Untersuchungen zur Mehrsprachigkeit von Literaturmuseen und literarischen Gedenkstätten in Deutschland


Masterarbeit, 2011

97 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

EINLEITUNG

THEORETISCHE GRUNDLAGEN

1 DEFINITIONEN
1.1 Mehrsprachigkeit
1.2 Literaturmuseen und literarische Gedenkstatten

2 STAND DER FORSCHUNG EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

3 AUSWAHL DER LITERATURMUSEEN UND LITERARISCHEN GEDENKSTATTEN

4 UNTERSUCHUNGSPUNKTE DER MEHRSPRACHIGKEIT

5 DURCHFUHRUNG DER UNTERSUCHUNG

6 DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE
6.1 Baden-Wurttemberg
6.2 Bayern
6.3 Berlin
6.4 Brandenburg
6.5 Hessen
6.6 Mecklenburg-Vorpommern
6.7 Niedersachsen
6.8 Nordrhein-Westfalen
6.9 Rheinland-Pfalz
6.10 Sachsen
6.11 Sachsen-Anhalt
6.12 Schleswig-Holstein
6.13 Thuringen

7. AUSWERTUNG
7.1 Webseite
7.2 Faltblatt
7.3 Objektbeschriftung
7.4 Fuhrungen
7.5 Audioguides
7.6 Publikationen
7.7 Sonstiges

8 THESENAUSWERTUNG

9 EMPFEHLUNGEN

10 AUSBLICK

BIBLIOGRAPHIE

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

EINLEITUNG

„Das Literaturmuseum [und die literarische Gedenkstatte] verbinde[n] uberhaupt wie kaum eine andere Institution Elemente, die auseinanderzustreben scheinen:

Authentizitat und Fiktionalitat,

Historizitat und Aktualitat,

Dokumentation und Kreativitat,

das materielle und das immaterielle Kulturerbe,

die Personlichkeit des Schriftstellers und die literarischen Werke,

die regionale bzw. nationale Traditionsbildung und die interkulturelle und internatio­nal Kommunikation.

Die Vielfaltigkeit dieser Anforderungen und Chancen macht das Literaturmuseum [wie auch die literarische Gedenkstatte] zu einem spannenden und herausfordernden Ort.“[1]

Als eine wichtige Herausforderung und auch Chance ist vor diesem Hintergrund die Mehr- sprachigkeit in Literaturmuseen und literarischen Gedenkstatten zu betrachten. Museen defi- nieren ihr Aufgabenfeld uber das Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln. Dabei ist der Aspekt des Ausstellens bzw. ein mehrsprachiger Austausch von Informationen uber Ex- ponate enorm wichtig, denn Museen sammeln und stellen originale Objekte aus, deren Werte einzigartig sind. Sie eroffnen dem Betrachter Verknupfungen mit der Vergangenheit, der Ge- genwart oder der Zukunft. Da diese Zusammenhange haufig nur schwer fassbar sind, soll das Publikum in der Lage sein hierzu ausreichende Informationen zu erhalten. Denn originale Objekte konnen nur zu einem Zeitpunkt an einem Ort zuganglich sein. Dies macht sie nur fur eine begrenzte Anzahl von Menschen verfugbar. Um Informationen uber Exponate einer moglichst breiten Zielgruppe zur Verfugung zu stellen, liegt eine besondere Bedeutung in der Zuganglichkeit von relevanten Informationen im Internet sowie in der Uberwindung von Sprachbarrieren. Ein Museumsbesucher mochte wissen, wie man Zugang zu solchen Objekten erhalten kann oder welches Museum zu welchem Zeitpunkt bestimmte Objekte ausstellt. Mu­seen mussen in der Lage sein, diese Informationen in verschiedenen Sprachen verfugbar zu machen, um auch Besucher aus anderen Sprachraumen erreichen zu konnen. Denn ihre Aus- stellungen und gleichermafien Veranstaltungen zielen auf Offentlichkeit. Sie werden fur ihre tatsachlichen und potenziellen Besucher gemacht. Dabei herrschen bei einer Literaturausstellung schwierigere Bedingungen als etwa bei einer Kunstausstellung. Denn der Gegenstand einer Literaturausstellung, Literatur und Sprache ist symbolischer Natur - literarische Aus- stellungsobjekte benotigen oftmals eine schriftliche Erklarung, eben weil Literatur ist sehr eng an das Medium Sprache gekoppelt. Das macht ihre Bedeutung sowie auch ihre Grenzen aus. Literaturmuseen und literarische Gedenkstatten funktionieren nur in bestimmten Sprachrau- men. Andererseits ist die Vielfalt der Sprachen in Europa ein kultureller Wert, der als Starke gilt und Literatur erst ausmacht.

„[In Europa gibt es] keine einheitliche Sprache, sondern 23 verschiedene Amtssprachen. Die sprachliche Heterogenitat innerhalb der Lander ist sehr gering, da die meisten Mitgliedslander nur eine Amtssprache zugelassen haben; die sprachliche Heterogenitat zwischen den Staaten ist fast maximal, insofern in den 27 Mitgliedslandern 23 verschiedene Amtssprachen zugelas­sen sind. [...] Die Folge dieser historisch entstandenen Ausgangskonstellation ist, dass Mehr- sprachigkeit eine notwendige Voraussetzung ist, wenn man transnational und europaweit agie- ren mochte. [...] In geschlossenen Gesellschaften, die nur wenige Kontakte mit anderen Ge- sellschaften haben, ist Mehrsprachigkeit keine bedeutende Ressource, weil sie nur selten ein- gesetzt werden kann. Der Prozess der Globalisierung und der Europaisierung hat dies radikal verandert, da sich die Austauschprozesse zwischen den europaischen Landern erhoht haben. [...] Die Befunde zeigen, dass die Gesellschaften Europas nicht nur durch den europaischen Einigungsprozess starker untereinander vernetzt worden sind, sondern zugleich der Grad der weltweiten Verflechtung im Kontext von Globalisierungsprozessen enorm zugenommen hat. Erst unter diesen Bedingungen ergeben sich fur die Burger neue Anforderungen und Gelegen- heiten, von denen sie aber nur Gebrauch machen konnen, wenn sie auch andere Sprachen sprechen.“[2]

Das Thema der vorliegenden Arbeit wurde angeregt durch Prof. Dr. Lothar Jordan und knupft an eine vorangegangene Projektarbeit an, welche im Rahmen des Masterstudiengangs Ger- manistik: Literatur und Kulturwissenschaft an der TU Dresden im Projekt >Literaturmuseen< im Wintersemester 2010/ 11 entstanden ist. In dieser Projektarbeit wurden bereits 21 litera­rische Einrichtungen in den Bundeslandern Baden-Wurttemberg, Bayern und Sachsen auf ihre Mehrsprachigkeit hin uberpruft. In der Masterarbeit sollen nun die Literaturmuseen und litera- rischen Gedenkstatten in ganz Deutschland auf diese Eigenschaft hin untersucht werden. Mehrsprachigkeit ist ein Thema, welchem in der gegenwartigen immer internationaler wer- denden Welt eine wachsende Bedeutung zukommt. Sie geht einher mit der Europaisierung und Globalisierung sowie deren Auswirkungen auf die Mobilitat der heutigen Gesellschaft. In Deutschland, sowie in anderen europaischen Staaten, wird die Bevolkerung kulturell und eth- nisch vielfaltiger - multiethnische Gesellschaften entstehen und charakterisieren bei weitem nicht mehr nur die grofien urbanen Raume. Des Weiteren werden Kooperationen mit Nach- barstaaten intensiviert. Uberhaupt gewinnen Wissenschafts- und Kulturtransfer sowie Tou- rismus immer mehr an Bedeutung. Diese Situation hat Folgen far den Gebrauch von Sprache und Sprachen. Dem Interesse an und dem Bedurfnis nach Mehrsprachigkeit kommt dabei immer mehr Bedeutung zu. Mehrsprachigkeit stellt einen offenen Prozess dar, der langst nicht abgeschlossen ist. Das bedeutet, bezuglich dem zur Verfugung stellen von Informationen in mehreren Sprachen, eine grofie Herausforderung fur alle offentlichen Einrichtungen. Der Be- darf an neuen Konzepten fur kulturelle Institutionen wird immer dringender. Umso wichtiger ist die Behandlung dieses aktuellen Themas auch in der Forschung.

Mehrsprachigkeit in literarischen Einrichtungen birgt zwei Aspekte in sich: Einerseits verhilft sie dem Literaturmuseum bzw. der literarischen Gedenkstatte zu einer internationalen Aus- strahlung, gibt anderen Kulturen Einblicke in die eigene und fordert somit den wissenschaft- lichen und kulturellen Austausch. Andererseits hat sie eine enorme Relevanz fur den Litera- turtourismus, denn sie verschafft den Institutionen die Moglichkeit, auch ein internationales Publikum anzusprechen und dadurch den Besucherkreis zu erweitern. Mehrsprachigkeit hat somit auch einen bedeutenden wirtschaftlichen Aspekt.

Dem wissenschaftlichen Aspekt liegt folgendes zugrunde: Die Europaisierung und Globalisie­rung bietet einerseits neue Chancen der Begegnung, der Kooperation und des internationalen Austausches. Andererseits besteht die Gefahr, dass sich die Heterogenitat der Kulturen und Sprachen auflost. Dazu sei folgendes Zitat vermerkt:

,,Aber schon ganz allgemein ist zu sagen, dafi das Uberschreiten bzw. Errichten von Grenzen, seien sie geographisch, kulturell, sprachlich oder wie auch immer beschaffen, positive wie ne­gative Seiten haben kann, die einander spiegelbildlich zugeordnet sind: Die Begrenzung, das Einhalten und Errichten von Grenzen, kann positiv Eigenstandigkeit und Bestand des Abge- grenzten sichern, zur Ausbildung von Unterschieden und Unterscheidungen beitragen und auf diese Weise Vielfalt und Individuality ermoglichen; negativ ver- oder behindert sie den Aus­tausch, die Erweiterung der Erfahrungshorizonte, unterstutzt Missverstehen und Egoismus, begunstigt Enge von Herz und Verstand. Die Entgrenzung ,das Uberschreiten und Aufheben von Grenzen wiederum kann zum Verwischen von Identitaten, zum Verschwinden der Man- nigfaltigkeit fuhren, andererseits aber selbstverstandlich erstarrte Strukturen aufbrechen, neue Entwicklungen in Gang setzen, den Blick und den Geist erweitern.“[3]

Seit einigen Jahren besteht international weitgehend Einigkeit daruber, dass kulturelle Vielfalt als universaler Wert zu pflegen ist. Dies etwa wird deutlich durch Die Allgemeine Erklarung zur kulturellen Vielfalt, welche die UNESCO- Generalkonferenz im November 2001 in Paris verabschiedet hat.[4]

„In der Bewahrung dieser Vielfalt kommt den Literaturmuseen international eine ganz beson- dere Rolle zu. Durch sie werden Schriftsteller und literarische Werke fur eine breite Offent- lichkeit bewahrt und vermittelt. In der Literatur aber gehen Kunst und Sprache eine einzigar- tige Verbindung ein - und so sind die Literaturmuseen Orte der Kunst und der Pflege der Spra- chen. Und die Sprachen sind fur die Traditionsbildung, die Bewahrung und Reflexion von Identitat, aber auch fur die Kommunikation innerhalb der heutigen Gesellschaften, die durch zahlreiche Wanderungsbewegungen vielfaltiger werden, von grobter Bedeutung. [...]

Wahrend die alte, aus dem 19. Jahrhundert stammende Aufgabe, namlich die nationale, manchmal auch regionale kulturelle und sprachliche Tradition und Identitat zu pflegen, wei- terhin besteht, sind neue Aufgaben dazugekommen, interkulturelle und international: Die je eigene Kultur sollte im Literaturmuseum heute so prasentiert werden, dass dieses zugleich ein Ort der Vermittlung zwischen verschiedenen Kulturen wird. Das Literaturmuseum sollte kul­turelle Identitaten so fordern, dass das Gesprach mit Menschen anderer Kulturen und Sprachen gefordert und ihr Interesse geweckt wird. In Erganzung dessen ware es wohl eine neue Auf­gabe, die je 'eigene' Literatur so zu vermitteln, dass sie auch Besucherinnen und Besuchern anderer Kulturen etwas von dem je eigenen Umgang mit dem kulturellen Erbe und von deren Gehaltvermittelt. [...]

Literaturmuseen sind Orte der kulturellen Vielfalt, der Diversitat, des Besonderen, der natio- nalen und regionalen Traditionen. Aber sie sind nicht isoliert. Sie sind auch Orte des Ge- sprachs, auch miteinander, hinweg uber die Grenzen der Sprachen, Kulturen und Staaten.“[5]

Unterteilen lasst sich der erste Aspekt wiederum in das Argument der regionalen und natio- nalen Traditions- und Identitatsbildung bzw. -wahrung und der interkulturellen und internati- onalen Kommunikation bzw. des Wissenschaftsaustausch. Literarische Museen und Gedenk- statten sollten daher bemuht sein sowohl eine nationale wie auch eine international Aus- strahlung zu pflegen bzw. aufzubauen. Mehrsprachigkeit ist dabei nicht nur fur groBe Museen von Bedeutung, sondern auch fur kleinere und regionale Museen von besonderem Interesse, etwa um lokale und nationale Unterschiede zu bewahren und ihre Eigenheiten und besonderen Eigenschaften fur andere zuganglich zu machen. Denn gabe es keine Mehrsprachigkeit in diesen Einrichtungen wurde das einen mono- bzw. nationalkulturellen Ausschluss bedeuten und die Partizipationschancen am Europaisierungsprozess waren damit sehr eingeschrankt. Einsprachigkeit kann als nicht mehr zeitgemaB betrachtet werden.[6]

Besonders literarische Einrichtungen sollten dabei eine Vorreiterrolle innerhalb der Muse- umsgemeinschaft einnehmen. Denn besonders die Einrichtungen, die sich mit Literatur und Kultur befassen, sollten sich ihrer ,,Funktion als bewahrende, vermittelnde, reflektierende Institution der Sprachgemeinschaft oder auch der Nationalkultur“ bewusst sein und ,,als Institutionen der Vermittlung und des Austausches mit anderen Kulturen dienen.“ [7] Sprache und insbesondere die Literatur einer Sprache spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstutzung und dem Bewahren einer heterogenen Weltkultur.

Das zweite Argument fur eine Mehrsprachigkeit in literarischen Einrichtungen ist der wirt- schaftliche Aspekt. Der Ausbau mehrsprachiger Angebote kann die Besucherzahl erhohen, da Menschen aus anderen Sprachraumen bzw. Fremdsprachige Touristen eher mobilisiert wer­den konnen die Einrichtung zu besuchen. Museen sind ein einflussreicher Standortfaktor im Tourismus, welcher wiederum ein bedeutender Wirtschaftszweig ist, der als organisiertes Rei- sen zu den konstitutiven Elementen moderner Gesellschaften gehort. Dank der Europaisie- rung, Globalisierung und vielfaltigen technischen Errungenschaften unserer Zeit sind zeitwei- lige geographische Ortsveranderungen „beim groBten Teil der Bevolkerung verinnerlichte, habituell unterschiedlich ausgeubte und institutionell unterstutzte LebensauBerungen. Mobi- litat ist ein 'Wert an sich' geworden, wie es fruher starker Sesshaftigkeit war.“[8]

Das analytische und dokumentarische Ziel der Masterarbeit ist, zu untersuchen, inwiefern Mehrsprachigkeit in Literaturmuseen und literarischen Gedenkstatten umgesetzt wird. Voran- gehend sollen dazu im theoretischen Teil der Masterarbeit die Begrifflichkeiten >Mehrspra- chigkeit< (Kapitel 1.1) sowie >Literaturmuseum< und >literarische Gedenkstatte< (Kapitel 1.2) definiert werden. Es folgt eine Ubersicht zum Stand der Forschung (Kapitel 2) in dem sich der Thematik uber die Forschungsfelder der Mehrsprachigkeit, der Museums- und Besucher- forschung bzw. des Kultur- und Literaturtourismus genahert wird. Im empirischen Teil der Arbeit sollen verlassliche Nachweise uber die Mehrsprachigkeit der kulturellen Einrichtungen dargestellt werden. Dabei wird Wert auf eine moglichst quantitativ umfassende Untersuchung gelegt, sodass die gesammelten Daten in ihrer Fulle aufbereitet werden konnen. Dies dient einerseits neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und andererseits besteht der Nutzen fur die jeweiligen Einrichtungen vor allem darin, dass die gleichzeitige und gleichartige Ermittlung an mehreren Orten gute komparative Vorraussetzungen zur Einordnung der eigenen Situation schafft. Zunachst folgt dazu eine Erklarung der Auswahl der Literaturmuseen und literari­schen Gedenkstatten (Kapitel 3). Danach wird ein Aufschluss zu den Mehrsprachigkeitsele- menten (Kapitel 4) und Angaben zur Durchfuhrung der Studie (Kapitel 5) gegeben. Nachfol- gend werden die Ergebnisse (Kapitel 6) in Tabellenform dargestellt, alphabetisch und nach Bundesland geordnet.

Folgende Thesen (Kapitel 8) sollen anschlieBend an die Auswertung der Ergebnisse (Kapi­tel 7) kontrolliert werden:

- Die Mehrsprachigkeit in Literaturmuseen und literarischen Gedenkstatten ist in touristischen Zentren und Grenzraumen besonders hoch.
- Literaturmuseen und literarische Gedenkstatten orientieren sich mit ihren mehrsprachigen Angeboten an der Sprache bzw. den Sprachen der angrenzenden Staaten.
- Die Anzahl der mehrsprachigen Angebote in literarischen Einrichtungen mit hohen Besucherzahlen ist groBer.

Schliefilich sollen Empfehlungen fur die literarischen Institutionen ausgesprochen und Krite- rien fur den Umgang mit anderen Sprachen formuliert werden (Kapitel 9). Im Ausblick (Ka- pitel 10) soll abschliefiend die Verwendung der Ergebnisse problematisiert werden, wobei gleichzeitig geklart wird, welche Fragestellungen sich in der Folge ergeben. So hat das diffe- renzierte Material uber die Mehrsprachigkeit der 58 Einrichtungen eine Informationsfunktion und schafft damit eine verbesserte Argumentationsbasis fur weiterfuhrende Diskussionen ver- schiedener Art. Dieses Wissen kann gegenuber Entscheidungstragern der Kulturpolitik - nicht zuletzt den fur die beteiligten Einrichtungen zustandigen Trager - in Begrundungszusammen- hange t^r zukunftige Mafinahmen eingebracht werden.

THEORETISCHER TEIL

1 DEFINITIONEN

1.1 Mehrsprachigkeit

Es mag auf den ersten Blick simpel erscheinen: Mehrsprachigkeit heifit, mehrere Sprachen zu beherrschen. Doch schon eine solche sehr einfach formulierte Erklarung ist problematisch, denn Mehrsprachigkeit, so machen viele Forschungsbeitrage deutlich, ist furwahr kein klares Konzept. Mehrsprachigkeit bezeichnet laut des Lexikons der Sprachwissenschaft einerseits die ,,Fahigkeit eines Individuums, sich in mehreren Sprachen auszudrucken“, andererseits die ,,Geltung mehrerer Sprachen in einer Gesellschaft oder einem Staat“.[9] Der Duden weist der Mehrsprachig neben der Bedeutung ,,mehrere Sprachen sprechend“ auch die Bedeutung ,,in mehreren Sprachen [abgefasst]“ zu.[10]

Generell sind Definitionen von Mehrsprachigkeit immer auch Definitionen von Zweispra- chigkeit, da diese Begriffe in der Literatur kaum differenziert gebraucht werden. Richtige Mehrsprachigkeit, so stellt BAUSCH im Handbuch Fremdsprachenunterricht fest, entwickelt sich jedoch erst mit dem Lernen einer dritten Sprache bzw. einer zweiten Fremdsprache, weswegen Mehrsprachigkeit qualitativ und quantitativ nicht mit Zweisprachigkeit gleichzu- setzen ist.[11] Weitere Begrifflichkeiten, die im Zusammenhang mit Mehrsprachigkeit auftreten, sind neben der Zweisprachigkeit die Vielsprachigkeit und die aus dem Englischen entlehnten Begriffe des Multilingualismus bzw. Plurilingualismus.

In Sprachkontaktforschung: Eine Einfuhrung unterscheidet RIEHL drei Formen von Mehr­sprachigkeit: individuelle (personale), territoriale (gesellschaftliche) und institutionelle Mehr­sprachigkeit. Insgesamt ist davon auszugehen, dass diese verschiedenen Typen von Mehr­sprachigkeit aneinander gekoppelt sind. Vor allem territoriale Mehrsprachigkeit korreliert meist mit individueller Mehrsprachigkeit.[12]

Individuelle Mehrsprachigkeit bezieht sich auf Individuen, die mehr als eine Sprache spre- chen. Umstritten ist dabei, welches Mafi an welcher Kompetenz in den Sprachen vorhanden sein muss, damit man von Mehrsprachigkeit sprechen kann. Unter gesellschaftlicher bzw. territorialer Mehrsprachigkeit versteht man den Sprachgebrauch in mehrsprachigen Staaten oder Regionen. Eine Gesellschaft wird als mehrsprachig bezeichnet, so heiBt es weiter bei RIEHL, wenn es zwei oder mehrere Amtssprachen gibt, wie z. B. in der Schweiz, wo jede dieser Sprachen in einem bestimmten Gebiet gesprochen wird. Es ist jedoch auch moglich, dass in einem Gebiet mehrere Sprachen gesprochen werden, vor allem wenn dort Sprachmin- derheiten leben. Ein Beispiel dafur sind die Sorben, ein westslawisches Volk, das in der Ober- und Niederlausitz in den Bundeslandern Sachsen und Brandenburg lebt.[13]

Unter institutioneller Mehrsprachigkeit versteht man wiederum die Verwendung mehrerer Arbeitssprachen in Institutionen. Sie ,,ist dann gegeben, wenn die Verwaltung einer Stadt, eines Bezirkes, eines Landes bzw. die einer Organisation ihre Dienste in mehreren Sprachen anbietet. Das ist z.B. in den territorial mehrsprachigen Staaten der Fall, aber naturlich auch in internationalen Organisationen wie der UNO, dem Europaparlament usw.“[14] In Bezug auf kulturelle Einrichtungen, etwa Literaturmuseen und literarischen Gedenkstatten bedeutet dies, dass die Institutionen Informationen in mehreren Sprachen zur Verfugung stellen, sodass es Menschen aus anderen Sprachraumen moglich ist sich mit den Objekten und Ausstellungs- inhalten auseinanderzusetzen.

1.2 Literaturmuseen und literarische Gedenkstatten

Im Folgenden sollen die Begriffe »Literaturmuseum« und »literarische Gedenkstatte« genauer definiert werden. Laut dem International Council of Museums (ICOM) liegen die traditio- nellen Kernaufgaben moderner Museen aller Gattungen im Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln. Ein Museum wird nach ICOM definiert als

,,eine gemeinnutzige, auf Dauer angelegte, der Offentlichkeit zugangliche Einrichtung im Dienst der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt be- schafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt.“[15]

Das Literaturmuseum sammelt, pflegt und prasentiert materielle und immaterielle Zeugnisse uber Autoren des literarischen Lebens, literarische Themen bzw. literarische Produktionen. Oft befinden sich derartige Museen in einem ehemaligen Geburts- oder Wohnhaus bzw. einer Produktionsstatte eines Autors. Diese Raumlichkeit kann selbst zum musealen Gegenstand werden. Je naher sie dem Originalzustand zu Zeiten des Dichters kommt,je mehr ist sie durch Authentizitat im Sinne von Ursprunglichkeit und Echtheit auf der topografischen, biografi- schen und werkimmanenten Ebene gekennzeichnet.[16] ASSMANN konstatiert dazu:

"Die eigentumliche Verbindung von Nahe und Feme macht diese zu auratischen[17] Orten, an denen man einen unmittelbaren Kontakt mit der Vergangenheit sucht. Die Magie, die den Er- innerungsorten zugeschrieben wird erklart sich aus ihrem Status der Kontaktzone."[18]

Das Museum bildet so eine Schnittstelle zwischen Erlebnis und Erinnerung. Andererseits kann aber auch eine Sammlung oder eine bestimmte Bibliothek zum Ausgangspunkt fur die Etablierung eines Literaturmuseums werden. Am Anfang eines Literaturmuseums steht oft ein Schriftstellerhaus, eine authentische Erinnerungsstatte, in der der Schriftsteller geboren wurde oder gearbeitet hat. Im 18. Jahrhundert hat die neue Disziplin der Asthetik Kunst und Litera- tur stark aufgewertet, sodass das soziale Prestige der Kunstler und Schriftsteller anstieg und sie fortan als »Genie« und als »Sprachrohr der Seele« zu den Grofien der Menschheit zahlen konnten. Zweifelsohne wollte man dieser Grofie gedenken: das Literaturmuseum war gebo­ren. Neben der Funktion der Erinnerungsstatte kamen im Laufe der Zeit neue Aufgaben hinzu:

„Die Literaturmuseen legten nun Sammlungen zu einem oder zu mehreren Dichtern an. Sie sammelten Handschriften, Bucher und andere Objekte, die sich auf die Biographie, die Werke, die Wirkungsgeschichte des Schriftstellers bezogen. Sie beteiligten sich an der Forschung. Und sie vermittelten den Schriftsteller und sein Werk oder auch mehrere Schriftsteller und ihre Werke auf reflektierte Weise in die Offentlichkeit, insbesondere durch Ausstellungen. Das ist bis heute so geblieben. Nicht wenige Literaturmuseen verfugen dabei uber keine authentischen Gedachtnisort. Aber sie teilen mit den Schriftstellerhausern im engeren Sinn die Aufgabe, auf eine reflektierte Weise Literatur zu erinnern und in die Offentlichkeit zu vermitteln. Sie tun dies professionell, in der Tradition ihrer Hauser, museologisch reflektiert und vielfach im Austausch und in Kooperation mit Universitaten und Schulen - und anderen Literaturmuseen, national und international."[19]

Fur einen ausfuhrlicheren geschichtlichen Abriss zur Grundung der ersten Literaturmuseen als deren Vorlaufer die Lesegesellschaften des 19. Jahrhunderts gelten konnen, empfiehlt sich WEHNERTS „Die literarischen Vereinigungen des 19. Jahrhunderts und die Grundung der ersten Literaturmuseen.[20] " Des Weiteren beschaftigt sich ZANKL im Kapitel Personalmu- seen fur Personen verschiedener Lebens- und Wirkungsbereiche mit der Geschichte literari- scher Personalmuseen. Er konstatiert:

„Personalmuseen fur den Bereich der Literatur entwickelten sich jedoch wesentlich zogernder als die Kunstlermuseen, obwohl die ersten Ansatze auch schon im ersten Drittel des 19. Jahr­hunderts zu linden sind. Als auslosende Kraft, die den Anstob zur Grundung von Literaturmu­seen gab, [kann] Goethes Wille [angesehen werden], den Zusammenhang seines Nachlasses uber seinen Tod hinaus als Einheit zu erhalten. Tatsachlich liegen Goethes personliche Bemu- hungen um eine offentliche Institutionalisierung der Bewahrung sowohl in seinem Besitz be- findlichen literarischen Materials als auch seiner Sammlungen im gleichen Zeitraum wie die Anfange der ersten Kunstlerpersonalmuseen."[21]

Eine detaillierte Betrachtung der Geschichte fuhrt jedoch fur diese Zwecke zu weit. Nicht unerwahnt bleiben sollen allerdings die Beschaftigungen WOLFGANG BARTHELS und FRANZ RUDOLF ZANKLS mit Literaturmuseen.

BARTHEL sagt zunachst: ,,Das Literaturmuseum als solches gibt es nicht." Stattdessen exis- tieren jedoch weltweit ,,Hunderte von autoren- und werkorientierten Institutionen".[22] Diese unterscheidet BARTHEL in vier Museumsvarianten. Zwei Beispiele dieser Varianten ent- nimmt er der auberdeutschen Szene:

,,Das Literaturmuseum, obschon entstehungsgeschichtlich regional gepragt, ist inzwischen als eine international, vor allem europaische Erscheinung erkennbar geworden und sollte als sol- che betrachtet werden, zumal die meisten Museen Autoren von Weltrang gewidmet sind und [...] untereinander im Austausch stehen.“[23]

Als erstes Beispiel nennt BARTHEL das Bj0rnson-Museum im Gausdal, Norwegen. Als Lite- raturmuseum gehort es zur Untergruppe der Schriftstellerhauser, auch »literarische Memori- als« bzw. im Englischen »literary shrines« genannt. Die Besonderheit dieses Museumstyps liegt in seiner Einmaligkeit, denn es ist vollkommen authentisch: ,,Liegenschaft, Haus, Aus- stattung und Umgebung bewahren den Zustand, wie er zu Bj0rnsons Lebzeiten war; keine Storungen durch Diskontinuitat bei der Nutzung, keine Verluste an authentischen Lebenszeugnissen [...] -ein Bild gewordenes Stuck Vergangenheit“[24]

Das zweite Beispiel stellt das Dickenshaus in London dar. Hier findet nur eine Anlehnung an Authentizitat statt, denn das Haus in 48 Doughty Street wurde von Charles Dickens nur kurz- zeitig von 1837-1839 bewohnt. 1925 wurde es als Dickens House Museum der Offentlichkeit zuganglich gemacht, nachdem man es zwischenzeitlich anderweitig genutzt hatte. Die Raum- lichkeiten mussten also neu ausgestattet werden, manches wurde originalgetreu wieder herge- stellt, aber es gibt keine unmittelbaren Lebenszeugnisse. So ist dieses Museum kein museali- siertes Autorenhaus, sondern eher ein ^meeting place« fur Dickensliebhaber.[25]

Als drittes Beispiel fuhrt BARTHEL das Schiller-Nationalmuseum in Marbach an. Es ist ein Fremdbau bzw. ein Museumsneubau, welcher unabhangig vom erhalten gebliebenen Geburts- haus Schillers errichtet wurde. Das Museum fungierte von Anfang an als Dichterarchiv und dokumentierte seit jeher neben Schillers Leben und Werk auch andere schwabische Literatur und Schriftsteller.[26]

Viertes Beispiel ist das Kleist-Museum in Frankfurt am Main, welches bei seiner Grundung Anfang der zwanziger Jahre im Geburtshaus Kleist untergebracht war und zunachst zu dem Typus Dickens-Museum gehorte. Die Zerstorung im Krieg und andere Grunde fuhrten dazu, dass das Kleist-Museum mehrere Male umzog und sich mittlerweile an einem neutralen Ort befindet, „was freilich seine Rolle als nichtmemorialer Raum betont und einer (eventuell noch zu bestimmenden) Funktion als Literaturhaus forderlich sein konnte.“[27]

BARTHELS Darstellungen uber Varianten von Literaturmuseen sind wichtig, um das Fol- gende zu verstehen:

„Literaturmuseen entstanden und entstehen nicht nach einem einheitlichen Plan, sondem, zeit- versetzt und eher zufallig, an verschiedenen Orten in kulturell unterschiedlich gepragten Regi- onen, wenn auch heute im Zuge in der Internationalisierung von Information und Austausch nicht mehr vollig unbeeinfluBt voneinander. [...] Sie sind deutlich standortgebunden. Regio- nale Traditionen, in die sie gestellt sein mogen, spielen eine Rolle, und naturlich bestimmt die besondere Uberlieferungslage, sowohl im Hinblick auf Literaria wie eben auch auf museal verwertbare Liegenschaften und Sachzeigen, die sich ausbildende Museumsvariante und die Ausformung von Museumszielen und Arbeitsweisen.“[28]

Eine weitere Unterscheidung die laut BARTHEL vorgenommen werden kann ist die Pragung nach »literaturbiographischem Museum« und »literar-historischem Museum«. Ersteres kann synonym zum Personalmuseum genannt werden, zweites sieht BARTHEL im Schiller-Natio- nalmuseum, einem Archivmuseum nationalliterarischer Ausrichtung.[29]

ZANKL hat sich in Das Personalmuseum: Untersuchung zu einem Museumstypus ebenfalls mit verschiedenen Varianten von Museen beschaftigt. Er unterscheidet allerdings nach inhalt- lichen Auspragungen und charakterisiert das Personal- und das Themenmuseum.[30] Das »Personalmuseum« zeichnet sich nach ZANKL durch ein Bedurfnis aus, ,,das Andenken uberragender Personlichkeiten zu ehren und zu bewahren“:

„Die Grundlage des Personalmuseums ist die besondere, historisch wirksame Leistung, die von einer einzelnen Person vollbracht worden ist oder zumindest mit dieser in engem Zusam- menhang steht. Daraus ergibt sich als Aufgabe und Hauptziel, die Personlichkeit als histori- schen, zeittypischen und geschichtsbestimmenden Faktor darzustellen. Diese Darstellung muB alle Gesichtspunkte erfassen und zu einem Gesamtbild vereinigen, die fur das Verstandnis der Wirkung eines einzelnen Menschen wichtig sind. Vor allem ist der gesamte Lebensbereich in seinem Verhaltnis zum Werk zu sehen und dieses wiederum mit der Bedeutung zu verglei- chen, die es fur die Entwicklung seines Fachbereichs hat.“[31]

Im Gegensatz dazu widmet sich das »Themenmuseum« einer speziellen Thematik, charakteri­siert ,,durch eine besondere Gattung von Sammlungsgut oder durch einen gemeinsamen wis- senschaftlichen Arbeitsbereich“[32], beispielsweise einer bestimmten Epoche oder einer geografischen Region. So etwa kann das Literaturmuseum der Moderne in Marbach als The- menmuseum gelten, da es Exponate aus den Bestanden des Deutschen Literaturarchivs zeigt, welches Texte und Dokumente der neueren deutschen Literatur sammelt.[33] Beide Museumsty- pen schlieBen sich jedoch nicht aus, sondern konnen durchaus innerhalb einer Einrichtung koexistieren. Dies ist etwa im Schiller-Nationalmuseum der Fall, wo neben der Dauerausstel- lung zu Friedrich Schiller unter anderem auch Ausstellungen zu anderen schwabischen Dich- tern zu finden sind.[34] Das Themenmuseen oder -ausstellungen auch anders gestaltet sein kon- nen zeigt beispielsweise das Museum Strauhof in Zurich, in welchem Ausstellungen konzi- piert werden mit Titeln wie Ein Traum, was sonst?- Die Literatur und die Traume.[35]

AbschlieBend soll noch auf eine These von BARTHEL eingegangen werden, die lange eine fuhrende Position in der Diskussion um Literaturmuseen und literarische Ausstellungen inne hatte. 1984 formulierte er folgenden Satz: ,,Literatur und literarische Prozesse konnen in der literaturmusealen Ausstellung weder aus- noch dargestellt werden.“[36] Um seine These argumentativ zu unterstreichen, fuhrt BARTHEL drei Grunde an:

1. Der Zwang zur verkurzten Darstellung von literarischen Inhalten im Rahmen einer Ausstellung wird deren Komplexitat nicht gerecht.[37]
2. Literatur ist eine ,,immaterielle GroBe“, ,,deren Wesen und Geschichte nicht in den materiellen Literaturtragern, die das Museum sammelt und vorzeigt, aufgeht.“[38]
3. Ein literarisches Werk kann in Ausstellungen nicht als Ganzes, sondern nur fragmentarisch prasentiert werden.[39]

An diese Argumente schlieBen sich einige Wissenschaftler an, andere verandern bzw. uberar- beiten seine Thesen.[40] Unverkennbar ist, dass Literaturausstellungen in der Praxis funktionie- ren. Zugestanden werden kann BARTHELjedoch, dass bei einer Literaturausstellung schwie- rigere Bedingungen herrschen als beispielsweise bei einer Kunstausstellung. Ein Kunstwerk kann fur sich stehen, literarische Ausstellungsobjekte benotigen oftmals eine zusatzliche Er- klarung. Und wie bereits in der Einleitung bemerkt, ist es in literarischen Einrichtungen wich- tiger als in anderen Museen mehrsprachig zu arbeiten, damit Menschen aus anderen Sprach- raumen nicht ausgeschlossen werden. Dieser Aspekt der Mehrsprachigkeit ist BARTHEL beispielsweise entgangen.

Wahrend die Definition von »Museum« durch ICOM klar formuliert und auf die Gattung Li- teraturmuseum leicht ubertragbar ist, gestaltet sich die Definition von »Gedenkstatte« schwie- riger. In der heutigen Zeit wird der Begriff »Gedenkstatte« zumeist mit jenen Einrichtungen in Verbindung gebracht, die speziell dem Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus ge- widmet sind.[41] Allgemein bezeichnet jedoch eine »Gedenkstatte« eine Statte der Erinnerung, an der, mit welchen Mitteln auch immer, ein Bezug zu wichtigen, ob nun positiv oder negativ konnotierten, historischen Ereignissen oder bedeutenden Menschen hergestellt wird. Es kann sich dabei um einen Ort handeln, z.B. der einer Schlacht oder einer besonderen Begegnung, um ein Gebaude, z.B. ein Geburts- oder Sterbehaus, einer beruhmten Personlichkeit oder der Statte eines Friedensschlusses, um Denkmaler, Mahnmale, Grabstatten und Inschriften.[42] Eine »literarische Gedenkstatte« ist demzufolge ein Ort, an dem einer fur die Literatur bedeutenden Personlichkeit erinnert wird.

Eine »Gedenkstatte« ist als Teil der historischen Erinnerungskultur einer Gesellschaft zu ver- orten und hat eine Vermittlungsfunktion. Injedem Fall sind Gedenkstatten »Erinnerungsorte« und schlagen einen Bogen von der Vergangenheit uber die Gegenwart in die Zukunft. Der Begriff »Erinnerungsort« (frz.: lieux de memoire) geht auf den franzosischen Historiker PIERRE NORA zuruck. Verbunden mit dem Begriff ist die Ansicht, dass sich das kollektive Gedachtnis einer sozialen Gruppe an bestimmten Orten herausbildet. Dabei geht er weit uber konkrete Einrichtungen und Institutionen wie das Archiv, das Museum oder die Gedenkstatte hinaus und schliefit zahllose Riten, Feste, Jahrestage, Jubilaen, Vereine, Akten, Protokolle, Bilder, Fotos und Filme ein - all jene kulturellen Manifestationen, welche die Funktion ha- ben, etwas im Gedachtnis zu bewahren.[43] Die von NORA in einem siebenbandigen Werk zusammengetragenen Erinnerungsorte Frankreichs (Originaltitel: Les Lieux de Memoire) beinhalten uber 130 derartiger Orte und hat in anderen europaischen Staaten zu ahnlichen Publikationen angeregt. So erschien seit 2001 von den Berliner Historikern ETIENNE FRANCOS und HAGEN SCHULZE Deutsche Erinnerungsorte in einem dreibandigen Werk.[44] Nach ihnen konnen Erinnerungsorte

„ebenso materieller wie immaterieller Natur sein, zu ihnen gehoren etwa reale wie mythische Gestalten und Ereignisse, Gebaude und Denkmaler, Institutionen und Begriffe, Bucher und Kunstwerke [...]. Erinnerungsorte sind sie nicht dank ihrer materiellen Gegenstandlichkeit, son- dern wegen ihrer symbolischen Funktion. Es handelt sich um langlebige, Generationen uberdau- ernde Kristallisationspunkte kollektiver Erinnerung und Identitat, die in gesellschaftliche, kul- turelle und politische Ublichkeiten eingebunden sind und die sich in dem Mabe verandern, in dem sich die Weise ihrer Wahrnehmung, Aneignung, Anwendung und Ubertragung veran- dert.“[45] (Fran9ois/Schulze 2001: 17 f. Band I)

Doch nicht nur die Gedenkstatte, sondern auch das Museum ist ein Erinnerungsort, denn die im Museum angesammelten Objekte gelangen dort nicht zufallig oder selbstverstandlich hin, „sondern als Ergebnis einer komplexen Sammlungs- und Ausstellungsgeschichte, die seine spezifische Identitat bestimmen und die es bei aktuellen Ausstellungen stets mitzureflektieren gilt.“[46] BORSDORF geht noch weiter und sagt:

“Ohne eine Hierarchisierung in der Erinnerungsform und -funktion aufzubauen, bilden diese unterschiedlichen Erinnerungsorte eine Spannbreite ab, die von starkerer Asthetisierung und Emotionalisierung zu starkerer Historisierung und Rationalisierung reicht. Denn zweifellos stellt das Denkmal die emotionalste und asthetischste Form der Erinnerung dar, wahrend die Gedenkstatte einen reflexiven Umgang mit dem Erinnerungsort zumindest zulasst, ohne auf die asthetische Kraft des authentischen Ortes zu verzichten, wahrend das Museum in der Regel die Vergangenheit durcharbeitet und interpretiert. Naturlich beschreibt dies nur eine Tendenz, denn auch Denkmaler, konnen einen hohen Grad an Rationalisierung und historischer Deutung aufweisen und naturlich ist das Museum auch ein Ort der asthetischen Wahrnehmung und Erfahrung.

Handelt es sich beim Denkmal um einen Imperativ der Erinnerung, so laBt der authentische Ort der Gedenkstatte unterschiedliche Formen des personlichen Eingedenkens zu und ist das Museum als Ort der Latenz zumindest prinzipiell interpretations- und deutungsoffen.“[47]

2 STAND DER FORSCHUNG

Insgesamt wird mit dem Thema »Untersuchungen zur Mehrsprachigkeit von Literaturmuseen und literarischen Gedenkstatten in Deutschland« ein neuer wissenschaftlicher Weg beschrit- ten. Bisher blieb dieser Aspekt in der Forschung weitestgehend unbeachtet und unreflektiert, so dass sich nur wenig Literatur mit Mehrsprachigkeit in kulturellen Einrichtungen beschaf- tigt. Im Folgenden wird der aktuelle wissenschaftliche Stand zum Thema innerhalb der For- schungsfelder der Mehrsprachigkeit, der Museums- und Besucherforschung bzw. des Kultur- und Literaturtourismus dargelegt.

Mehrsprachigkeit spielt in Europa bereits eine bedeutende Rolle, insbesondere in der Bildung, der Politik und der Wirtschaft. Zwar ist die Mehrsprachigkeitsdidaktik ein relativjunger Beg- riff im Feld der europaischen und weltweiten Sprachdidaktik, doch lassen sich hier bereits viele Quellen ausfindig machen, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen. Auch Mehr- sprachigkeitspolitik oder Sprachpolitik sind relativ neue Begriffe in der europaischen Bil­dung spolitik, dennoch sind sie bereits ein fester Bestandteil unseres offentlichen Lebens, der Innen- und AuBenpolitik ebenso wie des Bildungs- und Erziehungswesens.

„[N]icht zuletzt, weil Mehrsprachigkeit die Entwicklung der Menschheit und das Entstehen von Staaten von Anfang an begleitet hat. Die Herausbildung einsprachiger Nationalstaaten ist eine sehr spate Erfindung des 18. Jahrhunderts, die einherging mit Ab- und Ausgrenzungen, der Unterdruckung und Vertreibung von sprachlichen und anderen, zum Beispiel religiosen Minderheiten.“[48]

Besonders die Verbindung von Mehrsprachigkeit und Wirtschaft ist von groBer Bedeutung, denkt man an den internationalen Markt und Handel und einhergehende Internationalisie- rungsprozesse. Schlussendlich spielt Mehrsprachigkeit auch in der Kunst und Kultur eine wichtige Rolle. In der Kunst wird sich teilweise sehr intensiv mit Sprache auseinandergesetzt, etwa in der Performance-Kunst oder der Musik.

Zahlreiche der Texte zur Mehrsprachigkeit sind fur diese Arbeit ungeeignet. Primar wird sich in ihnen mit der individuellen und gesellschaftlichen Mehrsprachigkeit auseinandergesetzt, jedoch nur vereinzelt mit der hier behandelten institutionellen Mehrsprachigkeit. Als einzige Quelle zur Mehrsprachigkeit konnte ein Kapitel von KREMNITZ ausfindig gemacht werden, das zwar die institutionellen Aspekte der Mehrsprachigkeit[49] untersucht, allerdings im Bereich der Sprachpolitik und daher fur diese Untersuchung nicht geeignet ist.[50] [51] Generell lieBen sich bei der Recherche innerhalb der Mehrsprachigkeit keine passenden Texte finden. Vor allem aus der Sicht der Kulturwissenschaft bleibt das Thema bisher fast unbeachtet.

Eine Anregung gab jedoch eine Vorlesung von JORDAN, in der u. a. ein Bericht der UNESCO hervorgehoben wurde: Investing in Cultural Diversity and Intercultural Dialogue. Der World Report der UNESCO adressiert und pruft kritisch mannigfaltige Aspekte der kul- turellen Vielfalt und gibt politisch orientierte Empfehlungen. Er befasst sich mit Themen wie interkulturelle Bildung, Freizeitaktivitaten, kulturelle Trends, der Zukunft der Sprachen, neue Technologien und neue Methoden der Erhaltung der kulturellen Vielfalt. Kapitel 3 (Lan­guage) befasst sich mit dem Bedurfnis sprachliche Vielfalt uber die Forderung der Mehr­sprachigkeit und die Kompetenzen in der Ubersetzung zu sichern, um den interkulturellen Dialog und das gegenseitige Verstandnis zu gewahrleisten. Unter 3.4 findet sich eine Aus- einandersetzung zum Thema Mehrsprachigkeit, Ubersetzen und interkulturelle Kommunika- tion:

,,Multilingualism and translation have necessary and complementary roles in the promotion of intercultural dialogue. Multilingualism fulfils the dual function of facilitating communication between individuals of different cultures and contributing to the survival of endangered languages. Translation for its part serves as a necessary bridge over the many linguistic divides that multilingualism is not able or available to fill. Both multilingualism and translation are essential components of a pluralistic society.”[52]

Herausgefunden wurde, dass trotz der Behauptungen, dass Mehrsprachigkeit als sozial storend gelte, es keine notwendige Verbindung zwischen der sprachlichen Vielfalt in einer bestimmten Gesellschaft und Schwierigkeiten in der Kommunikation gebe. Im Gegenteil, sozialer Zusammenhalt und Staatsangehorigkeit erfordern gemeinsame Formen der Kommu­nikation und des Verstehens, nicht Einsprachigkeit. Im Folgenden wird auf Mehrsprachigkeit in der Bildung eingegangen. Abschliefien wird festgestellt, dass der Mehrsprachigkeit noch nicht die Aufmerksamkeit zukommt, die sie verdient. Um den Fortbestand der Sprachenviel- falt zu gewahrleisten, mussen Wege gefunden werden, sowohl die sprachliche Vielfalt zu schutzen, als auch Mehrsprachigkeit durch die Entwicklung von Richtlinien und Gesetzen, welche die Nutzung aller Sprachen innerhalb einer bestimmten Gesellschaft unterstutzt, auf nationaler Ebene zu fordern. Da diese beiden Ziele miteinander verflochten sind, stellt die Forderung von Mehrsprachigkeit auch ein Mittel zum Schutz der indigenen und vom Ausster- ben bedrohte Sprachen dar. Auf der internationalen Ebene bedeutet das es gibt zwei Ansatze:

1. Erhalten und Bereichern der globalen sprachlichen Vielfalt als Voraussetzung fur die kulturelle Vielfalt
2. Forderung der Mehrsprachigkeit und Ubersetzung (einschliefilich in Verwaltung, Bil­dung, Medien und dem Internet), um den interkulturellen Dialog zu fordern.

Die Ubersetzung hingegen ermoglicht den Zugriff auf andere Denksysteme und Ent- deckungen, Ebenso wichtig ist sie als Instrument des Dialogs und dient sie als Brucke zwi­schen verschiedenen Sprachen.[53]

Am Ende jeden Kapitels finden sich Zusammenfassungen und Empfehlungen. Die Empfeh- lungen in Kapitel 3 beziehen sich auf ein nationales Regelwerk fur Sprachen:

„National language policies should be implemented with a view to safeguarding linguistic diversity and promoting multilingual competencies.

To this end, action should be taken to:

a. Facilitate language use through appropriate measures, be they educational, editorial, administrative or other.
b. Make provision — as appropriate — for the learning, alongside mother tongues, of a national and an international language.
c. Encourage the translation, by all possible means, of written and audiovisual materials in order to promote the international circulation of ideas and artistic works, including through the use of new technologies.
d. Develop reliable and internationally comparable indicators for assessing the impact of language policies on linguistic diversity, and promote good practices in this regard."[54]

Auch in Kapitel 5 (Communication and Cultural Content) finden sich Empfehlungen, die Mehrsprachigkeit betreffen:

“There is a need to encourage cultural sensitivity in the production and consumption of communication and information contents, thereby facilitating access, empowerment and participation.

To this end, action should be taken to:

a. Support the production and distribution of innovative and diversified audiovisual materials, taking account of local needs, contents and actors, and having recourse as appropriate to public-private partnerships.
b. Assess the impact of ICT-driven changes on cultural diversity, with a view to highlighting good practices of multilingual access to written and audiovisual productions.
c. Promote media and information literacy for all age groups in order to increase the ability of media users to critically evaluate communication and cultural contents.”[55] [56]

Nach der Untersuchung zur Mehrsprachigkeit wurde in eine weitere Richtung recherchiert: Museums- und Besucherforschung. Vor mittlerweile mehr als 40 Jahren erstellte ALMA WITTLIN in Ihrem Buch Museums, in Search of a Usable Future eine Bestandsaufnahme der Museen in Europa und den USA. Vor dem Hintergrund der historischen Wurzeln des moder- nen Museums nennt sie die Probleme und Herausforderungen, denen sich die Museen zwi- schen 1945 und den 1960ern konfrontiert sahen. Sie schliebt ihre umfassende Studie mit Empfehlungen, von denen einige die Besucher unmittelbar betreffen. Museen sind dazu auf- gerufen, ihre Besucher besser kennenzulernen, ihre Angebote zu evaluieren und ihren Bil- dungsauftrag zu Uberdenken. Auberdem sollen sie fiber den Erwerb von Objekten und Raum- lichkeiten hinaus Uberlegen, wie sich die Hauptaufgabe des Museums als kulturelle Institution gestalten soll.

[...]


[1] Jordan, Lothar. Vorwort. In: Kahrs, Axel und Maria Gregorio (Hrsg.). Esporre la letteratura. Percorsi, pratiche,prospettive. Bologna: CLUEB, 2009. [Publiziert in Italienisch, liegt hier in deutscher Fassung vor]

[2] Gerhards, Jurgen. Mehrsprachigkeit im vereinten Europa. Transnational sprachliches Kapital als Ressource in einer globalisierten Welt. Wiesbaden: VS Verlag fur Sozialwissenschaften. 2010. S. 15-16.

[3] Jordan, Lothar und Bernd Kortlander (Hrsg.). Nationale Grenzen und international Austausch. Studien zum Kultur- und Wissenschaftstransfer in Europa. Band 10. Tubingen: May NiemeyerVerlag, 1995. S. 1

[4] Diese Erklarung bekraftigt u. a., „dass Kultur als Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften angesehen werden sollte, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen, und dass sie uber Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zusam- menlebens, Wertesysteme, Traditionen und Uberzeugungen umfasst [...].“
Siehe: Allgemeine Erklarung der kulturellen Vielfalt. Inoffizielle deutsche Ubersetzung. In: Deutsche UNESCO- Kommission e.V. (Hrsg.). UNESCO heute - Zeitschrift der Deutschen UNESCO-Kommis- sion. Ausgabe 1-2. 2002.
Online verfugbar unter: < _http://www.unesco.de/fileadmin/medien/Dokumente/Kultur/kkv/deklaration_ kulturelle_vielfalt.pdf >

[5] Jordan, Lothar. Vorwort. In: Kahrs, Axel und Maria Gregorio (Hrsg.). Esporre la letteratura. Percorsi, pratiche,prospettive. Bologna: CLUEB, 2009. [Publiziert in Italienisch, liegt hier in deutscher Fassung vor]

[6] Vgl.: Gretzschel, Matthias. Ein Gesprach mit Prof. WulfKopke: Warum mussen Museen heute mehrsprachig sein?. In: Hamburger Abendblatt. 09.09.2008. Online verfugbar unter: < http://www.abendblatt.de/ratgeber/extra-journal/article937944/Warum- muessen-Museen-heute-mehrsprachig-sein.html >

[7] Jordan, Lothar. Standards und Vielfalt von Literaturmuseen. In: DiePforte. Veroffentlichungen des Freundeskreises Goethe Nationalmuseum e.V. Heft 9. Weimar, 2008. S. 50-51

[8] Klein, Hans Joachim und Nora Wegner. Touristen im Museumspublikum - Befunde empirischer Untersuchungen aus Museumsperspektive. In: John, Hartmut, Hans-Helmut Schild und Katrin Hieke (Hrsg.). Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit in- tegriert. Ein Handbuch. Bielefeld: transcript, 2010. S. 85

[9] Multilingualismus. In: Bufimann, Hadumod (Hrsg.). Lexikon der Sprachwissenschaft. 3. Auflage. Stuttgart: Kroner, 1990. S. 459.

[10] Drosdowski, Gunther (Hrsg.). Duden: Das grofie Worterbuch der deutschen Sprache. Band 4: Kam-N. Mannheim, Wien, Zurich: Bibliographisches Institut, 1978. S. 1761.

[11] Bausch, Karl-Richard. Zwei- und Mehrsprachigkeit: Uberblick. In: Bausch, Karl-Richard, Herbert Christ und Hans-Jurgen Krumm (Hrsg.). Handbuch Fremdsprachenunterricht. 4. Auflage. Tubingen: Francke, 2003. S. 439.

[12] Vgl.: Riehl, ClaudiaMaria. Sprachenkontaktforschung. Eine Einfuhrung. Narr Studienbucher. Tubingen: Gunter Narr Verlag, 2004. S. 52.

[13] Vgl.: Ebd.

[14] Ebd.

[15] ICOM - Internationaler Museumsrat (Hrsg.). Ethische Richtlinien fur Museen von ICOM. 2. Auflage der deutschen Version. Schweiz, 2006. S. 29. Online verfugbar unter: < http://www.icom-deutschland.de/client/media/359/icom_ethische _richt linien_d_2010.pdf >

[16] Vgl.: Autsch, Sabiene (Hrsg.). Atelier undDichterzimmer in neuen Medienwelten: zur aktuellen Situation von Kunstler- undLiteraturhausern. Bielefeld: transcript, 2005. S. 31.

[17] Aura ist ein von Walter Benjamin gepragter Begriff der Kunsttheorie, dessen Phanomen er sowohl in der Natur wie in der Kunst sieht. Die Aura ist gepragt durch das Hier und Jetzt sowie durch die Kennzeichen Un- nahbarkeit, Echtheit und Einmaligkeit. Es ist die Aura, die die Werke zu historischen Zeugen macht und ihnen Autoritat verleiht. Wortlich wird sie, ebenso wie im Photographieaufsatz, als „einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag“, definiert. Siehe: Benjamin, Walter. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. In: Tiedemann, Rolf und Hermann Schweppenhauser Gesammelte Schriften Band T2. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1990. S. 431-508.

[18] Assmann, Aleida: Erinnerungsraume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedachtnisses. 4. Auflage. Munchen: C.H. Beck, 2009. S. 337.

[19] Jordan, Lothar. Vorwort. In: Kahrs, Axel und Maria Gregorio (Hrsg.). Esporre la letteratura. Percorsi, pratiche,prospettive. Bologna: CLUEB, 2009. [Publiziert in Italienisch, liegt hier in deutscher Fassung vor]

[20] Vgl.: Wehnert, Stefanie. Die literarischen Vereinigungen des 19. Jahrhunderts und die Grundung der ersten Literaturmuseen. In: Wehnert, Stefanie. Literaturmuseen im Zeitalter der neuen Medien: Leseumfeld - Aufgaben -DidaktischeKonzepte. Kiel: Ludwig, 2002. S. 34-40.

[21] Zankl, Franz Rudolf. Das Personalmuseum. Untersuchung zu einem Museumstypus. Museumskunde 1972/ 1­ 3. Berlin und New York: Walter de Gruyter, 1975. S. 42.

[22] Vgl.: Barthel, Wolfgang. Probleme, Chancen und Grenzen des Literaturmuseums. In: Barthel, Wolfgang (Hrsg). Literaturmuseum - Facetten. Visionen. Frankfurt/ Oder: Kleist-Gedenk- und Forschungsstatte/ Kleist-Museum, 1996. S. 7.

[23] Vgl.: Ebd. S. 7-8.

[24] Vgl.: Ebd. S. 8-9.

[25] Vgl.: Ebd. S. 9-10.

[26] Vgl.: Ebd. S. 10.

[27] Vgl.: Ebd. S. 12-15.

[28] Ebd. S. 15.

[29] Vgl.: Ebd. S. 12.

[30] Vgl.: Zankl, Franz Rudolf. Das Personalmuseum. Untersuchungzu einem Museumstypus. Museumskunde 1972/ 1-3. Berlin und New York: Walterde Gruyter, 1975.

[31] Ebd. S. 7.

[32] Ebd. S. 1.

[33] Vgl.: Deutsches Literaturarchiv Marbach. Letzter Zugriff: 09.05.2011

- http://www.dla-marbach.de >

[34] Vgl.: Ebd.

[35] Museum Strauhof - Stadt Zurich. Letzter Zugriff: 03.06.2011.

- http://www.stadt-zuerich.ch/kultur/de/index/institutionen/museum_strauhof.html >

[36] Barthel, Wolfgang. Literaturausstellungen im Visier. In: Neue Museumskunde. Heft 1/84. Berlin: VEB DeutscherVerlag derWissenschaften, 1984. S. 13.

[37] „Ausstellungen in Literaturmuseen, um dies gleich vorwegzunehmen, sind nicht in der Lage komplizierte biographische, literarische, wirkungsgeschichtliche und kulturhistorische Erscheinungen, Vorgange und Zusam- menhange im eingetlichen Verstande angemessen darzustellen oder gar nachzuvollziehen. Ihre Rezeptionsange- bote basieren vielmehr auf Abbreviaturen, zeichenartigen An- und Hindeutungen, formelhaften Komprimierun- gen [...].“ Siehe: Ebd. S. 4.

[38] Ebd. S. 11.

[39] Hier raumt Barthel allerdings ein, dass dieses Argument nur eingeschrankt gelten kann. Es gilt nur fur „umfanglichere Literaturwerke“, kleinere Literaturstucke, beispielsweise Lyrik, Kurzprosa oder Anekdoten, klammert er aus. Siehe: Ebd.

[40] Siehe: Wehnert, Stefanie. Literaturmuseen im Zeitalter der neuen Medien: Leseumfeld- Aufgaben - DidaktischeKonzepte. Kiel: Ludwig, 2002. S. 75-77.

[41] Diese Begriffsbestimmungen von »Gedenkstatte« betonen besonders den geschichtlichen und padagogischen Aspekt. In Erinnern heifit wachsam bleiben — Padagogische Arbeit in und mit NS-Gedenkstatten heifit es etwa: „Unter Gedenkstatten im engeren Sinne sollen hier diejenigen Orte verstanden werden, die unmittelbar an das historische Geschehen an diesem Ort erinnern und durch ein Museum, ein Archiv oder die Betreuung von Grup- pen den BesucherInnen padagogisch vertiefenden Angebote bieten oder ermoglichen [...].“ Dabei verstehen sich Gedenkstatten „in erster Linie als Orte des Gedenkens und Mahnens, als Orte des Informierens und Aufklarens, wobei Gedenken jetzt als kontinuierlicher historisch-politischer Lernprozess verstanden wird.“ Siehe: Neirich, Uwe. Erinnern heifit wachsam bleiben — PadagogischeArbeit in und mit NS-Gedenkstatten. Muhlheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr. 2000. S. 22.

[42] Vgl.: Gedenkstatte. In: Brockhaus-Enzyklopadie in 30 Banden. 21. vollig neu bearbeitet Auflage. Band 10 Fries - Glar. Leipzig: Brockhaus, 2006. S. 307.

[43] Vgl.: Nora, Pierre. ErinnerungsorteFrankreichs. Munchen: C. H. Beck, 2005.

[44] Vgl.: Franfois, Etienne und Schulze, Hagen (Hrsg.). Deutsche Erinnerungsorte. 3 Bande. Munchen: C. H. Beck, 2001.

[45] Ebd. S. 17f.

[46] Borsdorf, Ulrich und Heinrich Theodor Grutter (Hrgs.) Orte der Erinnerung. Denkmal, Gedenkstatte, Museum. Frankfurt am Main: Campus Verlag, 1999. S. 9.

[47] Ebd. S. 6.

[48] Krumm, Prof. Dr. Hans-Jurgen. „Mehrsprachigkeit undPolitik“ -Mehrsprachigkeitspolitik. Online-Artikel des Goethe Instituts. Letzter Zugriff: 13.05.2011.
< http://www.goethe.de/ges/spa/prj/sog/mup/de2984045.htm >

[49] „Wenn hier in der Vergangenheit geforscht wurde, dann meist von Juristen oder Sozialwissenschaftlern. Erst in letzter Zeit, seit sich die Soziolinguistik und Sprachsoziologie deutlicher als Teildisziplin der Sprachwissen- schaft entwickelt haben, hat sich das nachhaltig geandert. Dazu hat insbesondere die Minderheitenforschung beigetragen.“ Siehe: Kremnitz, Georg. Gesellschaftliche Mehrsprachigkeit. Institutionelle, gesellschaftliche und individuelle Aspekte. Ein einfuhrender Uberblick. Wien: Braumuller, 1990. S. 23.

[50] Ebd. S. 86ff.

[51] Jordan, Lothar. Vielfalt und Nachhaltigkeit. Eine Begrundung der Neuphilologien aus dem Geiste der UNESCO (Oskar Walzel Vorlesung). TU Dresden. 04. Mai 2011.

[52] UNESCO World Report. Investing in Cultural Diversity and Intercultural Dialogue. Paris: UNESCO, 2009. S. 80.

[53] Vgl.: Ebd. S. 80ff.

[54] Ebd. S. 86

[55] Ebd. S. 151

[56] Vgl.: Wittlin, Alma. Museums, in Search of a UsableFuture. Cambridge, Massachusetts: MIT Press, 1970.

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Untersuchungen zur Mehrsprachigkeit von Literaturmuseen und literarischen Gedenkstätten in Deutschland
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft)
Veranstaltung
Master
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
97
Katalognummer
V208205
ISBN (eBook)
9783656355151
ISBN (Buch)
9783656355335
Dateigröße
834 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Literaturmuseum, literarische Gedenkstätte, Literaturmuseen, Mehrsprachigkeit, mehrsprachig, Sprachen, Audioguide
Arbeit zitieren
MA Antje Schöne (Autor:in), 2011, Untersuchungen zur Mehrsprachigkeit von Literaturmuseen und literarischen Gedenkstätten in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208205

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