Balance Sheet Recessions in Europa

Betrachtung von Lösungsansätzen


Bachelorarbeit, 2012

46 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Analyse des Leverage Zyklus
2.1 Der Weg in die Bilanzrezession – ein Modell des Leverage Zyklus
2.1.1 Modellannahmen und -aufbau
2.1.2 Analyse im zweiperiodigen Modell
2.1.3 Analyse im dreiperiodigen Modell
2.1.4 Diskussion der Ergebnisse des Leverage Zyklus
2.2 Die Rolle des Zinsniveaus
2.3 Anwendung des Leverage Zyklus auf den Sektor der Nichtfinanzunternehmen

3 Europa in der Bilanzrezessionen
3.1 Definition Bilanzrezession
3.2 Makroanalyse des Sektors der Nichtfinanzunternehmen
3.2.1 Die japanische Bilanzrezession
3.2.2 Analoge Entwicklungen in Europa
3.2.3 Analyse der Finanzierungssalden
3.2.3.1 Konzeption
3.2.3.2 Analyse der Volkswirtschaften
3.2.4 Abschließende Diskussion
3.3 Mikroanalyse des Sektors der Nichtfinanzunternehmen

4 Wege aus der Bilanzrezessionen statt in die Depression
4.1 Das Wirken der Geldpolitik
4.2 Das Wirken der Fiskalpolitik
4.3 Unternehmensspezifische Politikinterventionen

5 Kritische Würdigung anhand der Lehren aus der japanischen Bilanzrezession

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kategorisierung der Agenten

Abbildung 2: Wahrscheinlichkeitsbaum im zweiperiodigen Modell

Abbildung 3: Wahrscheinlichkeitsbaum im dreiperiodigen Modell

Abbildung 4: Fiskalstimuli ersetzen die Nachfrage der Nichtfinanzunternehmen

Abbildung 5: Leverage Zyklus der europäischen Nichtfinanzunternehmen

Abbildung 6: Spanien befindet sich in einer Bilanzrezession

Abbildung 7: Irland befindet sich in einer Bilanzrezession

Abbildung 8: Großbritannien befindet sich in einer Bilanzrezession

Abbildung 9: Verschuldung im Verhältnis zu Finanzaktiva der Nichtfinanzunternehmen

Abbildung 10: Verschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital der Nichtfinanzunternehmen

Abbildung 11: Schulden- und Zinslast der Nichtfinanzunternehmen

Abbildung 12: Erfolglose geldpolitische Internvention in Japan

Abbildung 13: Kapitalmarktzinsen und Staatsschuldenquoten der betrachteten Staaten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„[…] nothing is worse than fiscal consolidation when a sick private sector is

minimizing debt.“ [1]

Richard Koo, Chefvolkswirt des Nomura Research Institute in Tokio

1. Einleitung

Die Bedeutung des Konzepts der Balance Sheet Recession, einer Bilanzrezession, im europäischen Wirtschaftsraum ist allgegenwärtig. Der Begriff wurde vom japanischen Ökonom Richard Koo geprägt und beschreibt eine Rezession, die durch das Platzen einer Vermögenspreisblase entsteht. Dies geschah zuletzt im Jahr 2007 durch die Immobilienblase in den USA und steigerte sich seit 2008 mit dem Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers in eine weltweite Finanz- und Kreditkrise. Auf den Preisschock folgt in Koos Mechanismus ein nachfragesenkender Schuldenabbau im privaten Sektor über dessen Bestehen, Auswirkungen und Überwindung im europäischen Wirtschaftsraum eine zukunfts-weisende Diskussion entfacht ist.

Das einleitende Zitat veranschaulicht das europäische Dilemma anno 2012. Bei den Ursachen der Verwerfungen in Volkswirtschaften wie Spanien, Irland und Großbritannien, welche allesamt unter den Folgen der Immobilienpreisschocks leiden, findet das Konzept einer potentiellen Bilanzrezession bisher kaum Beachtung. Die Konsequenz des Schuldenabbaus im privaten Sektor ist nach Koo (2011) eine deflationäre Abwärtsspirale. Durch die Verwendung jeglicher Ressourcen für die Bilanzsanierung erfahren private Investitionen und somit die aggregierte Nachfrage der Volkswirtschaften eine heftige Kontraktion. Da sich die betroffenen Volkswirtschaften in einer Rezession befinden, verringern sich tendenziell ebenfalls die ausländischen Direktinvestitionen und es bleibt nur die Intervention des Staates, um die Ökonomie vor einer Depression zu bewahren. Dies wird jedoch in Europa durch strenge Sparauflagen und staatliche Restrukturierungsprogramme verhindert.

Das keynesianisch getriebene Konzept der Bilanzrezession nach Koo (2011) ist nicht frei von Kritik. Die aktuelle Diskussion wirft elementare Fragen auf, die diese Arbeit behandelt. Erstens: Sparen die Unternehmen tatsächlich mit dem Ziel ihre Schulden zu reduzieren? Denn weiterhin hohe Erträge implizieren bei einer oberflächlichen Betrachtung leicht Profitsteigerungstendenzen auf Kosten des Staates. Dies würde in der Tat primär strukturelle Änderungsmaßnahmen erfordern. Hieraus resultiert die zweite Frage: Welche Politiken erweisen sich als geeignete Lösungsmaßnahmen, sofern sich die Volkswirtschaften tatsächlich in einer Bilanzrezession befinden?

Zur Beantwortung dieser Fragen bilden die Arbeiten von Geanakoplos (2010), Eggertson und Krugman (EK) (2010) und Koo (2011) das theoretische Fundament. Die empirische Analyse basiert auf Daten der statistischen Datenbanken von Eurostat, der Europäischen Zentralbank (ECB) und dem Central Statistics Office of Ireland. Darüber hinaus liefern primär aktuelle Arbeiten des McKinsey Global Institutes (MGI), der ECB, des Internationalen Währungsfonds (IMF) und von Ruscher und Wolff weiteren qualitativen Input.

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird zunächst basierend auf einem Modell zum Leverage Zyklus, welcher sowohl die Phase des Schuldenaufbaus als auch des -abbaus beschreibt, der Preismechanismus im Vorlauf einer Bilanzrezession analysiert. Der folgende empirische Vergleich der japanischen Erfahrungen mit den europäischen Staaten Spanien, Irland und Großbritannien stellt den Schwerpunkt dieser Arbeit dar. Es wird untersucht, ob auch Europa einer Bilanzrezession gegenüber steht und wenn ja, weshalb. Des Weiteren werden potentielle Politikmaßnahmen zur Vermeidung einer Depression im Kontext der Verlorenen Dekade in Japan[2] diskutiert. Eine zusammenfassende kritische Würdigung der Ergebnisse anhand der japanischen Lehren schließt die Arbeit ab. Während sich die europäische Wissenschaft fast ausschließlich auf die angebotsgetriebene Betrachtung des Finanzsektors und die strukturellen Probleme der Eurozone konzentriert, stellt der hier gewählte Ansatz eine nachfragegetriebene Fokussierung des Kreditmarktes auf Basis des Sektors der Nichtfinanzunternehmen (NFUs) dar. Die enge Verwobenheit mit dem Finanzsektor im Rahmen des hohen Anteils der Bankfinanzierung sowie ihre Position als Nettoschuldner der Ökonomie betonen die Relevanz der NFUs als volkswirtschaftlichen Wachstumstreiber.

Die Vorgabe des Umfangs dieser Arbeit erfordert weitere Beschränkungen: Im Rahmen der Betrachtung des Leverage Zyklus wird die Analyse auf das für die Betrachtung einer Bilanz-rezession im Sektor der NFUs wesentliche Modell des forderungsbesicherten Wertpapier-marktes begrenzt. Hierbei wird die Entwicklung der Vermögenspreise vordergründig betrachtet, da in diesem Modell sowohl Preissteigerung als auch -verfall der Aktiva die relevanten Parameter für die Identifikation einer Bilanzrezession darstellen. Für die modell-hafte Analyse des Immobiliensektors und die vollständige Gleichgewichtsbetrachtung sei auf Geanakoplos (2010) verwiesen.

2. Theoretische Analyse des Leverage Zyklus

Im Rahmen des zweiten Kapitels werden die Besonderheiten eines Leverage Zyklus anhand von Geanakoplos (2010) dargelegt. Das vorliegende Modell des forderungsbesicherten Wertpapiermarktes stellt den Schwerpunkt der Analyse dar. Anders als die Modellierung des Immobilienmarktes, welche den Sektor der Haushalte behandelt, lässt sich diese Variante auf den fokussierten Sektor der NFUs[3] anwenden. Dies wird abschließend aufgezeigt.

2.1 Der Weg in die Bilanzrezession – ein Modell des Leverage Zyklus

Im Folgenden werden zwei Ausprägungen des Modells von Geanakoplos (2010) zum Leverage Zyklus diskutiert. Zunächst wird in einer zweiperiodigen Betrachtung der erste Teil des Leverage Zyklus, der Leverage Prozess, dargestellt. Leverage beschreibt in diesem Zusammenhang das Verhältnis des Wertes des erworbenen Vermögensgegenstandes zum eingebrachten Eigenkapital. Je höher der Leverage ausfällt, desto höher ist demnach der Fremdkapitalanteil und das Ausfallrisiko bei der Finanzierung des Aktivums. Die zu-nehmende Fremdfinanzierung erhöht die Ausstattung und somit Kaufkraft der Investoren mit der geringsten Risikoaversion im privaten Sektor, was die Vermögenspreise in Boom-Phasen in die Höhe treibt. Resultat sind, im Gegensatz zu einem Markt ohne Verschuldungs-möglichkeit, mit der Höhe des Leverage sowohl steigende als auch fallende Preise. Denn sofern negative Fundamentalnachrichten auftreten, fallen die Preise der Aktiva. In der zweiten Ausprägung wird das Modell auf eine zweite Periode erweitert, um die einzelnen Determinanten des negativen Preiseffektes zu identifizieren. Dadurch wird der zweite Teil des Leverage Zyklus, der Deleveraging Prozess, nachgewiesen. Da der Wert der Verschuldung, im Gegensatz zu den erworbenen und als Sicherheit verwendeten Aktiva, konstant bleibt, droht die Gefahr eines Schuldenüberhangs in den Bilanzen der hoch verschuldeten Investoren. Es resultiert eine restriktive Beschränkung des Leverage. Dieser Mechanismus beschreibt einen Schuldenabbau im privaten Sektor und führt zu einer negativen Preisspirale. Das Modell illustriert die Relevanz einer ausreichenden Besicherung als Hauptdeterminante des Gleichgewichtes im Kreditmarkt. Nur durch diese kann ein Schuldenüberhang vermieden werden. Zusätzlich intensiviert eine steigende Anzahl an Insolvenzen die Dynamik der Preiserosion.

2.1.1 Modellannahmen und -aufbau

Die grundlegenden Annahmen entstammen Geanakoplos (2010). Das Modell beinhaltet ein Kontinuum an Agenten h, , welche in zwei (Kapitel 2.1.2) bzw. drei (Kapitel 2.1.3) Zeitperioden die Distribution von Konsumgütern (C) und Aktiva (Y) verhandeln. In t1 existieren zunächst zwei Zustände s, . Im positiven Zustand (U) zahlen alle Aktiva gleichermaßen eine Einheit, im negativen Zustand (D) lediglich 0,2 Einheiten des Konsum-gutes aus. Das Aktivum ist somit riskant. Die Agenten erhalten ausschließlich in t0 eine Aus-stattung von sowohl einer Einheit des Aktivums als auch einer Einheit des Konsumgutes. Der Besitz des Aktivums ist in Zustand s durch ys determiniert. Das Konsumgut kann entweder konsumiert (cs) oder gelagert (ws) werden.

Zur Unterscheidung von Investoren und Verkäufern der Aktiva wird ein Konzept von Natürlichen Käufern entsprechend Abbildung 1 angewandt. Das Kontinuum der Agenten wird nicht rigide, sondern endogen entsprechend ihrer Erwartungshaltung kategorisiert.[5] Je positiver sich diese gestaltet, desto höher liegt die Zahlungsbereitschaft. Ein endogener Wendepunkt b ist notwendig um Optimisten von Pessimisten zu differenzieren. Dieser beschreibt den marginalen Käufer, der als letzter Optimist gerade noch das riskante Aktivum kauft.

Abbildung 1: Kategorisierung der Agenten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Geanakoplos (2011, S. 12)

Abbildung 2: Wahrscheinlichkeitsbaum im zweiperiodigen Modell

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Geanakoplos (2011, S. 14)

Entsprechend Abbildung 2 rechnet jeder Agent die Wahrscheinlichkeit h dem Zustand U und die Gegenwahrscheinlichkeit (1 – h) dem Zustand D zu. Anhand dieser Erwartungswerte wird der Preis des Aktivums determiniert, wobei gilt: Je höher der marginale Käufer definiert ist, desto höher liegt der Preis.[6] Es folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusätzlich wird die Nutzenfunktion der Agenten anhand der Erwartungswerte modelliert. Eine Kernannahme des Modells ist, dass die Agenten ausschließlich aus dem erwarteten Konsum Nutzen generieren und daher keiner Zeitpräferenz unterliegen. Die Lagerung von Gütern und der Besitz von Aktiva implizieren keinen direkten Nutzen, sondern dienen der künftigen Einkommenssteigerung und erhöhen somit den erwarteten Konsum:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.2 Analyse im zweiperiodigen Modell

Das zweiperiodige Modell stellt die Einflüsse der besicherten Fremdfinanzierung im privaten Sektor auf die Preisentwicklung der Aktiva im Leverage Prozess dar.

Im Rahmen eines Basismodells, ohne die Möglichkeit einer zusätzlichen Kreditleihe zu der verfügbaren Ausstattung der Optimisten, resultiert das folgende Gleichgewicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein hoher Anteil von 40% der Agenten hält die Aktiva. Die Ausstattung der optimistischsten Investoren ist unzureichend, den kompletten Umfang zu erwerben. Der gleichgewichtige Preis entsteht anhand von Gleichung (1) wie folgt: . Alle Pessimisten verkaufen ihre Anfangsausstattung an Aktiva, was im Aggregat entspricht. Den Erlös in Höhe von 0,68 lagern sie mit ihrer bestehenden Einheit des Konsumgutes, so dass: . Die Optimisten verfügen über ein begrenztes Vermögen von einer Einheit des Konsumgutes, um zum gleichgewichtigen Preis zu-sätzliche Einheiten der Aktiva zu kaufen. Dies entspricht Einheiten im Aggregat und räumt den Markt.

Im Folgenden wird die Veränderung des Preises in einem Markt mit externer Finanzierung untersucht. Geanakoplos (2010, S. 17) nimmt Abstand von konventionellen Modellen des Kreditmarktes, bei welchen allein der Zins das Gleichgewicht determiniert. Durch die zu-sätzliche Integration des Ausfallrisikos kann die Erfüllung des Zahlungsversprechens nur gegen eine Besicherung gewährleistet werden. Dies ist äquivalent zu einer Betrachtung des Leverage, da sich zeigen wird, dass die Höhe der Fremdkapitalaufnahme jener der Besicherung entspricht. Die Besicherung ist zunächst exogen in Höhe eines Aktivums vorgegeben. Investoren als Kreditnehmer verwenden somit ihre Aktiva selbst als Sicherheit, die im Falle der Insolvenz verwertet wird. Für die Gläubiger ergeben sich folgende Rückzahlungen in Abhängigkeit vom Zustand s:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Rückzahlung ist auf den Wert des Aktivums im jeweiligen Zustand begrenzt, sofern das Zahlungsversprechen (ϕ) diesen übersteigt. Folglich besteht kein über die Sicherheit hinaus-gehender Regressanspruch an den Kreditnehmer. Allein die Sicherheit ist für die Beurteilung der Kreditvergabe entscheidend und es treten keine asymmetrischen Informationen auf.

Im Gleichgewicht resultiert eine risikofreie Kreditvergabe in t0 von bei einer Besicherung durch ein Aktivum. Sie entspricht dem natürlichen Limit, da das maximale Zahlungsversprechen auf die sichere Auszahlung des Aktivums in beiden Zuständen beschränkt ist. Folglich ist die Höhe des Leverage im Gleichgewicht unter ausschließlich binären Zuständen limitiert.[7] Der Kauf des Aktivums kann nicht vollständig fremdfinanziert werden und erfordert das Einbringen eines Eigenkapitalanteils in Höhe von .

Erwartungsgemäß wird durch die Möglichkeit der Fremdfinanzierung ein kleinerer Teil der Agenten von nunmehr 31% des Kontinuums die Aktiva halten. Die Optimisten mit den höchsten Erwartungswerten können durch eine zusätzliche Ausstattung mit Fremdkapital den Preis steigern. Durch die Verwendung des marginalen Käufers und Gleichsetzen der folgenden Gleichung (5) mit Gleichung (1) ergibt sich ein markträumender Preis von 0,75:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gleichung (5)[8] determiniert den Preis, unter Einbezug des Ausfallrisikos durch den Zins (r) , als das Verhältnis zwischen dem Betrag den die Optimisten ausgeben und dem Umfang der Aktiva die durch die Pessimisten verkauft werden. Letztere erhalten einen Zins von . Ihre Kreditvergabe ist risikofrei, zudem besitzen sie keine Zeitpräferenz und verleihen nur einen kleinen Teil ihrer Liquidität in Höhe von: . Der Eigenkapital-anteil der Optimisten beträgt und führt zu einem Leverage in Höhe von .[9] Sie erzielen in Zustand U einen Ertrag von und gehen in Zustand D leer aus. Da sie risikoneutral sind, präferieren alle Optimisten das Aktivum zu erwerben und den Kauf mit einem größtmöglichen Leverage zu hebeln – so lange dieser ohne Risiko und somit zinsfrei ist. Zusammengefasst entsteht folgendes Gleichgewicht, wobei der Schwerpunkt auf der Preisentwicklung liegt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verglichen mit dem Gleichgewicht ohne Leverage steigt der Preis unter einer limitierten Verschuldungsmöglichkeit um 10,3%, von 0,68 auf 0,75. Die Limitierung des Leverage ist entscheidend. Je weiter sie gewählt wird, desto höher steigen die Preise. Folglich würde sich der Preis unter strengeren Anforderungen an die Besicherung von zwischen 0,68 und 0,75 bewegen. Diese Mechanik wurde nach Geanakoplos (2010, S. 20) von vielen Ökonomen nicht verstanden bzw. vernachlässigt. Die konventionelle Sicht begreift das Zinsniveau als Hauptdeterminante: Je niedriger dieses ist, desto höher steigen die Vermögenspreise, da deren Cash Flows geringer abdiskontiert werden. Im Modell mit geduldigen Agenten ohne Zeitpräferenz und einer durch Besicherung risikolosen Kredit-vergabe, verharrt das Zinsniveau jedoch bei 0% und ist somit irrelevant.

Durch diesen Preismechanismus erklärt sich die Verwendung von Wahrscheinlichkeiten als Approximation für den Wert des Aktivums in Gleichung (1). Je höher der Leverage desto positiver die Erwartungen der Optimisten und desto höher liegt der marginale Käufer b. Seine Erwartungen über das Eintreten der Zustände s determinieren den Preis der Aktiva.

In einem letzten Schritt wird der Kreditmarkt weiter liberalisiert. Hierzu wird die exogene Besicherung sowie Beschränkung des Zahlungsversprechens aufgehoben und somit der Leverage endogenisiert. Zur Modellierung werden analog Geanakoplos (2010, S. 21) Kontrakte eingeführt, welche ein Paar aus Zahlungsversprechen und der dazugehörigen Besicherung definieren. Jedes Zahlungsversprechen ist daher mit seiner Besicherung indexiert und wird in einem separaten Markt mit einem eigenen Preis gehandelt.[10]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zur Vereinfachung der Modellierung wird angenommen, dass jede Sicherheit einer Einheit des Aktivums entspricht. Somit definiert j das Zahlungsversprechen in beiden Zuständen der Zukunft, welches von einem Aktivum abgesichert wird. Folglich liefert sowohl in Zustand D als auch in U eine Rückzahlung von . Das Zahlungsversprechen liefert eine Rückzahlung von nur in D und in U. Wird ein Kontrakt der zweiten Art ge-schlossen, ist die Verschuldung nicht weiter risikofrei. Das Ausfallrisiko wird über den Zins in den Preis des Kontrakts implementiert: . Durch umstellen erhält man den nominalen Zins: . Zusammengefasst entstehen im Gleichgewicht die folgenden Preise und Zinsen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der markträumende Zins verdeutlicht die Relevanz der Besicherung. Ist diese hoch liegt der Zins im Gleichgewicht signifikant niedriger als jener für Kredite mit geringer Besicherung. Ein Agent welcher einen Kredit über mit einem Aktivum als Sicherheit aufnimmt, kann dies zum risikolosen Zins von tun. Ein Agent der unter Verwendung der gleichen Sicherheit leihen möchte, zahlt jedoch einen Zins von .

Bei Betrachtung der im Gleichgewicht gehandelten Kontrakte stellt sich heraus, dass die Implementierung eines endogenen Zahlungsversprechens keine Veränderung bewirkt. Der einzig gehandelte Kontrakt ist und entspricht dem sicheren Zahlungsversprechen. Der Grund für konstante Kreditbeträge sind die Besicherung übersteigende Zahlungsversprechen:

Optimisten müssten beispielsweise einen Kontrakt mit einem Zahlungsversprechen in Höhe von durch einen Kontrakt mit Zahlungsversprechen substituieren. Folglich verzichten sie im positiven Zustand, welchen sie fest erwarten, auf Einheiten Ertrag. Pessimisten hingegen präferieren zum einen risikofreie Investitionen. Zum anderen erhalten sie bei einer Kreditvergabe in Höhe von in t0 ausschließlich im Zustand U, welchen sie nicht erwarten, ihre Forderung vollständig zurück. Beide Handlungen sind strikt irrational.

2.1.3 Analyse im dreiperiodigen Modell

Zur Identifikation des Deleveraging Prozess wird das bisherige Modell im Folgenden um eine Periode erweitert. Im zweiperiodigen Modell führen negative Fundamentalnachrichten zu einem Wertverfall der Aktiva in Zustand D auf . Nach Geanakoplos (2010) wird dieser nicht ausschließlich durch sich verändernde Fundamentaldaten, sondern in unmittelbarer Folge des Preisschocks auch durch Deleveraging und Insolvenzen von Investoren de-terminiert. Dies ist die Kernaussage des Leverage Zyklus: Übermäßiger Leverage gefolgt von exzessivem Deleveraging führt bereits vor oder gar ohne einen Schock der Fundamental-daten zu einer negativen Preisspirale. Wenn letztendlich die Preise fallen, fallen sie stärker als es anhand der Fundamentaldaten zu erwarten war.

Der Aufbau des dreiperiodigen Modells unterscheidet sich dadurch, dass das Aktivum erst in t2 auszahlt und in t1 Informationen über dessen finale Auszahlung bekannt werden. Ent-scheidend ist, dass der negative Zustand indem das Aktivum nur auszahlt erst nach zweimalig schlechten Nachrichten in Zustand DD auftritt. Es resultiert folgender Aufbau:

Abbildung 3: Wahrscheinlichkeitsbaum im dreiperiodigen Modell

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Geanakoplos (2011, S. 33)

Die zeitliche Verschiebung des negativen Zustands spiegelt sich in der Nutzenfunktion durch optimistischere Agenten wider. Sie rechnen dem einzigen negativen Zustand im Vergleich zum zweiperiodigen Modell eine strikt geringere Wahrscheinlichkeit zu: . Dies lässt sich anhand des Erwartungswertes des marginalen Käufers aus dem zweiperiodigen illustrieren, welcher von auf sinkt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, langlebige Aktiva mit kurzfristigen Krediten über nur eine Periode zu finanzieren.[11] Diese werden noch vor dem Preisschock fällig, was eine verhältnismäßig höhere Sicherheit gegen-über einer Kreditaufnahme in Zustand D impliziert.

Im Gleichgewicht wird in t1, analog der Logik im zweiperiodigen Modell, ausschließlich das Zahlungsversprechen mit einer sicheren Rückzahlung gehandelt. Erneut entfällt das Ausfall-risiko und der risikolose Zins beträgt . Folglich können die Optimisten im Zustand U einen Kredit in Höhe von und im Zustand D in Höhe von aufnehmen, jeweils mit der Besicherung durch eine Einheit des Aktivums. Die gleichgewichtigen Preise und Zins-forderungen der beiden Perioden resultieren wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch die Preise in Höhe von in Zustand D und in U, wird den Investoren in t0 eine maximale risikolose Kreditaufnahme mit einem Aktivum als Besicherung in Höhe von ermöglicht. Der Leverage steigt deutlich auf und determiniert durch den marginalen Käufer in Höhe von einen hohen Preis des Aktivums von . Folglich leihen sich die Optimisten aggregiert Einheiten in t0. Durch Hinzufügen ihres eigenen Vermögens in Höhe von Einheiten des Konsumgutes sind sie in der Lage insgesamt Einheiten für den Kauf der Einheiten der Aktiva der Pessimisten zu investieren.

Trotz der vermeintlichen Sicherheit in der kurzen Frist, fällt der Preis in D um auf . Der Preisverfall ist stärker als es die Fundamentaldaten vermuten lassen und setzt sich wie folgt zusammen:

Die negativen Fundamentalnachrichten über die Preisblase in Zustand D erhöhen die Wahr-scheinlichkeiten, welche die Agenten der niedrigen Auszahlung von in DD zurechnen, von auf . Die Neuberechnung des Gleichgewichts ergibt einen Preis von . Negative Fundamentalnachrichten erklären mit den Großteil der Preiserosion von auf , es bleiben allerdings welche durch nicht fundamentale Determinanten ver-ursacht werden.

Die Limitierung des Zahlungsversprechens in Zustand D von auf verursacht eine drastische Reduktion des möglichen Leverage um . Der resultierende Deleveraging Prozess kann durch die Verwendung des zweiperiodigen Modells simuliert werden, indem der Erwartungswert für D von auf gesenkt wird. Im Gleichgewicht wird ausschließlich das sichere Zahlungsversprechen in Höhe von gehandelt, wodurch der Preis auf sinkt. Dies erklärt des ursprünglichen Preisverfalls.

Zuletzt spielen die in Zustand D insolventen Optimisten in Höhe von des Kontinuums im Modell keine Rolle mehr. Der Wegfall dieser Gruppe kann durch Substitution des Kontinuums an Agenten h0, , durch hD, , in t0 neu berechnet werden. Der Preis der Aktiva fällt auf und erklärt somit ebenfalls des ursprünglichen Preis-verfalls um Einheiten.

2.1.4 Diskussion der Ergebnisse des Leverage Zyklus

Die abschließende Diskussion betrachtet die Ergebnisse nach Geanakoplos (2010) im Kontext der Auswirkungen auf eine Ökonomie.

Erstens besteht ein negativer Zusammenhang zwischen der Höhe des Leverage und der Größe der Gruppe an Agenten die den Preis der Aktiva determinieren. Im dreiperiodigen Modell besteht diese in t0 aus lediglich und in Zustand D aus des gesamten Kontinuums. Die Erwartungen der verbleibenden Pessimisten sind hinsichtlich der Preisentwicklung irrelevant. Die Verteilung der Preissetzungsmacht birgt Gefahren für die Ökonomie: Je höher der Leverage, desto kleiner die Gruppe der Optimisten, desto höher der Preis und desto umfassender die potentielle Kontraktion durch Deleveraging.

Zweitens folgt daraus die Relevanz der Vermögenspreise für die ökonomische Aktivität. Nach Tobins q [12] impliziert ein steigendes Preisniveau Anreize für eine Produktionsausweitung. Umgekehrt schwächen fallende Preise neue Aktivitäten. Zudem birgt die (Re-)Finanzierung dieser Ausweitung für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) in Zustand D Probleme. Ihnen fehlt die Kapazität um auf Alternativmärkte ausweichen zu können.

Drittens führt eine hohe Preisvolatilität während des Leverage Zyklus zu einer markanten Umverteilung der Vermögen und folglich zu Ungleichheit. In t0 verfügen alle Agenten über eine identische Anfangsausstattung. Tritt der positive Zustand ein steigt das Vermögen der Optimisten in dem Umfang, dass sie im Verhältnis zur restlichen Population 30% reicher sind. Im negativen Zustand erleiden die Optimisten eine Insolvenz, so dass sich die Ungleichheit in beiden Zuständen extrem ausprägt.

Die Kombination der Ergebnisse resultiert in viertens, den Kosten des hohen Leverage. Geanakoplos und Kobler (2005) vergleichen die Optimisten mit dem omnipräsenten Problem des too big to fail und beschreiben sie als elementar für eine Ökonomie. Sie begründen dies durch einen, die Bailout-Kosten übersteigenden, marginalen Beitrag der Optimisten an die Gesellschaft. Folglich würde die Insolvenz zu negativen Externalitäten führen, welche durch Spillover-Effekte[13] auf andere Optimisten in der kurzen Frist steigen würden.

Geanakoplos (2010) beweist die Relevanz des Leverage für sowohl positive als auch negative Preisschocks durch dessen Implementierung in das Gleichgewicht des Kreditmarktes. Zu kritisieren ist die Annahme binärer Zustände mit exogenen Auszahlungen der Aktiva. Es wird postuliert, dass die Realität im generellen durch binäre Zustände gekennzeichnet sei, da meist entweder ein Auf- oder Abschwung vorherrsche. Die resultierende Sicherheit durch eine Be-schränkung der Kreditvergabe auf die Höhe der rigiden Auszahlungen ist ebenso fraglich. Beide Annahmen stellen eine modellhafte Vereinfachung dar und leiten die sinnvolle Politik-empfehlung ab, exzessiven Leverage in stabilen Zeiten präventiv zu beschränken. Auf diese Weise kann die Ungleichheit generierende Volatilität signifikant reduziert werden: Eine Limitierung des Zahlungsversprechens in t0 im dreiperiodigen Modell auf 0,4 führt dazu, dass die Preise in t0 von auf sinken und in D von auf steigen (vgl. Geanakoplos (2010, S. 44)). Die präventive Begrenzung reduziert folglich ebenfalls den potentiellen Umfang des Deleveraging Prozess. Dieser kann in Krisenzeiten, mittels einer Implementierung des notwendigen Maßes an Leverage durch die Zentralbank, vermindert werden.[14] Der Mechanismus nimmt eine direkte Kreditvergabe der Zentralbank an die Investoren an. Sie erfolgt, verglichen mit den privaten Märkten, zu gemäßigteren An-forderungen an die Besicherung (vgl. Geanakoplos (2010, S. 4)). Übergreifend kann auf diese Weise der Leverage Zyklus, welcher sich durch ein zu hohes Niveau an Leverage in Boom-Phasen und ein zu niedriges in Krisenzeiten auszeichnet, geglättet werden.

2.2 Die Rolle des Zinsniveaus

Die Ergebnisse nach Geanakoplos (2010), EK (2010) und Koo (2011)[15] zeigen einen ident-ischen Ansatz. Jeweils wird die hohe Verschuldung durch exzessiven Leverage als Ursache, dessen abrupte Limitierung als Auslöser und der folgende Schuldenüberhang und Preisverfall als kontrahierendes Element der Ökonomie identifiziert.

Aus Geanakoplos (2010) ist eine Politikempfehlung zur Bewältigung einer angebotsseitigen Beschränkung abzuleiten. Sie umfasst eine präventive Limitierung des Leverage in stabilen Phasen sowie eine Bereitstellung von Kreditmitteln durch die Zentralbank in Krisenzeiten. EK (2010) und Koo (2011) formulieren eine Politikempfehlung zur Kompensation der sinkenden Nachfrage des privaten Sektors. Defizitfinanzierte Fiskalausgaben[16] sollen der Ökonomie helfen den Output und die Beschäftigung zu stabilisieren, während private Bilanzen saniert werden. Die Konsolidierung des Staatshaushaltes darf hierbei erst nach Abschluss des Schuldenabbaus einsetzen.

Entscheidend ist die analytische Grundlage der Empfehlungen. Geanakoplos (2010) be-gründet die unmittelbare Bereitstellung von Zentralbankmitteln an Investoren durch zu hohe Anforderungen an die Besicherung im Markt. Koo (2011) und EK (2010) hingegen haben die Grundlage einer wirkungslosen Geldpolitik im Deleveraging Prozess gemein. Die Arbeiten unterscheiden sich im Kern hinsichtlich einer differierenden Rolle des Zinses.

Geanakoplos (2010) definiert den Leverage als Hauptdeterminante des Kreditmarktes. Da im Gleichgewicht keine Kredite mit Risiko gehandelt werden, ist der Zins für die aggregierte Nachfrage unbedeutend. Nach EK (2010, S. 1479) besitzt der Zins einen elementaren Einfluss auf die aggregierte Nachfrage. Um den Gläubigern der Ökonomie einen Anreiz zu geben den Nachfrageeinbruch der Schuldner zu ersetzen, ist ein negativer realer Zins erforderlich. Dieser kann nicht allein durch die Geldpolitik induziert werden, da deren Wirkung durch den Zero Lower Bound [17] begrenzt ist. Exakt dieser Zustand einer Liquiditätsfalle mit nominalen Zinsen von 0%, lässt anhand von Inflation einen negativen realen Zins induzieren. Bei einer Inflation 2%, beträgt dieser approximativ (-2)%. Koo (2011) betrachtet die Argumentation, durch steigende Inflationstendenzen im Rahmen der Taylor Regel [18] bestehende Schulden im Wert und somit den Schuldenüberhang reduzieren zu können, als nicht haltbar. Durch einen geringen bzw. negativen Geldmultiplikator der Zentralbank ist diese unfähig das Geldangebot in dem Maße zu erhöhen, welches für eine steigende Inflationsrate benötigt wird.[19] Darüber hinaus definiert Koo (2011) das Zinsniveau im Kreditmarkt, analog zu Geanakoplos (2010), als irrelevant für die aggregierte Nachfrage. Es wird angenommen, dass der private Sektor jegliche ihm zu Verfügung stehenden Mittel zum Schuldenabbau verwendet und zu keinem Zins Kredite aufnimmt.

EK (2010) und Koo (2011) leiten die gemeinsame Erkenntnis ab, dass die Situation der Liquiditätsfalle den fiskalpolitischen Multiplikator auf einen Wert größer eins hebt. Es findet somit kein Crowding Out[20] der privaten Investitionen durch höhere Zinsen statt. In normalen Zeiten würde expansive Fiskalpolitik durch eine restriktive Geldpolitik ausgeglichen und umgekehrt. Wirkt die Zentralbank allerdings dem Deleveraging Prozess entgegen, bleibt eine ausgleichende Reaktion aus.

2.3 Anwendung des Leverage Zyklus auf den Sektor der Nichtfinanzunternehmen

Die Modelle aus Geanakoplos (2010) basieren auf den globalen Finanzmärkten und verweisen auf die seit 2007 herrschende Hypotheken- und Finanzkrise. Die exzessive Schuldenaufnahme und deren Folgen im Deleveraging Prozess sind, wie es die Analyse in den folgenden Kapiteln beweisen wird, auf den Sektor der NFUs anwendbar und bilden die Basis einer Bilanzrezession. Die Relevanz der NFUs ist allein durch ihre Wechselwirkungen mit dem Finanzsektor erkennbar. Ihre Bilanzsanierung ist nach IMF (2010a, S. 3) eine Vor-aussetzung für die Gesundung der Finanzinstitute, da ihre Kredite einen Großteil der Aktiva in Bankbilanzen definieren. Umgekehrt sind speziell KMUs, aber auch große NFUs von einem ausreichenden Kreditangebot der Finanzinstitute abhängig. Die sinkende aggregierte Nachfrage als Kernausprägung der Analyse wird somit im Unternehmenssektor direkt von NFUs und indirekt von Finanzinstituten determiniert. Dies beschreibt den Grund für die Fokussierung des Sektors der NFUs im Rahmen dieser Arbeit. Im Folgenden werden die Erkenntnisse des Leverage Zyklus auf diesen angewendet.

Geanakoplos (2010) begründet den Schuldenaufbau der Agenten in ihrer Erwartung über die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von zukünftigen Zuständen und der damit verbunden Ent-wicklung der Vermögenspreise. In der Realität verfolgen NFUs grundlegendere Strategien der Kapitalstrukturoptimierung, welche ebenfalls zu einer Ausweitung des Leverage führen. Die Trade-Off-Theorie definiert die Wahl des optimalen Leverage durch eine Gegenüberstellung der Kosten und Vorteile zusätzlicher Verschuldung (vgl. Ruscher und Wolff (2012a, S. 2)). Vorteile sind die steuerliche Absetzbarkeit der Zinszahlungen und der Disziplinierungseffekt der Verschuldung bei Agentenproblemen zwischen Managern und Anteilseignern. Die Kosten werden durch das Insolvenzrisiko in Folge einer Überschuldung repräsentiert. Wählt das Management ein optimales Niveau an Fremdkapital, so kann der Wert des Unternehmens gesteigert werden.[21] Wie unter den Kosten definiert, riskiert die exzessive Aufnahme von Fremdkapital eine mögliche Insolvenz der NFUs und ruft somit verstärkt Entschuldungs-anreize hervor. Die Gründe für diese Bilanzanpassungen werden in den diskutierten Arbeiten in fallenden Vermögenspreisen und einem Schuldenüberhang angenommen. Speziell im Sektor der NFUs liegen weitere Gründe in der Ertragsstärke zur Schuldenbedienung und der Kapitalstruktur. Diese Ursachen werden in Kapitel 3.3 untersucht.

[...]


[1] Vgl. Koo (2011, S. 27).

[2] Die Verlorene Dekade in Japan beschreibt den Zeitraum der japanischen Bilanzrezession von 1990 bis 2005.

[3] Der private Sektor besteht aus NFUs, Haushalten und dem Finanzsektor.

[4] Die Erweiterung der Zustände durch die Einführung einer dritten Periode wird in Kapitel 2.1.3 durch Abbildung 3 veranschaulicht.

[5] Die Erwartungshaltung kann unterschiedlich getrieben sein, z.B. durch einen höheren Nutzen oder Optimismus. Im Folgenden wird Optimismus als Ausprägung verwendet (vgl. Geanakoplos (2010, S. 2 und S. 12)).

[6] Der Mechanismus der Preisdetermination in einem Gleichgewicht mit Verschuldung wird in Kapitel 2.1.2 veranschaulicht. Gleichung (5) ergänzt Gleichung (1) durch Implementierung des Zinses um Ausfallrisiken.

[7] Eine Diskussion der Annahme binärer Zustände (U und D) wird in Kapitel 3.2.4 vorgenommen.

[8] Der Zähler in Gleichung (5) definiert die verfügbaren Mittel der Optimisten, wobei ihre Anfangs-ausstattung und den Umfang der Fremdfinanzierung definiert.

[9] Nach Geanakoplos (2010, S. 2) ist dieses Niveau in stabilen Zeiten als relativ moderat einzuschätzen. Vor dem Immobilienpreisschock lag der durchschnittliche Leverage für hypothekengesicherte Wertpapiere in 2006 bei 16 und brach nach der Krise bis Q2 2009 auf 1.2 ein.

[10] Der Mechanismus kann als Sekurisation der forderungsbesicherten Wertpapiere interpretiert werden.

[11] Der Mechanismus beschreibt die Fristeninkongruenz. Es entstehen Risiken sofern in t1 Refinanzierungs- bzw. Liquiditätsengpässe auftreten. Die Folgen können demzufolge Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz sein.

[12] Tobins q nimmt folgenden Mechanismus an: Solange der Marktwert (q) eines Aktivums höher ist als die Wiederbeschaffungskosten lohnt sich eine Neuinvestition. Umgekehrt unterbleiben Neuinvestitionen und es ist via Abschreibungen mit einer Verringerung des Kapitalstocks zu rechnen (vgl. Wirtschaftslexikon24 (2012)).

[13] Spillover-Effekte definieren Übertragungseffekte von Verlusten zwischen Marktteilnehmer, mit potentiell negativen Auswirkungen auf die Ökonomie.

[14] Die Zentralbank würde demnach neben dem Zinsniveau auch das Niveau des Leverage im Markt steuern.

[15] EK (2010) baut auf den Arbeiten Koo (2009) und Koo (2011) auf.

[16] Eine umfassende Analyse der fiskalpolitischen Wirkung nach Koo (2011) folgt in Kapitel 4.2.

[17] Der Zero Lower Bound beschreibt die nominale Zinsuntergrenze von 0%.

[18] Anhand der Taylor Regel kann durch eine glaubhafte Vermittlung einer steigenden Inflationsrate gegenüber der Volkswirtschaft ein Inflationsziel der Zentralbank erreicht werden.

[19] Eine umfassende Analyse der Wirkungslosigkeit der Geldpolitik nach Koo (2011) folgt in Kapitel 4.1.

[20] Crowding Out beschreibt die Verdrängung der Investitionen des privaten Sektors durch einen Anstieg der Zinsen im Nachgang einer expansiven fiskalen Intervention.

[21] Vgl. Modigliani und Miller (1963): Fremdkapitalzinsen sind steuerlich abzugsfähig, d.h. sie mindern das zu versteuernden operative Betriebsergebnis (EBT = Earnings Before Tax). Deshalb werden sie Fremdkapital tendenziell Eigenkapital vorziehen und somit den Leverage erhöhen. Bei optimaler Höhe des Fremdkapitals im Verhältnis zum Eigenkapital erhöht die Steuerabzugsfähigkeit in abdiskontierter Form den Unternehmenswert.

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Balance Sheet Recessions in Europa
Untertitel
Betrachtung von Lösungsansätzen
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Makroökonomie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
46
Katalognummer
V209075
ISBN (eBook)
9783656367437
ISBN (Buch)
9783656367673
Dateigröße
984 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
balance, sheet, recessions, europa, betrachtung, lösungsansätzen
Arbeit zitieren
Daniel Fischer (Autor:in), 2012, Balance Sheet Recessions in Europa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209075

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