Entwicklung einer Policy zur Erhaltung der Wirtlichkeit der Stadt Oberhausen unter Berücksichtigung der lokalen Politics und Polity


Studienarbeit, 2012

79 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Unwirtlichkeit unserer Städte
2.1. Bedeutung des Begriffes „Unwirtlichkeit“
2.2. Die Stadt als Biotop
2.3. Weitere Thesen Mitscherlichs
2.4. Mitscherlichs Fazit
2.5. Veränderungen seit dem Jahr 1965

3. Die Rolle der Verwaltung im politischen Prozess
3.1. Politik als Policy -Making
3.1.1. Das politisch-administrative System
3.1.2. Die drei Dimensionen des Politikbegriffes
3.2. Der Policy -Cycle
3.3. Zwischenfazit

4. Die Stadt Oberhausen
4.1. Die Wirtlichkeit Oberhausens
4.2. Polity und Politcs in Oberhausen
4.2.1. Demografische Rahmenbedingungen
4.2.2. Finanzielle Rahmenbedingungen
4.2.3. Institutionelle Rahmenbedingungen

5. Künftige Herausforderungen für ein wirtliches Oberhausen
5.1. Klares Policy -Making
5.2. Aufgabenbereich der Kommune
5.3. Kommunale Policy in Form einer Wirtlichkeitspolitik
5.3.1. Schranke der Policies in Oberhausen: Die kommunale Finanzwirtschaft ..
5.3.2. Mögliche Ausgestaltung einer Wirtlichkeitspolitik ( Policy ) in Oberhausen..
6. Ausblick

I. Abkürzungsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

III. Literaturverzeichnis

IV. Quellenverzeichnis

V. Gesetzesverzeichnis

VI. Anhang

1. Einleitung

Bereits im Jahr 1965 merkte Alexander Mitscherlich in seinem Pamphlet „Die Unwirtlich- keit unserer Städte - Anstiftung zum Unfrieden“ an, dass das Leben in den Städten der Bundesrepublik Deutschland (BRD) nicht lebenswert sei. Diese Betrachtung orientierte sich an keinem konkreten Beispiel, sondern an den deutschen Städten im Allgemeinen. Fraglich ist, inwiefern seine Thesen heute noch aktuell sind. Dies wird konkret anhand der Entwicklung der Stadt Oberhausen und den dortigen Rahmenbedingungen erörtert. Als Rahmenbedingungen kann bspw. die demografische Entwicklung betrachtet wer- den. Dies ist notwendig, um einschätzen zu können, für welche Bevölkerung die Kom- mune in Zukunft wirtlich sein soll. Mitscherlich merkte bereits im Jahr 1965 an, dass die Lebenserwartung und der Anteil der Personen im Seniorenalter steigen werden, es da- hingehend jedoch „keine humane Stadtplanung [gab], die in entsprechender Zahl be- queme Wohngelegenheiten für alte Menschen mitten unter den Berufstätigen …“1 schuf. Darin war die Anklage zu sehen, dass schon damals eine mangelhafte Devianz- bzw. Seniorenpolitik, als Teil einer Wirtlichkeitspolitik, praktiziert wurde. Als weitere Rahmen- bedingung wird die finanzielle Situation der Stadt Oberhausen angeführt, um zu beurtei- len, inwiefern finanzielle Mittel zur Umsetzung einer Wirtlichkeitspolitik zur Verfügung stehen würden.

Nach der Darlegung Mitscherlichs wesentlicher Thesen sowie der politologischen Grundlagen wird sich diese Arbeit der Antwort auf die Frage anzunähern:

Was könnte in Oberhausen für die Bürgerinnen2 und Bürger3 getan werden, damit die Stadt künftig als wirtlich wahrgenommen wird? Bei der Entwicklung einer solchen Wirt- lichkeitspolitik wird Acht auf die Rahmenbedingungen der Kommune gegeben. Auch wird eine Beurteilung erfolgen, inwiefern man Oberhausen als wirtlich bezeichnen kann.

2. Die Unwirtlichkeit unserer Städte

In seinem Pamphlet „Die Unwirtlichkeit unserer Städte“ aus dem Jahre 1965 möchte Alexander Mitscherlich zum Unfrieden anstiften. Er bemängelt städtebauliche Aspekte, wie die zunehmende Entmischung von Arbeits- und Wohnstätte sowie dem vorherrschenden “Brutalismus“ im Städtebau.4 Die von Mitscherlich vertretenen Thesen lassen unsere Städte des Jahres 1965 als unwirtlich erscheinen.

2.1. Bedeutung des Begriffes „Unwirtlichkeit“

Bei dem Begriff “Wirtlichkeit“ handelt es sich um eine altdeutsche Ausdrucksweise, die im heutigen Sprachgebrauch eine eher nachgeordnete Rolle spielt. Eine wirtliche Stadt ist behaglich, gemütlich, heimelig, komfortabel, bewohnbar sowie gastfreundlich.5 Mitscherlich vertrat nun die These, dass unsere Städte des Jahres 1965 gerade nicht wirtlich, also unbehaglich, ungemütlich, unkomfortabel, nicht gastfreundlich und sogar größtenteils unbewohnbar gewesen seien.

Es ist offensichtlich, dass die Aspekte der Wirtlichkeit subjektive Empfindungen darstel- len, die von Bürger zu Bürger unterschiedlich wahrgenommen werden können. Beispiel- haft könnten dies Kleinkinder, Jugendliche, Mütter, Erwerbstätige, Arbeitssuchende, Erwerbsunfähige, Menschen mit Behinderungen oder auch Menschen im Seniorenalter6 usw. sein. Durch die differenzierenden Auffassungen einer wirtlichen Stadt wird es er- schwert oder sogar unter Umständen unmöglich eine für jeden Bürger wirtliche Stadt zu gestalten.

2.2. Die Stadt als Biotop

Mitscherlich bezeichnete die Städte, in denen man Jahrhunderte lebte, als Biotop. Er definiert eine biotopische Stadt wie folgt: „sie ist ein Platz, an dem sich Leben verschie- denster Gestalt ins Gleichgewicht bringt und in ihm erhält.“7 In einem solchen herange- wachsenen Biotop herrscht nach Mitscherlich eine natürliche Wirtlichkeit. Solche Bioto- pe bzw. deren Gleichgewicht seien durch städtebauliche Veränderungen in der Zeit vor 1965 zerstört worden. In den Biotopen bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts fanden verschiedene Prozesse statt. Zum einen nannte Mitscherlich die Vermehrung als biolo- gischen Prozess, zum anderen die fortschreitende Ballung als technologischen Pro- zess.8 Die Stadtplanungsämter versuchten die städtebauliche Entwicklung an diese Prozesse anzupassen, indem zumeist viel Wohnfläche auf engstem Raum geschaffen wurde. Dabei ergaben sich große Defizite, die die Städte Schritt für Schritt unwirtlich machten. Mitscherlich unterscheidet zwischen der „gewachsenen“ wirtlichen Stadt und der „fabrizierten“ unwirtlichen Stadt.9

2.3. Weitere Thesen Mitscherlichs

Stadtgestaltung für verschiedene Generationen

Bei der Stadtplanung müssen laut Mitscherlich die verschiedenen Phasen des Lebens- alters berücksichtigt werden.10 Bis zum Jahr 1965 herrschte eine „merkantile Ausbeu- tung des städtischen Raumes zu Lasten der Jugend und des Alters“11. Die Lukrativität stand im Vordergrund. Natürlich sei es vorteilhafter gewesen, eine Rasenfläche zu ver- kaufen, als darauf Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten in Form eines Spielplatz für Kinder oder eines Parks zu errichten. Auch sei es um einiges bequemer gewesen, Men- schen im „Dritten Alter“12 an einem abgelegenen Ort unterzubringen, als Lösungen zu finden, um ihnen ein Platz dort zu schaffen, wo sie noch aktiv am Gesellschaftsleben teilhaben könnten.13

Aufhalten der zunehmenden Entmischung

„Wenn Produktions-, Verwaltungs-, Vergnügungs- und Wohnbereiche regional streng getrennt sind, was hält dann das Leben einer Stadt noch zusammen?“14 Mitscherlich sah es als notwendig an, im nahen Umfeld zur Wohnstätte o.g. Bereiche vorzufinden. Er betonte, dass Naherholungsmöglichkeiten und Stellen der Wirtlichkeit in der Stadt nicht zur Erhöhung des Lebensstandards führen, „sondern die Schaffung unerlässlicher Le- bensvoraussetzungen“15 und der biologischen Minimalvoraussetzungen des Menschen16 bewirken.

Neuordnung der Grund- und Bodenverhältnisse

Aufgrund der Grund- und Bodenverhältnisse sah Mitscherlich eine Unmöglichkeit für die Stadtplanung zur Wiederherstellung einer Wirtlichkeit durch großflächig angelegte Neu- gestaltungen. Er bemängelte „das Tabu der Besitzverhältnisse an Grund und Boden in den Städten, welches jede schöpferische, tiefgreifende Neugestaltung unmöglich macht.“17 Insbesondere waren ihm die Einfamilienhäuser ein Dorn im Auge, denn deren Anwesenheit verursacht eine fast unüberschaubare Anzahl an Eigentümern. Sie seien der „Vorbote des Unheils“ gewesen.18 In diesem Bereich hielt Mitscherlich die Enteig- nung zur Revitalisierung der Grund- und Bodenverhältnisse für eine Lösung.19 Er berief sich dabei auf verschiedene Aussagen von Politikern (z.B. Schuhmacher und Adenau- er), die seine These unterstützen. Im Anschluss an eine solche Enteignung erachtete er ein System der Erbpacht für sinnvoll, in dem das Obereigentum (Boden) dem Staat / der Stadt gehöre, jedoch zeitlich begrenzt durch die Bürger durch die Errichtung eines Un- tereigentums (Bauwerk) genutzt werden könne.20 „Nur dann kann es uns gelingen, Städ- te nach den wahren Bedürfnissen der sie Bewohnenden nicht nur zu planen, sondern auch zu bauen.“21 Dazu sah Mitscherlich die Leistung „unermüdlicher Aufklärungsarbeit“ als Grundvoraussetzung an. Sie sollte dazu führen soll, dass „auch der letzte Stadtver- ordnete“ verstanden hat, „daß er nicht nur für die Legung einer neuen Straßentrasse, sondern ebenso für die Schaffung eines Spielplatzes Boden in der Stadt enteignen kann.“22 Er hielt es für schwierig, dieses Thema zu vermitteln, da den Politikern dadurch ein gewaltiger Stimmverlust drohen könnte.

Vorsichtigkeit der Parlamente vor unpopulären Entscheidungen Mitscherlich betonte die Vorsichtigkeit der Parlamente vor unpopulären Entscheidungen. Als Beispiel bezieht er sich auf die o.g. Neuordnung der Grund- und Bodenverhältnisse. Obwohl diese Thematik durchaus vielen Politikern bewusst gewesen sei, hätte dennoch niemand dieses Problem thematisieren wollen.23 Mitscherlich berief sich dabei auf Aus- sagen von Schuhmacher sowie Adenauer (s.o.). „hnlich problematisch könnten sich auch Beschlussvorgänge auf kommunaler Ebene gestalten, die zur Erhaltung der Wirt- lichkeit der jeweiligen Stadt nötig wären. Bei unpopulären Entscheidungen könnten Stimmverluste bei den Wählern drohen.

2.4. Mitscherlichs Fazit

In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg eröffnete sich den deutschen Stadtplanern eine einmalige Gelegenheit, die vorige Stadtgestaltung zu überdenken und eine umfangrei- che Umstrukturierung vorzunehmen. Diese Chance wurde allerdings vertan. Vielmehr sei planerisch unbrauchbar restauriert worden.24 Darüber hinaus führte die Unwirtlichkeit unserer Städte dazu, dass für den Stadt-Menschen unerlässliche Lebensvoraussetzun- gen nicht vorhanden gewesen seien.25 Dies wiederum habe Mangelerscheinungen in der Bevölkerung hervorgerufen, die diese durch “Thrills“ kompensierten.26 Ein solcher Thrill kann bspw. durch Adrenalinstöße bei kriminellen Aktivitäten oder aber durch Dro- genkonsum hervorgerufen werden. Mitscherlich sah darin ein großes Risiko bei vielen Bürgern durch die Unwirtlichkeit ein inkompatibles Verhalten zu provozieren.

„Es ist aller Mühen wert, die Wirtlichkeit unserer Städte wiederherzustellen, weil die Menschheit, wie sie geworden ist, in den Städten ihre Wurzeln hat.“27 Sollten der Ge- meinde gebrauchsfertige Muster “übergestülpt“ werden, sterbe der genius loci - der Geist des Ortes - ab28 und es komme zu einem Verfall der kommunalen Öffentlichkeit.29

2.5. Veränderung seit dem Jahr 1965

Mitscherlichs Thesen beziehen sich auf den Städtebau der Nachkriegszeit. Eine kurze Betrachtung im heutigen Kontext erscheint demnach als sinnvoll. Es ist schwierig, all- gemeingültig zu definieren, ob die Thesen Mitscherlichs in der gesamten BRD noch ak- tuell sind. Sicherlich hat sich an der von ihm betonten Problematik der Grund- und Bo- denverhältnisse genauso wenig verändert wie an dem Bedürfnis eines jeden Menschen nach schnell erreichbaren Freizeit- und Vergnügungsmöglichkeiten. Inwiefern letzteres in manchen Kommunen Anklang gefunden hat, kann nicht universell beurteilt werden, es erfolgt an späterer Stelle eine detaillierte Betrachtung dieser Entwicklungen in Bezug auf die Kommune Oberhausen. Des Weiteren vertritt Mitscherlich die Thesen, unsere Städte würden durch Prozesse der Bevölkerungsvermehrung und -ballung in die Unwirt- lichkeit getrieben.

Vermehrung

In Bezug auf die Bevölkerungsvermehrung lässt sich eine Aussage für die gesamte BRD treffen. Die von Mitscherlich genannte starke Vermehrung der Bevölkerung ist größtenteils erloschen. Eine Verringerung tritt lediglich durch eine gewisse Zuwanderungsquote nicht ein. Dieses Defizit sei einer sinkenden Geburtenrate in Kombination mit einer steigenden Lebenserwartung geschuldet.30 Demnach ist die Problematik der Vermehrung nicht mehr von der Aktualität des Jahres 1965 und stellt damit die Stadtplanungsämter vor geringere Probleme.

Ballung

Viel aktueller ist die Problematik der Ballung. Eine enorme Binnenwanderung innerhalb Deutschlands wird für die nächsten Jahrzehnte prognostiziert. Es werden viele Menschen die ländlichen Regionen verlassen und in Großstädte wie Hamburg, München oder Berlin ziehen.31 Somit stellt das Problem der Ballung die BRD heute genauso wie 1965 vor infrastrukturelle Herausforderungen. Es wird jedoch eine individuelle Betrachtung der jeweiligen Region nötig, da die Gegebenheiten und zu veranlassenden Maßnahmen vor Ort höchst unterschiedlich sein können.

3. Die Rolle der Verwaltung im politischen Prozess

Als Beteiligte am Städtebau sieht Mitscherlich neben den Bauherren und Architekten auch die Stadtbauämter, die Planungsämter sowie die Stadtparlamente.32 Bei Maßnah- men zur Herstellung der Wirtlichkeit einer Stadt handelt es sich demnach um Prozesse, in denen die Verwaltung und die Politik mitwirken. Es bedarf zu einer „nderung in der Flächennutzung einer politischen Legitimierung in Form eines Beschlusses des kommu- nalen politischen Gremiums.33 Um beurteilen zu können, inwiefern die Verwaltung Im- pulse in Bezug auf die Wirtlichkeit einer Stadt leisten kann, wird zunächst allgemein dargelegt, welche Rolle die Verwaltung bei diesen politischen Prozessen einnimmt.

3.1. Politik als Policy-Making

Zur politikwissenschaftlichen Einordnung der öffentlichen Verwaltung ist es von Bedeu- tung, zu spezifizieren, was genau mit Politik gemeint ist. Allgemein wird unter Politik häufig das „Policy-Making“ verstanden. Policy-Making ist der „Versuch der Be- und Ver- arbeitung gesellschaftlicher Probleme“35. Klassisch kann Politik auch definiert werden, als der Prozess, „in dem lösungsbedürftige Probleme artikuliert, politische Ziele formu- liert, alternative Handlungsmöglichkeiten entwickelt und schließlich als verbindliche Festlegung gewählt werden.“36 Es werden somit Probleme (Input) erkannt, verarbeitet (Withinput) und anschließend eine Lösung präsentiert (Output) ( siehe Abbildung 1 ).34

3.1.1. Das politisch-administrative System

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 - Eastons „Simplified Model of a Political System“37

Das Modell des politisch-administrativen Systems (PAS) wurde in den sechziger Jahren von David Easton entwickelt. Es erfreut sich in den Politikwissenschaften seither großer Beliebtheit, nicht zuletzt weil „alle anderen Versuche analytisch überzeugend zu be- stimmen, was eigentlich ‚Politik’, ‚Verwaltung’ oder ‚Staat’ ausmacht und unterscheidet, unbefriedigend blieben.“38 Das PAS reagiert in Form einer Blackbox auf Inputs. Dies können sowohl Wähler, Parteien als auch Interessengruppen sein. Inputs werden vom PAS durch verschiedene Prozesse in Outputs umgewandelt. Anschließend erfolgt von der Umwelt ein Feedback in Form von Inputs. Hinzukommen fortwährend neue Inputs, die durch das PAS bewältigt werden müssen.

Das PAS besteht, wie der Name bereits zum Ausdruck bringt, aus einem politischen sowie einem administrativen Teil. Eine gemeinsame Betrachtung von Politik und Verwaltung ist im Falle von politischen Prozessen sinnvoll, da die Verflechtung viel zu eng und somit keine einfache Trennung möglich ist.

3.1.2. Die drei Dimensionen des Politikbegriffes

Insgesamt wirkt sich das Wort „Politik“ in drei Dimensionen aus. Obwohl verschiedene Dimensionen existieren, wird in der deutschen Sprache mangels Alternativen immerzu auf dasselbe Wort zurückgegriffen. Anders ist es in der englischen Sprache. Dort finden die verschiedenen Bedeutungen des “Politikbegriffs“ auch namentliche Berücksichtigung, nämlich Politics, Polity sowie Policy .

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 - Dimensionen des Politikbegriffs39

Politics

Die Bedeutung von Politics als Teil des Begriffes Politik ist die sichtbarste Dimension und wird im Deutschen häufig mit dem Politikbegriff gleichgesetzt. Er bezeichnet den Prozess von Konfliktsituationen zwischen verschiedenen politischen Interessengruppen. Es geht um Macht und Einfluss. Im Bereich der Politics sind folgende Fragen von Bedeutung: Welche Einflussmöglichkeiten können politische Institutionen und Organisationen vorweisen? Wodurch kann eine Konfliktlösung erfolgen?

Polity

Polity ist die formale Dimension des Politikbegriffes. Sie bezeichnet den Rahmen, in dem sich politisches Handeln bewegt, also die Ordnung des politischen Systems sowie des Normengefüges und der Institutionen. „Es geht hier um Verfahren und Regeln, und zwar sowohl formelle wie informelle Institutionen und Normen (z.B. Verfassungen, Ge- setze, Vorschriften, aber auch politische Kultur und politische Traditionen), die sowohl Voraussetzung (Weichenstellung) wie Ergebnis (geronnene Politik im Sinne von Politics ) sein können.“40

Policy

Policy bezeichnet die politischen Inhalte. Es geht um die Art und Weise der Problemverarbeitung. Zentrale Themen sind die Gegenstände, Ziele und Instrumente von Politik. Von Bedeutung sind die Gestaltung von gesellschaftlichen Verhältnissen durch das PAS sowie die Abwägung der unterschiedlichen Möglichkeiten zur allgemeinen Aufgabenerfüllung. Diese Politikdimension lässt sich häufig in der begrifflichen Zusammensetzung mit dem gewählten Themenschwerpunkt finden. Beispiele hierfür sind die Sozialpolitik, die Arbeitsmarktpolitik oder auch die Klimapolitik.

Der Politikbegriff

Die drei Dimensionen des Politikbegriffes sind eng miteinander verflochten. Veranschaulicht dargestellt, finden die politischen Inhalte ( Policy ), die durch Austragung politischer Konflikte ( Politics ) realisiert werden sollen, in einem bestimmten institutionellen sowie rechtlichen Rahmen statt ( Polity ). Um eine klare Differenzierung zu ermöglichen, wird für die folgenden Ausführungen die jeweilige Bezeichnung des Politikbegriffes aus der englischen Sprache entnommen.

3.2. Der Policy-Cycle

Der Policy-Cycle (PC) dient der Veranschaulichung politischer Prozesse. Im Fokus ste- hen vor allem die Problemerkennung und anschließende Bewältigungsmöglichkeiten. Die Policy- Verfahrensschritte können der folgenden Abbildung entnommen werden.41

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 - Der idealtypische Policy-Cylce42

Die Problemdefinition bezeichnet das Aufmerksamwerden auf ein Problem und dessen Artikulierung. Dies kann sowohl durch die Politik als auch durch die professionellen Mitarbeiter der Verwaltung geschehen. In diesem Bereich bestehen aufgrund des Spezialistenwissens große Einflussmöglichkeiten durch die Verwaltung.

Das Agenda Setting bezeichnet das Setzen von Themenschwerpunkten auf die Tages- ordnungen der politischen Gremien. Der Antrag zur Aufnahme eines Tagesordnungs- punktes auf die Agenda kann sowohl von Seiten der Politik (sog. inside Agenda Setting ) als auch von Seiten der Verwaltung (sog. outside Agenda Setting ) erfolgen. Maßgeblich hierbei ist, von wem die Problemdefinition ausging. Wird ein Problem von der Verwal- tung definiert, ist ein outside Agenda Setting wahrscheinlich und umgekehrt.

Die Politikformulierung und Entscheidung bezeichnet den Prozess verbindliche Ziele und Programme zu formulieren sowie einen politischen Beschluss herbeizuführen. Auf diesen Verfahrensschritt hat die Verwaltung nur indirekten Einfluss. Jedoch ist offen- kundig, dass sie eine große Rolle „bei der Formulierung, Aushandlung und Auswahl politischer Alternativen, bis hin zu ‚Formulierungshilfen’ gegenüber parlamentarischen Ausschüssen“43 spielt. Diese Phase bietet den politischen Interessenvertretern Gelegenheit, sich über das zu beschließende Thema auseinanderzusetzen und eventuelle inner- und interparteiliche Konflikte auszutragen.

Die Politikimplementierung bezeichnet den Prozess der Umsetzung der politischen Be- schlüsse. Hier finden folglich eine Interpretation des jeweiligen Beschlusses und eine anschließende Umsetzung durch die Verwaltung statt. Dadurch besteht die Möglichkeit „die politischen Programme ggfs. ganz anders [zu] interpretieren und [zu] implementie- ren als ursprünglich intendiert, die aber vielleicht auch erst dadurch den Erfolg der Maß- nahme gewährleisten.“44 Um die jeweilige Policy zu implementieren, beauftragt die Ver- waltung häufig auf externe Dienstleister (z.B. zur Umsetzung von Bauvorhaben).

Die Politikevaluierung ist Bestandteil der Wirkungsforschung. Diese überprüft die Wirkungen ( impact ) sowie die indirekten Auswirkungen staatlichen Handelns ( Outcomes ). Zentral sind hier die Fragen: Inwieweit war die Policy erfolgreich? Was hat sich geändert? Wie hat es sich geändert? Warum hat es sich geändert? Je nach Ausgang dieser Evaluierung wird das künftige Handeln bestimmt. Die Handlungsmöglichkeiten sind die Politikterminierung sowie die Problemredefinition.

Die Politikterminierung bezeichnet allgemein die Beendigung einer Policy . Die Politikre- definition führt zu einer erneuten Durchführung der Verfahrensschritte des PC. Häufig wird dabei eine Anpassung der Problemdefinition vorgenommen. Welcher dieser Wege eingeschlagen wird liegt im Ermessen des PAS.

3.3. Zwischenfazit

Die Verwaltung ist nicht unerheblich an politischen Prozessen, gerade im Bereich des Policy -Making, beteiligt. Für sie gibt es direkte Einflussmöglichkeiten in Form eines out side Agenda Settings sowie indirekte Einflussmöglichkeiten durch die Verantwortung über die Herausarbeitung von Alternativen. In dieser Hinsicht ist die kommunale Politik auf das Spezialistenwissen der Verwaltung angewiesen. Die Initiierung einer Policy kann auch durch die Verwaltung geschehen. Diese wird jedoch erst nach Beschluss des politischen Gremiums auch implementiert.

4. Die Stadt Oberhausen

Die Darstellung der Stadt Oberhausen soll den Wirtlichkeitsstatus sowohl in der Vergangenheit, als auch heute verdeutlichen. Da im Rahmen dieser Ausführungen eine Policy zur Erhaltung der künftigen Wirtlichkeit Oberhausens skizziert wird, besteht ein unmittelbarer Zukunftsbezug. Für die Beurteilung, inwiefern Maßnahmen zur Erhaltung der Wirtlichkeit umgesetzt werden können, müssen vor allem die Rahmenbedingungen ( Polity ) in Oberhausen in demografischer, finanzieller sowie institutioneller Hinsicht durchleuchtet werden. Außerdem erfolgt eine kurze Darstellung der politischen Debatte ( Politics ) anhand der Sitzverteilung im Rat der Stadt.

4.1. Die Wirtlichkeit Oberhausens

Zur Beurteilung, inwiefern es sich bei der Stadt Oberhausen um eine wirtliche Stadt handelt, wird eine detaillierte Betrachtung der Stadtentwicklung vorgenommen. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen eine Subsumtion, ob Oberhausen Aspekte einer wirtlichen Stadt vorweisen kann.

Die Stadtgeschichte

Die Darstellung der Oberhausener Stadtgeschichte wird zum einen die Zeit bis zum Jahr 1965, zum anderen ab dem Jahr 1965 beleuchten. Dadurch kann im weiteren Verlauf eine klare Trennung stattfinden, welche Faktoren von Mitscherlichs Unwirtlichkeit zum Zeitpunkt seiner Thesen in Oberhausen Bestand hatten und welchen in der Zwischenzeit abgeholfen werden konnte.

Oberhausen bis zum Jahr 1965

Die Landgemeinde Oberhausen wurde im Jahr 1862 gegründet und erhielt 1874 die Stadtrechte. Oberhausen entwickelte sich seitdem immer mehr zu einem wichtigen Standort für industrielle Betriebe. 1898 wurden in Oberhausen bspw. die Dampfkessel- werke „Babcock“ gegründet. Ab diesem Zeitpunkt wurde Oberhausen zunehmend in- dustrialisiert.45 Es wurden Kohlezechen, Stahlwerke und ein Gasometer errichtet. Dar- über hinaus legte man auch Wert auf ein gewisses kulturelles Angebot. So weihte Oberhausen im Jahr 1949 das erste Theater des Ruhrgebiets nach dem Krieg ein. Ab dem Jahr 1954 wurden die westdeutschen Kurzfilmtage in Oberhausen abgehalten, die Luise-Albertz-Halle wurde im Jahr 1962 eingeweiht.46 Stadtplanerisch wurden die Baublöcke sowie Straßen des Stadtkernes schachbrettartig angelegt. Inmitten dieses Stadtkernes befand sich schon damals eine Einkaufsstraße mit verschiedenen Warenhäusern, Fachgeschäften sowie Cafés. Eine weitere als Anziehungspunkt gedachte Stelle ist der Altmarkt am Ende der Einkaufsstraße.47

Oberhausen von 1965 bis heute

In den Jahren 1975 bis 1987 wurden Etappenweise Hochöfen, Stahlwerke und Walz- werke geschlossen.48 Außerdem wurden viele Kohlezechen und Stahlwerke in den 1980er Jahren bis in die 1990er Jahren geschlossen. Dadurch entfielen zehntausende Arbeitsplätze und es entstanden brachliegende Industrielandschaften.49 Viele Bereiche der Stadt waren nicht zugänglich für die Bevölkerung. Es folgte zunächst die Neugestal- tung großer Teile der Innenstadt, die durch das PAS Oberhausens selbst als „erhebli- che“ Aufwertung angesehen wird. Zudem wurde mit dem „Bero-Center“ ein Einkaufs- zentrum errichtet, welches bis heute täglich ca. 22.000 Menschen anzieht. Es werden kulturelle Gebäude in der Innenstadt unterhalten, wie bspw. das bedeutendste Gebäude des Oberhausener „Backstein-Expressionismus“ - das Bert-Brecht-Haus, welches im Jahr 1928 errichtet und seitdem fortwährend renoviert und saniert wurde. Auch weiterhin ist Oberhausen bekannt für die jährlichen Kurzfilmtage. Die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen gilt als Attraktion mit überregionaler Bedeutung, in der Kunstwerke aufbe- wahrt werden und verschiedene Ausstellungen stattfinden.50

Im Jahr 1994 wurde der Grundstein gelegt für das Projekt „CentrO“. Es handelte sich dabei um ein sehr umfangreiches Bauvorhaben, welches bei seiner Eröffnung im Sep- tember 1996 Europas modernstes Einkaufs- und Freizeitzentrum war. Das CentrO Oberhausen wurde auf einem Großteil der vorigen Industriebrachflächen errichtet, so- dass viele Industriebrachen verschwanden und nunmehr das „saubere“ Gewerbe in den Vordergrund rückte.51 Zu jedem Zeitpunkt des Wandels der Stadt Oberhausen wurde die historische Entwicklung im Blick gehalten. So wurde der Gasometer, für den seit der Schließung der Industriewerke keine Verwendung mehr vorgesehen war, als Ausstel-

lungsfläche verwendet und hat damit überregionale Bedeutung erlangt. Er trägt zur Identität der Stadt bei.

Oberhausen verfügt über vielfältige Naherholungsmöglichkeit außerhalb des Stadtkerns. Die Burg Vondern liegt in einem Naturschutzgebiet, welches zu Spaziergängen einlädt. Die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen wird vom Grünflächenbereich des Kaisergar- tens umschlossen. Dieser beinhaltet einen See, großzügige Grünflächen, ein Kleintier- gehege sowie verschiedene Sportangebote. Zudem ist der Kaisergarten von der Innen- stadt aus gut zu erreichen - sowohl mit dem Auto als auch mit dem ÖPNV52.

Ist Stadt Oberhausen unwirtlich?

Die Stadtgeschichte Oberhausens lässt darauf schließen, dass die Stadt bis zum Jahr 1965 und auch darüber hinaus als bedeutender Industriestandort in vielerlei Hinsicht unwirtlich gewesen sein könnte. Vermutlich könnte zur Zeit Mitscherlichs bei Oberhau- sen über eine unwirtliche Stadt gesprochen werden - dies kann und soll an dieser Stelle nicht abschließend bewertet werden. Seitdem haben sich viele grundlegende Dinge geändert. Oberhausen ist nicht mehr in erster Linie Industriestandort. Vielmehr wurde durch die Erschaffung und Erhaltung kultureller Einrichtungen, Freizeit- und Vergnü- gungsstätten an Standorten, an denen zuvor industrielle Werke zu finden waren, die Wirtlichkeit deutlich gesteigert. Diese Einrichtungen sind zwar nicht unmittelbar ver- mischt mit dem Wohnbereich, jedoch ist das ÖPNV-Netz insofern ausgebaut, als dass diese Orte problemlos innerhalb kurzer Zeit erreicht werden können. Auch die Vielfalt an wirtlichkeitssteigernden Einrichtungen kann positiv hervorgehoben werden. Es sind Plätze zur Begegnung vorhanden (sowohl im Innenstadtbereich, als auch außerhalb), die Entmischung von Wohngegend und Gewerbe ist, bis auf einige Ausnahmen, nicht weit vorangeschritten. Auf diese Weise bestehen auch die von Mitscherlich geforderten nahegelegenen Arbeitsmöglichkeiten für Mütter.

Ob abschließend von einer vollends wirtlichen Stadt gesprochen werden kann, unterliegt der subjektiven Bewertung. Es gilt in Oberhausen die künftige Wirtlichkeit für eine Viel- zahl der Bewohner sicherzustellen. Dies kann aber nicht allein dadurch geschehen, den derzeitigen Zustand zu sichern. Vielmehr muss eine Anpassung der kommunalen Pla- nungsgedanken in Anlehnung an die sich verändernden Rahmenbedingungen stattfin- den.

4.2. Polity und Politics in Oberhausen

Im Folgenden werden die Polity und die Politics Oberhausens betrachtet. Diese Ausführungen werden sich auf demografische, finanzielle als auch institutionelle Rahmenbedingungen beziehen.

4.2.1. Demografische Rahmenbedingungen

„Kommunen im demographischen Wandel - das sind Städte und Gemeinden im Wett- bewerb um Bürger, um attraktive Standort- und gute Lebensbedingungen.“53 Diese Um- schreibung stellt den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der demografischen Ent- wicklung und der Wirtlichkeit einer Stadt her. Die Betrachtung der demografischen Rahmenbedingungen ist unerlässlich zur Gestaltung einer langfristig wirtlichen Stadt. Die Bürger interpretieren Wirtlichkeit subjektiv. So wird sich ein Mensch im Seniorenalter eine wirtliche Stadt anders vorstellen als ein Kind bzw. ein Jugendlicher. Die Bürger im Jahre 2050 könnten eine wirtliche Stadt aus dem Jahr 2012 aufgrund neuer Interessen oder multikultureller Vielfalt durchaus als unwirtlich empfinden. Es könnte durch gezielte Projekte die Wirtlichkeit erhöht werden. Aus diesem Grund ist auch eine Analyse der aktuellen demografischen Situation und der Prognose wichtig, um zumindest annähernd einschätzen zu können, welche Menschen die Stadt in Zukunft bevölkern werden. An- schließend ist zu ermitteln, was wirtlichkeitsbeeinflussende Faktoren für diese Men- schen sind. Die Herausforderungen an die Stadtverwaltung Oberhausen zur Bereitstel- lung einer wirtlichen Stadt messen sich unter anderem an den Attributen „ weniger, ä lter und bunter. “54

Individuelle Betrachtung Oberhausens

Die Bev ö lkerung wird weniger: Der demografische Wandel im Hinblick auf die Bevölke- rungsanzahl bezeichnet sinkende Geburtenraten in Kombination mit einer steigenden Lebenserwartung. Oberhausen trifft in den nächsten Jahren sowohl eine Bin- nen(ab)wanderung von jungen Fachkräften und Familien als auch ein Geburtendefi- zit55.56 Dadurch wird eine beinahe linear abnehmende Bevölkerungsentwicklung prog- nostiziert. Wurden im Jahr 2009 ca. 214.000 Bürger gezählt, so wird zum Jahr 2030 noch mit einer Gesamtbevölkerungszahl von ca. 201.500 gerechnet.57

Die Bev ö lkerung wird ä lter : Der deutschlandweite Trend, dass sich jeder dritte Mensch bis zum Jahr 2030 im Seniorenalter befinden wird, zeichnet sich auch durch eine Erhö- hung des Durchschnittsalters der Bewohner Oberhausens von 43,9 (2009) auf 47,3 (2030) ab. Im Jahr 2009 lag der Altenquotient58 bei 34,8 Personen im Rentenalter pro 100 Erwerbstätigen. Dieser Wert soll bis zum Jahr 2030 auf 51,2 steigen. Hinzukommt eine Steigerung der ferneren Lebenserwartung59 der deutschen Bevölkerung, die sich auch auf die Oberhausener Bürger auswirken wird. So betrug die fernere Lebenserwar- tung der Bevölkerung Deutschlands für 60-jährige im Jahr 2000 19,2 / 23,5 Jahre (Män- ner / Frauen), für das Jahr 2050 wird eine fernere Lebenserwartung von 23,7 / 28,2 Jah- re prognostiziert.60 Hingegen sinkt der entsprechende Jugendquotient von 31,3 (2009) auf ca. 30,7 (2030) und bleibt damit, obwohl die Anzahl der Jugendlichen absolut sinkt, in Relation zur Oberhausener Bevölkerung, annähernd konstant.61

Die Bev ö lkerung wird bunter: Derzeit liegt der Ausländeranteil in der BRD bei 8,8 %, dies ist im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten bereits jetzt überdurchschnittlich hoch.62 Bis zum Jahr 2014 wird eine sukzessive jährliche Erhöhung des Zuwanderungssaldos auf 100.000 Menschen prognostiziert. Diese Zuwanderungszahl soll sich ab 2014 konstant halten.63 In Verbindung mit der sinkenden Bevölkerungszahl wird dies zu einer weiteren Erhöhung des Ausländeranteils in Oberhausen führen.

4.2.2. Finanzielle Rahmenbedingungen

Die Stadtverwaltung Oberhausen befindet sich derzeit im sog. Nothaushaltsrecht. Sie darf also aufgrund der strukturellen hohen jährlichen Fehlbeträge im Ergebnisplan nur rechtlichen Verpflichtungen nachkommen oder notwendige Aufgaben weiterführen.64

Allgemeine finanzielle Situation

Obwohl Oberhausen Anziehungspunkte wie das Einkaufszentrum „CentrO“, das Sealife- Center oder die Ausstellungsfläche des Gasometers besitzt, vermögen die dadurch indi- rekt generierten Einnahmen65 nicht ansatzweise das jährliche Defizit zu kompensieren.66 Die Neuverschuldung pro Jahr liegt ca. zwischen 145 und 175 Millionen Euro. Die Ge- samtverschuldung Oberhausens wird zum Jahr 2012 zwei Milliarden Euro überschrei- ten. Dies klingt in Anbetracht der Schuldenlage anderer Städte nicht eklatant hoch (Köln: ca. 5,8 Milliarden; Essen: ca. 4,1 Milliarden; Dortmund: ca. 3,8 Milliarden; Duis- burg: ca. 3,4 Milliarden; Oberhausen: ca. 1,8 Milliarden Euro ), jedoch muss berücksich- tigt werden, dass Oberhausen derzeit „nur“ ca. 214.000 Bürger hat. Somit ist die Mög- lichkeit Einnahmen über Abgaben67 zu erzielen viel geringer und die pro Kopf- Verschuldung liegt deutlich über den o.g. Vergleichsstädten ( Oberhausen: ca. 8.429 Euro , Essen: ca. 7.049 Euro, Duisburg: ca. 6.977 Euro, Dortmund: ca. 6.567 Euro, Köln: ca. 5.899 Euro).68

[...]


1 Mitscherlich, Alexander, Die Unwirtlichkeit unserer Städte - Anstiftung zum Unfrieden, Frankfurt am Main, 1965, S.70

2 Auf kommunaler Ebene ist B ü rgerin / B ü rger , wer wahlberechtigt ist (§ 21 Absatz 2 GO NRW). Die Betrachtung der Einwohnerinnen / Einwohner (einziges Merkmal: Wohnen im Gemeindegebiet (§ 21 Absatz 1 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Oktober 2011 (GV. NRW. S.539), in Kraft getreten am 22. November 2011)). Die Betrach- tung des B ü rgers ist für die folgenden Ausführungen relevant, da nicht jeder Einwohner die Möglichkeit der politischen Partizipation auf kommunaler Ebene hat (Deutsche oder EU-Bürger sind wahlberechtigt - §§ 7, 8, 9 Gesetz über die Kommunalwahlen im Lande Nordrhein-Westfalen (Kommunalwahlgesetz NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juni 1998, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Mai 2011 zur Wiedereinführung der Stichwahl vom 3. Mai 2011 (GV. NRW. S.238)).

3 Zur besseren Lesbarkeit werden im Folgenden bezogen auf das Geschlecht keine differenzierenden Bezeichnungen mehr verwendet. Unter Hinweis auf Gender Mainstreaming ist damit sowohl die männliche als auch die weibliche Form gemeint.

4 Vgl. Seewald, Björn, Alexander Mitscherlich: Die Unwirtlichkeit unserer Städte - Anstiftung zum Unfrieden (Buchrezension), Berlin, 2000, S.3

5 Vgl. Synonyme.woxikon.de (Hrsg.), Suchbegriff: Wirtlichkeit, Leipzig, 2012, http://synonyme.woxikon.de/synonyme/ wirtlich.php [24.02.2012]

6 Unter Menschen im Seniorenalter sind für die folgenden Ausführungen alle Menschen zu verstehen, die 65 Jahre oder älter sind.

7 Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.39

8 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.16

9 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.105

10 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.90 ff.

11 Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.115

12 Dabei handelt es sich um eine Bezeichnung des britischen Sozialhistorikers Peter Laslett (1915 - 2001). Gemeint ist damit ein hohes Alter. Für die folgenden Ausführungen wird das „Seniorenalter“ synonym zum „Dritten Alter“ verwendet.

13 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.25

14 Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.116

15 Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.93

16 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.111

17 Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.19

18 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.36

19 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.95 ff, 111

20 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.21, 22, 107

21 Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.109

22 Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.94

23 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.21, 22

24 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.100

25 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.92, 111

26 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.114

27 Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.26

28 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.34

29 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.118

30 Vgl. Sinn, Hans-Werner, Vorwort, in: Chopra, Ajai; Meier, Johannes; Sinn, Hans-Werner, Sustainable Public Finance in Aging Societies, Gütersloh, 2007, S.9

31 Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (Hrsg.), Annahmen zur Binnenwanderung, Wiesbaden, 2011, http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Bevoelkerung/Vorausberechnun gBevoelkerung/Content75/Binnenwanderung,templateId=renderPrint.psml [24.02.2012]

32 Vgl. Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte, S.16

33 Vgl. § 41 Absatz 1 f) und g) Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Oktober 2011(GV. NRW. S.539), in Kraft getreten am 22. November 2011

34 Die folgenden Ausführungen in Bezug auf das Policy-Making orientieren sich an: Bogumil, Jörg; Jann, Werner, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, 2. Auflage, Bochum und Potsdam, 2008, S. 21 - 27

35 Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S. 21

36 Scharpf, Fritz, Verwaltungswissenschaft als Teil der Politikwissenschaft, in: Planung als politischer Prozess. Aufsätze zur Theorie der planenden Demokratie, Frankfurt am Main, 1973, S. 9 - 32

37 Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S. 22

38 Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S. 22

39 Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S.24

40 Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S.23

41 Die folgenden Ausführungen in Bezug auf den Policy Cycle orientieren sich an: Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S. 25 - 28

42 Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S. 26

43 Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S. 27

44 Bogumil; Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S. 27

45 Vgl. Stadt Oberhausen (Hrsg.), Tourismus & Stadtinfo / Stadtportrait, Oberhausen, 2012, http://www.oberhausen.de/ stadtportrait.php [24.02.2012] sowie Beucker, Pascal, Oberpleite, Oberhausen, Berlin, 2010, http://www.taz.de/!63495/ [24.02.2012]

46 Vgl. Stadt Oberhausen (Hrsg.), Stadtgeschichte Oberhausens, Oberhausen, /E1E2D81170D54033AE582AEDBA3FED3A.php [24.02.2012]

47 Vgl. Stadt Oberhausen, Tourismus & Stadtinfo / Stadtportrait

48 Vgl. Stadt Oberhausen, Stadtgeschichte Oberhausens

49 Vgl. Beucker, Oberpleite, Oberhausen

50 Vgl. Stadt Oberhausen, Tourismus & Stadtinfo / Stadtportrait

2012, http://www.oberhausen.de

51 Vgl. Stadt Oberhausen (Hrsg.), Tourismus & Stadtinfo / Stadtportrait sowie Stadt Oberhausen, Stadtgeschichte Ober- hausens

52 Öffentlicher Personennahverkehr

53 Esche, Andreas; Schmidt, Kerstin, Vorwort, in: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Demographie konkret: Handlungsansätze für die kommunale Praxis, Gütersloh, 2005, S.4

54 Vgl. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Aspekte der Bevölkerungsentwicklung in den Kommunen, Gütersloh, 2008, http://www.wegweiser-kommune.de/global/service/pressebereich/pdf/ 1-1Demographischer_Wandel_in_Kommunen.pdf [24.02.2012]

55 Das Geburtendefizit bezeichnet die Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen.

56 Vgl. Statistische „mter des Bundes und der Länder (Hrsg.), Demografischer Wandel in Deutschland (Heft 1: Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung im Bund und in den Ländern), Wiesbaden, 2011, S.8

57 Vgl. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Wegweiser Kommune: Absolute Bevölkerungsentwicklung 2009-2030 (Oberhausen), Gütersloh, 2011, www.wegweiser-kommune.de [24.02.2012]

58 Der Altenquotient bezeichnet die Anzahl der Personen im Rentenalter, die auf 100 Erwerbstätige entfallen.

59 Weitere Lebenserwartung ab einem bestimmten Alter. Hat eine 60-jährige Person eine fernere Lebenserwartung von

20 Jahren, so hat sie eine Lebenserwartung von 80 Jahren.

60 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (Hrsg.), Entwicklung der Lebenserwartung, Bonn, 2008, http://www.bpb.de/wissen/YDGMRC [24.02.2012]

61 Vgl. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Demographiebericht - Ein Baustein des Wegweisers Kommune, Gütersloh, 2011, www.wegweiser-kommune.de [24.02.2012]

62 Vgl. WeltOnline (Hrsg.), Kein EU-Land hat mehr Ausländer als Deutschland, Berlin, 2010, http://www.welt.de/politik/deutschland/article9475620/Kein-EU-Land-hat-mehr-Auslaender-als-Deutschland.html [24.02.2012]

63 Vgl. Statistische „mter des Bundes und der Länder, Demografischer Wandel in Deutschland, S.9

64 Vgl. §§ 82, 76 GO NRW

65 In Nordrhein-Westfalen ist seit der Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements nicht mehr die Betrach- tung der Ausgaben / Einnahmen relevant. Vielmehr rückten seither die Aufwendungen / Erträge (Ergebnisrechnung) sowie die Auszahlungen / Einzahlungen (Finanzrechnung) in den Fokus. Da diese trennscharfe Differenzierung für die folgenden Betrachtungen nicht notwendig ist, wird vereinfachend auf die Begriffe Ausgaben / Einnahmen zurückgegriffen. Folgend soll unter Ausgaben der Abfluss liquider Mittel (Bargeld oder frei verfügbares Geld auf einem Konto) und unter Einnahme der Zufluss liquider Mittel verstanden werden. Es handelt sich dabei bewusst um von der Kommunalen Fi- nanzwissenschaft abweichende Definitionen, die jedoch für die Betrachtungen im Rahmen dieser Arbeit ausreichend sind.

66 Vgl. Beucker, Oberpleite, Oberhausen

67 Kommunale Abgaben sind Gebühren, Beiträge und Steuern (§ 1 Absatz 1 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Oktober 1969 (GV. NW. 1969 S.712), zuletzt geändert durch Artikel X des Gesetzes vom 9. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 380))

68 Vgl. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Finanzdaten Köln, Essen, Dortmund, Duisburg, Oberhausen, Gütersloh, 2011, www.wegweiser-kommune.de [24.02.2012]

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Entwicklung einer Policy zur Erhaltung der Wirtlichkeit der Stadt Oberhausen unter Berücksichtigung der lokalen Politics und Polity
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Veranstaltung
Modul 6, Politische Implikationen des Verwaltungshandelns
Note
2,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
79
Katalognummer
V208330
ISBN (eBook)
9783656357650
ISBN (Buch)
9783656360186
Dateigröße
4757 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entwicklung, policy, erhaltung, wirtlichkeit, stadt, oberhausen, berücksichtigung, politics, polity
Arbeit zitieren
Patrick Wiedemann (Autor:in), 2012, Entwicklung einer Policy zur Erhaltung der Wirtlichkeit der Stadt Oberhausen unter Berücksichtigung der lokalen Politics und Polity, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208330

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