Zum Einfluss unterschiedlicher Kühlmethoden auf die Ausdauerleistung beim Radfahren


Examensarbeit, 2007

120 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung
I.1 Problemstellung
I.2 Struktur der Arbeit

II. Physiologische Grundlagen
II.1 Thermoregulation
II.1.1 Wärmebildung
II.1.1.1 Wärmebildung in Ruhe
II.1.1.2 Wärmebildung bei muskulärer Aktivität
II.1.2 Wärmeabgabe und -aufnahme
II.1.2.1 Konduktion
II.1.2.2 Konvektion
II.1.2.3 Wärmestrahlung
II.1.2.4 Perspiration
II.2 Ausdauerleistungsfähigkeit
II.2.1 Das Pulmonale System
II.2.2 Das Herzkreislaufsystem
II.3 Messparameter
II.3.1 Körperkerntemperatur
II.3.2 Hauttemperatur
II.3.3 Herzfrequenz
II.3.4 Blutlaktatkonzentration

III. Forschungsstand
III.1 Aktive Belastungsvorbereitung („Aufwärmen“)
III.2 Precooling
III.2.1 Die Veränderung der Leistung
III.2.2 Die Veränderung der Körpertemperaturen
III.2.3 Die Veränderungen im Herzkreislauf- und Stoffwechselsystem.
III.2.4 Zusammenfassung

IV. Arbeitshypothesen

V. Methode
V.1. Probanden
V.2 Tests.
V.2.1 Eingangsstufentest
V.2.1.1 Design
V.2.1.2 Ablauf
V.2.2 Zeitfahrtest
V.2.2.1 Design
V.2.2.2 Ablauf
V.3 Apparatur
V.3.1 Die externen Kühlmaßnahmen
V.3.1.1 Das Kryotherapiegerät
V.3.1.2 Die Kühlweste
V.3.2 Das Fahrradergometer
V.3.3 Die Messmethoden
V.3.3.1 Die Leistungsmessung
V.3.3.2 Die Körperkerntemperaturmessung
V.3.3.3 Die Hauttemperaturmessung
V.3.3.4 Die Herzfrequenzmessung
V.3.3.5 Die Blutlaktatmessung
V.3.3.6 Die Körperfettmessung
V.4 Statistische Auswertung
V.4.1 Die Überprüfung der Daten
V.4.2 Die deskriptive Statistik
V.4.3 Die analytische Statistik

VI. Ergebnisse und Diskussion
VI.1 Deskriptive Ergebnisdarstellung
VI.1.1 Eingangsstufentest
VI.1.2 Zeitfahrtests
VI.1.2.1 Veränderung der Leistung
VI.1.2.2 Veränderung der Hauttemperatur
VI.1.2.3 Veränderung der Körperkerntemperatur
VI.1.2.4 Veränderung der Herzfrequenz
VI.1.2.5 Veränderung der Blutlaktatkonzentration
VI.2 Analytische Ergebnisdarstellung
VI.2.1 Eingangsstufentest
VI.2.2 Zeitfahrtests
VI.2.2.1 Analyse der Messparameter
VI.2.2.2 Analyse biometrischer Parameter
VI.3 Interpretation und Diskussion
VI.3.1 Eingangsstufentest
VI.3.2 Zeitfahrtests
VI.3.2.1 Leistung
VI.3.2.2 Hauttemperatur
VI.3.2.3 Körperkerntemperatur
VI.3.2.4 Herzfrequenz
VI.3.2.5 Blutlaktatkonzentration

VII. Abschlussbetrachtung und Perspektiven

VIII. Literaturverzeichnis

IX. Anhang
IX.1 Abbildungsverzeichnis
IX.2 Tabellenverzeichnis
IX.3 Abkürzungsverzeichnis

I. Einleitung

I.1 Problemstellung

Das Belastungsprofil sportlichen und leistungsorientierten Radfahrens stellt sich in aller Regel als zyklische, dynamische Langzeitausdauerbelastung (Martin et al. 2001, S. 174) dar. Die Arbeitsmuskulatur muss demnach über einen langen Zeitraum hinweg Spannung und zyklisch ablaufende Muskelfaserkontraktionen erzeugen. Zu diesem Zweck wird chemisch gebundene Energie aus den körpereigenen Nährstoffspeicherformen in Bewegungsenergie umgesetzt. Da dieser Vorgang lediglich einen durchschnittlichen Wirkungsgrad von 20% besitzt (Bridge und Febbraio 2002, S. 44), werden 80% der umgesetzten Energie als Wärme frei.

In der Folge kommt es bei Belastung zu einer Störung der thermoregulatorischen Homöostase, also dem Gleichgewicht von Wärmebildung und Wärmeabgabe. Erhöht sich allein die Wärmebildung oder übersteigt sie den Grad der Wärmeabgabe, so kommt es zu einem Anstieg der Körpertemperaturen. In bestimmten Grenzen kann sich ein derartiger Anstieg der Temperatur, beispielsweise im Bereich der Muskulatur, durchaus positiv auf die metabolische Leistung der stark temperaturempfindlichen Enzyme auswirken, was wiederum die radsportliche Leistung positiv beeinflussen kann (Israel 1977, S. 387). Da der Organismus jedoch ab dem Entstehen eines Missverhältnisses von Wärmebildung und -abgabe nach einem Ausgleich der beiden Größen strebt, bedeutet eine Erhöhung der Körpertemperaturen auch immer einen mehr oder minder großen thermischen Stress. Gelingt es dem Körper nicht, die Wärmeabgabe entsprechend der vermehrten Wärmebildung zu erhöhen, steigen die Körpertemperaturen bei ausreichend hoher Belastung in kritische Bereiche (Walters et al. 2000; Gonzalez-Alonso 1999), in denen die Leistung des Sportlers geringer wird oder gänzlich eingestellt werden muss.

Da der Körper die überschüssige Wärmeenergie nicht wieder in andere Energieformen überführen kann, besteht die einzige Möglichkeit der Wärmeabgabe darin, sie auf ein anderes Medium in der Umwelt zu übertragen. Hierzu muss die Wärme, die ja primär in der arbeitenden Muskulatur freigesetzt wird, zunächst an die Kontaktflächen des Körpers mit seiner Umgebung gelangen – vor allem die Körperoberfläche und die Schleimhäute des respiratorischen Traktes. Dies geschieht über die Mechanismen der Konduktion und Konvektion, deren Wirksamkeit primär vom Temperaturgradienten zwischen dem Wärme abgebenden und aufnehmenden Medium bestimmt wird. Je niedriger also die Temperatur der Körperschale, desto höher der Grad des körperinternen Wärmetransportes. An der Oberfläche angelangt, wird die Wärmeenergie ebenfalls umso effektiver zum Beispiel auf die umgebenden Luftschichten oder, im Falle der Wärmestrahlung, auf nicht gasförmige Medien übertragen, je größer auch hier der Temperaturunterschied und die Leitfähigkeit des entsprechenden Mediums ist. Kommt es nun zu einer Übertragung von Wärmeenergie vom Körper des Sportlers auf Medien der Umwelt, so spricht man auch von Kühlung.

Vor diesem Hintergrund ist ersichtlich, welche Bedeutung die Beschaffenheit der Umwelt für die Wärmeabgabe und damit die Kühlung des Organismus hat. Steigt beispielsweise die Lufttemperatur bei einem Radrennen auf Werte über 30°C und nähert sich damit der Hauttemperatur an, so verringert sich die Effektivität der konduktiven Wärmeabgabe. Befindet sich der Radfahrer zusätzlich im Anstieg, beispielsweise innerhalb eines Bergzeitfahrens, so nimmt der Grad der Wärmeabgabe insofern weiter ab, dass die durch den Körper aufgewärmten, ihn umgebenden Luftschichten durch den geringeren Fahrtwind nicht mehr in dem Maße durch kühlere Luft konvektiv ersetzt werden, wie dies zum Beispiel bei höherer Geschwindigkeit in flachem Terrain der Fall wäre. Nimmt man weiterhin an, dass die Wärmeabgabe per Strahlung durch die in der Höhe der Berge größeren ultravioletten Anteile des Sonnenlichts sowie die daraus resultierende Wärmestrahlung der beschienenen Asphaltflächen verhindert oder sogar umgekehrt wird, so kann der Sportler nur noch über die Verdunstung von Schweiß und anderer Flüssigkeiten auf der Haut die Temperatur der direkten Umgebungsluft an der Körperschale reduzieren und damit die Wärmekonduktion wieder verbessern. Der Mechanismus der Perspiration ist unter Belastung bei Hitzebedingungen jedoch vielfach dadurch eingeschränkt, dass sich zwischen dem Stoff der Radkleidung und der Haut Mikroklimata ausbilden, deren hohe relative Feuchtigkeit die Verdunstung von Flüssigkeit auf der Haut einschränkt.

Wenn nun die körpereigenen Kühlungsmechanismen auf Grund der muskulären Belastung an ihre Grenzen stoßen und möglicherweise klima- und umgebungsbedingt zusätzlich Wärmeenergie auf den Körper übertragen wird, kann der Körper nur noch über die Reduktion der eigenen Wärmebildung, das heißt in diesem Falle der Leistung, ein thermoregulatorisches Gleichgewicht herstellen. Diese Verringerung der Ausdauerleistung unter Hitzebedingungen wurde in zahlreichen Untersuchungen bestätigt (z.B.: Galloway und Maughan 1997; Tatterson et al. 2000; Tucker et al. 2003; Walters et al. 2000; Gonzalez-Alonso 1999; Romer et al. 2003; Parkin et al. 1999).

Vor dem Hintergrund dieser bisweilen hohen thermischen Belastung des Radfahrers während des Rennens oder aber auch des Trainings, liegt es nahe, den Körper bei der Wärmeabgabe durch bestimmte Verhaltensweisen und externe Kühlmaßnahmen zu unterstützen. Radsportler tun dies, indem sie, zum Beispiel vor heißen Bergetappen, Trikots mit durchgehendem Reißverschluss anziehen, die sie im Anstieg, im Sinne einer erhöhten Konvektion, komplett öffnen können oder indem sie sich kaltes Wasser über den Kopf und den Körper gießen, um dort in einem ersten Schritt die Hauttemperatur herabzusetzen und darüber hinaus in der Folge die Evaporationsrate zu erhöhen. Das Tragen von mit Eis oder synthetischen Stoffen gefüllten Kühlwesten, ist ein Verfahren, das von einzelnen Fahrern und Rennteams als externe Kühlmaßnahme während einer derartigen Belastung getestet wurde. Es scheinen jedoch technische Gründe, wie erhöhtes Gewicht, verschlechterte CW-Werte vor allem bei flachen Zeitfahren oder das eher renntaktische Problem der Rückgabe solcher Westen an die Teamfahrzeuge, wenn sie nach unter Umständen kurzer Zeit in ihrer Kühlwirkung stark nachgelassen haben, einem Einsatz im Rennen vielfach entgegen zu stehen.

Trotz der beschriebenen, hohen thermoregulatorischen Belastung während des eigentlichen Rennens, führen Radsportler besonders vor kürzeren und somit intensiveren Wettkämpfen zusätzlich Aufwärmprogramme durch, mit dem Ziel, den eigenen Vorstartzustand zu optimieren. Hierbei geht es den Sportlern vor allem um die potentiell leistungsfördernden Effekte des Aufwärmens, wie zum Beispiel muskuläre Durchblutungsförderung, Verringerung des initialen Sauerstoffdefizits, Verbesserung der Sauerstoffaufnahme, Erhöhung der Stoffwechselrate und eine Enzymaktivierung durch Erhöhung der Muskeltemperatur (Bishop 2003). Neben den Erfahrungswerten von Trainern und Sportlern konnten auch trainingswissenschaftliche und sportmedizinische Untersuchungen zeigen, dass ein aktives Aufwärmen die Ausdauerleistung verbessern kann, zumindest wenn der Sportler die nachfolgende Belastung „relativ unerschöpft“ (Bishop 2003), aber mit erhöhter Sauerstoffaufnahme beginnt (Atkinson et al. 2005, Hajoglou et al. 2005, Burnley et al. 2005). Ein deutlicher Anstieg der Körperkerntemperatur allerdings scheint die Leistung eher nachteilig zu beeinflussen (Hunter et al. 2006; Arngrimsson et al. 2004). Der Begriff des „Aufwärmens“ ist daher in seiner Generalität zu unpräzise und bisweilen irreführend. Aus diesem Grund soll im Folgenden stattdessen von einer „Belastungsvorbereitung“ gesprochen werden. Diese wird im Radsport meist stationär auf der Trainingsrolle durchgeführt und findet somit ohne Kühlung durch fahrtwindbedingte Konvektion statt, was, wenn nicht die Außentemperatur sehr gering ist, einen Anstieg der Körperkerntemperatur bei üblichen Vorbereitungsbelastungen mit sich bringt.

Aus den angestellten Überlegungen ergibt sich folgender Konflikt: Auf der einen Seite erscheint es sinnvoll, eine aktive Belastungsvorbereitung durchzuführen, auf der anderen Seite wirkt sich die hierdurch induzierte Körperkerntemperaturerhöhung möglicherweise negativ auf die Leistung in der anschließenden Rennbelastung aus. Zur Lösung des Konfliktes, im Sinne eine Optimierung des Vorstartzustandes, stellen sich drei grundlegende Strategien dar. Eine Möglichkeit bestünde darin, das Vorbereitungsprotokoll in seiner Intensität zu verringern um dadurch den Körperkerntemperaturanstieg und die Vorstarterschöpfung so klein wie möglich zu halten und dennoch eine aktive Vorbereitung durchzuführen. Eine zweite Option könnte die Verlängerung der Ruhepause zwischen aktiver Vorbereitungsphase und Rennstart sein. Als dritte Variante wäre eine externe Kühlung zum Beispiel durch Wasserbäder, Kühlwesten oder andere Methoden denkbar, die vor, während und oder nach der aktiven Belastungsvorbereitung durchgeführt würden. Solch eine externe Kühlung vor dem Start wird in der Literatur gemeinhin als „Precooling“ bezeichnet.

Diverse Untersuchungen konnten zeigen, dass verschiedenste Precoolingprotokolle in der Lage sind, die Ausdauerleistung in den nachfolgenden Belastungen signifikant zu verbessern und den thermischen Stress zu reduzieren (z.B. Cotter et al. 2001; Joch und Ückert 2003; Morrison et al. 2006). Dies gilt vor allem für Kühlmaßnahmen die in Ruhe durchgeführt wurden. Nur in wenigen Studien wurde bisher untersucht, wie sich unterschiedliche Precoolingmethoden auswirken, die während der vorbereitenden Belastung appliziert werden (Hunter et al. 2006, Joch und Ückert 2005/06, Arngrimsson et al. 2004). Obwohl die physiologischen Wirkmechanismen des Precoolings noch nicht in ihrer Gesamtheit abschließend erklärt sind, werden folgende leistungsrelevante Mechanismen diskutiert: Beginnt man am Ansatzpunkt der Kühlmaßnahmen, so wird zunächst die Hauttemperatur herabgesetzt. Dieser Vorgang erhöht den oben bereits angesprochenen, wärmeabgaberelevanten Temperaturgradienten zwischen Körperkern und Schale, sorgt dadurch für einen verbesserten internen Wärmetransport und verzögert zusätzlich das Einsetzen der Perspiration, was sich positiv auf den Wasserhaushalt und in dessen Folge auf den Erhalt des Blutvolumens auswirken kann. Durch die Kühlung der Haut kommt es desweiteren zu einer reflektorischen Vasokonstriktion in den gekühlten Arealen. Dies bedeutet eine relative Blutvolumenverschiebung aus der Schale in Richtung Kern. Man nimmt an, dass das resultierende höhere Blutangebot am rechten Herzen zu einer vergrößerten Auswurfleistung führt und den Anstieg der Herzfrequenz verzögert (Kuschinsky 2005, S. 422). Darüber hinaus ist es denkbar, dass die größere Blutmenge im inneren Kreislauf zu einer besseren Versorgung der arbeitenden Muskulatur führen könnte (Gonzalez-Alonso et al. 2004). Kommt es während oder im Anschluss an die Kühlung zu einem belastungsinduzierten Muskel- und Körperkerntemperaturanstieg, erfolgt in der Peripherie eine erneute Vasodilatation. Die Reperfusion der gekühlten Körperschale führt zu einer starken Wärmeabgabe aus dem Blut an das Gewebe und dann an die Umgebung. Die erhöhte Wärmeaufnahmefähigkeit oberflächlicher Gewebeschichten, nach Precooling, vergrößert die gesamte Wärmespeicherkapazität des Organismus und dürfte somit, auch nach Ende der Kühlmaßnahme, in der eigentlichen Zielbelastung fortwirken. Wird das Precooling mit einer aktiven Belastungsvorbereitung kombiniert, sind, vor dem Hintergrund der genannten Mechanismen, folgende Positiveffekte zu erwarten: Die oben besprochenen, leistungsfördernden Auswirkungen des „Aufwärmens“ sind gewährleistet, auf Grund der kälteinduziert veränderten Hämodynamik dürfte der Sportler „unerschöpfter“ in den Wettkampf gehen und die verringerten Körpertemperaturen beim Start erweiterten das Leistungsfenster bis zum Erreichen kritischer Temperaturen (Walters et al. 2000) und schonten die ansonsten für zusätzliche Kühlung notwendigen energetischen Ressourcen, die der Sportler nun in eine Leistungssteigerung investieren kann.

Nimmt man eine leistungsfördernde Wirkung externer Kühlung an, ergibt sich daraus die Frage nach der „effektivsten“ Methode. Nachdem zunächst vor allem durch Wasserimmersion, mit Hilfe von Eis und durch die Absenkung der Umgebungstemperaturen gekühlt wurde, ergaben sich aus der Entwicklung synthetischer Kühlwesten neue und vielfach praktikablere Kühlmethoden. Bei einer Applikation hoch dosierter Kälte (-110°C) durch Niedrigtemperaturkammern, in Form eines Precoolings, konnte ebenfalls in den letzten Jahren eine leistungssteigernde Wirkung festgestellt werden (Joch und Ückert 2003). Die stark eingeschränkte Mobilität und die hohen Anschaffungs- und Betriebskosten einer derartigen Kältekammer erschweren jedoch den Einsatz in Wettkampf und Training. Eine weitere Form der hoch dosierten Kälteapplikation, und möglicherweise eine Alternative zur Kältekammer, sind Kryotherapiegeräte, deren Applikationsdüsen Luft mit einer Temperatur von ca. -20 bis -30°C ausstoßen.

In einer empirischen und unter Laborbedingungen durchgeführten Vergleichsanalyse sollen in der vorliegenden Studie die Auswirkungen zweier dieser externen Kühlmaßnahmen (Kühlweste und Kaltluft), unter Hitzebedingungen, auf die Ausdauerleistung im Radfahren untersucht werden.

I.2 Struktur der Arbeit

Der Aufbau der vorliegenden Arbeit orientiert sich an den zur Lösung der Problemstellung notwendigen analytischen Schritten und spiegelt den Prozess des Erkenntnisgewinns wider.

Zunächst erfolgt eine Betrachtung der physiologischen Grundlagen unter besonderer Berücksichtigung der Thermoregulation, der Ausdauerleistungsfähigkeit und der zu ermittelnden Messparameter.

An dieses grundlegende Kapitel schließt sich eine Darstellung des Forschungsstandes an, die es in der Folge ermöglicht, zusammen mit dem Grundlagenkapitel, Ergebnishypothesen für die durchgeführte Untersuchung zu formulieren.

Die darauf folgende Methoden- und Apparaturenbesprechung leitet sich aus der Problemstellung, den physiologischen Grundlagen und dem Forschungsstand ab.

In Kapitel VII werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung dargestellt, interpretiert und diskutiert.

In einer Abschlussbetrachtung werden, im Sinne der Fragestellung, die untersuchten Einflüsse unterschiedlicher Kühlmethoden auf die Ausdauerleistung beim Radfahren zusammenfassend dargestellt, Optionen der Anwendung besprochen und Perspektiven formuliert.

II. Physiologische Grundlagen

II.1 Thermoregulation

Das Ziel der Thermoregulation ist es, die Temperatur im Körperkern und damit in den lebensnotwendigen Organsystemen in einem Bereich von ca. 36,1 bis 37,8°C (Wilmore 2004, S. 308) konstant zu halten. Fällt die Temperatur im Kern unter ca. 36,1°C, so verringert sich die katalytische Leistung der Enzyme, was zu einer Verringerung der für die sportliche Leistung entscheidenden Stoffwechselrate führt. Weicht die Körperkerntemperatur nach oben von dem genannten Bereich ab, so erhöht sich die Umsetzrate der Enzyme zwar zunächst weiter, fällt dann jedoch ab einer Temperatur von etwa 40°C stark ab (Bartels 1991, S. 30). Sollte die Temperatur noch darüber hinaus weiter steigen, so besteht eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung, da sich die Proteinstrukturen der Enzyme aufzulösen beginnen und diese in degenerierter Form ihre katalytische Wirkung nicht mehr entfalten können.

Da die Körperkerntemperatur bei körperlicher Belastung den „Normalbereich“ nach oben verlassen und Werte von 39,5 bis zu über 40°C erreichen kann (McAnulty et al. 2004; González-Alonso et al. 1999; Nielsen et al. 1993), sind hier thermoregulatorische Gegenmaßnahmen erforderlich, die in einem Regelkreismodell vereinfacht dargestellt werden können.

Die Grundlage dieses Modells (siehe Abb. 1) ist das Bemühen des Organismus, ein Gleichgewicht zwischen Wärmebildung und Wärmeabgabe zu erreichen. In den thermischen Zentren des Hypothalamus und des Rückenmarks werden hierzu Sollwerte für die verschiedenen Temperaturen der unterschiedlichen Körperregionen vorgegeben. Diese Körpertemperaturen unterliegen dem ständigen Einfluss innerer und äußerer Störgrößen, wie der Höhe der Stoffwechselrate und den thermischen Reizen aus der Umwelt. Eine Vielzahl an Thermorezeptoren im Bereich des Kerns und der Schale melden die aktuellen Istwerte an die thermischen Zentren.

Die Abweichung der Istwerte von den Sollwerten löst sowohl willkürliche als auch autonome Regelmechanismen aus. Erstere umfassen Verhaltensweisen, die zu einer Verminderung des thermischen Stresses führen. Dies bedeutet zum Beispiel das Ablegen oder Anziehen von Bekleidung, das Aufsuchen sonniger oder schattiger Plätze, das heiße Duschen oder das Übergießen mit kaltem Wasser während des Wettkampfes oder die Aktivierung von Muskulatur.

Das wichtigste Stellglied der autonomen Temperaturregelung bei der Wärmebildung, ist das motorische System. Unwillkürlich können der Muskeltonus erhöht oder einzelne Muskelbereiche zur Kontraktion angeregt werden (Muskelzittern), was die Stoffwechselrate erhöht und damit die Umsetzung chemisch gebundener Energie in Wärmeenergie beschleunigt.

Die Stellglieder der Wärmeabgabe sind in erster Linie die Vasomotorik und die Schweißsekretion, welche in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen und der Höhe der Temperaturabweichung einen unterschiedlichen Anteil an der Thermoregulation haben. Die in Abbildung 1 genannte Pilomotorik ist für den Menschen nicht mehr relevant und ein sich lediglich noch in der Entstehung einer Gänsehaut manifestierendes Rudiment aus einer Zeit stärkerer Körperbehaarung, deren Aufstellung die Thermoisolation verbessern und somit die Körperschale vergrößern konnte.

Veränderungen der Körpertemperaturen durch die Stellgliedaktivierung werden nun durch die verschiedenen Thermorezeptoren als neue Istwerte an die thermischen Zentren gemeldet und der Regelkreis schließt sich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Regelkreismodell der Thermoregulation (Gunga 2005, S. 682).

II.1.1 Wärmebildung

Im Gegensatz zur passiven Wärmeaufnahme, z.B. durch Wärmestrahlung der Sonne oder heiße Bäder, ist die Wärmebildung ein aktiver Prozess des menschlichen Organismus’, der in unmittelbarem Zusammenhang mit der Stoffwechselrate steht. Da diese stark belastungsabhängig variiert, unterscheidet sich auch der Grad der Wärmebildung im Zustand der Ruhe und bei muskulärer Aktivität erheblich.

II.1.1.1 Wärmebildung in Ruhe

Im Vergleich zu poikilothermen Lebewesen, wie Fischen und Reptilien, deren Körpertemperaturen in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur steigen oder sinken, hält der homoiotherme Mensch seine Körperkerntemperatur im oben genannten Bereich konstant. Den großen Vorteil der „thermodynamischen Freiheit“ (Golenhofen 1997, S. 322) bezahlt der Mensch mit einem deutlich höheren Nahrungsbedarf zur Aufrechterhaltung des für homoiotherme Lebewesen charakteristischen Tachymetabolismus (Deetjen und Speckmann 1999, S. 501).

Die im Stoffwechsel umzusetzende Energie ist in Form chemischer Bindungsenergie in der Nahrung enthalten und wird im Stoffwechsel in Energieformen umgesetzt, die dem Körper vor allem zum Substanzaufbau, sowie für muskuläre und neuronale Arbeit zur Verfügung stehen. All diese metabolischen Prozesse setzen stets auch einen gewissen Teil der chemisch gebundenen Energie in Wärmeenergie um und sind somit die Basis der menschlichen Wärmebildung. In diesem Zusammenhang ist die so genannte spezifisch-kalorische Wirkung von besonderer Bedeutung für den Grad der Wärmebildung. Sie ist ein ungefähres Maß für die Wärme, die vor allem durch notwendige Umbau- und Aufbauprozesse der verschiedenen Nahrungsbestandteile zusätzlich entsteht. Bei Proteinen liegt sie mit ca. 30% am höchsten, mit großem Abstand gefolgt von Kohlenhydraten und Fetten mit 6 bzw. 4% (Golenhofen 1997, S. 319f). Unter anderem aus diesem Grunde sollte bei der Durchführung von Leistungstests gewährleistet sein, dass die Testteilnehmer ihre Ernährungsgewohnheiten, und damit die Zusammensetzung ihrer Nahrung, vor jedem Test in etwa gleich halten.

Angaben Hensels zu Folge beläuft sich die Höhe der Wärmebildung eines durchschnittlichen Mannes unter Grundumsatzbedingungen auf etwa 1,7 kcal pro Minute (Hensel 1973, S. 227). Als Grundumsatz wird hier die Energiemenge definiert, die in physischer und psychischer Ruhe zur Aufrechterhaltung der körperlichen Funktionen benötigt wird. Da die Höhe des Grundumsatzes in Abhängigkeit von Parametern wie Größe, Alter, Geschlecht, Rasse, Hormonspiegel und der Zusammensetzung des Körpers bisweilen stark variiert, unterscheidet sich dementsprechend auch der Grad der Wärmebildung in Ruhe inter- und intraindividuell.

An der Gesamtwärmebildung des Organismus’ sind die Organsysteme des Körpers in verschiedenem Maße beteiligt. In Ruhebedingungen macht der Anteil der inneren Organe knapp drei Viertel der gesamten Wärmebildung aus - bei gerade einmal 8% der Körpermasse (Weineck 2002, S. 727). Tabelle 1 zeigt die Anteilsberechnungen zweier Autoren in genauerer Aufschlüsselung und im Vergleich zu den Wärmebildungsanteilen bei muskulärer Aktivität.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1 Wärmebildungsanteile verschiedener Organsysteme in Ruhe und während muskulärer Aktivität (Modifiziert nach: Gunga 2005, S. 503; Findeisen 1980, S. 191).

II.1.1.2 Wärmebildung bei muskulärer Aktivität

Wie oben bereits erwähnt, löst das starke Absinken der Körpertemperaturen eine autonome und willkürlich herbeigeführte Erhöhung des Muskeltonus aus. Seine Begründung findet dieser Mechanismus im geringen Wirkungsgrad und somit der hohen Wärmebildungskapazität der Muskulatur. Je geringer der Wirkungsgrad, also das Verhältnis geleisteter Arbeit zu umgesetzter Energie, desto größer ist die Wärmemenge, die beim Umsetzungsprozess freigesetzt wird. Dieser Zusammenhang erklärt die aus Tab.1 ersichtliche Erhöhung des Wärmebildungsanteiles der Muskulatur an der Gesamtwärmebildung des Organismus’ bei muskulärer Aktivität. Der Wirkungsgrad ist jedoch nur ein ungefähres Maß für die Wärmefreisetzung, da die tatsächlich erbrachte muskuläre Arbeit nicht exakt zu bestimmen ist. Selbst bei der vergleichsweise einfach zu messenden Leistung des Sportlers auf dem Fahrradergometer, ist die Verformung der Messstreifen an den Tretkurbeln nur das Ergebnis eines Teils der gesamten Leistung des Athleten. Oberkörper- und Armbewegungen oder die Verformung des Ergometerrahmens werden nicht als leistungsrelevant erfasst und verfälschen daher die aus dem Wirkungsgrad gezogenen Rückschlüsse auf die Wärmefreisetzung (Frederick 1993, S.182). Dennoch sind diese Werte wichtige Anhaltspunkte für die Untersuchung der Wärmebildung bei muskulärer Aktivität.

Bereits im Jahre 1929 gelang es der Britin Sylvia Dickinson, die muskulären Wirkungsgrade bei Ergometertests in Abhängigkeit von der jeweiligen Geschwindigkeit und dem Widerstand zu bestimmen (Dickinson 1929). Ihre Werte im Bereich von 11,4 bis 21,8% decken sich in Teilen durchaus mit denen neuerer Untersuchungen, die dem System Mensch beim Radsport durchschnittliche Wirkungsgrade von ca. 15 bis 25% attestieren (Jeukendrup 2002, S. 145). Ginge man vom maximalen Wirkungsgrad aus, so würde ein Radrennfahrer, der am Tag eines durchschnittlichen Straßenrennens etwa 7000 kcal verbraucht (Lindner 2005, S. 222), 5250 kcal an Wärme bilden. Da jedoch die Wärmebildung eines ganzen Tages für die Einschätzung des Hitzestresses während einer zeitlich begrenzten Belastungsphase nur bedingt aussagekräftig ist, hat Jeukendrup den durchschnittlichen Energieverbrauch beim Fahren verschiedener Geschwindigkeiten pro Belastungsminute berechnet (Jeukendrup 2002, S.146). Seinen Angaben zu Folge beläuft sich der Energiebedarf eines durchschnittlichen Profiradsportlers bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h auf 41,2 kcal/min. Nimmt man eine mittlere Wettkampfdauer im Prolog von etwa 10 Minuten (Jeukendrup 2002, S. 82) zur Grundlage, so ergibt sich ein Energieverbrauch von 412 kcal, was, bei maximaler Energieeffizienz (25%), einer Wärmebildung von 309 kcal entspricht.

Welche Mechanismen es dem Körper ermöglichen, diese zusätzliche Wärme an seine Umgebung abzugeben und welche äußeren Faktoren dies einschränken oder fördern, ist Inhalt des folgenden Kapitels.

II.1.2 Wärmeabgabe und -aufnahme

Da der menschliche Organismus über seinen Stoffwechsel beständig Wärme bildet, ist es zur Vermeidung einer Hyperthermie erforderlich, Wärme abgeben zu können. Dies kann durch vier verschiedene Mechanismen erfolgen: Wärmestrahlung, Wärmekonduktion, Wärmekonvektion und Perspiration. Die Wirksamkeit und damit der prozentuale Anteil jedes einzelnen Mechanismus an der Gesamtwärmeabgabe sind in hohem Maße von konstitutionellen Faktoren wie Körpergröße, Körperzusammensetzung und dem Verhältnis von Hautoberfläche zu Körpermasse (Epstein et al. 1983), von dem Grad der Belastung und von den herrschenden Umweltbedingungen abhängig. Inwiefern letztere unter extremen Bedingungen auf den Sportler einwirken und den Wärmetransport von den Orten der Wärmebildung im Körper in Richtung Umgebung behindern oder sogar umkehren können zeigt Abbildung 2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Wärmeübertragung auf den Sportler aus der Umwelt (Foto: http://www. team-csc.com Stand: 10.03.2007).

Im Folgenden werden die oben genannten Mechanismen genauer betrachtet und auf ihre Funktion und Wirksamkeit hin untersucht.

II.1.2.1 Konduktion

Die Konduktion (Wärmeleitung) erfolgt zwischen ruhenden, miteinander in Kontakt stehenden Molekülen und zwar in Richtung des Temperaturgradienten vom wärmeren zum kühleren Medium. Also beispielsweise von einem Mitochondrium einer Muskelzelle, über das umgebende Zellplasma zu benachbarten Zellen, von dort über das subkutane Fettgewebe bis zur Haut, von wo aus die Wärme an die aufliegende Luftschicht abgeleitet werden kann. Eine solche Wärmeableitung setzt also voraus, dass es zwischen dem Körperkern und der Haut ein radiales und somit auch ein axiales Temperaturgefälle gibt.

Neben dem Temperaturgefälle beeinflusst der Wärmedurchgangswiderstand (Wärmedämmung) der zu passierenden Schichten den Grad der Wärmekonduktion erheblich. Die Höhe dieses Widerstandes ist vom Flüssigkeitsanteil des entsprechenden Gewebes abhängig. Da Wasser eine hohe Wärmeleitfähigkeit besitzt, sind die Gewebe des Körpers besonders gute Isolatoren, die, wie das subkutane Fett, vergleichsweise wenig Wasser enthalten oder nur gering bis gar nicht durchblutet sind (Hensel 1973, S. 228).

Die Existenz von radialen und axialen Temperaturgradienten, sowie das Prinzip der Wärmedämmung im Bereich der Haut und des Unterhautfettgewebes lassen sich in einem Modell von Kern und Schale darstellen. Die in Abbildung 3 erkennbare Variabilität von Kern- und Schalengröße in Abhängigkeit von der abzugebenden Wärmemenge, deutet, neben der Konduktion, auf einen weiteren Mechanismus des Wärmetransports hin – die Konvektion.

II.1.2.2 Konvektion

Die Konvektion unterscheidet sich vom Prinzip der Konduktion insofern, als dass hier Wärme zwar konduktiv auf ein sich bewegendes flüssiges oder gasförmiges Medium übertragen wird, die aufgenommene Wärme jedoch im Strom dieses Mediums weitertransportiert wird. Dieser Mechanismus ermöglicht einen im Vergleich zur einfachen Leitung deutlich schnelleren und damit effektiveren Wärmetransport (Klußmann 1999, S. 506).

Im Körper übernimmt das Blut mit seinem hohen Plasma- und somit Wassergehalt (Plasma: ca. 55% des Blutes, davon 90% Wasser; Wilmore 2004, S. 222) die Rolle des konvektiven Mediums. Da der menschliche Körper in der Lage ist, das Lumen der Blutgefäße aktiv zu verändern (Vasodilatation und –konstriktion), kann der Blutfluss vom Kern zur Schale präzise gesteuert werden. Kommt es in proximalen Teilen des Körpers zu einer Erhöhung der Temperatur, so werden Gefäße in der Haut durch efferente Fasern des sympathischen Nervensystems erweitert (Klußmann 1999, S. 506), was den Transport von Wärme in Richtung Körperschale ermöglicht. Auf diese Weise erweitert sich der Kern (siehe Abb. 3) und die Wärmeabgabe an die Umgebung kann auf einer großen Fläche gut durchbluteter Haut konduktiv stattfinden. Diese Erhöhung der Hautperfusion kann den Wärmedurchgangswiderstand der Schale um den Faktor Sieben reduzieren (Hensel 1979, S. 228).

Der Vorteil weitgestellter Blutgefäße in der Peripherie liegt nicht nur in der besseren Wärmeabgabe an die Umgebung begründet, sondern führt auch dazu, dass das venöse Blut vermehrt über die Gefäße der Körperschale zurückfließt und dadurch das Gegenstromprinzip teilweise umgangen wird (Klußmann 1999, S. 506). Das zurückfließende venöse Blut nimmt also weniger Wärme aus dem Blut der ansonsten dicht an den Venen vorbei fließenden Arterien auf. Dies wiederum führt dazu, dass das Blut im Kern auf Grund des größeren Temperaturgradienten mehr Wärme aufnehmen kann, was den Mechanismus der Konvektion noch effizienter macht.

Auch außerhalb des Körpers, in der Umgebung, kommen die gleichen Prinzipien zur Anwendung. Die den Körper umgebenden Luftschichten nehmen die Wärme der Haut über Konduktion auf und transportieren diese, sofern die Luft in Bewegung ist und nicht etwa in den Luftkammern isolierender Kleidung „steht“, über den Mechanismus der Konvektion weg vom Körper, damit sie durch kühlere ersetzt werden können. Ist nun die Luft der Umgebung wärmer als die Haut, so kann sich der die Wärmeabgabe fördernde Mechanismus der Konvektion umkehren, indem er dafür sorgt, dass die durch Evaporation gekühlten Luftschichten in Hautnähe durch wärmere ersetzt werden.

Die durch Konduktion und Konvektion an die Körperoberfläche transportierte Wärme kann jedoch nicht nur über diese beiden Prozesse an die Umgebungsluft abgegeben werden, sondern kann den Körper auch in Form von langwelliger Wärmestrahlung verlassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Körperkern-Schale-Modell (Gunga 2005, S. 672).

II.1.2.3 Wärmestrahlung

Unter Ruhebedingungen und bei Raumtemperatur gibt der Körper ca. 50 bis 60% der abgegebenen Gesamtwärmemenge über Wärmestrahlung ab (Klußmann 1999, S. 507). Unter Belastungsbedingungen kann dieser Wert jedoch bis auf 5% zurückgehen (Wilmore 2004, S. 311).

Bei der Wärmestrahlung handelt es sich um langwellige, elektromagnetische Strahlung im Infrarotbereich, die zur Übermittlung keine Materie benötigt (Planck 1988, S. 247). Der Grad, in dem zwei Körper Wärmeenergie über Strahlung aufeinander übertragen, folgt dem Stefan-Boltzmann-Gesetz. Hiernach sind, bezogen auf den Menschen, die absolute Hauttemperatur und die umgebende Wandtemperatur die entscheidenden Faktoren (Golenhofen 1997, S. 330). Die umgebende Lufttemperatur hat in diesem Zusammenhang keinen Einfluss, was das Phänomen einer vergleichsweise hohen Wärmeempfindung erklärt, die oftmals trotz geringer Lufttemperaturen zum Beispiel im Schnee und in großer Höhe auftreten. In diesen Fällen überkompensiert die erhöhte UV-Strahlung durch die relativ größere Sonnennähe und damit die intensivere Reflexion der Sonnenstrahlung (Infrarotstrahlung) im Schnee die erhöhten Wärmeverluste durch Konduktion und Konvektion.

Obwohl die Hauttemperatur in den gemäßigten Breiten in aller Regel höher liegt als die der umgebenden Körper, kann es im Radsport, durch die hohe Temperatur der sich stark aufheizenden Straßenoberfläche, zu einer Umkehrung der Strahlungsrichtung kommen. Wie in Abbildung 2 dargestellt, nimmt der Radsportler in diesem Fall Wärmestrahlung aus der Umgebung auf, was in der Folge zur weiteren Erhöhung des Hitzestresses führt (Jeukendrup 2002, S. 46).

Können die Abgabemechanismen der Konduktion, Konvektion und Strahlung einen existierenden Wärmeüberschuss nicht mehr ausgleichen, da, zum Beispiel durch muskuläre Arbeit, große Wärmemengen im Körper gebildet werden oder die Umweltbedingen eine Wärmeabgabe über diese drei Wege verhindern, so kann nur noch die Perspiration die Vorraussetzungen für eine fortgesetzte Wärmeabgabe schaffen.

II.1.2.4 Perspiration

Die Perspiration ist kein eigenständiger Wärmeabgabemechanismus, sondern unterstützt lediglich die Wärmeabgabe durch Konduktion und Konvektion. Kenneth Kamler fasst diesen Zusammenhang sehr plastisch zusammen:

When tinkering with blood vessels isn’t getting the job done [erhöhte Wärmeabgabe] and the skin is heating up, the hypothalamus turns on the sprinkler system.

(Kamler 2004, S. 130)

Die Aufgabe der „Sprinkleranlage des Körpers“ als Unterstützungsmechanismus der Konduktion und Konvektion besteht darin, die Haut, inklusive der Schleimhäute entlang der Atemwege, zu kühlen, so dass sich der Temperaturgradient zwischen Kern und Schale erhöht und der Körper größere Wärmemengen an die Umgebung ableiten kann (siehe Kap. II.1.2.1 - Konduktion und II.1.2.2 - Konvektion). Feuchtigkeit auf der Haut ist jedoch nur dann in der Lage, die Oberfläche zu kühlen, wenn die Umweltbedingungen den Energie umsetzenden Prozess der Verdampfung zulassen. Entscheidend für die Effektivität der Perspiration ist also nicht das Temperaturgefälle, sondern das Dampfdruckgefälle zwischen Haut und Umgebung (Bartels 1991, S. 207). Da der Körper keine direkten Sensoren für den Wasserdampfdruck besitzt, erfolgt die daher als „insensibel“ bezeichnete Form der Perspiration, im Gegensatz zur sensiblen Perspiration, unbemerkt.

Durch die Perspiratio insensibilis gelangt bei einem Mann mittlerer Statur etwa 1 Liter Wasser pro Tag an die Körperoberfläche. Dies geschieht zu 80 bis 90% per Diffusion durch die Haut und zu etwa 10 bis 20% durch die Ruhesekretion der ekkrinen Schweißdrüsen, die den Großteil der menschlichen Schweißdrüsen ausmachen und über die ganze Haut verteilt liegen (Klußmann 1999, S. 508). Die Wärmeabgabe durch die insensible Perspiration beläuft sich auf ca. 10% der Gesamtwärme des Körpers. Dieser Anteil bleibt sowohl unter Ruhe- als auch Belastungsbedingungen relativ konstant (Wilmore 2004, S. 310). Aufgrund dieser Tatsache benötigt der Mensch für den Fall eines vermehrten Wärmeabgabebedarfs einen flexibleren Mechanismus – die Perspiratio sensibilis.

Unter Ruhebedingungen haben beide Formen der Perspiration einen Anteil von etwa 20% an der Gesamtwärmeabgabe des Organismus. Die unter Belastung mögliche Erhöhung dieses Anteils auf 80% kann, da die Perspiratio insensibilis kaum variierbar ist, nur auf die sensible Perspiration zurückzuführen sein (Wilmore 2004, S. 311).

Der Mensch besitzt etwa 100 Schweißdrüsen pro cm2 Körperoberfläche (Weineck 2002, S. 731), die über Nervenfasern des sympathischen Nervensystems, die so genannten Sudomotoneurone aktiviert werden (Handwerker 1999, S. 546), sobald die Körperkerntemperatur über 37,1 beziehungsweise die Hauttemperatur über 34° C steigt (Stegemann 1971, S. 164). Erreicht der neuronale Impuls die Schweißdrüse, so beginnt sie mit der Sekretion des primär aus Wasser bestehenden Schweißes. Über diesen Weg kann der Körper unter sehr hoher Wärmebelastung bis zu 12 bis 15 Liter in 24 Stunden ausscheiden (Berghold 1982, S. 21). Sofern das Wasser in der Umgebung vollständig verdampfen kann, entspricht die Produktion eines Liters Schweiß einer Wärmeabgabe von etwa 580 kcal (Wilmore 2004, S. 310). Für die oben genannte Wasserabgabe bedeutete dies einen Wärmeverlust von 8700 kcal.

Die Große Menge an Schweiß, die den Körper unter Hitzestress verlässt, löst zwar unter Umständen das Problem der Hyperthermie, schafft aber gleichzeitig die neuen Probleme der Hypovolämie und des Elektrolytverlustes.

Selbst bei maximaler oraler Flüssigkeitsaufnahme durch den Athleten, während der Belastung, kann es ihm unter Hitzebedingungen nicht gelingen, den Perspirationsverlust auszugleichen, da einem anzunehmenden Wasserverlust von etwa 2 bis 2,5 Litern pro Stunde bei intensiver Belastung lediglich eine maximale Flüssigkeitsaufnahmekapazität des Körpers von 0,8 bis 1,2 Litern gegenübersteht (Bridge 2002, S. 52). Dieser Nettoverlust an Wasser bewirkt eine Erhöhung der Blutviskosität, was zum Teil erhebliche Leistungsverluste und eine Einschränkung der weiteren konvektiven und perspirativen Wärmeabgabe zur Folge hat. Auch der, mit der Schweißproduktion einhergehende Elektrolytverlust kann sich negativ auf die Leistung auswirken. Da sich das Wasser im Körper über den Mechanismus der Osmose immer so verteilt, dass ein Gleichgewicht der Salzkonzentrationen zwischen dem Zellinneren und dem Extrazellularraum herrscht, kann ein durch Perspiration hervorgerufener Elektrolytverlust erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der betroffenen Zelle und damit des Gesamtorganismus haben.

II.2 Ausdauerleistungsfähigkeit

Die menschliche Ausdauerleistungsfähigkeit findet ihre Grenzen in der zentralen und lokalen Ermüdung. Da die Erstere in dieser empirischen Untersuchung nicht berücksichtigt wird, soll hier allein auf die Letztere eingegangen werden.

Die zur lokalen Ermüdung führenden, limitierenden Faktoren der menschlichen Ausdauerleistungsfähigkeit werden in den zwei folgenden Kapiteln unter den Überschriften das pulmonale System und das Herzkreislaufsystem zusammengefasst und näher betrachtet. Ist hierbei von der „Ausdauerleistungsfähigkeit“ die Rede, so bezieht sich der Begriff im Zusammenhang dieser Arbeit auf die Ermüdungswiderstandsfähigkeit bei einer zyklischen, dynamischen Langzeitausdauerbelastung (Martin et al. 2001, S. 174). Eine Darstellung der energetischen Aspekte erfolgt an dieser Stelle nicht, da sie in der vorliegenden Untersuchung nur von sekundärer Bedeutung ist.

II.2.1 Das Pulmonale System

Di Prampero (1985) beschreibt den Weg des Sauerstoffes aus der Umwelt bis zu den Mitochondrien als „a cascade of resistances in series, each being overcome by a specific pressure gradient“.

Die Lunge stellt das erste Glied in der, von Di Prampero angesprochenen Reihe der Widerstände dar, die der Sauerstoff auf seinem Weg aus der Umwelt zu den Mitochondrien überwinden muss.

Unter Ausdauerbelastungsbedingungen, also bei stark erhöhtem O2-Bedarf der muskulären Mitochondrien, muss es der Lunge gelingen, ihr Atemzeitvolumen zu erhöhen um somit dem jeweiligen Sauerstoffbedarf Rechnung zu tragen. Zu Beginn einer Belastung erfolgt diese Anpassung zunächst über eine Vergrößerung des Atemzugvolumens (Whipp und Ward 2000). Sind hier nach Aktivierung der gesamten Atemmuskulatur (insbesondere Diaphragma und Interkostalmuskulatur), sowie der Atemhilfsmuskulatur (insbesondere Bauchmuskulatur) maximale Zugvolumina erreicht, kann eine weitere Erhöhung des Atemzeitvolumens nur noch durch die Steigerung der Atemfrequenz erreicht werden (Whipp und Ward 2000). Bei voller Ausschöpfung des Atemzeitvolumens verfügt das pulmonale System, wie verschiedene Untersuchungen an Menschen und Säugetieren zeigen konnten, über eine strukturelle Redundanz (Hoppeler und Weibel 1998), also eine Überkapazität. Die Bedeutung des pulmonalen Systems als limitierender Faktor des O2-Transportes zu den Mitochondrien und damit der Ausdauerleistungsfähigkeit scheint daher gering. Die Tatsache, dass die alveoloarterielle Sauerstoffdifferenz auch bei längeren Belastungen relativ konstant gehalten werden kann (Dempsey und Manohar 1993, S. 75), kann als weiterer Beleg dieses Sachverhaltes betrachtet werden.

Unter Hitzebedingungen jedoch setzt die oben beschriebene, reflektorische Erhöhung der Atemfrequenz früher ein (ebd., S. 74), was zu einer Mehrbelastung der Atemmuskulatur bei erhöhten Körpertemperaturen führt. Diese Mehrbelastung kann sich ihrerseits, wenn auch nicht begrenzend, so doch negativ auf die Ausdauerleistung des Athleten auswirken, da nun möglicherweise sowohl Skelettmuskulatur, als auch Haut (Vasodilatation zur Wärmeabgabe) und Atemmuskulatur nach dem „steal-effect“ (Harms 2000) um ihre Anteile am Herzzeitvolumen konkurrieren und daher die Atemmuskulatur möglicherweise früher ermüdet (siehe auch Kap. IV - Forschungsstand).

Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse Di Pramperos (1985) jedoch, nach denen die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität von Menschen und Säugetieren zu etwa 80% vom Herzzeitvolumen begrenzt wird, sollen im Folgenden die leistungslimitierenden Faktoren des Herzkreislaufsystems näher betrachtet werden.

II.2.2 Das Herzkreislaufsystem

Folgen wir dem Sauerstoff der Atemluft auf seinem Weg zu den Mitochondrien, so folgt das Blut, als nächstes Glied der von Di Prampero beschriebenen „Widerstandskaskade“. Das Hämoglobin der roten Blutkörperchen bindet den Sauerstoff an sich und das Blut kann diesen somit zu den Zellen transportieren. Eine erhöhte Konzentration von roten Blutkörperchen verbessert also grundsätzlich die Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Blutes und damit die Leistung. Zu Beginn der Belastung auf dem Fahrradergometer, insbesondere unter Hitzebedingungen, kommt es zu einer solchen Hämokonzentration (Harrison 1985) . Diese führt zwar zu einer verbesserten O2-Aufnahmefähigkeit des Blutes, hat jedoch keinen positiven Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, da sie durch eine Abnahme des Plasmavolumens und nicht durch eine Zunahme der absoluten Zahl von Erythrozyten begründet ist (Sawka et al. 1985). Zur Erklärung des verringerten Plasmavolumens bei Radsportbelastungen im Allgemeinen und unter Hitzebedingungen im Speziellen, können drei grundlegende Mechanismen herangezogen werden: Erstens wird durch die als Folge der Belastung auftretende Erhöhung des systolischen Blutdrucks vermehrt Flüssigkeit aus den Gefäßen ins Interstitium gepresst; zweitens führt die Anhäufung metabolischer Abfallprodukte innerhalb der Muskulatur zu einer Erhöhung des osmotischen Drucks, der einen weiteren Verlust von Flüssigkeit aus den Gefäßen nach sich zieht; drittens erfolgt durch die vermehrte Schweißsekretion bei Hyperthermie, leicht verzögert (Schweiß besteht aus interstitieller Flüssigkeit und daher nur indirekt aus Blutplasma), ein zusätzlicher Plasmaverlust (Wilmore 2004, S. 236). Die Abnahme des Plasmavolumens und damit auch des gesamten Blutvolumens hat zur Folge, dass gesamtsystemisch ein geringeres Blutvolumen zur Verfügung steht, um welches Skelettmuskulatur, Atemmuskulatur und Haut konkurrieren müssen – die Leistungsfähigkeit nimmt ab.

Die gezielte Zuführung von Blut zu den Zellen des Körpers mit dem höchsten Bedarf und der jeweils aktuell größten Bedeutung für den Organismus erfolgt über das vaskuläre System. Zu diesem Zweck können die Arterien, Arteriolen, Venulen und Venen ihr Lumen (der Hohlraum in den Gefäßen) variieren und dadurch die Höhe der Blutzufuhr in ein bestimmtes Gewebe steuern. Unter Ruhebedingungen besitzen die Gefäße einen individuell recht stabilen Ruhetonus, der die Muskulatur der Gefäße gerade soweit zur Kontraktion anregt, dass ein gewisser, basaler Blutdruck gewährleistet ist und die Gefäßwände der Venen soweit gedehnt werden, dass sie als „Blutspeicher“ (Markworth 2001, S. 145) des Körpers fungieren können. Bei Belastungsbeginn verändert sich der Blutbedarf der verschiedenen Organe und Gewebe erheblich. Der Bedarf der Muskulatur an der Gesamtblutmenge zum Beispiel kann sich unter Belastung, im Vergleich zu Ruhebedingungen, von circa 15 bis auf über 80% erhöhen (Wilmore 2004, S. 218). Auch die Haut benötigt vor dem Hintergrund einer erhöhten Wärmebildung und den in dieser Untersuchung hohen Umgebungstemperaturen einen größeren Blutanteil zur Aufrechterhaltung der Thermoregulation (siehe Kap. II.1 - Thermoregulation).

Die Regelung von Vasodilatation und -konstriktion erfolgt zum einen durch nerval-humorale und zum anderen durch lokale Steuerungsmechanismen, durch deren Zusammenspiel eine optimale Blutvolumenverteilung ermöglicht wird. Bei der nerval-humoralen Steuerung kommt es über eine Veränderung der elektrischen Entladungsrate sympathischer Nervenfasern, die vor allem die Arteriolen, aber auch alle andere Gefäße mit Ausnahme der Kapillaren, innervieren, zu einem Anstieg oder einer Verringerung des Gefäßwiderstandes. Darüber hinaus können auch die aus dem Nebennierenmark ins Blut ausgeschütteten Catecholamine (vor allem Adrenalin und Noradrenalin) eine Veränderung des Gefäßlumens herbeiführen (Weineck 2002, S. 154).

Die beschriebene nerval-humorale „Grobsteuerung“ wird in bestimmten Geweben (z.B. Skelettmuskulatur) durch eine lokale „Feinsteuerung“ direkt im betroffenen Gewebe ergänzt. Werden Muskelzellen über ihre Motoneurone aktiviert, so werden im Zuge der Aktionspotentialbildung K+-Ionen in den Extrazellulärraum freigesetzt, die eine entspannende Wirkung auf die glatte Gefäßmuskulatur ausüben (Kuschinsky 2005, S. 456). Die Gefäße dilatieren also genau dort am stärksten, wo die Erregungsrate der Neuronen am Höchsten ist. Desweiteren kann eine lokale Gefäßdilatation auch metabolisch bedingt sein. Hierbei lösen vasoaktive Abfallprodukte des Zellstoffwechsels eine Dilatation der Gefäße in ihrer Umgebung aus und verbessern somit den Abtransport eben dieser Substanzen durch die vergrößerte, das Gewebe perfundierende Blutmenge (Wilmore 2004, S. 219).

Wenn nun unter Belastung in den verschiedenen Geweben mehr Sauerstoff benötigt wird als mit dem Blut transportiert wird, so stoßen die Umverteilungsmechanismen des Gefäßsystems an ihre Grenzen, und nur eine Erhöhung der Auswurfleistung des Herzens kann die Sauerstoffversorgung noch verbessern.

Die Auswurfleistung des Herzens beschreibt die Menge Blut, die das Herz pro Zeiteinheit in die Aorta verlässt – also das Herzzeitvolumen. Letzteres kann sowohl durch eine Erhöhung der Herzfrequenz, der Kontraktionskraft, als auch durch eine Vergrößerung des Schlagvolumens erreicht werden. Die Anpassung dieser Mechanismen an den sich verändernden Bedarf in Ruhe und Belastung erfolgt durch zwei Mechanismen, die Sympathikusaktivierung und den sogenannten Frank-Starling-Mechanismus. Während die sympathische Aktivierung über die entsprechenden neuronalen Bahnen zu einer gesteigerten oder verringerten Frequenz beziehungsweise Kontraktionskraft der Herzmuskelfasern führt, ist der Frank-Starling-Mechanismus abhängig von der Vordehnung der Herzmuskelfasern (Kuschinsky 2005, S. 422). Im Zusammenhang dieser Arbeit ist insbesondere die Vordehnung des rechten Ventrikels (Preload) von Bedeutung die in direkter Verbindung zur Höhe des venösen Rückstromes steht. Ist das Angebot an venösem Blut am rechten Herzen groß, so führt dies zu einer erhöhten Vordehnung des Ventrikels (diastolische Wandspannung), was im Effekt in einer größeren Kontraktionskraft resultiert (Kuschinsky 2005, S. 423). Auf diese Weise kann unter Umständen der Anstieg der Herzfrequenz im Laufe der Belastung verringert werden. Hierdurch würde sich die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Herzfrequenz verlängern und damit möglicherweise auch der Zeitraum in dem der Organismus sportliche Leistung erbringen kann.

Die Auswurfleistung des Herzens verringert sich zum Ende einer erschöpfenden Belastung (unter Hitze beschleunigt sich dieser Vorgang) aber grundsätzlich und führt dadurch zu einer geringeren Muskeldurchblutung und somit zu Leistungseinbußen (Gonzalez-Alonso und Calbet 2003). In einer neueren Untersuchung wiederum konnten Gonzalez-Alonso et al. (2004) zeigen, dass die Verringerung der Auswurfleistung in direktem Zusammenhang zur Höhe des Preloads steht. Die starke Kühlung der Haut mit ihrer nachfolgenden Konstriktion der venösen Gefäße dort könnte geeignet sein, das Blutangebot am rechten Herzen zu vergrößern und das Nachlassen der Auswurfleistung zu verzögern (siehe Kap. IV - Forschungsstand).

II.3 Messparameter

II.3.1 Körperkerntemperatur

Der oben beschriebene Zusammenhang von muskulärer Aktivität und Wärmebildung qualifiziert die Temperatur im Körperkern grundsätzlich als Indikator thermoregulatorischer Beanspruchung. Um hieraus jedoch valide Aussagen ableiten zu können, muss sowohl der Ort der Körperkerntemperaturmessung, als auch die zirkadiane, intrasubjektive und allgemein intersubjektive Variation berücksichtigt werden.

Es erscheint bei der Bestimmung der Körperkerntemperatur sinnvoll, die Temperatur an der Stelle als Körperkerntemperatur anzunehmen, an der der Körper primär seine „interne Temperatur“ misst – dem Hypothalamus (Gunga 2005, S. 681). Da dieser für eine in vivo Messung nicht erreichbar ist, muss die Körperkerntemperatur an einem leichter zugänglichen Ort gemessen werden, dessen Temperatur der im Hypothalamus so ähnlich wie möglich ist. Eine Untersuchung an Herzchirurgiepatienten ergab die folgende, nach dem Abweichungsgradienten von der Hypothalamustemperatur geordnete Reihenfolge der Messorte: Pulmonalarterie, Ösophagus, Tympanum, Rektum, Achsel (Robinson 1998). Neben dem Kriterium der „Temperaturähnlichkeit“ zum Hypothalamus, so ein weiteres Ergebnis der genannten Studie, muss bei der Festlegung des Messortes berücksichtigt werden, mit welcher Zeitverzögerung Änderungen der Körperkerntemperatur an dem entsprechenden Ort messbar werden. Rektal- und Axillartemperatur zeigten hier beispielsweise erheblich höhere Verzögerungszeiten als Ösophagus- und Tympanum-Messungen.

Ist die Entscheidung für den Messort gefallen, muss desweiteren die intersubjektive Variabilität der Körperkerntemperatur berücksichtigt werden (Rising et al. 1992). Da die Unterschiede in Körperkerntemperatur und Körperkerntemperaturverlauf zwischen verschiedenen Testpersonen bisweilen erheblich sind, ist hier, im Sinne der Validitätsgewährleistung, besondere Vorsicht beim Vergleich dieser Werte geboten. Ähnliches gilt für intrasubjektive Vergleiche, da auch diese Werte verschiedenen zirkadianen und metabolischen Schwankungen unterliegen (Golenhofen 1997, S. 325 f).

II.3.2 Hauttemperatur

Betrachtet man die Hauttemperatur als Indikator für die konvektive Wärmeabgabe aus dem Kern, so kann sie, ähnlich der Körperkerntemperatur selbst, als Indikator für die thermoregulatorische Beanspruchung herangezogen werden.

Wie die Infrarotaufnahme in Abbildung 4 zeigt, gibt es jedoch keine einheitliche Hauttemperatur. Vielmehr gibt es überhaupt nur wenige unterschiedliche Stellen der Körperoberfläche, an denen zu einem gegebenen Zeitpunkt identische Temperaturen gemessen werden könnten. Vergleiche von Messergebnissen sind demnach nur dann valide, wenn sie am gleichen Messort ermittelt wurden. Die Unterschiede in der Oberflächentemperatur sind die Folge der oben beschriebenen konvektiven Wärmeabgabe, mit Hilfe des Blutes, von Orten hoher Wärmebildung an die Umgebung. Aus diesem Grund liegt die Hauttemperatur in der Nähe solcher Orte und an Stellen wo ein Anstieg der Organtemperatur besonders schwerwiegende Folgen hätte auch besonders hoch (Nybo et al. 2002).

Die Tatsache, dass die Hauttemperaturveränderung das Ergebnis einer Durchblutungsveränderung des entsprechenden Gebietes ist, kann sie, weitergehend als die Körperkerntemperatur, als Indikator für die Veränderung der gesamten Hämodynamik herangezogen werden.

Da die Hauttemperatur in direkter Abhängigkeit zur Körperkerntemperatur steht (siehe Kap. II.1 - Thermoregulation), müssen auch hierbei inter- und intrasubjektive Schwankungen Berücksichtigung finden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Infrarotaufnahme des menschlichen Körpers (links: ventral; rechts dorsal) vor und nach einem Lauf bei 30°C und 70% relativer Luftfeuchtigkeit (Wilmore und Costill 2004, S. 310)

II.3.3 Herzfrequenz

Wie oben beschrieben, steigt die Herzfrequenz direkt nach Belastungsbeginn durch Sympathikusregulierung an, um den erhöhten Blutbedarf der arbeitenden Systeme zu decken. Diese Tatsache qualifiziert die Herzfrequenz prinzipiell als Belastungs- und Leistungsindikator. Da auch ihre Messung mit Hilfe moderner Herzfrequenzmessgeräte einfach möglich ist, ist sie eine der am Weitesten verbreiteten Verfahren der Belastungssteuerung (Achten 2002, S.59). Weit schwieriger als die Bestimmung von Herzfrequenzen und ihren Verläufen gestaltet sich ihre Interpretation im Rahmen einer Diagnostik der Leistung.

Auf Grund der hohen interindividuellen und belastungsbezogenen Variation in Bezug auf absolute oder relative Herzfrequenzwerte, sowie deren Verlauf über die Zeit (Malik 2002), sollten Vergleiche vornehmlich intraindividuell, bei gleicher Belastungsform durchgeführt werden. Doch auch innerhalb des selben Probanden unterliegt die Herzfrequenz einer Vielzahl von Einflussfaktoren.

Zunächst wird die Herzfrequenz von psychischen, zirkadianen und schlafbezogenen Größen beeinflusst (Burgess 1997). Daher sollten das Stressempfinden der Testteilnehmer so weit wie möglich reduziert und die Leistungstests stets zu etwa der gleichen Tageszeit durchgeführt werden.

Zwei für den Zusammenhang dieser Arbeit besonders wichtige Einflussfaktoren sind die Umgebungs- und Körpertemperaturen. Neben Anderen konnten Gonzalez-Alonso et al. zeigen, dass sich die Herzfrequenz parallel zum Anstieg der Körperkerntemperatur erhöht und die Herzfrequenzwerte bei gleicher Leistung unter Hitze um 10 bis 30 Schläge höher liegen können als unter thermoneutralen Bedingungen (Gonzelez-Alonso et al. 2000; Gonzelez-Alonso et al. 1999).

In enger Verknüpfung mit dem Aspekt der Temperatur steht die Herzfrequenzbeeinflussung durch Dehydration. Zur Aufrechterhaltung des Herzzeitvolumens unter den Bedingungen eines verringerten Blutvolumens kann es zu einer Erhöhung der Herzfrequenz um bis zu fast 5% kommen, die bei zusätzlicher Hyperthermie um weitere 4 Prozentpunkte auf bis zu 9% ansteigen kann (Gonzalez-Alonso et al. 1997).

Ein weiterer, jedoch besonders für die Leistungsdiagnostik auf dem Fahrradergometer nicht unerheblicher Einflussfaktor ist die Körperposition auf dem Rad. Eine zusätzliche Aktivierung von Oberkörpermuskulatur durch die Einnahme einer flacheren, aerodynamischen Position kann beispielsweise bereits zu einer Erhöhung der Herzfrequenz um 5 Schläge pro Minute führen (Gnehm et al. 1997).

II.3.4 Blutlaktatkonzentration

Laktat ist ein Endprodukt der anaeroben Glykolyse, das insbesondere in Herz, Leber und Nieren abgebaut und zur Energiegewinnung herangezogen werden kann. Die Anhäufung von Laktat ist folglich ein Indikator, sowohl für die Sauerstoffversorgung der arbeitenden Muskulatur, als auch für den jeweiligen Anteil einzelner Muskelfasertypen an der Spannungsentwicklung der insgesamt beteiligten Muskeln. Verschiedene Untersuchungen gelangten sogar zu der Auffassung, dass die intramuskuläre Laktatanhäufung ein besserer Indikator für die Ausdauerleistungsfähigkeit sei, als die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (z.B. Bishop et al. 1998; Craig et al. 1993).

[...]

Ende der Leseprobe aus 120 Seiten

Details

Titel
Zum Einfluss unterschiedlicher Kühlmethoden auf die Ausdauerleistung beim Radfahren
Hochschule
Universität Münster
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
120
Katalognummer
V208700
ISBN (eBook)
9783656361916
ISBN (Buch)
9783656363125
Dateigröße
2822 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ausdauer, Radsport, Hitze, Kälte, Thermoregulation
Arbeit zitieren
Matthias Marckhoff (Autor:in), 2007, Zum Einfluss unterschiedlicher Kühlmethoden auf die Ausdauerleistung beim Radfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208700

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