Geschworenengerichte im England des Spätmittelalters


Term Paper (Advanced seminar), 2009

20 Pages, Grade: 1


Excerpt


Inhaltsangabe

1. Einleitung

2. Fürstenspiegel
2.1 Historische Entwicklung
2.2 Funktion und Bedeutung

3. Das Rechtswesen des Spätmittelalters
3.1 Der König und die Institutionen
3.2 Englisches und kontinentales Recht im Vergleich

4. Die englischen Geschworenengerichte des Spätmittelalters
4.1 Der Sheriff
4.2 Die Jury

5. Fazit

6. Bibliographie

1. Einleitung

Diese Hausarbeit wird die Zusammenstellung und Arbeit der Geschworenengerichte im England des Spätmittelalters untersuchen. Dabei wird sich die Untersuchung hauptsächlich auf John Fortescues Fürstenspiegel „On the Laws and Governance of England“ stützen.

Zunächst wird dementsprechend die Textgattung der Fürstenspiegel genauer betrachtet und eingeführt werden, wobei sowohl die historische Entwicklung als auch Funktion und Bedeutung Gegenstand der Untersuchung sein werden.

Im Anschluss wird die Hausarbeit eine grobe Einordnung in den historischen Kontext vornehmen. Ein Vergleich mit dem kontinentalen Recht wird die Sonderstellung des englischen Rechtssystems im Spätmittelalter verdeutlichen.

Anschließend sollen zunächst das Amt des Sheriffs porträtiert und anschließend die Verfahren zur Zusammenstellung und Urteilsfindung einer Jury in England im Spätmittelalter analysiert werden.

Abschließend werden Stärken und Probleme der Geschworenengerichte anhand der gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst.

2. Fürstenspiegel

2.1 Historische Entwicklung

Die Tradition der Fürstenspiegel geht auf die Antike zurück und ist auch aus arabischen Ländern, Byzanz und China bekannt. Die ersten bekannten Texte dieser Art stammen aus Mesopotamien und Ägypten und lassen sich auf das 2. Jahrtausend v. Chr. datieren.[1] Frühmittelalterliche Fürstenspiegel unterscheiden sich aufgrund der christlichen Prägung von den antiken Vorbildern, zeichnen aber ein vergleichbares Bild des idealen Herrschers.[2]

Im für uns entscheidenden Hoch- und vor allem Spätmittelalter wurde die Tradition der Fürstenspiegel fortgesetzt, der Blickwinkel hatte sich allerdings verschoben. Während im Frühmittelalter die christlichen, kirchlich-dogmatischen Lehren die Texte beherrschen, hatten im Hoch- und Spätmittelalter verschiedene Einflüsse die Rolle der Fürstenspiegel verändert. Wichtig für diese Entwicklung waren vor allem:

„Die kirchlich-politische Auseinandersetzung innerhalb des Investiturstreits, das politische Erstarken einzelner europäischer ‚Nationen‘ und die Auswirkungen der Entwicklung der höfischen Kultur.“[3]

Im Spätmittelalter hatte sich die Veränderung des Herrscherideals bereits so weit verändert, dass neben den christlichen Werten, die die Ideale des Frühmittelalters bestimmt hatten, das höfische Ideal stark an Einfluss gewonnen hatte. Auch die Fürstenspiegel wurden von dieser Entwicklung nachhaltig geprägt. So wurden Erziehungs- und Bildungsanweisungen immer wichtiger und literarische Bildung sowie die höfische Erziehung fester Bestandteil der Fürstenspiegel dieser Zeit.[4] Insgesamt befassten sich die Handlungsanweisungen zunehmend mit weltlichen Themen wie „Administrativa, Fragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik und Kriegstechniken“.[5]

Eine englischsprachige Fürstenspiegeltradition entwickelte sich erst ab dem späten 14. Jahrhundert und kam im 15. Jahrhundert zu ihrem Höhepunkt:

„Erst im 15. Jahrhundert erlebte England ein ausgeprägteres Aufkommen dieser Literaturgattung, insbesondere in der Sprache des Mittelenglischen, fünf der sechs englischen Thronfolger wurde in dieser Zeit ein Fürstenspiegel gewidmet.“[6]

2.2 Funktion und Bedeutung

Die mittelenglischen Fürstenspiegel des 14. und vor allem 15. Jahrhunderts waren Objekte der öffentlichen Diskussion und fungierten oft als Grundlage der Meinungsbildung. Sie spiegelten und beeinflussten die Wahrnehmung und Überzeugungen der Teilnehmer des intellektuellen und politischen Feldes. Sie waren zum einen „eine Art politischer Informationsaustausch“[7] und zum anderen „eine Basis politischer Meinungsbildung“[8] und „Möglichkeit politischer Meinungsäußerung“[9]. Dass ein solches Medium im Spätmittelalter an Popularität gewann, ist aufgrund der unruhigen Verhältnisse jener Zeit wenig verwunderlich.

„Ereignisse wie die Absetzung Richards II. und die Rosenkriege dürften das Interesse an politischer Meinungsbildung und der Partizipation an politischen Diskussionen aller Mitglieder im politischen Feld gefördert haben.“[10]

Fürstenspiegel sind als historische Quellen heute sehr wertvoll. Zwar beschreiben die Handlungsanweisungen fast immer ein Ideal und nicht den Ist-Zustand jener Zeit, trotzdem ist ihre Aussagekraft für die wissenschaftliche Untersuchung sehr groß. Die Idealbilder spiegeln die Überzeugungen und Prinzipien der Zeit und lassen somit auf die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse schließen. Zudem stellen Fürstenspiegel oft die bereits vorhandenen Systeme in ihrer Idealausprägung dar. Zudem fungierten sie für König und Herrscher auch als Legitimationsmöglichkeit.

„Fürstenspiegel und ihre Modelle herrscherlichen Handels können exemplarisch zeigen, daß die Schriftlichkeit und ihr Gebrauch über die hier dargestellten Funktionen sozial identitätsstiftend und distinktiv wirkten. Sie bieten den Königen und Fürsten die Möglichkeit, gemäß ihre[r]s[11] gesellschaftlichen Status herrscherlich zu handeln und sich so von den Inhabern anderer sozialer Positionen abzugrenzen.“[12]

3. Das Recht im Spätmittelalter

3.1 Der König und die Institutionen

Anders als auf dem europäischen Kontinent war die Regierungsform in England keine rein „königliche“ mehr, sondern teilte die Macht zwischen König und Institutionen, insbesondere dem Parlament, auf. John Fortescue[13] bezeichnete diese Regierungsform in „On the Laws and Governance of England” als „political and royal government”[14] (dominium politicum et regale). Dem gegenüber stellte er das „only royal government”[15] (dominium regale) des französischen Königs. Fortescue schrieb seinen Fürstenspiegel als Dialog zwischen einem Kanzler, welcher vermutlich Fortescue selbst sein soll[16] und Edward, Prinz von Wales.

Während im nur „königlich“ regierten Frankreich der Wille des Königs Gesetz war, konnte der englische Herrscher nicht ohne die Zustimmung der entsprechenden Institutionen und der Betroffenen entscheiden:

„[…] he himself is not able to change the laws without the assent of his subjects nor to burden an unwilling people with strange impositions, so that, ruled by laws that they themselves desire, they freely enjoy their goods, and are despoiled neither by their own king nor any other.”[17]

[...]


[1] Vgl. Graßnick, Ulrike: Ratgeber des Königs. Fürstenspiegel und Herrscherideal im spätmittelalterlichen England, S. 51.

[2] Vgl. Graßnick, S. 53.

[3] Graßnick, S. 55.

[4] Vgl. Graßnick, S. 57.

[5] Graßnick, S. 57.

[6] Graßnick, S. 60 f.

[7] Graßnick, S. 62.

[8] Ebd..

[9] Ebd..

[10] Graßnick, S. 63.

[11] Bei Graßnick steht fälschlicherweise „ihrer“, es sollte aber „ihres“ heißen.

[12] Graßnick, S. 72.

[13] Fortescue war Verfassungsgelehrter, Schriftsteller und unter Heinrich VI. oberster Richter am könglichen Gericht. Vgl. Sarnowsky, Jürgen: England im Mittelalter, S. 198.

[14] Fortescue, John: On the laws and governance of England, S. 51.

[15] Ebd., S. 49.

[16] Vgl. Fortescue, S. 4, Fußnote 3.

[17] Fortescue, S. 17.

Excerpt out of 20 pages

Details

Title
Geschworenengerichte im England des Spätmittelalters
College
University of Hamburg
Grade
1
Author
Year
2009
Pages
20
Catalog Number
V209390
ISBN (eBook)
9783656370833
ISBN (Book)
9783656370772
File size
503 KB
Language
German
Keywords
Rechtsgeschichte, England, Spätmittelalter, Geschworenengerichte, Justiz, Geschichte, Mittelalter, Geschworene, John Fortescue, Fürstenspiegel
Quote paper
Sophie Pahl (Author), 2009, Geschworenengerichte im England des Spätmittelalters, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209390

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