsenkurs zu verwenden und Anschaf­fungsnebenkosten zu vernach­lässigen.[21]

[...]


[1] Vgl. Pilhofer (Umsatz- und Gewinnrealisierung) S. 1

[2] Vgl. Coenenberg (Jahresabschluß) S. 42

[3] Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung
internationaler Rechnungslegungsstandards, in: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft (ABl.) vom 11.09.2002, L243/1-4

[4] Vgl. Kuhner, Christoph/Schilling, Dirk (Wertpapiere) Sp. 2678

[5] Vgl. Glanegger/Güroff/Niedner/Peuker/Ruß/Stuhlfelner (Kommentar) §266 Rz. 18, S. 675

[6] Vgl. Coenenberg (Jahresabschluß) S. 96

[7] Vgl. Scharpf (Rechnungslegung) S. 97

[8] Vgl. Adler/Düring/Schmalz (Rechnungslegung, 1997) §266 Rn. 84, S. 127

[9] Vgl. Coenenberg (Jahresabschluß) S. 163

[10] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (Bilanzen) S. 276

[11] Vgl. Kuhner, Christoph/Schilling, Dirk (Wertpapiere) Sp. 2680

[12] Vgl. Ensthaler (Gemeinschaftskommentar) §266 Rz. 36, S. 918

[13] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (Bilanzen) S. 324

[14] (WP Handbuch) Tz. E430, S. 327

[15] Vgl. Coenenberg (Jahresabschluß) S. 176

[16] Vgl. Küting/Weber (Handbuch) §253 Rn. 68, S. 910

[17] Vgl. Küting/Weber (Handbuch) §253 Rn. 68, S. 911

[18] (WP Handbuch) Tz. E431, S. 328

[19] Coenenberg (Jahresabschluß) S. 241

[20] Vgl. Küting/Weber (Handbuch) §253 Rn. 70, S. 911

[21] Vgl. Adler/Düring/Schmalz (Rechnungslegung, 1995) §253 Rn. 502

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Wertpapiere nach HGB und IAS/IFRS
Hochschule
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig  (Fachbereich Wirtschaftswissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
29
Katalognummer
V20994
ISBN (eBook)
9783638247191
ISBN (Buch)
9783638646925
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wertpapiere, IAS/IFRS
Arbeit zitieren
Fabian Otto (Autor:in), 2003, Wertpapiere nach HGB und IAS/IFRS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20994

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