Vollzeitpflege als Hilfe zur Erziehung

Welche Chancen bietet das Aufwachsen eines Kindes in einer Pflegefamilie? Eine Betrachtung im Hinblick auf den Familienbegriff


Hausarbeit, 2013

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Familie
2.1 Definition

3. Staat und Familie
3.1 Elternpflichten und Kinderrechte

4. Hilfe zur Erziehung - Vollzeitpflege.
4.1 Die Pflegefamilie als Form der Vollzeitpflege
4.2 Die Pflegefamilie und ihre Herausforderung
4.3 Das Kind und seine Entwicklung
4.4 Das Jugendamt und seine Aufgabe

5. Resümee

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Wir suchen nicht für eine Pflegefamilie, ein geeignetes Kind, sondern für ein erziehungsbedürftiges Kind, die geeignete Pflegestelle“

(Heitkamp, H 1989: 151)

Der deutsche Staat hat den Schutzauftrag, Kinder zu schützen und das Recht bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung in den privaten Raum der Familie einzugreifen. Eine mögliche Intervention ist die Fremdunterbringung der Kinder in Pflegefamilien. Im Jahr 2005 befanden sich in Deutschland ca. 50.000 Kinder in Pflegefamilien, weil die leiblichen Eltern die notwendige Erziehung und Versorgung des Kindes nicht leisten können oder wollen. Hinzukommt, dass der Staat weiterhin beauftragt ist, das Kindeswohl auch innerhalb der Pflegefamilie zu schützen. Die Vollzeitpflege stellt eine große Herausforderung für die aufnehmende Pflegefamilie dar, denn sie ist für die weitere Entwicklung des Kindes verantwortlich.

Aus sozialpädagogischer Sicht ist es deshalb wichtig, zu fragen, welche Chancen das Aufwachsen eines Kindes in einer Pflegefamilie im Vergleich zu der Herkunftsfamilie bietet?

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der obigen Fragestellung im Hinblick auf den Familienbegriff.

Zu Beginn wird versucht den Begriff „Familie“ zu definieren.

Der zweite Abschnitt handelt von dem Spannungsfeld zwischen Elternrecht und dem Schutzauftrag des Staates. Hierbei sollen die Rechte und Pflichten der Eltern auf der einen Seite und die Rechte und Pflichten des Staates auf der anderen Seite aufgezeigt werden. Anschließend widmet sich die Hausarbeit der Vollzeitpflege als „Hilfe zur Erziehung“. Dieser Abschnitt ist in vier Unterpunkte aufgeteilt. Der erste Punkt beschreibt die Pflegefamilie und ihre Herausforderung bei der Entscheidung ein Kind aufzunehmen. Im nächsten Punkt werden das Kind und seine Entwicklung in einer Pflegefamilie näher beleuchtet. Der letzte Punkt erklärt die Aufgaben des Jugendamtes innerhalb des Hilfeplans.

Abschließend folgt ein Resümee mit Ausblick auf die Zukunft des Pflegekinderwesens.

2. Familie

2.1 Definition

Der Begriff „Familie“ stammt aus dem lateinischen Begriff familia „die Hausgemeinschaft“, der wiederum vom lateinischen Wort famulus „der Haussklave“ abgeleitet ist. Der Wortursprung bezeichnete nicht die heutige Familienkonstellation: Mutter, Vater und Kind, sondern den Besitz eines Mannes, den pater familias, über seine Ehefrau, Kinder, Sklaven und Freigelassene sowie das Vieh. Demnach waren familia und pater keine Verwandtschafts-, sondern Herrschaftsbezeichnungen und der biologische Erzeuger wurde genitor, und nicht wie oft angenommen pater genannt.

Der Versuch Familie zu definieren, ist nicht einfach, da das Verständnis von Familie von verschiedenen Bedingungen abhängt. Zum Beispiel hat der gesellschaftliche Kontext einen großen Einfluss auf die Familie und ihre Bedeutung. Darüber hinaus definieren viele Wissenschaften, angefangen von der Psychologie bis hin zur Rechtswissenschaft, Familie sehr verschieden. „Dies ist nicht verwunderlich, da ja auch unterschiedliche Zwecke mit diesen Definitionen verfolgt werden“ (vgl. Rohrer-Werneck, 2000: 9).

Nun werden drei wissenschaftliche Definitionen betrachtet, die Aufschluss geben sollen, was Familie tatsächlich ist und welchen Zweck sie erfüllt. Dies ist nötig, um zu verstehen, dass hinter dem Begriff Familie mehr steckt als die biologische Verwandtschaft. In Hinblick auf unser Thema soll verdeutlicht werden, dass die Familie ebenfalls als ein „Konstrukt“ verstanden werden kann.

- Der soziologische Familienbegriff
- Der rechtliche Familienbegriff
- Der psychologische Familienbegriff

Der soziologische Familienbegriff

Soziologische Definitionen weisen auf zwei Aspekte der „Familie“ hin, denn „aus der Mikroperspektive stellt jede einzelne Familie eine besondere Form einer sozialen Gruppe dar; aus der Makroperspektive ist die Familie als eine Institution der Gesellschaft charakterisierbar“ (Huinik, J./Konietzka, D. 2007: 25).

Nach der Familiensozilogin Nave-Herz sind Familien gekennzeichnet durch

1. „ihre >> biologisch-soziale Doppelnatur << (König, R. 2002: 57), d.h. die Übernahme
zumindest der Reproduktions- und Sozialisationsfunktion neben anderen kulturell variablen gesellschaftlichen Funktionen,
2. die Generationsdifferenzierung (Urgroßeltern/Großeltern/Eltern/Kinder),
3. ein spezifisches Kooperations- und Solidaritätsverhältnis zwischen ihren Mitgliedern, das diesen spezifischen Rollen zuweist“ (Nave-Herz, R. 2004: 30).

Der rechtliche Familienbegriff

Unter Familie wird in den Rechtswissenschaften eine „legalisierte soziale Institution“ verstanden und steht „unter dem Schutz des Staates“ (vgl. Rohrer-Werneck, S. 2000: 9). In Deutschland steht die Familie in Artikel 6 des Grundgesetzes unter dem „Schutz der staatlichen Ordnung“. Im Familienrecht werden innerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches in seinen §§ 1589 f. nur die Begriffe der „Verwandtschaft“ und der „Schwägerschaft“, nicht jedoch den der Familie, näher definiert. „Dieser Familienbegriff ist sehr eng gefasst“ (Rohrer-Werneck, S. 2002: 9).

Andere Gesetze fassen den Kreis der Familienmitglieder in diesem Fall wesentlich weiter. Das Wohngeldgesetz zum Beispiel zählt in § 4 Absatz 1 zu den Familienmitgliedern den Antragsteller selbst, den Ehegatten, Verwandte in gerader Linie sowie Verwandte zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie, Verschwägerte in gerader Linie sowie Verschwägerte zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie und schließlich auch Pflegekinder.

Der psychologische Familienbegriff

Der psychologische Familienbegriff wurde größtenteils von Schneewind, einem deutschen Psychologen, geprägt. So sind nach Schneewind Kennzeichen von Familie zum einen der hohe Grad an „interpersoneller Involviertheit“ und zum anderen das „intime Beziehungssystem“ (vgl. Rohrer-Werneck, S. 2000: 10). Er nennt weitere vier Kriterien, die erfüllt sein müssen:

1. „Nähe: diese wird definiert als physische, geistige und emotionale Nähe.
2. Abgrenzung: Das Leben einer Familie ist sowohl räumlich als auch zeitlich von dem anderer abgegrenzt.
3. Privatheit: Nur in einem klar umgrenzten Lebensraum ist eine intime interpersonelle Beziehung der Familienmitglieder möglich.
4. Dauerhaftigkeit: Das Ziel einer Familie ist die längerfristige Gemeinsamkeit durch wechselseitige Bindung, Verpflichtung und Zielorientiertheit“

(vgl. Rohrer-Werneck, S. 2000: 10).

Es wird deutlich, dass der psychologische Familienbegriff sehr weit gefasst ist und sich viele Möglichkeiten von Alternativen zum konservativen Familienbegriff ergeben, die als Familie bezeichnet werden können. So können „intime Beziehungssysteme“ auch außerfamiliär, beispielsweise in Freundschaften, stattfinden oder wie in diesem Fall in Pflegefamilien. Dieser Definition zu Folge kann man behaupten, dass es „die Familie“ gar nicht gibt und es „vielmehr verschiedene Auffassungen von Familien als dynamische Prozesse gibt. Dies ist dann die Familie als gelebte Wirklichkeit“ (vgl. Rohrer-Werneck, S. 2000: 11).

Darüber hinaus, hat Schneewind aufgezeigt, dass es wenig Sinn macht, Familienformen zu definieren, denn „es kommt vielmehr auf die Qualität der Beziehung zwischen den Personen in einem Familiensystem an. Dies impliziert, dass ein Kind nicht grundsätzlich in seiner Herkunftsfamilie aufwachsen muss, um eine gute Entwicklung zu haben. Demzufolge ist für die Entwicklung des Kindes eine Pflegefamilie, wo es mehr geschätzt und gefördert wird, von großem Vorteil.

3. Staat und Familie

3.1 Elternpflichten und Kinderrechte

Nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind Pflege und Erziehung der Kinder nicht nur das natürliche Recht der Eltern, sondern auch ihre Pflicht. Die Rechte und Pflichten sind sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch als auch im Familienrecht geregelt. Es wird als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Rechte der Kinder nicht im Widerspruch zu den Aufgaben, Rechten und Pflichten der Eltern und Erziehungsberechtigten stehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Vollzeitpflege als Hilfe zur Erziehung
Untertitel
Welche Chancen bietet das Aufwachsen eines Kindes in einer Pflegefamilie? Eine Betrachtung im Hinblick auf den Familienbegriff
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
14
Katalognummer
V208442
ISBN (eBook)
9783656358022
ISBN (Buch)
9783656361237
Dateigröße
737 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vollzeitpflege, hilfe, erziehung, welche, chancen, aufwachsen, kindes, pflegefamilie, eine, betrachtung, hinblick, familienbegriff
Arbeit zitieren
Zeynep Ören (Autor:in), 2013, Vollzeitpflege als Hilfe zur Erziehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208442

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Vollzeitpflege als Hilfe zur Erziehung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden