Doppelte Objektmarkierung durch Klitika. Sprachwandel im Spanischen des 14. und 15. Jahrhunderts


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

19 Seiten, Note: 2,0

Alexander Kraus (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Definition von Klitika
2.1 Abgrenzung von Klitika gegenüber Wörtern und Affixen
2.2 Klitiktypen

3 Die Grammatikalisierung von Klitika
3.1 Klitika im Lateinischen
3.2 Entwicklung der Pronomina

4 Der redundante Gebrauch von Klitika
4.1 Doppelte Objektmarkierung im Altspanischen
4.2 Doppelte Objektmarkierung im modernen Spanisch

5 Doppelte Objektmarkierung in Lateinamerika

6 Doppelte Objektmarkierung in anderen romanischen Sprachen

7 Fazit

Bibliographie

1 Einleitung

Thema der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung des Klitiksystems des Spanischen in Bezug auf die doppelte Objektmarkierung. Als Textgrundlage wurden hauptsächlich Beispiele aus dem 13., 14. und 15. Jahrhundert gewählt, da vor allem aus dieser Zeit diplomatische Textausgaben erhalten sind, die Zeugnisse für den damaligen Sprachzustand sind.

Der Titel dieser Arbeit „Doppelte Objektmarkierung durch Klitika“ umreißt deren Gegenstand: Zunächst beschränke ich mich im zweiten Teil allgemein auf eine Definition von Klitika, kläre deren Status zwischen Wörtern und Affixen und stelle bestimmte Klitiktypen vor. Teil 3 beschäftigt sich mit dem Grammatikalisierungsprozess von frei auftretenden Personal- und Demonstrativpronomina ausgehend vom Lateinischen zu den im modernen Spanischen grammatikalisierten Formen. Der eigentliche Untersuchungsgegenstand wird in Teil 4 analysiert. Unter besonderer Berücksichtigung des Spanischen und unter Einbeziehung verschiedener Corpora wird die doppelte Objektmarkierung durch Klitika untersucht, welche einen Sonderfall im heutigen Spanischen darstellt. In Kapitel 4 wird schließlich Bezug auf die doppelte Objektmarkierung im Spanischen Lateinamerikas genommen. Außerdem wird der Gebrauch des Objektpronomens im Spanischen mit anderen romanischen Sprachen im letzten Kapitel verglichen.

Die vorliegende Arbeit verfolgt einerseits ein theoretisches Ziel, indem die Grundlagen der Verwendung der Klitika dargelegt werden. Andererseits beinhaltet die Arbeit eine empirische Analyse, die die Ergebnisse verschiedener Studien und Corpora bündelt und einen Versuch darstellt, die Ergebnisse zu erklären und einen Zusammenhang zwischen mittelalterlichem Sprachzustand, neuspanischer Grammatik, lateinamerikanischer Tendenzen sowie dem Sprachzustand anderer romanischer Sprachen herzustellen.

2 Zur Definition von Klitika

Bevor die eigentliche empirische Analyse beginnt, müssen zunächst einige Begriffe geklärt werden.

Der Ausdruck Klitikon stammt von dem griechischen Wort enklinein ab, was „sich anlehnen“ bedeutet. Ein Klitikon steht also anlehnend (adjazent) zu einem sog. Stützwort (Host).[1] Es handelt sich beim Klitikon um ein schwach betontes Morphem, welches sich meist an das Stützwort anlehnen muss, weil es aus phonetischen Gründen ohne dieses nicht isoliert auftreten könnte.

(1) Tú eres bueno, tú has querido hacerlo bien.[2]

Die Art der Bindung an ein anderes Element wird als Klitisierung[3] bezeichnet. Beispiel 1 zeigt eine Enklise, in der die unbetonten Pronomen an eine Basis postverbal angehängt werden. Im modernen Spanischen findet sich diese Konstruktion vor allem nach infiniten Verbformen oder nach einem positiv gebrauchten Imperativ.[4] Beispiel 2 zeigt außerdem, dass Enklitika im Spanischen zu einem Wort mit ihrer Basis zusammengefasst werden.

(2) ¡Lo que hayas de hacer, hazlo pronto![5]

Analog dazu finden sich im heutigen Spanisch auch Proklitika, welche finiten Verbformen (3) oder negierten Imperativen (Beispiel 4) vorangestellt werden.[6]

(3) ¡Qué bien lo haces , Pedrito![7]

(4) ¡Ay, no sé, amor, no me hagas hablar![8]

Allerdings sind Proklitika graphisch von ihrer Basis abtrennt. Die variable Bindungsrichtung des Klitikons,[9] das je nach der morphologischen Eigenschaft des Stützwortes bedingt ist, die grahpische Schreibung, als auch der prosodische Gehalt des Klitikons werfen die Frage der Kategorisierung dieses Phänomens auf. Daher soll im Folgenden das Klitikon von Wörtern und Affixen abgegrenzt werden.

2.1 Abgrenzung von Klitika gegenüber Wörtern und Affixen

Klitika scheinen einen Zwischenstatus zwischen Wort und Affix einzunehmen, da sie sowohl wortähnliche als auch affixähnliche Eigenschaften aufweisen. Affixe sind nicht frei vorkommende, reihenbildende Wortbildungs- und Flexionselemente und scheinen deshalb eine Ähnlichkeit zu Klitika aufzuzeigen, da diese auch nicht alleine stehen können. Allerdings wird ein Affix phonologisch, semantisch und syntaktisch an eine Basis gebunden und weist bei Affix-Stamm-Verbindungen idiosynkratische Effekte[10] auf, die das Derivat in formaler, semantischer und phonologischer Sicht nicht mehr transparent erscheinen lassen. Ein Klitikon besitzt eine viel freiere Bindung an die Basis und eine variable Bindungsrichtung, während bei konstanter Hostkategorie eines Affixes auch die Bindungsrichtung konstant bleibt. Was das Klitikon von einem Wort unterscheidet ist, dass Klitika keinen eigenen und unabhängigen Wortakzent tragen. Ein Klitikon bildet mit seinem Host ein gemeinsames phonologisches Wort. Je nach Position im Satz kann ein Klitikon jedoch betont sein. Zwar sind Klitika Mitglieder lexikalische Kategorien, aber trotzdem inhaltsärmer als Wörter. Ein Klitikon tritt nie in Isolation auf, d.h. zwischen Pausen und Einwortäußerungen. Außerdem steht zwischen Klitikon und Host höchstens eine Wortgrenze.[11]

2.2 Klitiktypen

Darüber hinaus gibt es verschiedene Arten von Klitika, die in den verschiedenen Einzelsprachen unterschiedliche Funktion und Bedeutung besitzen. Auf Zwicky & Pullum (1983) ist die Unterscheidung zwischen simple und special clitics[12] zurückzuführen. Charakteristisch für das einfache Klitikon ist der Einsatz als morphophonologisch reduzierte Form an derselben Stelle wie die freie Variante. Es besteht also ein Variantenverhältnis zwischen Klitikon und der entsprechenden Vollform. Als Beispiel gelten Formen die der Sprachökonomie folgend zusammengezogen werden und besonders in der Umgangssprache verwendet werden. Vor allem im Deutschen sind einfache Klitika beliebt:[13]

(5) Ich gehe vors Haus. = Ich gehe vor das Haus.

In den romanischen Sprachen existieren ebenfalls Verschmelzungen von Artikeln. Diese stellen allerdings keine einfachen Klitika dar, da sie in keinem Variantenverhältnis stehen.

(6) Los jueves me voy al cine solo.[14]

* Los jueves me voy a el cine solo.

Viel häufiger und gebräuchlicher in den romanischen Sprachen sind die special clitics, die sich durch eine besondere Stellung innerhalb eines Satzes auszeichnen. Man spricht auch von einer special syntax[15] . Bei Beispiel 6 handelt es sich also um ein spezielles Klitikon, dessen Form grammatikalisiert ist und nicht mehr in seiner Vollform austauschbar ist.

Nach Tobler (1875) gibt es in den romanischen Sprachen Klitika, die dem Tobler-Mussafia Gesetz[16] folgen. Dem zufolge können unbetonte Objektpronomina nicht absolut satzinitial stehen, ansonsten jedoch in nahezu jeder Position auftreten.[17] Es handelt sich außerdem um kopfadjazente Klitika, deren Position an eine spezifische Hostkategorie gebunden ist.[18] Das Tobler-Mussafia Gesetz ist im Vergleich zum Wackernagel-Gesetz spezieller, da Klitika postverbal stehen müssen, wenn keine weiteren präverbalen Elemente links von Verb und Klitikon stehen. In der Wackernagelposition kann in Initialposition auch eine andere Konstituente als das Verb stehen. Zugleich ist es allgemeiner, da es im Gegensatz zum Wackernagel-Gesetz nicht auf die second position im Satz beschränkt ist, sondern lediglich nicht satzinitial stehen darf. Es handelt sich um eine sogenannte Interpolation, wenn andere Konstituenten zwischen Klitikon und Kopf der Phrase stehen. Außerdem spricht man von phrasalen Klitika, wenn diese die Phrasenränder bevorzugen. Während Klitika, die dem Tobler-Mussafia Gesetz folgen, meist auf die romanischen Sprachen beschränkt sind, sind Klitika in Wackernagel-Position universeller und finden sich in allen indogermanischen Sprachen wieder.[19] Die Nachstellung der Objektpronomina im heutigen Spanischen ist wie weiter oben beschrieben noch wirksam, allerdings macht sich ein Bruch des Tobler-Mussafia-Gesetzes in den romanischen Sprachen schon sehr früh bemerkbar. In der spanischen Sprachentwicklung finden sich nach dem 17. Jahrhundert immer weniger Klitika, die diesem Gesetz folgen.[20] An dieser Stelle soll nun auf die historische Entwicklung von Klitika in der spanischen Sprachgeschichte eingegangen werden. Die unterschiedliche Stellung der Klitika zu ihrem Host im heutigen Spanisch zeigt, dass Klitika einst beliebig positioniert wurden und dass sie im Laufe ihrer Entwicklung einem Grammatikalisierungsprozess unterzogen wurden. Diese Hypothese soll im Folgenden anhand einer diachronischen Analyse gestützt werden.

[...]


[1] Kuchenbrandt (2009): 16

[2] CREA [05.09.2009]

[3] Kuchenbrandt (2009): 16

[4] Kuchenbrandt (2009): 27

[5] CREA [05.09.2009]

[6] Kuchenbrandt (2009): 27

[7] CREA [05.09.2009]

[8] CREA [05.09.2009]

[9] Kuchenbrandt (2009): 20

[10] Kuchenbrandt (2009): 20

[11] Kuchenbrandt (2009): 18,20

[12] Kuchenbrandt (2009): 21

[13] Nübling (1992): 19

[14] CREA [05.09.2009]

[15] Kuchenbrandt (2009): 21

[16] Hinzelin (2007): 39

[17] Hinzelin (2007): 40

[18] Kuchenbrandt (2009): 25

[19] Hinzelin (2007): 42

[20] Hinzelin (2007): 41

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Doppelte Objektmarkierung durch Klitika. Sprachwandel im Spanischen des 14. und 15. Jahrhunderts
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V209517
ISBN (eBook)
9783656372646
ISBN (Buch)
9783656372745
Dateigröße
579 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
doppelte, objektmarkierung, klitika, sprachwandel, spanischen, jahrhunderts
Arbeit zitieren
Alexander Kraus (Autor:in), 2009, Doppelte Objektmarkierung durch Klitika. Sprachwandel im Spanischen des 14. und 15. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209517

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