Weltumweltpolitik – Wunsch oder Wirklichkeit?

Handlungsfelder, Hauptakteure und Hindernisse auf dem Weg zu einer globalen Umweltpolitik


Studienarbeit, 2006

34 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Definitionen

Handlungsfelder
Überblick
Ozonpolitik
Klimapolitik
Biodiversitätspolitik
Boden- und Wasserpolitik
Stoff- und Abfallpolitik

Hauptakteure
Die reformbedürftige Architektur der Weltumweltpolitik
Die Rolle der USA
Die Bedeutung des Nationalstaates
Globalisierung von Unten: Nichtstaatliche Interessengruppen
Wissenschaftliche Forschung und deutsche Beteiligung

Fazit

Literaturverzeichnis
Monographien
Aufsätze
Zeitungsartikel
Online-Quellen

Einleitung

Im Jahr 2001 sieht die Regierung der Insel Tuvalu, die in Deutschland eher wegen der bei Fernsehsendern so beliebten Internetendung „tv“ bekannt ist, keine andere Möglichkeit mehr: Premierminister Maatia Toafa richtet eine offizielle Bitte an die beiden Nachbarstaaten Australien und Neuseeland, in der es um nichts anderes als die Existenz des eigenen Staates geht: Falls innerhalb der nächsten 50 Jahre die Insel durch den steigenden Meeresspiegel, der bereits heute gestiegen ist, überflutet werde, sollten die beiden Anrainerstaaten die 9.000 Einwohner bitte aufnehmen (Biermann/Dingwerth, S. 7; www.pressetext.at).

Dieses Beispiel zeigt bereits mehrere Tatsachen: Umweltgefährdungen treffen besonders stark die Staaten des „Südens“. Umweltgefährdungen, die verschiedene Ursachen haben und unterschiedliche Ausprägungen, werden in der Welt unterschiedlich stark wahrgenommen. Denn: Australien und Neuseeland lehnten die Bitte ab (www.pressetext.at). Dennoch: Seit dem Beginn der ersten Bemühungen bis zu einer multilateral koordinierten Umweltpolitik im globalen Maßstab haben das Interesse dafür, die Akteure darin und die Forschung daran in einem beträchtlichen Maß zugenommen. Dies gilt sogar für die USA, die zwar als Staatenbund dem Kyoto-Protokoll nicht beigetreten sind, die aber auf Länderebene Anstrengungen zum Schutz der Umwelt erkennen lassen. Dafür gibt es mehrere Gründe, doch die wichtigsten sind wohl der wachsende Lösungsdruck und die damit verbundene Erkenntnis, dass sich globale Umweltprobleme nicht auf nationaler Ebene allein lösen lassen werden.

Doch obwohl die Bemühungen um Lösungen stark zugenommen haben, ist es bislang nicht gelungen, die globalen Umweltprobleme zu lösen. Vielmehr hat sich die Situation verschlechtert.

Einige Zahlen sollen dies belegen. Die global vernetzte Wirtschaft zeigt sich heute wie folgt: Die Wachstumsrate des Sozialproduktes hat im letzten Jahrzehnt durchschnittlich bei vier Prozent gelegen (Biermann/Dingwerth, S. 7). Im gleichen Zeitraum haben die Exporte um fünf Prozent zugenommen. Im Flugverkehr, der mit seinen Ausstößen wegen der Flughöhe besonders klimaschädlich wirkt, hat sich die Transportleistung innerhalb eines Jahrzehntes verdoppelt (ebd.). All dies sind zwar nur allgemeine Zahlen, die lokale Besonderheiten außer Acht lassen; sie zeigen aber dennoch, dass das westliche Wohlstandsmodell immer weiter in die Welt exportiert wird; dass immer öfter immer weitere Strecken (sei es aus wirtschaftlichen oder privaten Gründen) zurück gelegt werden. Und dies bedeutet: Auch die Bedrohungen für die Umwelt werden in die Welt exportiert.

Die Folgen der westlichen Lebensweise verschärfen sich laufend. Es wird immer mehr produziert, konsumiert und verbraucht. Als Folge daraus werden die Ressourcen immer knapper. Die insgesamt zunehmende Verbrennung fossiler Brennstoffe verschärft den Treibhauseffekt, dieser wiederum bewirkt geophysikalische Veränderungen, namentlich die Zunahme von Naturkatastrophen und sogar möglicherweise einen Ausfall des Golfstroms.

Um die globalen Umweltprobleme lösen zu können, bedarf es der Zusammenarbeit aller Staaten der Erde. Als effizienteste Lösung ist die Bildung einer Weltumweltorganisation anzustreben. Der Zwang zur Internationalisierung ergibt sich aus mehreren Gründen: Auf der einen Seite stehen die ökonomisch immer weiter steigenden Interdependenzen, die dazu führen, dass lokale Umweltprobleme auch internationale Auswirkungen haben können. Auf der anderen Seite steht eine Vielzahl von Akteuren mit unterschiedlichen (ökonomischen und technischen) Handlungspotentialen und (sich teils gegenüber stehenden) Absichten, die nur auf globaler Ebene vereint werden können. Zu guter Letzt sorgt die simple Tatsache, dass die Natur keine Staatsgrenzen kennt, dafür, dass gemeinsames Handeln auf globaler Ebene unerlässlich wird. Der Nationalstaat auf sich gestellt ist „alleine ... überfordert.“ (Woyke, S. 525).

Das sich nach 1990 weltweit durchsetzende Prinzip des Kapitalismus förderte die Umweltgefährdungen. Denn der Sinn des Kapitalismus ist die „Maximierung des Geldkapitaleinkommens, das durch möglichst niedrige Faktorkosten in den Bereichen Natur-, Human- und Sachkapital erreicht werden kann. [...] Die Ausbeutung des Menschen wurde teilweise ersetzt durch die umso größere Ausbeutung der Natur“ (Huber, S. 6). Das Dilemma: Ökologische Unvernunft bedeutet gleichzeitig ökonomische Logik.

Doch ohne „einen ökologischen Umbau der Wirtschaft der Industrieländer [...] und ohne eine ressourcen- und energiesparende nachholende Entwicklung in den Entwicklungsländern [scheint] die ökologische Katastrophe für die Welt als Ganzes vorprogrammiert“ (Simonis/Suplie, S. 1). Ein ökologischer Kollaps ist vorstellbar, deshalb kann das „Weltökologieproblem zum wichtigsten Problem in der Ära des zunehmenden Globalismus werden“ (Simonis/Suplie, S. 2). Der Weg muss „weg vom technisch Machbaren, hin zum ökologisch Notwendigen“ führen (UBA, Umweltqualität, S. 15).

Nicht nur das Klima ändert sich. Die Lebensweise des Menschen sorgt auch dafür, dass die biologische und auch die genetische Vielfalt des Planeten vermindert wird, dass in Zukunft aufgrund der immer knapper werdenden Ressourcen, zu denen nicht nur Öl oder Gas zählen, sondern auch (Trink)Wasser oder fruchtbarer Boden, ein Kampf um die raren Güter einsetzen könnte. Der Spiegel sah sich deshalb veranlasst, diesem Thema im März/April dieses Jahres eine Serie zu widmen mit dem zugespitzten Titel: „Der neue Kalte Krieg – Kampf um die Rohstoffe (Spiegel, Nr. 13). Ob es so weit kommt, kann diese Studienarbeit nicht untersuchen. Sie soll aber die Ausgangsbedingungen und die Gründe dafür aufzeigen, Wege, Erfolge und Misserfolge darstellen und mögliche Lösungswege skizzieren.

Definitionen

Weltumweltpolitik/Erdpolitik/globale Umweltpolitik/internationale Umweltpolitik

Für das Thema dieser Studienarbeit existieren mehrere Oberbegriffe. In dieser Studienarbeit soll die „Weltumweltpolitik“ vorgestellt werden. Denn diese Definition setzt sich aus den beiden Hauptfeldern dieser Arbeit zusammen: Umweltpolitik in der Welt.

Global Change

Den Begriff des Global Change übersetzt der „Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) als Globaler Wandel, der Begriff der Globalen Umweltveränderungen treffe den Punkt nicht genau genug. Denn der Problemkreis umfasst ebenfalls die Entwicklungs- und Sicherheitspolitik. Das WBGU sieht sich den Globalen Wandel aus „globalen Umweltveränderungen, ökonomischer Globalisierung, kultureller Transformation und einem wachsenden Nord-Süd-Gefälle“ zusammensetzend (Biermann/Dingwerth, S. 9). Kurz gefasst betrifft der Wandel alle Lebensbereiche des Menschen, sowohl sein Privatleben als auch seine Arbeitswelt und die eigene Identifikation.

Sustainable Development

Der Begriff des Sustainable Development, der Nachhaltigen Entwicklung, wird im Jahr 1987 im Bericht der „World Commission on Environment and Development“ (WCED) erstmals erwähnt. Die Definition des so genannten Brundtland-Berichts gilt auch heute noch in der Literatur als Standard (zitiert nach: Bückmann/Heui/Simonis, S. 27):

„Humanity has the ability to make development sustainable – to ensure that it meets the needs of the present without compromising the ability of the future generations to meet their own needs. (...) Sustainable Development is (...) a process of change in which the exploitation of resources, the direction of investments, the orientation of technologival development, and institutional change are made consistent with future as well as present needs.“

Umweltschutz steht also unter dem Gesichtspunkt der internationalen wie auch der intergenerativen Gerechtigkeit.

Die Übersetzung als Nachhaltige Entwicklung überzeugt nicht alle Forscher, Woyke etwa spricht von einer „dauerhaft umweltverträglichen Entwicklung“ (Woyke, S. 529). Der „Sachverständigenrat für Umweltfragen“ (SRU) übersetzt ihn als „dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung“. Auf „sozial-ökologische Nachhaltigkeit“ fokussiert dagegen das Wuppertal-Institut. Huber definiert es als „Leitbild des Umwelthandelns“ (Huber, S. 3). In der englischen Literatur wird zudem zwischen schwacher Nachhaltigkeit (weak sustainability) und starker Nachhaltigkeit (strong sustainability) unterschieden (vgl.: Bückmann/Heui/Simonis, S. 28).

Der Nachhaltigkeitsbegriff selbst wird bereits im 18. Jahrhundert in der deutschen Forstwirtschaft geprägt. Er umschreibt ein „ausgewogenes Verhältnis von Holzeinschlag und Aufforstung“ (IzpB, S. 1), das mit Hilfe von gesetzlichen Regelungen erreicht werden soll. Wegbereiter für das heutige Verständnis des Begriffs der Nachhaltigen Entwicklung, mit dem Sustainable Development in dieser Studienarbeit gleichgesetzt werden soll, ist zudem die Cocoyoc-Deklaration auf der „United Nations Conference on Trade and Development“ (Konferenz der Vereinten Nationen über Handel und Entwicklung, UNCTAD) mit dem Ansatz einer „ökologisch vernünftigen sozio-ökonomischen Entwicklung“ (IzpB, S. 3).

Der Begriff der Nachhaltigkeit hat einen Siegeszug rund um den Globus angetreten und ist längst nicht mehr auf das Gebiet des Umweltschutzes beschränkt. Bauer stellt eine „weitgehende Beliebigkeit“ fest, „mit der sich heute ein jeder des Nachhaltigkeitsbegriffes bedienen kann“ (IzpB, S. 10). Das WBGU selbst verwendet ihn zum Beispiel im Bereich der Entwicklungspolitik: „... die die Armut aber meist nicht nachhaltig reduzieren konnten“ (WBGU, Keine Entwicklung ohne Umweltschutz, S. 4).

Globale und universell auftretende Umweltprobleme

Allgemein können Umweltprobleme als „Veränderungen in der Atmosphäre, in den Ozeanen und an Land“ bezeichnet werden, die „direkt oder indirekt menschlichen Aktivitäten zuzuschreiben sind“ (WBGU, nach: Simonis/Suplie, S. 4).

Eine Untergliederung der Umweltprobleme in globale und universell auftretende ist sinnvoll, weil sich die Mittel und Instrumente zur Bekämpfung der beiden Typen von Problemen unterscheiden.

Globale Umweltprobleme werden in dieser Arbeit als solche verstanden, die „durch internationale Kooperation, das heißt global verbindliche Vertragsgrundlagen, Zielvorgaben und Maßnahmenpakete, angegangen werden“ können (Woyke, S. 525). Als Beispiel ist hier der anthropogene Treibhauseffekt zu nennen, der das Weltklimasystem im Ganzen verändert (wenn auch mit lokal unterschiedlichen Ausprägungen in der Heftigkeit).

Demgegenüber stehen die universell auftretenden Umweltprobleme, die lokal oder regional begrenzt auftreten und daher keiner globalen Verträge bedürfen (ebd.). Beispiel hierfür ist die zunehmende Wasserknappheit, die örtlich bekämpft werden kann. „Auch wenn es dazu angesichts der unterschiedlichen Problemlösungskapazitäten einer international koordinierten Strategie bedarf“ (ebd.).

Industrieländer/der Norden und Entwicklungsländer/ der Süden

Unter Industrieländern/dem Norden wird in dieser Studienarbeit die Gruppe von Staaten verstanden, die im „Vertrag von Rio“ in der Liste der Annex-I Staaten genannt werden. Diese 39 Industrienationen haben sich dazu verpflichtet, im Gegensatz zu den Annex-II-Staaten, ihre Treibhausgasemissionen in einem vorgegebenen Zeitraum zu senken.

Der Begriff des Entwicklungsländer/des Südens erweist sich als vielfach problematischer, da hierunter, wie in der Gruppe der G 77, die ärmsten Länder der Welt mit den ölfördernden Länder in einem Atemzug genannt werden. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass diese Begriffe stark vereinfachen, verzerren und daher problematisch sein können. Ich maße mir allerdings nicht an, im Rahmen dieser Studienarbeit eine neue Begriffsdefinition, die politisch, wissenschaftlich und menschlich korrekt oder akzeptabel ist, zu entwerfen. Daher sollen die oben genannten Synonyme in dieser Studienarbeit zum besseren Verständnis wertfrei benutzt werden.

Handlungsfelder

Überblick

Als Reaktion auf die Probleme eines umweltintensiven Industriewachstums zu Beginn der 70er Jahre, gepaart mit den Unfall eines Reaktorkernes im Atomkraftwerk bei Tschernobyl, bilden sich in vielen Ländern der Erde Umweltministerien heraus. Die Mehrheit dieser Länder hat den Umweltschutz in der Verfassung verankert (Jänicke, S. 1). Auch in Deutschland ist diese Entwicklung zu beobachten. 1970 entwickelt die Regierung Brandt/Scheel ein „Sofortprogramm“ für den Umweltschutz, ein Jahr später wird der „Sachverständigenrat für Umweltfragen“ einberufen, vier Jahre später wird das „Umweltbundesamt“ (UBA) und im Jahr 1986 schließlich das „Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit“ gegründet (nach: IzpB, S. 11).

Erste internationale Abkommen zum Umweltschutz datieren aus den Jahren 1900 („Londoner Abkommen zum Schutz wildlebender Tierarten in Afrika“) oder 1946 („Internationales Walfangabkommen“) (IzpB, S. 19). Allerdings: „Vom Aufbau einer Weltumweltpolitik [kann] erst seit den 70er Jahren die Rede sein“ (Dingwerth, S. 1). Den Anfang dafür stellt 1972 die Weltumweltkonferenz „Human Environment. One World“ in Stockholm dar, die zum ersten Mal Umweltprobleme auf globaler Ebene thematisiert. Folge der Konferenz war die Schaffung des „United Nations Environmental Programme“ (Umweltprogramm der Vereinten Nationen, UNEP). Hinzu kommen in dieser Zeit zwei Berichte, die die Weltumweltpolitik „nachhaltig“ verändern: „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome und „Unsere gemeinsame Zukunft“ („Our Common Future“) der Brundtland-Kommission (benannt nach der Vorsitzenden, Gro Harlem Brundtland).

Die beschriebene Zeitspanne stellt die erste von drei Phasen dar, die die Weltumweltpolitik durchschritten hat. Sie wird vom WBGU als „Umweltinnenpolitik“ bezeichnet (WBGU, Welt im Wandel, S. 69) und ist von ersten Versuchen einer grenzüberschreitenden Umweltpolitik geprägt, die sich allerdings auf regionale Abkommen beschränkt.

Die Schaffung des Bundesministeriums im Jahr 1986 fällt bereits in die zweite Phase der Weltumweltpolitik. Beginnend mit dem Abkommen zum Schutz der Ozonschicht (s. u.) setzt eine „Globalisierung der Umweltpolitik“ ein. Seit 2002 hat die dritte Phase, die „Umsetzungsphase“, begonnen, in der die Konkretisierung und Realisierung bereits getroffener Beschlüsse ansteht (nach: IzpB, S. 23 f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Weltumweltpolitik – Wunsch oder Wirklichkeit?
Untertitel
Handlungsfelder, Hauptakteure und Hindernisse auf dem Weg zu einer globalen Umweltpolitik
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
34
Katalognummer
V208160
ISBN (eBook)
9783656354758
ISBN (Buch)
9783656355083
Dateigröße
667 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umweltpolitik, Umwelt, Rio
Arbeit zitieren
Dennis Schmidt (Autor:in), 2006, Weltumweltpolitik – Wunsch oder Wirklichkeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208160

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Weltumweltpolitik – Wunsch oder Wirklichkeit?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden