Die Schulsysteme Deutschlands, der USA und Großbritanniens in der Sekundarstufe


Bachelorarbeit, 2012

65 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Schulsysteme Deutschlands, der USA und Großbritanniens in der Sekundarstufe
2.1 Das deutsche Schulsystem
2.1.1 Historische Entwicklung
2.1.1.1 Von den Anfängen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts
2.1.1.2 Entwicklungen im 20. Jahrhundert
2.1.1.3 Der Beginn des neuen Jahrtausends
2.1.2 Gegenwärtige Ausprägungen der Sekundarstufe
2.1.2.1 Allgemeines zur Sekundarstufe
2.1.2.2 Die Hauptschule
2.1.2.3 Die Realschule
2.1.2.4 Das Gymnasium
2.1.3 Alternative Bildungsformen
2.2 Das US-amerikanische Schulsystem
2.2.1 Historische Entwicklung
2.2.1.1 Schule während der Kolonialzeit
2.2.1.2 Die National Period
2.2.1.3 Entwicklungen der Neuzeit
2.2.2 Gegenwärtige Ausprägungen der Sekundarstufe
2.2.2.1 Allgemeines zur Sekundarstufe
2.2.2.2 Die Middle School
2.2.2.3 Die High School
2.2.3 Alternative Bildungsformen
2.3 Das Schulsystem von Großbritannien
2.3.1 Historische Entwicklung
2.3.1.1 Entwicklungen bis ins 18. Jahrhundert
2.3.1.2 Das 19. Jahrhundert
2.3.1.3 Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart
2.3.2 Gegenwärtige Ausprägungen der Sekundarstufe
2.3.2.1 Allgemeines zur Sekundarstufe
2.3.2.2 Die Grammar School
2.3.2.3 Die Comprehensive School
2.3.3 Alternative Bildungsformen

3. Schluss

4. Anhang

5. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Zunächst sollen die Begriffe des hier behandelten Themas genauer erläutert werden: als Sekundarstufe bezeichnet man die "auf der Primarstufe aufbauende weiterführende Stufe" eines Bildungssystems, also den Zeitraum nach einer Grundschulausbildung, welche in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) in Sekundarstufe I, das heißt fünftes bis zehntes Schuljahr, und die Sekundarstufe II, das heißt ab dem elften Schuljahr, unterteilt wird (Duden). In der englischen Sprache bezeichnet die sogenannte secondary education ebenfalls einen weiterführenden Bildungsweg im Anschluss an eine Grundschulausbildung (DCE), auch elementary education genannt, welcher allerdings in den verschiedenen englischsprachigen Ländern, wie zum Beispiel den USA oder Großbritannien, unterschiedlich gestaltet ist. Als Schulsystem bezeichnet man die "Zuordnung verschiedener Schulen eines Landes mit unterschiedlichen Schulabschlüssen zueinander" (Duden) oder in anderen Worten den grundsätzlichen Aufbau und die Struktur von Schulen, was jedoch von Staat zu Staat unterschiedlich aufgebaut ist. Nicht gleichbedeutend mit dem Begriff Bildungssystem, also dem "System, in dem das Bildungswesen organisiert ist" (Duden), ist das Schulsystem lediglich ein Hauptbestandteil des Bildungssystems eines Landes.

Des Weiteren wird auch die Weiterführung einer elementaren beziehungsweise Primarstufe von einzelnen Staaten unterschiedlich gehandhabt. In Deutschland zum Beispiel wird die Sekundarstufe in drei Bildungsgänge, nämlich in den Hauptschul-, Realschul- und den gymnasialen Bildungsgang, gegliedert, welche durch die sog. Kultusministerien der jeweiligen Bundesländer auf verschiedene Schularten, beispielsweise das Gymnasium, verteilt werden ("Übersicht Schulsystem"). In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) hingegen besteht ein auf die dort zugrundeliegende Bundesverfassung basierendes dezentralisiertes Schulsystem, das heißt es ist ebenfalls jeweils Angelegenheit der einzelnen Bundesstaaten, welches in der Sekundarstufe hauptsächlich durch die sogenannte High School - und teilweise auch Middle School - gekennzeichnet ist ("Organization of U. S. education"). In Großbritannien (GB) - welches die Einzelstaaten England, Schottland und Wales umfasst - folgen auf die primäre Schulbildung überwiegend staatlich finanzierte Schulen, welche ungefähr 90 % der schulpflichtigen Schülerinnen und Schüler besuchen, ergänzt durch circa 2600 unabhängige - meist gebührenpflichtige - privat finanzierte Schulen, die häufig ihre eigenen Lehrpläne festlegen ("UK School System").

Neben den genannten Nationen wurden im Jahr 2000 erstmalig im Auftrag der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) auch 62 weitere Teilnehmerländer hinsichtlich unterschiedlicher Kompetenzen, eventueller Fähigkeiten der Praxisanwendungen von Wissen und anderer Kernkompetenzen wie Lernmotivation oder Selbsteinschätzung untersucht und verglichen. Diese internationale Schulleistungsstudien, auch PISA-Studien - kurz für Programme for International Student Assessment (Programm zur internationalen Schülerbewertung) - genannt, werden seither in einem Dreijahresrhythmus weltweit durchgeführt, wobei die Leistungen sowie der Einfluss des sozialen und kulturellen Hintergrundes und des Geschlechts auf das Leistungsniveau von zufällig ausgewählten, repräsentativen 15- jährigen Schülerinnen und Schülern erfasst und überprüft werden ("PISA - Hintergrund").

Aufgrund der Unterschiedlichkeit der einzelnen Schulsysteme ergaben sich teils überraschende Ergebnisse im Anschluss an die PISA-Studie des Jahres 2000, vor allem in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Neben Großbritannien, das in allen drei Bereichen im oberen Leistungsdrittel und somit signifikant über dem OECD-Durchschnitt landete, und den USA, welche sich immerhin im Mittelfeld befanden, landete Deutschland durchgehend im unterdurchschnittlichen Bereich und somit hinter den meisten Industriestaaten, teilweise sogar hinter Schwellenländern (Stanat 8). Infolgedessen begann in der Bundesrepublik eine rege Diskussion darüber, woraus diese enttäuschenden Ergebnisse resultieren und wie man die Schulbildung, insbesondere hinsichtlich der Chancengleichheit, künftig verbessern könne. Im Zuge einer dringlich benötigten Veränderung, wurde unter anderem in Bayern im Jahr 2008 - im Vergleich zum bisher neunjährigen - das achtjährige Gymnasium einschließlich veränderter Lehrpläne stufenweise eingeführt, welche seit dem Schuljahr 2010/2011 für die fünfte bis zwölfte Jahrgangsstufe gelten. Im Rahmen des achtjährigen Gymnasiums (G8) wurden sogenannte Intensivierungsstunden neu eingeführt sowie Bildungsstandards für einzelne Schulfächer vereinbart ("Lehrplan des achtjährigen Gymnasiums").

Da durch die internationalen Schulleistungsstudien in den Teilnehmerländern die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in Bezug auf deren Bildung im Allgemeinen und speziell auf die jeweiligen Schulsysteme erregt wurde, stellt sich offensichtlich die Frage, inwiefern sich der Aufbau sowie die Struktur besonders der weiterführenden Bildungswege unterscheiden und welchen Hintergrund die ungleichen Ergebnisse Deutschlands, der USA und Großbritanniens in der Sekundarstufe haben könnten.

2. Die Schulsysteme Deutschlands, der USA und Großbritanniens in der Sekundarstufe

2.1 Das deutsche Schulsystem

2.1.1 Historische Entwicklung (D)

2.1.1.1 Von den Anfängen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts

Die ersten Vorläufer heutiger Schulmodelle entstanden bereits vor dem Mittelalter in Europa und wurden durchgängig von geistlichen Institutionen geführt, so dass mit der Zeit sogenannte Kloster- und Domschulen weit verbreitet waren. Geprägt von religiösen Inhalten entsprach die dort vermittelte Bildung jedoch nach und nach nicht mehr den Anforderungen der aufstrebenden, weltlichen Städte, welche seit dem 12. Jahrhundert vermehrt gegründet worden waren. Infolgedessen wuchs in Deutschland eine neue Schicht von vermögenden Kaufleuten heran, die wegen ihrer Tätigkeit auf Schrift und weltliche Bildung angewiesen waren. Ähnlich wie ihre kirchlichen Vorgänger, gründeten die Kaufleute neue weltliche Rats-, Latein- oder auch Trivialschulen, in denen ebenfalls von Theologen in Lateinischer Sprache unterrichtet wurde, jedoch mit dem Unterschied, dass die Schwerpunkte auf einen weltlichen Beruf ausgerichtet waren. In den später entstandenen deutschen oder auch Schreibschulen behandelte man vermehrt in den jeweiligen Landessprachen hauptsächlich elementare Inhalte, das heißt Lesen, Schreiben und Rechnen. Das übliche Schuleintrittsalter lag damals zwischen sechs und sieben und mit maximal vierzehn Jahren, oft aber weitaus früher, endete meist die Schullaufbahn (Konrad 37 - 38).

In den folgenden Epochen der Renaissance und der Reformation verlor die Kirche immer mehr ihre Monopolstellung der Bildung durch die Gründung vieler Stadtschulen sowie durch die entstehenden Territorialstaaten. Da nun mehr und mehr Macht auf die Landesherren überging, regelten diese letztlich auch die Organisation der Schule. Schließlich kam es zu einer Spaltung der Kirche, die unwillentlich von Martin Luther, welcher lediglich "die Religion zu einer reinen Herzenssache (...) ohne äußerliche Regelung und Regierung" machen wollte, ausgelöst wurde. Hierdurch mussten die geistlichen Institutionen endgültig ihre Vorherrschaft hinsichtlich der Schule aufgeben. Allerdings brachte diese Zwangslage die Kirche dazu, verstärkt auf sich aufmerksam zu machen, sei es durch die Bibelübersetzung oder durch den Versuch, bereits Kindern ihren Glauben nahe zu bringen. Die Reformatoren forderten daher, Jugendliche regelmäßig in Bereichen der Bibel sowie anderen religiösen Inhalten zu unterrichten. Dabei bat die Kirche zusätzlich den Landesherren, welcher nach Einführung der staatlichen Landeskirche nun auch Oberster Bischof war, um Unterstützung. Mit dem Hintergedanken des eigenen Nutzens, die Bürger noch weiter an die gewählte Religion und somit den Staat selbst zu binden, willigte dieser ein. Deshalb fungierte die Schule vorerst als Mittel, den Bürgern von Anfang an Gehorsam, Disziplin und Unterwürfigkeit gegenüber dem Staat beizubringen (Borgius).

Mit dem 17. Jahrhundert und dem Realismus begann ein allgemeiner Umbruch in allen Lebensbereichen und somit auch in der (Schul-)Bildung gegenüber der Tradition, die dazu führte, dass sich der Mensch bewusst wurde, welche Möglichkeiten und welches Potential sich hinter seinen Fähigkeiten und seinem Denken befinden. Außerdem machte man hierdurch zahlreiche Entdeckungen, welche die Welt und ihre Phänomene beweisen und erklären konnten, womit auch der Grundstein für heutige Wissenschaften gelegt wurde. Durch Bischof Johann Comenius nahm die Entwicklung der Schule weiter ihren Lauf, einerseits durch die voranschreitende Institutionalisierung, andererseits durch das erste Schulsystem, welches in vier Stufen unterteilt war und das nach dem Gebot "allen alles gründlich zu lehren" (omnes omnia omnino) Kindern und Jugendlichen aller Gesellschaftsschichten eine Teilnahme am Unterricht ermöglichte (Delvaux de Fenffe).

Im Verlauf des 18. Jahrhunderts schritt die Veränderung hin zu einem freien, vernünftigen Denken weiter fort, was durch die Bewegungen der Aufklärung, des Kapitalismus und der später folgenden Industrialisierung begünstigt und in der Gesellschaft verankert wurde. Darüber hinaus verlor der Adel kontinuierlich an Macht, da sich das Bürgertum, unter anderem durch seine Bildung, einen Platz in der Gesellschaft erarbeitete, was zum Beispiel in Frankreich sogar zu einer Revolution führte. Zudem bildete sich die Pädagogik als eigenständige Disziplin heraus und verfolgte das Ziel einer Erziehung, aus welcher "der aufgeklärte, zum mündigen Handeln berufene Mensch" (62) heranwachsen sollte. Mehrere teilweise heute noch bedeutungsvolle und einflussreiche pädagogische Konzepte wurden zu dieser Zeit entwickelt und waren Vorreiter eines modernen Schulwesens und einiger Unterrichtsmethoden. Um diese Entwicklung voran zu treiben, galt damals die Schule als wichtigstes Instrument der Pädagogik zur Umsetzung ihrer Vorstellungen, so dass eine Vielzahl sogenannter Reformschulen entstand, in denen pädagogische Versuche und Experimente angewendet wurden (Konrad 61 - 62).

Da zwischen den ländlichen und urbanen Gebieten jedoch noch erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Bildung und des Ausbaus von Schulen bestanden, wurde tatkräftig daran gearbeitet, das Schulwesen zu verstaatlichen und somit durch eine Zentralisierung überall gleiche Bedingungen zu schaffen. Durch allgemeine Verwaltungsreformen und daraus resultierende Behörden, welche den Unterricht kontrollieren und verpflichtend machen wollten, wurde diese Entwicklung weiter vorangetrieben. Im Zuge dieser Bewegung versuchte man außerdem im 19. Jahrhundert nach der Etablierung der ersten Volksschulen eine allgemeine Schulpflicht einzuführen. Die kontinuierliche Standardisierung des Schulwesens weitete sich aus, beispielsweise indem Verwaltungsebenen "nicht nur (...) die Kontrolle der Schulpflicht, sondern auch (...) der Stundentafeln, den Aufbau von Lehrplänen, ja sogar (...) die Baupläne für die Errichtung von Schulen" (163) vorgaben. Diese Periode war geprägt von dem Versuch, das Schulwesen seitens des Staates weiter auszubauen sowie auch den Lehrberuf und dessen Ausbildung zu stärken (Fend 161 - 163).

Die ersten Schritte in Richtung modernes Schulsystem machte dabei die unter anderem durch den damaligen Chef der Sektion für Kultus und Unterricht im preußischen Innenministerium Wilhelm von Humboldt vertretene Elementarschule als Vorläufer der Grundschule. Sowohl aufgrund einer ansteigenden Geburtenrate und folglich auch einer erhöhten Anzahl an zu unterrichtenden Kindern als auch wegen der steigenden Schülerzahlen sowie mit der Einführung allgemeinverbindlicher - jedoch noch sehr eingeschränkter - Lehrpläne durch das preußische Kultusministerium nahm die Ausbreitung eines gut verknüpften Schulwesens seinen Lauf (Hamann 138).

Bereits im 16. Jahrhundert entstanden von staatlicher Seite aus überwiegend in den evangelischen Gebieten Deutschlands h ö here Schulen. Diese Entwicklung verbreitete sich im 18. Jahrhundert über das ganze Land, teilweise auch weil um 1800 viele Klosterschulen und somit die geistlichen höheren Bildungsstätten als Konkurrenz verschwanden. Der Staat kümmerte sich anfänglich zwar um das höhere Schulwesen nicht in gleichem Maße wie um die Elementarschulen, dennoch nahm er Einfluss darauf, etwa mit dem ersten Abiturreglement 1788 in Preußen. Dieses schrieb jedoch bis zum zweiten Reglement 1812 nur Schülern aus ärmlichen Verhältnissen eine Abiturprüfung vor, sofern diese ein Stipendium erhalten wollten. Mit dem zweiten Abiturreglement wurde die Prüfung zur Voraussetzung für den Staatsdienst als höherer Beamter, nicht aber für einen Universitätsbesuch, sowie zur Grundlage für die Bezeichnung Gymnasium für alle Latein- und Gelehrtenschulen. Den Grundstein für die heutige Regelung, dass ohne Abitur kein Universitätsstudium angetreten werden kann, legte ein weiteres sogenanntes "Reglement für die Prüfung der zu den Universitäten übergehenden Schüler" (Freisel 54) im Jahre 1834, womit die neuen Gymnasien das Monopol auf Abiturberechtigung besaßen. Ebenso wurde für zukünftige Lehrkräfte an höheren Schulen eine einheitliche vom Staat gestellte Abschlussprüfung eingeführt, welche das höhere Schulwesen nachfolgend entscheidend standardisierte und als Ursprung der heutigen Staatsexamina angesehen werden kann (Konrad 75 - 76).

Des Weiteren bildete sich im 19. Jahrhundert die erste Form eines Gymnasiums und zwar das humanistische, welches sich inhaltlich auf philosophische Bildungsvorstellungen der deutschen Klassik konzentrierte und bis zur Jahrhundertwende, als auch weitere Schulen mit beispielsweise naturwissenschaftlichem Schwerpunkt folgten, als einzige Institution zur Vergabe des Abiturs berechtigt war. Wie bereits erläutert legten die durch Wilhelm von Humboldt zum Anstoß gebrachten Abiturreglements, welche die sogenannte "Prüfung an gelehrten Schulen" einführten, den Grundstein für die heute noch gültige Verbindung und den Übergang zwischen Gymnasium und Universitätsstudium. Auch wenn Wilhelm von Humboldt oft als Initiator der Neugründung des preußisch-deutschen Gymnasiums gesehen wird, darf nicht fälschlicherweise davon ausgegangen werden, dass er der Gründer dieser Schulen war. Obwohl seine neuhumanistische Bildungstheorie starken Einfluss auf die Entwicklung und Etablierung des Gymnasiums in Deutschland nahm, vertrat er vielmehr ein dreigliedriges Bildungsmodell von elementarer bis hin zu universitärer Bildung ohne ein Gymnasium. Im Mittelpunkt standen zunächst vor allem Latein und anfänglich auch Griechisch aufgrund der neuhumanistischen Idee, sich an den dazugehörigen vergangenen Kulturen zu orientieren und nicht, wie zuvor um theologische Ziele zu verfolgen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelten sich somit die Thematiken der antiken, christlichen und letztendlich auch der deutschen Kultur einschließlich ihrer Literatur zum Hauptgegenstand der gymnasialen Lehrpläne (Freisel 51 - 55).

Neben anderen Fächern wie Mathematik, Französisch, Geschichte, Geographie und Naturkunde, bildeten diese die Grundlage für die in den Gymnasien angestrebte allgemeine Bildung, wobei die Religionslehre in den Hintergrund gedrängt wurde. Nun lag der Fokus mehr auf dem "neuhumanistischen Ideal der Allgemeinbildung" (Konrad 78 - 79), auch wenn die alten Sprachen zu Beginn noch den Großteil des Unterrichteten ausmachten. Obwohl im Anschluss lediglich auf das Verständnis Wert gelegt wurde, zeigt zum Beispiel die Tatsache, dass bis 1892 ein Abituraufsatz in lateinischer Sprache geschrieben werden musste, deren damaligen Stellenwert. Aufgrund der weiter fortschreitenden Entwicklung und der ansteigenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der sogenannten "realistischen Fächer", wie etwa Mathematik, Geschichte oder moderne Fremdsprachen, bestand zeitweise ein direktes Konkurrenzverhältnis der Anteile des Lehrplans und des Lernbudgets zum humanistischen Bereich, welches erst Ende des 19. Jahrhunderts in einer gleichwertigen Verteilung resultierte. Alles in allem wurde jedoch der Unterschied zwischen Volksschule und Gymnasium durch die Standardisierung und Institutionalisierung der höheren Schulen immer größer, so dass das "19. Jahrhundert (...) die Epoche der Alleinherrschaft des humanistischen Gymnasiums" darstellte (Fend 175 - 176).

Dennoch standen bereits im 18. Jahrhundert dem Gymnasium alternative Schulformen gegenüber. So wurde im Jahr 1706 erstmals eine Realschule eröffnet, der 1747 die erste Realschule mit ökonomisch-mathematischem Schwerpunkt folgte, welche von Johann Julius Hecker in Berlin gegründet wurde. Diese Vorreiter gaben den Anstoß zur Entstehung weiterer Real-, Bürger- und Mittelschulen, welche die Grundlage allgemeiner Bildung darstellten. Im Gegensatz zum Gymnasium, wirkten diese aber auch als eine Vorbereitung auf das anschließende Berufs-, Wirtschafts- und Gesellschaftsleben, was jedoch oft auch als zu praxisorientiert kritisiert wurde. Ebenso wie die höheren Schulen profitierten die realistischen Schulen seit 1872 einheitlich Mittelschulen genannt vom ansteigenden Wohlstand und wirtschaftlichem Aufschwung hinsichtlich der Nachfrage nach Bildung, welcher bis zum ersten Weltkrieg anhielt (Wollenweber 9).

Durch die angeordnete Anschaffung von unterschiedlichen Materialien wie Zirkel, Lineal, Waagen und Gewichten wurde der Unterrichtsinhalt der praxis- und berufsbezogenen Realschule in Halle, die Christoph Semler Anfang des 18. Jahrhunderts als "eine Art Vorbereitungsschule für Handwerker" gründete, unterstützt. Der Waisenhausgründer und Universitätslehrer August Herrmann Francke, der ein Vertreter der damaligen Realschule war, ordnete diese zwischen den Elementarschulen und dem Gymnasium ein und deutete somit unter anderem auf anschließende Berufe im produzierenden Bereich hin. Da die erste Realschule in Halle bereits nach einigen Jahren wieder schließen musste, griff die ökonomisch-mathematische Realschule in Berlin deren Idee auf und führte diese innovative Schulform erfolgreich weiter, denn bereits 1750 erhielt sie die institutionelle Legitimation und unterrichtete mehrere berufsorientierte Klassen. Infolgedessen füllte die Realschule eine bis dahin bestehende Nische zwischen höheren und niederen Schulen, einerseits als "Spezialschulen für eine spezifische Schicht handwerklicher Aufsteiger", andererseits als "Vorform einer Gewerbe- und Techniker-Fachschule". Der Realschule stand zu dieser Zeit die Bürgerschule zunächst konkurrierend gegenüber, denn diese stellte ebenfalls eine Institution der Mitte dar. Auch wenn diese beiden Bezeichnungen häufig gleichbedeutend verwendet werden, bestand in der Praxis ein Unterschied: die Realschule versuchte die Schüler durch erweiterte Allgemeinbildung auf die Lebenspraxis vorzubereiten, wobei die Bürgerschule eher mit fach- und berufsspezifischem Fokus unterrichtete (Rekus 16 - 20).

Mit der ersten Prüfungsordnung für mittlere Schulen, der "Vorläufigen Instruktion für die an den höheren Bürger- und Realschulen anzuordnenden Entlassungsprüfungen", dem Pendant zu den Abiturreglements, wurden diese staatlich als unabhängige Schulformen in Preußen anerkannt. Hierdurch erlangten auch die Bürgerschulen, welche als gescheiterte höhere Schulen nicht zur Vergabe des Abiturs berechtigt waren, den Status einer eigenständigen Institution. Man versprach sich damit eine gleichmäßigere Verteilung der expandierenden Schülerzahlen, dementsprechend eine Entlastung der Gymnasien und eine gezieltere Vorbereitung auf den weiteren Verlauf des Studenten- oder Berufslebens (Konrad 82 - 83).

Während die mittleren und höheren Schulen immer populärer und dadurch mehr unterstützt und aufgebaut wurden, hing die Volksschule in der Entwicklung hinterher. Jedoch gab es einige Vertreter, die für die Notwendigkeit einer niederen Schule einstanden und so waren diese, wie zum Beispiel Diesterweg, Wander und Tews, der "Auffassung, dass jedem jungen Menschen ohne Rücksicht auf soziale Herkunft und wirtschaftliche Lage (...) der Zugang zu allen weiterführenden Schulen offenstehen müsse". Infolge dieser Forderung und der zunehmenden Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert kam es zu einer Ausdehnung der Volksschulen und der Lehrerausbildung. Dessen ungeachtet litt die Reputation darunter, dass diese Schulform hauptsächlich von Arbeiterkindern und der Unterschicht besucht wurde, so dass man diese auch als "besonders erziehungsbedürftig" betrachtete. Aufgrund des Rufes als niedrigste Schulform war die Volksschule von der Gesellschaft nicht besonders angesehen und somit sanken auch die Leistungen der Schüler (Rekus et al. 210 - 211).

Kurz vor der Jahrhundertwende standen also die drei Säulen des deutschen Bildungswesens in Form von Volks- und Realschule sowie dem Gymnasium. Ergänzt wurden diese zum Beispiel durch Realgymnasien, welche - im Gegensatz zum Gymnasium - sich auf Latein und moderne Fremdsprachen und nicht auf Griechisch konzentrierten. Ebenso bestanden einige Oberrealschulen, die den Fokus auf naturwissenschaftliche Fächer legten (Konrad 80). Schließlich kann man nach den Entwicklungen des 19. Jahrhunderts, wie Konrad, behaupten, dass "an der Wende zum 20. Jahrhundert (...) das gegliederte Schulwesen, so wie wir es bis heute kennen" (62) in der deutschen Gesellschaft verankert war.

2.1.1.2 Entwicklungen im 20. Jahrhundert

Unter Kaiser Wilhelm II. wurde 1889 durch einen Erlass die Schule mit den Aufgaben betreut, den Charakter der Schüler zu bilden, sie auf das Leben vorzubereiten, ihnen Kultur sowie die Geschichte Deutschlands und erstmals wirtschaftliche und sozialpolitische Inhalte nahezubringen. Geprägt von den damaligen politischen Strömungen veränderte sich die staatliche Schulpolitik bis zum Ende des Kaiserreichs 1918 nicht nennenswert. Die mittlere Schule bestand nun aus neun Jahrgangsstufen mit einem einheitlichen Curriculum, welches je nach Anforderung allerdings noch erweitert werden konnte. Beginnend 1900 in Preußen, bekam das Gymnasium starke Konkurrenz und musste sein Vorrecht auf das Abitur sowie eine Anzahl potentieller Schüler durch die Gleichstellung an Oberrealschulen und Realgymnasien abtreten. Obwohl die höheren Schulen eine deutlich ungleichmäßigere Struktur aufwiesen, gab es zwischen den Ländern wegen gegenseitiger Anerkennung der jeweiligen Schulabschlüsse keinerlei Probleme (Hamann 209 - 213).

Nach dem 1. Weltkrieg, also in der Zeit der Weimarer Republik von 1918 bis 1933, war die schulpolitische Landschaft gekennzeichnet von Unstimmigkeiten der Parteien und dementsprechend scheiterte auch der Versuch einer Zentralisierung im Deutschen Reich. Folglich blieb die Schulpolitik bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten Angelegenheit der einzelnen Länder. Eine deutliche Reform wurde mit dem Reichsgrundschulgesetz 1920 erlassen, welche die vierjährige Grundschule verpflichtend für alle Kinder einführte. Der Versuch, im Anschluss an die Novemberrevolution 1918 eine Einheitsschule durchzusetzen und dadurch die bis dahin bestehenden drei Schulformen der Sekundarstufe abzuschaffen, schlug teilweise auch wegen der starken Position des Gymnasiums fehl. Im mittleren Schulwesen entwickelte sich die endgültige Form der gegenwärtig bekannten Realschule, bestehend aus sechs Jahrgangsstufen mit anschließender Abschlussprüfung, welche seit 1927 Mittlere Reife genannt wurde. Das höhere Schulwesen wurde kurzzeitig ergänzt durch eine Deutsche Oberschule, die im Anschluss an die siebte Klasse über sechs Jahre zum Abitur führte (Konrad 87 - 90).

Nachfolgend prägten die Nationalsozialisten die Landschaft des deutschen Schulsystems bis 1945, indem sie ihre Ideologie zum Hauptbestandteil des Unterrichts machten. Obwohl an der eigentlichen Struktur des Schulwesens grundsätzlich nichts geändert wurde, gab es in deutschen Schulen gravierende Einschnitte: einerseits wurden nach und nach alle jüdischen Lehrkräfte aus dem Schuldienst abgezogen, andererseits wurde als neue Anforderung zum Übertritt an höhere Schulen die "Rassenzugehörigkeit" vorausgesetzt (Delvaux de Fenffe).

Mit der Aufteilung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg in vier Besatzungszonen bildeten sich zwei unterschiedliche Richtungen im Bildungswesen. In den Zonen der westlichen Besatzungsmächte USA, Großbritannien und Frankreich schloss man an die Weimarer Republik an und somit blieb die sogenannte "Kulturhoheit" bei den einzelnen Ländern, welche durch die 1948 gegründete Kultusministerkonferenz unterstützt wurden. Es halfen auch andere Institutionen bei der Neugestaltung und dem Aufbau des deutschen Schulwesens mit, wie zum Beispiel der Deutsche Ausschuss f ü r das Erziehungs- und Bildungswesen, der 1965 vom Deutschen Bildungsrat abgelöst wurde. Hingegen prägte in der Besatzungszone der Sowjetunion die Ideologie der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) das zentralisierte Schulsystem der späteren Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Später gelenkt durch das Ministerium f ü r Volksbildung, entstand die verpflichtende Polytechnische Oberschule (POS), welche den Schülern in zehn Jahrgangsstufen eine breite Allgemeinbildung vermitteln sollte (Jonen 27 - 28).

Nach einigen Versuchen der westlichen Besatzungsmächte, das deutsche Schulwesen nach ihrem eigenen Vorbild zu gestalten, vereinbarten die Bundesländer im D ü sseldorfer Abkommen von 1955, dass ein einheitliches dreigliedriges Schulsystem bestehend aus Volksschule, Mittelschule und Gymnasium in Deutschland vorgeschrieben ist. Diese Struktur galt bis Mitte der 1960er Jahre als verbindlich, bis durch das Hamburger Abkommen der Länderregierungen wieder neue Schulmodelle ermöglicht wurden. Insgesamt gesehen legte die Nachkriegszeit den Grundstein für das heutige Schulwesen und für die Bildungsexpansion in den darauffolgenden Jahren. Im Alter von sechs Jahren begann die Schulpflicht mit dem Besuch der vierjährigen Grund- oder Volksschule. Die Sekundarstufe unterteilte sich in unterschiedliche Formen der Halbtagsschule, nämlich die vier- bis fünfjährige Volksschuloberstufe, verschiedene Varianten der Mittelschule - welche später einheitlich Realschule genannt wurden - sowie dem Gymnasium, so dass "mit dem Übergang von der Grundschule zu einer Sekundarschule oftmals früh die Weichen für das Leben des Einzelnen gestellt" wurden (Baumert 115 - 118).

Aufgrund steigender Kritik am Bildungswesen der Bundesrepublik insbesondere hinsichtlich der mangelnden sozialen Chancengleichheit, unter anderem auch angetrieben durch das Werk Die deutsche Bildungskatastrophe von Georg Picht, kam es nach heftiger Diskussion zum Entwurf einer Bildungsreform (Delvaux de Fenffe). Durch den Vorschlag vom Deutschen Ausschuss f ü r das Erziehungs- und Bildungswesen wurde 1958 der Grundstein für eine Teilung der Volksschule gelegt. Die neue Hauptschule, welche offiziell als Bezeichnung für die bisherige Volksschuloberstufe beim Hamburger Abkommen 1964 erstmalig erschien, wurde Ende der 1960er Jahre eingeführt und sollte damals den anderen Schularten der Sekundarstufe durch eine gleichmäßige Verteilung der Hauptfächer Englisch, Mathematik und Deutsch sowie Arbeitslehre angeglichen werden (Rekus et al. 221 - 222).

Nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz von 1953 bestanden vier- sowie sechsstufige Realschulen beginnend in der fünften beziehungsweise siebten Jahrgangsstufe. Ebenfalls durch das Hamburger Abkommen wurden für die Realschulen Lehrpläne festgelegt, welche nun das Ziel verfolgten, durch insgesamt zehn Jahre Schule "in wissenschaftliche Denkformen einzuführen, als Vorbereitung auf das höhere Fachschulstudium" (Rekus 26). Didaktisch bezog sich die Realschule künftig wieder auf die praktische Realität und wurde somit zu einer "Schule der realistischen Grundausbildung" (21). Zudem sollte für Schüler nach der Mittleren Reife die Möglichkeit bestehen, neben einer anschließenden Berufsausbildung wahlweise auch den direkten Übergang an die Oberstufe eines Gymnasiums und letztendlich zum Abitur zu vollziehen. In den 1960er Jahren führte ein Anstieg der Schülerzahlen dazu, dass deren breitgefächerten Begabungen vielfältige Wahlpflichtbereiche entgegengebracht und mit der Einführung der zweijährigen Fachoberschule 1969 schließlich ein einheitlicher Übergang zu H ö heren Fachschulen - später Fachhochschulen - geregelt wurde (Wollenweber 21 - 22).

Auch das Gymnasium war in Anlehnung an die Weimarer Republik im traditionellen Sinn wieder auferstanden und kehrte somit - entgegen der allgemeinen Modernisierung der damaligen Zeit - zum neuhumanistischen Bildungsideal zurück. Um einer allgemeinen Grundbildung sowie gleichzeitig einer Förderung der individuellen Begabung gerecht zu werden, bildeten sich in den 50er Jahren sowohl unterschiedliche Formen als auch Zweige innerhalb der jeweiligen Gymnasien. Durch die Rahmenvereinbarung zur Ordnung des Unterrichts auf der Oberstufe der Gymnasien 1960 sowie durch die Stuttgarter Empfehlungen im darauffolgenden Jahr veranlasste man, dass die bisherige Stofffülle reduziert und die Wahlmöglichkeiten der Gymnasiasten erweitert werden sollten. Mit dem Strukturplan f ü r das Bildungswesen von 1970 schien das Gymnasium durch die Idee der Angleichung sämtlicher Schularten sowie durch die erstmalige Diskussion über eine Gesamtschule ins Schwanken zu geraten, jedoch wurde es unter anderem durch die Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe mit der Bonner Vereinbarung von 1972 wieder gestärkt (Freisel 60 - 64).

Trotz alledem entstanden um 1970 herum in Anlehnung an die amerikanische High School und die britische Comprehensive School in einem Versuch die ersten Gesamtschulen in Deutschland, welche sich allerdings von den Einheitsschulen der DDR deutlich abgrenzen wollten. Dabei unterschieden sich zwei Typen: einerseits die integrierte Gesamtschule, welche als Ersatz der drei traditionellen Schulformen Schüler aus allen Leistungsbereichen in einer Institution vereinte, andererseits die kooperative Gesamtschule, welche aus Haupt- und Realschule sowie Gymnasium bestand, aber in einem Zentrum vereint und sowohl organisatorisch als auch curricular verbunden war (Baumert 306).

Erstmalig Anfang der 1970er Jahre wurde mit der Bund-L ä nder-Kommission f ü r Bildungsplanung (BLK) eine gemeinsame Institution von Bund und Ländern zur Planung des Bildungswesens gegründet. Mit dem Bildungsgesamtplan sollte das gesamte Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland einheitlich geregelt werden, allerdings wurde dieser aufgrund mangelnder Mittel sowie Uneinigkeiten 1982 wieder eingestellt (Jonen 28). Nach einem Rückgang der Bildungsexpansion in den 80er Jahren und der steigenden Anzahl an Realschulabsolventen, die anschließend direkt den Übergang in eine Berufsausbildung vollzogen, bedurfte es einer weiteren Orientierung an der realen Arbeitswelt. Folglich wurden verschiedene Maßnahmen getroffen, wie zum Beispiel die Einführung des Wahlpflichtbereiches Naturwissenschaft/Technik oder der Durchführung von Betriebserkundungen und -praktika (Wollenweber 53).

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 standen die neuen Bundesländer vor der Aufgabe, sich in das Bildungssystem West-Deutschlands zu integrieren. Infolgedessen entstanden dort ebenfalls Kultusministerien, welche sich im Sinne eines einheitlichen Schulsystems der bereits bestehenden Kultusministerkonferenz der Bundesrepublik anschlossen, so dass 1992 schließlich das gegliederte Schulwesen in den neuen Bundesländern eingeführt werden konnte (Jonen 29). Allerdings unterschieden sich die Sekundarstufen Ost-Deutschlands teilweise von denen der Bundesrepublik: so wurde in einigen Gebieten die Haupt- und Realschule zusammengefasst, teils begann eine weiterführende Schule erst nach sechs Jahren Grundschule und vor allem die Gesamtschule erfreute sich großer Beliebtheit (Konrad 115). Es folgte außerdem eine Diskussion über die Ausgestaltung des Gymnasiums und des Abiturs als Grundlage für den Zugang zu einer Universität, welche mit der Bestätigung des bisherigen Aufbaus und der Inhalte durch die Richtungsentscheidungen der Kultusministerkonferenz von 1995 beendet wurde (Freisel 64).

2.1.1.3 Der Beginn des neuen Jahrtausends

Aufgrund der fortschreitenden Differenzierung deutscher Schulen, insbesondere im Bereich der Sekundarstufe, welche zudem von der Bildungspolitik unterstützt wurde, und der gleichzeitig geforderten nationalen einheitlichen Qualifikationen der Schülerinnen und Schüler, wurde bald die Notwendigkeit von Bildungsstandards und zentralen Abschlussprüfungen deutlich. Mit der von der OECD durchgeführten PISA- Studie wurden 2000 erstmals die genannten Standards, vor allem in den Bereichen mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung, Lesekompetenz sowie fachübergreifenden Kompetenzen, bei Schülern im Alter von 15 Jahren untersucht und international verglichen. Die Resultate sprachen nicht unbedingt für das Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland: zu Bedenken gaben unter anderem erhebliche Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Schülern sowie Schularten, ein hoher Anteil an sogenannten "Risikoschülern", also Schülern in der untersten Kompetenzstufe, die mangelnde Eingliederung von Schülern mit Migrationshintergrund und der starke Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und dem Leistungsniveau. Neben den PISA-Untersuchungen regten auch andere Testverfahren die Diskussion über das Bildungswesen an, wie zum Beispiel die Third International Mathematics and Science Study (TIMSS), die seit 1995 alle vier Jahre durchgeführt wird und welche die Kompetenzen von Schülern und Lehrern in Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern analysiert (Konrad 118 - 123).

Unter anderem brachten die Debatten der 2000er Jahre eine Bewegung innerhalb des Gymnasiums mit sich, welche sich anschließend auf dessen Grundstruktur auswirkte. Mit Ausnahme einiger anderer, in denen bereits vorher das achtjährige Gymnasium (G8) eingeführt wurde, begannen im Schuljahr 2004/2005 die meisten Bundesländer - teils auch schrittweise - damit, das bisher neunjährige Gymnasium um ein Jahr zu verkürzen, wodurch sich natürlich auch die Lehrpläne änderten. Dementsprechend kam es im Jahr 2012 vermehrt zum sogenannten doppelten Abiturjahrgang und somit auch zu einem Ansturm auf die Universitäten. Daher stand das verbindliche deutsche Schulsystem mit der Einführung des achtjährigen Gymnasiums, welches bereits im Jahr 2007 durch die KMK wieder eingeschränkt wurde, am Anfang des 21. Jahrhunderts ("Gymnasiale Oberstufe").

[...]

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Die Schulsysteme Deutschlands, der USA und Großbritanniens in der Sekundarstufe
Hochschule
Universität Bayreuth
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
65
Katalognummer
V209423
ISBN (eBook)
9783656650461
ISBN (Buch)
9783656650447
Dateigröße
1076 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schulsysteme, deutschlands, großbritanniens, sekundarstufe
Arbeit zitieren
Christian Roßmeier (Autor:in), 2012, Die Schulsysteme Deutschlands, der USA und Großbritanniens in der Sekundarstufe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209423

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