Fidel Castro und die Anfänge der kubanischen Revolution 1959-1962

Pressekommentare aus der Bundesrepublik und der DDR


Magisterarbeit, 2007

187 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A Einleitung
1. Forschungsstand
2. Wesen und Sinn von Medieninhaltsanalysen

B Medien als Berichterstatter
1. Auswahl- und Wirkungsmechanismen von Zeitungen
1.1. Merkmale der Auslandsberichterstattung
2. Die Zeitungslandschaft in Ost und West
2.1. Propagandist, Agitator und Organisator: Medien in der DDR
2.1.1. Die Rolle der Medien
2.1.2. Abriss der historischen Entwicklung
2.1.3. Einflussmöglichkeiten auf die Berichterstattung
2.1.4. Das Berufsbild des Journalisten
2.2. Kontrolleur und Korrektor: Medien in der Bundesrepublik
2.2.1. Die Rolle der Medien
2.2.2. Abriss der historischen Entwicklung
2.2.3. Einflussmöglichkeiten auf die Berichterstattung
2.2.4. Das Berufsbild des Journalisten

C Ereignisgeschichtliche Zusammenhänge
1. Die kubanische Revolution
1.1. Der lange Freiheitskampf: Kuba, Spanien und die USA
1.2. Der „ Sieg der Revolution “ : Kubas neue Rolle
1.3. Kommunistische Macht übernahme oder nationale Befreiung?
2. Galionsfigur der Revolution: „Maximo Lider“ Fidel Castro
3. Kuba im internationalen Kontext
3.1. Entfremdung und Abkehr: Die Beziehungen zu den USA
3.2. Zum gegenseitigen Nutzen: Die Beziehungen zur Sowjetunion
3.3. Orientierung an den USA: Die Beziehungen zur Bundesrepublik
3.4. „ Leuchtturm mit sozialistischem Licht “ : Die DDR und Kuba

D Aufbau der Inhaltsanalyse
1. Auswahl der Untersuchungsobjekte
1.1. Untersuchungsobjekt „ Frankfurter Allgemeine Zeitung “
1.2. Untersuchungsobjekt „ Neues Deutschland “
2. Verfahren und Methode
2.1. Festsetzung der Untersuchungszeiträume
2.2. Die Erfassung formaler und inhaltlicher Charakteristika
2.2.1. Bewertungen

E Ergebnisse der Analyse
1. Formale Merkmale der untersuchten Artikel
1.1. Ü berblick über die Berichterstattung 1959 bis 1962
1.2. Erster Untersuchungszeitraum: „ Havanna “
1.2.1. Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum
1.2.2. Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND
1.3. Zweiter Untersuchungszeitraum: „ Reformen “
1.3.1. Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum
1.3.2. Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND
1.4. Dritter Untersuchungszeitraum: „ Embargo “
1.4.1. Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum
1.4.2. Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND
1.5. Vierter Untersuchungszeitraum: „ Schweinebucht “
1.5.1. Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum
1.5.2. Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND
1.6. Fünfter Untersuchungszeitraum: „ Sozialismus “
1.6.1. Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum
1.6.2. Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND
1.7. Sechster Untersuchungszeitraum: „ Kubakrise “
1.7.1. Ereignisgeschichte im Untersuchungszeitraum
1.7.2. Struktur der Berichterstattung in FAZ und ND
1.8. Zwischenfazit
2. Inhaltliche Merkmale der untersuchten Artikel
2.1. Anteil und Bild der Fraktionen Kuba, USA und SU
2.2. „ Bärtiger “ oder „ Befreier “ ? Die Darstellung Fidel Castros
2.2.1. Die Darstellung Eisenhowers und Kennedys im Vergleich
2.2.2. Die Darstellung Chruschtschows im Vergleich
2.3. „ Unregierbar “ oder „ heldenhaft “ ? Die Darstellung Kubas
2.3.1. Die Darstellung der USA im Vergleich
2.3.2. Die Darstellung der Sowjetunion im Vergleich
2.4. Themenschwerpunkte innerhalb der UZ
2.5. Personalisiert oder abstrahiert?
2.6. Auffälligkeiten in der Berichterstattung

F Schlussfolgerungen

G Literaturverzeichnis
1. Quellen
2. Monographien
3. Aufsätze
4. Nachschlagewerke
5. Internet
6. Unveröffentlichte Darstellungen

H Anhang
1. Kodierbogen
2. Codebuch
2.1. Grundgesamtheit und Analyse auf Aussageebene
2.1.1. Was wird aufgenommen? Kodierung auf Aussageebene
2.2. Analyse der Artikel, Definition der Kategorien
2.2.1. Erster Schritt: Aufnahme der formalen Charakteristika
2.2.2. Zweiter Schritt: Wer wird dargestellt?
2.2.3. Dritter Schritt: Wie wird die Person/das Objekt dargestellt?
2.2.4. Vierter Schritt: Von wem stammt die Aussage?
2.2.5. Fünfter Schritt: Themenanalyse
3. Verfügbare Kategorien
3.1. Formale Charakteristika
3.2. Personen und Staaten
3.3. Themen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Prozentuale Verteilung der Berichterstattung in FAZ und ND

Abb. 2: Unterschiede zwischen FAZ und ND, Kategorie „Gattung“

Abb. 3: Unterschiede zwischen FAZ und ND, Kategorie „Platzierung“

Abb. 4: Unterschiede zwischen FAZ und ND, Kategorie „Aufmachung“

Abb. 5: Unterschiede zwischen FAZ und ND, Kategorie „Umfang“

Abb. 6: Unterschiede zwischen FAZ und ND, Kategorie „Visualisierung“

Abb. 7: Merkmale der ND-Artikel in UZ3

Abb. 8: Merkmale der FAZ-Artikel in UZ4

Abb. 9: Artikelveröffentlichungen pro Tag in FAZ und ND im Vergleich

Abb. 10: Urheber der Aussagen in FAZ und ND

Abb. 11: Anteil der Wertungen in der FAZ

Abb. 12: Anteil der Wertungen im ND

Abb. 13: Das Bild Castros, Eisenhowers/Kennedys und Chruschtschows in der FAZ

Abb. 14: Exkurs: Verteilung der personenbezogenen Aussagen in der FAZ

Abb. 15: Das Bild Castros, Eisenhowers/Kennedys und Chruschtschows im ND

Abb. 16: Exkurs: Das Bild Eisenhowers, Kennedys und der USA in der FAZ

Abb. 17: Das in der FAZ entworfene Bild Kubas, der USA und der Sowjetunion

Abb. 18: Das im ND entworfene Bild Kubas, der USA und der Sowjetunion

Abb. 19: Schwerpunkte der Berichterstattung im Vergleich

Abb. 20: Themenkarrieren in der FAZ (kumuliert)

Abb. 21: Themenkarrieren im ND (kumuliert)

Abb. 22: Grad der Personalisierung in der FAZ

Abb. 23: Grad Personalisierung im ND

Abb. 24: Unbenannte Karikatur in der FAZ

Abb. 25: Unbenannte Karikatur im ND

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Der Tageszeitungsmarkt in BRD und DDR

Tabelle 2: Die vier auflagenstärksten Tageszeitungen in der BRD

Tabelle 3: Die drei auflagenstärksten Tageszeitungen in der DDR

Tabelle 4: Die Untersuchungszeiträume der Inhaltsanalyse

Tabelle 5: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ1)

Tabelle 6: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ2)

Tabelle 7: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ3)

Tabelle 8: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ4)

Tabelle 9: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ5)

Tabelle 10: Merkmale der Berichterstattung in FAZ und ND (UZ6)

Tabelle 11: Die Untersuchungszeiträume der Inhaltsanalyse

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A Einleitung

Dieser Mann ist ein Mythos: Im Gesicht einen langen Rauschebart, immer eine Zigarre im Mundwinkel, die unverwechselbare grüne Uniform angezogen. Jesuitenschüler, Sohn aus gehobenem Hause. Jurist war er ebenso wie politischer Denker. Später dann Kämpfer in den Bergen, Anführer einer Guerillatruppe und Bezwinger eines Diktators. Kurz: Revolutionär. Mythen und Legenden ranken sich inzwischen um diesen Mann: In der Bucht von Havanna soll er beim Kampf gegen Diktator Batista sch wer verletzt durch haiverseuchtes Gewässer an Land geschwommen sein; an anderer Stelle wird ihm nachgesagt, er brauche nie zu schlafen. Inzwischen ist er der dienstälteste Regierungs- chef des 21. Jahrhunderts, der sich allen Unkenrufen und seinem Alter zum Trotz an der Spitze des kleinen Inselstaates hält und in Lateinamerika als Vorbild für andere Regie- rungschefs gilt. Die Uniform hat er zwar inzwischen eingestaucht gegen den bequeme- ren Nike-Jogginganzug, aber präsent bleibt er immer noch.

Für die Einen ist er Symbolfigur für die Befreiung der armen Länder von der Unterdrückung, für die Anderen ein ungeheuerlicher Diktator. Für noch Andere schlicht ein anscheinend immer währendes „rgernis. Und was ist Fidel Alejandro Castro Ruz für Deutschland? Noch interessanter: Was war er für die Bundesrepublik und DDR, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den beiden Blocks im Kalten Krieg eine unterschiedliche Interpretation zu Castro erahnen lassen?

Wie wurden er und sein Kuba in der Zeit zwischen der Machtübernahme 1959 bis zur fast in einen Dritten Weltkrieg führenden Kubakrise 1962 in deutschen Medien1 darge- stellt? Mit welchen Bezeichnungen belegt und wie ausführlich behandelt? Schurke oder Freiheitskämpfer? Dieser Hauptfrage stellt sich diese Arbeit und versucht, sie mithilfe einer Inhaltsanalyse zu beantworten (zur Absicht einer Medieninhaltsanalyse siehe Ka- pitel A.2). Kein ganz leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass alles über Fidel Castro und die Seinen gesagt zu sein scheint. Doch erstaunlicherweise ließ sich während der Recherchen zu dieser Arbeit feststellen, dass eine Untersuchung über die Darstel- lung Castros in deutschen Tageszeitungen, also die von den Medien transportierte Wahrheit über den „bärtigen Herrscher“ und die „Zuckerinsel“ kaum in Angriff ge- nommen worden ist (siehe auch Kapitel A.1 im Anschluss). Vielleicht liegt es an dem Status, den Castro und Kuba inzwischen genießen. In weiten Teilen der Bevölkerung vieler Länder wird er beachtet wie kein Zweiter, ganz gleich ob verachtet oder verehrt.

Doch bis auf eine (sprachwissenschaftliche) Untersuchung zur Darstellung Kubas in deutschen Medien findet sich lediglich die Untersuchung Soderlunds, die (auch durch einen sprachwissenschaftlichen Hintergrund geprägt) das Castrobild in der New York Times 1953-1992 untersucht.2 Ansonsten? Gähnende Leere.

Diese Untersuchung betritt demnach Neuland. Umso schwieriger scheint es, zu einem neutralen Ergebnis zu gelangen. Zumal die Ansichten über Castro und Kuba gegensätz- licher nicht sein könnten. Schnell ist es passiert, dass bei der Betrachtung von Fakten Interpretationen entstehen. Der Mythos Kuba (sei er negativ oder positiv behaftet) schwebt immer im Hinterkopf. Durch ein enges Korsett bei der Inhaltsanalyse (zur Vor- gehensweise siehe Kapitel D.2) und die Hinzuziehung von möglichst unterschiedlich ausgerichteter Sekundärliteratur wurde versucht, diesem Dilemma zu entrinnen.

Was kann durch die Analyse zweier Tageszeitungen an neuem Wissen gewonnen wer- den? Medien3 beeinflussen unser Denken und Empfinden. Kann auch der genaue Grad der Beeinflussung nicht gemessen werden, so scheint es doch sinnvoll, das Bild, wel- ches ein Medium transportiert, zu untersuchen. Dies ist aus zwei Gründen besonders anhand von Tageszeitungen sinnvoll: Zum ersten genießen sie auch heute noch einen besonders guten Ruf, noch vor dem Fernsehen und dem Radio. Das geschriebene Wort, kombiniert mit der anscheinend wahrheitsverpflichteten Bebilderung durch Photos, hat eine besondere Suggestiv- und Überzeugungskraft.

Zum zweiten schwingt bei der Untersuchung zweier Tageszeitungen, die in unterschied- lichen Ländern mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen herausgegeben werden, im- mer eine weitere Frage automatisch mit: Inwiefern war die Berichterstattung beeinflusst und vorbestimmt durch die politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Umstände (siehe Kapitel B.2)? Besonders in der polarisierten Zeit des Kalten Krieges, in der sich zwei Blöcke gegenüberstanden, lassen sich die möglichen Darstellungsweisen des Weltgeschehens in Tageszeitungen fruchtbar untersuchen und darstellen. Wichtig in die- sem Zusammenhang ist nicht die möglichst umfassende Schilderung der Arbeitsweise vieler Zeitungen, sondern die Suche nach einer Antwort auf die Frage, wie unterschied- lich Ereignisse dargestellt werden können. Eine Konzentrierung auf zwei Zeitungen (ei- ne aus der BRD, eine aus der DDR4 ) scheint deshalb sinnvoll.

Was will diese Arbeit nicht? Eine Abhandlung über die Vorgänge auf Kuba, seine Vorbedingungen und seine Auswirkungen sein. Sie werden zwar in ihren Grundzügen dargestellt (Kapitel C.1), da auch hier Vorwissen entscheidend für die Interpretation der Ergebnisse ist. Aber für eine ausführliche Behandlung dieses komplexen Themas bestand keine Notwendigkeit, weil sich diese Arbeit auf die Darstellung Castros und Kubas in den Medien konzentriert.

Im Folgenden sollen bereits in einer ersten Hinführung zum Thema die verschiedenen Grundaspekte der Untersuchung, also die Arbeitsweise der Medien auf der einen Seite und die Geschichte Kubas als Untersuchungsobjekt auf der anderen Seite, herausgear- beitet werden, um einen Rahmen abzustecken. Dabei werden bereits erste Hypothesen herausgearbeitet, die in der eigentlichen Analyse zur Diskussion gestellt werden.

1. FORSCHUNGSSTAND

Wie bereits angemerkt ist die Forschung zum Thema „Fidel Castro/Kuba in den (deutschen) Medien“ noch nicht weit vorangeschritten.5 Dies erstaunt, weil sich besonders Fidel Castro als revolutionärer Staatschef und Kuba als Kondensationspunkt im Kalten Krieg für eine derartige Untersuchung anbieten. Es zeigt aber auch: Besonders in Deutschland bestehen Defizite in der Kuba- und Lateinamerika-Forschung.

Breuer attestiert ihr gar einen „hohen Nachholbedarf“. Er führt dies hauptsächlich auf das große Forschungsinteresse an den Entwicklungen in Osteuropa nach 1990 zurück.6 Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Kuba ist, wenn erforscht, eher aus der Sicht des internationalen Ringens der USA und der Sowjetunion um die Vorherrschaft im karibischen Raum zu sehen; weniger als eigenständiges Sujet, das Kuba und Deutschland zum Thema hat.7 Dies führt zu folgender Hypothese:

Hypothese 1 (H 1): Das Land Kuba und der neue Machthaber Fidel Castro werden in den beiden untersuchten Zeitungen nur wenig bis gar nicht und stark punktuell darge- stellt.

Die Forschung zu Fidel Castro und dem „Phänomen Kuba“ selbst hat hingegen eine Fülle wissenschaftlicher (und in weit größerem Maße auch populärwissenschaftlicher) Literatur zum Vorschein gebracht.8

Quellensammlungen9, autobiographische Werke10 und Überblicksdarstellungen11 werden ergänzt von Abhandlungen, die sich mit einzelnen Aspekten Kubas und Castros beschäftigen. Fünf Schwerpunkte sind zu nennen:

- Die Person Fidel Castros, über den (zusammen mit Che Guevara) unzählige Biographien und (teils wissenschaftliche, teils populäre) Abhandlungen erschienen sind.12
- Der Dualismus Kuba und USA, der besonders in der „Kubakrise“ und den CIA-Plä- nen zur Eliminierung Castros einen (literarischen) Höhepunkt findet.13
- Einzelne Aspekte der kubanischen Revolution.14
- Die außenpolitischen Wirkungen der Revolution, hier vor allem im Verhältnis Kubas zur Sowjetunion und zur Dritten Welt.15
- Bedingt durch das fortgeschrittene Alter Castros drängt zudem immer mehr Literatur auf den Markt, die die Frage „Und nach Castro?“ zu beantworten versucht.16

Medieninhaltsanalysen an sich finden in der Forschung reichlich Anwendung. Wegen der größeren Wichtigkeit, der einfacheren Verfügbarkeit und der höheren Verbreitung von Medien erfahren sie sogar eine gesteigerte Aufmerksamkeit. Im Folgenden soll deshalb auf die Struktur und die Absicht der Inhaltsanalyse als Forschungsinstrument eingegangen werden.

2. WESEN UND SINN VON MEDIENINHALTSANALYSEN

„Es ist schon gesagt/ daß alles/ was in der Welt vorgehet/ es sey wahr oder scheinwahr und vermeintlich wahr/ den Zeug/ Stoff/ oder Materie/ welches die Weise das Object nennen/ und Teutsch der Vorstand gegeben zu werden pfleget/ zu unserm Zeitungen darleihet./ Und hierunter gehören allerley Sachen/ Sie seyn Geistlich oder Weltlich/ Kriegerisch oder Unkriegerisch/ sie handlen [sic] von der Glauben Lehre und Gottes dienst/ Recht und Gewohnheiten/ Artzney und natürlicher Kunde.“17

Bereits mit dem ersten Auftreten von Zeitungen im beginnenden 17. Jahrhundert erfolg- te die Diskussion über „Sinn und Unsinn, Nutzen und Schaden“ dieses neuen Instru- ments der Information (und auch Manipulation).18 So auch bei dem oben zitierten Kas- par Stieler, der sich bereits 1695 in seinem Buch „Zeitungs Lust und Nutz“ mit dem In- halt von Zeitungen auseinandersetzte. Auch wenn sich heute Instrumentarium, Ausrichtung und Gegenstand der Inhaltsanalysen gewandelt haben, so haben die elementaren (heute oberflächlich erscheinenden) Aussagen Stielers gleichwohl Bestand.

Zweck der Inhaltsanalyse ist die Messung, Beschreibung und Interpretation von Kom- munikationsinhalten nach einem vorher festgelegten Verfahren, um manifeste Merkmale eines, in diesem Fall, Textes zu erfahren. Das Institut Medientenor definiert sie als „eine quantitative und qualitative, systematische, objektive und interpersonale Methode, um die äußere Form und den Inhalt von Texten sowie Radio- und Fernsehsendungen zu bestimmen.“19 Früh sieht in ihr „eine empirische Methode zur systematischen und inter- subjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen.“20 In diesem Sinn soll der Begriff der Inhaltsanalyse fortan in dieser Ar- beit verwendet werden. Die Struktur der Analyse stützt sich ebenfalls auf die Untertei- lung Frühs in formale und inhaltliche Aspekte. Die Inhaltsanalyse ist neben der Befra- gung und der Beobachtung eine der elementaren Untersuchungsmethoden.21 Medienin- haltsanalysen erleben besonders im neuen Jahrtausend eine Renaissance. Unzählige Werke sind seit dem Jahr 2000 zur Medienberichterstattung erschienen; sei es zur Aus- landsdarstellung in deutschen Zeitungen, zum Bild Deutschlands in der fremdsprachi- gen Presse22 oder zur historischen Beschäftigung mit Darstellungen in den Anfangsjah- ren der Medien23. Auch in ihrer Herangehensweise unterscheiden sich die Untersuchun- gen zum Teil erheblich voneinander24 und bilden so in ihrer unterschiedlichen inhaltli- chen und instrumentellen Ausrichtung einen umfassenden Überblick über das Gebiet der Medieninhaltsanalyse. Diese Arbeit möchte einen weiteren Puzzlestein hinzufügen.

B Medien als Berichterstatter

Medien sind aus dem Leben des modernen Menschen nicht mehr wegzudenken. Was hat es für Auswirkungen, wenn Medien berichten? Wenn Medien die Wirklichkeit formen? Oder gar aktiv beeinflussen?

Um die Ergebnisse der Analyse, die in Kapitel D in ihrer Struktur umrissen wird und deren Resultate in Kapitel E dargestellt werden, besser verstehen zu können, ist eine Auseinandersetzung mit den Entstehungsbedingungen von Nachrichten in Medien im Allgemeinen und den Produktionsvoraussetzungen bei der Auslandsberichterstattung im Besonderen entscheidend. Hinzu kommt die Antwort auf die Frage: Unter welchen speziellen Einwirkungen standen und stehen die Zeitungen in der BRD und der DDR. Die folgenden Abschnitte sollen diese Bereiche behandeln.

Auf eine genauere Betrachtung der Situation der übrigen Printprodukte wie Zeitschrif- ten oder Magazine sowie anderer Medientypen (Fernsehen, Radio oder Internet) wird aufgrund der konzeptionellen Begrenztheit dieser Arbeit und der strukturellen Andersar- tigkeit verzichtet.25

1. AUSWAHL- UND WIRKUNGSMECHANISMEN VON ZEITUNGEN

Informationen stammen längst nicht mehr aus der direkten Lebenswirklichkeit eines Einzelnen, der Primärerfahrung, sondern sind zusammengestellt aus Erzählungen und Bildern.26 Hinzu kommt: „Die moderne Industriegesellschaft ist ohne ein ausdifferen- ziertes Teilsystem ‚Medien‘ nicht denkbar. […] Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen und Zeitschriften spiegeln nicht die Welt in ihrer Gesamtheit wider; sie zeigen Ausschnitte.“27 Die Medien bestimmen, was gedacht wird; und wie darüber gedacht wird. Medien erfüllen eine Thematisierungsfunktion (Agenda-Setting).28 Cohen gab besonders der Presse das Zertifikat, erstaunlich erfolgreich zu sein „in telling readers what to think about.“29 Nach Maurer/Reinemann können mit Medieninhalten beim Rezipienten Meinungen, Einstellungen, Realitätsvorstellungen, Emotionen und auch Verhaltensweisen erzeugt, verstärkt und verändert werden.30 Deswegen erscheint eine genauere Untersuchung von Tageszeitungen lohnenswert.

Die Medienwirkung hängt aber auch davon ab, welche Reputation der Sender, also zum Beispiel die FAZ, vorzuweisen hat.31 Glaube ich, was in dieser Zeitung steht? Nachrich- tenfaktoren sorgen dafür, dass ein gewisses Thema überhaupt in den Medien erwähnt wird und somit „auf der Agenda steht“. Doch die Gründe hierfür sind für die FAZ ande- re als für das ND. Für die FAZ und somit die westliche (Medien-)Welt: Die Forschung zur newsworthiness gibt als bestimmenden Grund die Relevanz eines Themas an.32 An der Schnittstelle zwischen Ereignis und Konsument steht der Redakteur, der entscheiden muss, ob diese oder jene Nachricht in der Zeitung erscheint. Der Journalist wird genau an dieser Schnittstelle zum Schleusenwärter .33 Trotz zum Teil heftiger Kritik34 beein- flusste die Theorie des Gatekeepers bis Anfang des neuen Jahrtausends die Forschung zu journalistischen Grundprinzipien. Sie wird in dieser Arbeit als realitätsnah vorausgesetzt.35

Eng verbunden mit der Selektion ist die Frage, wie weit ein Ereignis vom Leser räumlich entfernt ist. Auf diese Arbeit bezogen bedeutet dies, dass Fidel Castro und Kuba als Untersuchungsgegenstand ungleich weniger in deutschen Zeitungen erwähnt werden als deutsch-deutsche oder europäische Themen. Die Relevanz ist nur dann besonders hoch, wenn Auswirkungen auf das eigene Ich zu befürchten sind, so etwa bei (inter)nationalen Konflikten.36 Insofern ist Kuba als Untersuchungsobjekt interessant, weil es mit der kubanischen Revolution interne Konflikte (die tendenziell eher kaum dargestellt werden) und mit der Invasion in der Schweinebucht und der Kubakrise internationale Konflikte (die wiederum intensiv behandelt werden) vorweisen kann.

Für Medien in der DDR galten generell andere Voraussetzungen. Denn die Artikel und ihre Themen wurden nicht direkt von den Redakteuren ausgewählt, sondern, besonders im Bereich der Auslandsberichterstattung, vom ZK vorgegeben.37 Allerdings nahm das ND eine Sonderstellung in der DDR ein und konnte deshalb freier und ausführlicher über Ereignisse aus dem Ausland berichten. Doch auch hier gilt: Nicht alle Geschehnis- se können dargestellt werden, sondern werden nach bestimmten Kriterien, in diesem Fall Parteilichkeit, Massenverbundenheit und Wissenschaftlichkeit, ausgewählt. Im Fall von Kuba liegen eine staatliche Partnerschaft und ideologische Nähe vor. Dies führt zur folgenden Hypothese:

H 2: Die Berichterstattung der FAZ ist in Untersuchungszeiträumen (UZ), die internati- onale Aufmerksamkeit nach sich gezogen haben, ausgeprägter als in den übrigen UZ. Die Berichterstattung des ND ist hingegen durch eine gleichm äß ige Artikeldichte cha- rakterisiert.

1.1. Merkmale der Auslandsberichterstattung

Artikeln, die sich inhaltlich mit dem Ausland beschäftigen, kommt eine besondere Be- deutung und eine spezielle Herstellungslogik zu. Die Abhängigkeit von Informationen aus anderen Teilen der Welt wird indes immer wichtiger, da nationale Ereignisse inter- nationale Folgen haben können.38 Mertens sieht hier eine „fundamentale Abhängigkeit“ von der Berichterstattung über Ereignisse, die für den Menschen weder erfahrbar noch überprüfbar sind: Die Berichterstattung wird „gewissermaßen als Vorstruktur für das eigene Erleben übernommen: Medien konstruieren Wirklichkeit.“39 Diese ist meist schon durch die „Großen Fünf“, die Nachrichtenagenturen dpa, AP, Reuters, AFP und Itar-Tass, vorgefiltert, die weltweit zwischen fünfzig und neunzig Prozent der Nachrich- ten liefern. Allerdings setzen sich in diesem Bereich FAZ und ND von diesem Trend ab, da sie über ein internationales Korrespondentennetz verfüg(t)en.

Die Berichterstattung aus dem und über das Ausland ist durch wesentliche Charakteris- tika geprägt: Sie ist punktuell und thematisch eingeschränkt (Konzentration auf die drei „K“s: Konflikte, Krisen und Kriege), vermittelt aufgrund von mangelnder Sendezeit oder Platz im Magazin wenig Hintergrundwissen und ist noch stärker abhängig von in- ternationalen Agenturen, von wenigen großen Medienpublikationen abgesehen.40 Ein weiteres Merkmal: für das Verständnis von Vorgängen in anderen Ländern und Kultur- kreisen ist beim Rezipienten besonderes Vorwissen erforderlich, das wiederum meist durch die Medien erschaffen wurde. Idealerweise wird dies beim Leser durch eine ge- konnte und kompetente Erklärleistung des Verfassers, der aber in den wenigsten Fällen ein Auslandskorrespondent ist, generiert.

Mauer und Reinemann kommen zu dem Schluss: „In der Auslandsberichterstattung sind die Mediennutzer noch abhängiger von Medieninformationen als in der Berichterstat- tung aus dem Inland.“41 Im Umkehrschluss bedeutet dies: Gerade in der Auslandsbe- richterstattung liegt das Potential, Ereignisse und Umstände, Personen und Länder in einem günstigen oder schlechten Licht erscheinen zu lassen. Gerade hier ergeben sich Spielräume für die Zeitung, die zu unterschiedlichen oder gar sich widersprechenden Interpretationen führen können; die vorliegende Untersuchung wird dies bestätigen.

Galtung hat 1965 die Wahrscheinlichkeit der Berichterstattung über das Ausland unter- sucht. Demnach existieren zwölf Faktoren, von denen acht kulturell unabhängig von den übrigen vier zu sehen sind.42 Der Additionshypothese folgend erfolgt eine Berich- terstattung, wenn möglichst viele der Faktoren erfüllt werden. Doch Ausland ist nicht gleich Ausland. Zu berücksichtigen ist, dass vor allem die Berichterstattung über La- teinamerika, das in dieser Untersuchung in Gestalt von Kuba behandelt wird, quantitativ wenig bedeutend ist.43 Sie macht in Zeitungen nur etwa vier Prozent aus.44 Denn in der Nachrichtengeographie besitzt Lateinamerika im Allgemeinen nicht den Status eines Nachrichtenzentrums.

Eine Untersuchung Pöttkers aus dem Jahr 1995 hat ergeben, dass auf den Titelseiten sowohl von kleinen Lokal- wie auch großen überregionalen Zeitungen, im linken oder rechten Spektrum anzusiedeln, im Durchschnitt mindestens ein Drittel bis die Hälfte der Themen auf der Titelseite einen Auslandsbezug aufweisen.45 Dabei ist allerdings von Belang, welches „Ausland“ gemeint ist: Westliche Industrieländer tauchen in der Be- richterstattung ungleich häufiger auf als osteuropäische Länder oder die „Dritte Welt“.

Welche Rolle kommt dem Auslandsreporter zu? „Als reiner Nachrichtenbeschaffer ist er zu teuer, unwirtschaftlich, langsam. Bis er am Ort des Ereignisses eintrifft, hat die Hei- matredaktion längst die Agenturmeldung auf dem Tisch“, beschreibt Dill46 die Charakteristika des Auslandsreporters. Daher sei seine Funktion eher in der Herstellung von Zusammenhängen und der Darstellung von Hintergründen zu sehen.47

Folgt man dieser Definition, so ergibt sich eine „gute“ Auslandsberichterstattung in der Tatsache, dass ausführlich und vorzugsweise in Reportage- oder (langer) Hintergrund- form berichtet wird. Diese Arbeit wird dies unter anderem untersuchen (siehe Kapitel E.1). Von Roemeling-Kruthaupt hat allerdings herausgefunden, dass die Berichterstat- tung über Lateinamerika

„insgesamt zu kürzeren Artikeln oder Beiträgen hingeht. Das heißt, Länder die- ser Regionen werden in erster Linie mit den referierenden, deskriptiven Textsor- ten bzw. Darstellungsformen Nachricht (oder Meldung) und Bericht abgedeckt, Analyse und kritische Bewertung in Form von Features oder Reportagen […] und Kommentaren oder sonstigen Meinungsbeiträgen werden vernachlässigt.“48

Diese Aussage führt zur nächsten Hypothese:

H 3: In der Gesamtberichterstattung konzentrieren sich beide Zeitungen auf kurze, de skriptive Textsorten wie kurze Meldungen und Nachrichten. Kommentare, Reportagen und weitere Textsorten, die eine Analyse beinhalten, werden gr öß tenteils nicht einge setzt. Zudem werden die veröffentlichten Artikel nicht prominent platziert.

Dies hat Auswirkungen. Der Soziologe George Herbert Mead legte bereits 1934 in sei- ner Sozialisationstheorie dar, dass der Mensch, um zu sich selbst zu finden, den „Ande- ren“ benötigt, der stets nicht von der konkreten Realität, sondern einer abstrahierten imaginierten Welt geschaffen wird. Die Frage der Fremdbildkonstitution ist in der Lite- ratur aus psychologischer, soziologischer und kommunikationswissenschaftlicher Sicht beantwortet worden. Standardwerk in diesem Bereich ist das 1922 von Walter Lippmann verfasste Buch „Public Opinion“, das die Grundlagen der Außenwahrnehmung darstellte. Lippmanns Kernthese lautet, dass „das Handeln des Menschen auf Bildern beruht, die er sich selbst geschaffen oder die man ihm gegeben hat.“49 Von dieser These ausgehend fällt den Medien eine besondere Bedeutung zu. Sie generieren Wirklichkeit, zeigen den „Anderen“, Fremden. Diese generalisierten Fremdbilder sorgen für eine ei- gene kulturelle Identität. „Ob die Deutschen eine Vorstellung von sich selbst haben, und wie diese Vorstellung aussieht, wird nicht zuletzt davon beeinflusst, ob und wie die deutschen Medien über alles Nicht-Deutsche, Ausländische berichten.“50 Zum Beispiel über Kuba.

2. DIE ZEITUNGSLANDSCHAFT IN OST UND WEST

Mast hält die Entwicklungen auf den beiden entstehenden Zeitungsmärkten nach 1949 für diametral: Entstanden seien „eine liberal demokratische Kultur und eine totalitäre.“51 In der Tat weisen beide Zeitungsmärkte strukturelle und ideologische Unterschiede auf, die sich auf den Inhalt aller Tageszeitungen ausgewirkt haben und deshalb im Folgen- den dargestellt werden.

Ein Beispiel vorab: Die Definitionen für „Nachricht“ unterscheiden sich zwischen Ostund Westdeutschland stark voneinander. Im „Wörterbuch der sozialistischen Journalistik“ heißt es: Die Nachricht vermittelt

„klassenmäßig bestimmte neue Ereignisse über konkrete, relativ einzelne, aktuelle Tatsachen in einer unmittelbaren und sprachökonomischen Form und auf schnellste Weise.“52

Demgegenüber steht die Definition etwa von Mast aus der Bundesrepublik:

„Nachrichten definieren sich […] als wichtige Informationen - als Informatio- nen, die einen bestimmten Nachrichtenwert haben. Die Bedeutung von Informa- tionen orientiert sich an der Bedeutung der Sache an sich und dem Interesse des Publikums an der Information.“53

Nicht nur die Grundausrichtung der Zeitungen und Journalisten, auch der Tageszeitungsmarkt stellt sich grundverschieden dar. Sowohl in Hinblick auf die publizistischen Einheiten, die Verlage, die herausgebrachten Ausgaben als auch die verkaufte Auflage ist in der BRD eine größere Anzahl zu erkennen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Der Tageszeitungsmarkt in BRD und DDR (1989)54

Eine weitere grundsätzliche Bemerkung sei gestattet: In der Bundesrepublik herrschte lange Zeit Ahnungslosigkeit über die (Medien-)Verhältnisse in der DDR.55 Dies lag auch daran, dass die SED-Führung ein Verbot durchgesetzt hatte, Bezirkszeitungen56 aus der DDR auszuführen.57 In der anderen Richtung stimmt diese Annahme nicht: Der bundesdeutsche Rundfunk (also TV und Radio) wurde in der DDR stets genutzt,58 vor allem, nachdem die SED ihre Bemühungen aufgegeben hatte, den Gebrauch unter Strafe zu stellen. Die Bürger der BRD waren bei ihrer Lektüre vor allem auf westdeutsche und westliche Zeitungen angewiesen. Im Gegensatz dazu stehen die Bürger der DDR, die sich sowohl in ost- als auch westdeutschen Medien informierten. Es ist also davon auszugehen, dass manche Leser des ND weitere (westliche) Quellen hinzugezogen haben, um ihr Informationsbedürfnis zu stillen.

2.1. Propagandist, Agitator und Organisator: Medien in der DDR

2.1.1. Die Rolle der Medien

Den Medien kam in der DDR eine zentrale Bedeutung zu. Hier herrschte „sozialistische Pressefreiheit“. Die Definition dafür liefert ein Blick in die „Theorie und Praxis der So- zialistischen Journalistik“ aus dem März 1974: Mit der Pressefreiheit sei die „Freiheit der Arbeiterklasse, ihre Presse ungehindert herausgeben zu können“, gemeint. Sämtli- che Verlage müssten sich dafür in der Hand des Staates befinden. Andere (bürgerliche) Publikationen müssten (und mussten faktisch auch) ihr Erscheinen in der Folge einstellen.59 60 „Unsere Presse - Die schärfste Waffe der Partei“ lautete bereits 1950 das Motto der ersten Konferenz des SED-Parteivorstandes über die Aufgaben der Presse.

„Für die ideologische Arbeit der Partei, die Stärkung des sozialistischen Bewusstseins der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik und die Auseinandersetzung mit dem imperialistischen Feld kommt der Arbeit unserer Massenmedien immer größere Bedeutung zu.“

So vermerkt es das Protokoll des VIII. Parteitages der SED von 1971.61 In den Folgejahren war die Rolle der Medien im System der DDR immer wieder ein Thema, etwa 1976 und 1981.62 Zur Rolle, die die Presse in einem sozialistischen Staat zu spielen hat, hatte Lenin bereits 30 Jahre früher vermerkt:

„Die Rolle der Zeitung beschränkt sich […] nicht allein auf die Verbreitung von Ideen, nicht allein auf die politische Erziehung und die Gewinnung politischer Bundesgenossen. Die Zeitung ist nicht nur ein kollektiver Propagandist und kollektiver Agitator, sondern auch ein kollektiver Organisator.“63

Die Medien werden also als Verbreiter der kommunistischen Lehren („Propagandist“), als beeinflussendes Element der Massen („Agitator“)64 und, zu fassen in dem Begriff „Organisator“, als Kontrolleur der von der SED vorgegebenen gesellschaftlichen Aus- richtung angesehen.65 Die DDR und ihre Führung übernahmen diese Definition. Dies spiegelt sich auch in den Gesetzestexten wider. In der ersten Verfassung der DDR 1949 fand sich noch der Zusatz: „Eine Zensur findet nicht statt“. Er fand in den folgenden Verfassungen keine Erwähnung mehr.66 Zwar herrschte rechtlich gesehen in der DDR Medienfreiheit; der entsprechende Artikel 27 der DDR-Verfassung aus dem Jahr 1974 lautete:

„Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und öffentlich zu äußern. […] Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens ist gewährleistet.“67

Doch die Formulierung „den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß“ ließ für die SED genügend Spielraum für Einschränkungen und Sanktionen. Die Bestrafung bei Zuwi- derhandlungen konnte mit §106 des DDR-Strafgesetzbuches („staatsfeindliche Hetze“) geahndet werden und Freiheitsstrafen zwischen einem und fünf Jahren nach sich ziehen. „Das Strafgesetzbuch bildet also die eigentliche Grundlage für die Verfolgung jeglicher oppositioneller Meinungsäußerungen in Wort und Schrift.“68 Allerdings verzichtete die SED auf die harte Bestrafung bekannter Kritiker, wenn sie internationalen Aufruhr be- fürchten musste.69 So wurden der Paragraph und die Grundlage in der Verfassung zu einem dynamisch einsetzbaren Instrument der Beeinflussung von Journalisten und Kri- tikern.

Zu den offiziellen Standpunkten der SED gab es durch diesen rechtlich stark einge- schränkten Rahmen kaum eine Alternative; wenn, war sie in spitzen Formulierungen oder dem „Lesen zwischen den Zeilen“ zu suchen. Insgesamt lässt sich festhalten: „Die Medien in der ehemaligen DDR waren politisch geleitet und unterstanden der Anwei- sung und Kontrolle durch Staats- und Parteiapparat.“70 In diesem Zusammenhang ist oft von der „Zensur ohne Zensor“ die Rede. Dies bedeutet, dass innerhalb der DDR ein Kontrollsystem installiert wurde, das die Zensur als Mittel der Einflussnahme überflüs- sig machte (im Gegensatz zum Vorgehen etwa in der Sowjetunion oder in Polen)71. Stattdessen sorgten die „Schere im Kopf“ und voraus eilender Gehorsam dafür, dass fast alle Veröffentlichungen auf Parteilinie lagen.72

2.1.2. Abriss der historischen Entwicklung

Die Presselandschaft der DDR war (ähnlich der in der Bundesrepublik) lokal und regio- nal geprägt. Schon kurze Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) die Weichen für die Entwicklung und Ausbildung des DDR-Mediensystems gestellt. Dies ist durch zwei Entwicklungslinien definiert:

- Die Sowjetische Militäradministration (Smad) gab keine Lizenzen für Tageszeitungen an Privatleute aus (im Gegensatz zur Entwicklung in den westlichen Zonen, siehe Ka- pitel B.2.2). Im Gegenteil, sie veröffentlichte die Zeitungen nach eigenem Muster, so zum Beispiel die „Tägliche Rundschau“, die größte Tageszeitung der SBZ.73 Des Weiteren wurden Lizenzen an Massenorganisationen (zum Beispiel die Freie Deutsche Jugend mit der „Jungen Welt“) und Parteien vergeben. Einem privaten Zeitungsmarkt wurde so die Existenz unmöglich gemacht.
- Erschwerend für ein pluralistisches Presseleben kam hinzu, dass die Smad bis ins Jahr 1950 durch Kontrolloffiziere die Vorzensur durchführen ließ.74 In den siebziger Jahren wurden im ZK Pläne für eine Wiedereinführung der Zensur im Kriegsfall oder der Mobilisierung ausgearbeitet, die allerdings geheim gehalten wurden und keine Anwendung fanden.75

Eine besondere Förderung erfuhr die Presse der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Durch die Zuteilung von Papierkontingenten und Finanzmitteln, die auch in den späteren Jahren als restriktive Maßnahme gegen unliebsame Printprodukte eingesetzt wurde, konnte sich die Presse der KPD gegenüber den (kritischeren) Zeitungen der übrigen Parteien schnell durchsetzen.

Die SED konnte, nach dem Zusammenschluss aus KPD und SPD, als Zentralorgan das „Neue Deutschland“ (neben weiteren Kreis- und Landeszeitungen) herausbringen. Bei den Blockparteien verblieb jeweils eine Hauptzeitung in Ostberlin und eine Landeszeitung in jedem der fünf Länder. 1952 veränderte sich mit der Einführung des zentralistischen Systems die Aufteilung der Zeitungen auf die einzelnen Parteien. Die SED konnte diesen Umstand dazu nutzen, jeder ihrer 14 Bezirksparteiorganisationen eine eigene Zeitung zu übergeben. Diese konnten in der Folge in jedem Bezirk für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt eine Regionalausgabe herausbringen.76 Harbers hat in ihrer Untersuchung detailliert nachgewiesen, dass vor allem den Bezirkszeitungen eine große Rolle bei der Umsetzung der leninschen Pressetheorie zukam.77

Die Unesco gab für 1987 die Zahl von neun Millionen Tageszeitungsexemplaren in der DDR an, mit 550 Exemplaren je 1.000 Einwohner stand sie demnach hinter Japan (562) an weltweit zweiter Stelle (Bundesrepublik: 350 Exemplare).78 Die untersuchte Tageszeitung „Neues Deutschland“ nahm mit einer Auflage von mehr als einer Million Exemplaren eine besondere, wenn nicht die wichtigste Stellung auf dem Zeitungsmarkt der DDR ein. Deswegen wurde sie in die vorliegende Analyse als Untersuchungsobjekt aufgenommen (siehe auch Kapitel D.1.2).

Auch im Verlagswesen nahm die SED eine führende Rolle ein. Die „Vereinigung Organisationseigener Betriebe Zentrale Druckerei-, Einkaufs- und Revisionsgemeinschaft“ (VOB Zentrag) stellte fast 90 Prozent der Druckkapazitäten der DDR79 ; neben ihr existierten vier weitere VOBs der übrigen Parteien.

Allgemein lässt sich festhalten, dass den „konkurrierenden“ Zeitungen neben denen der SED nur die Rolle eines „publizistischen Feigenblattes“ zugeordnet werden kann. Sie waren kein Ausdruck von Pressevielfalt.80

2.1.3. Einflussmöglichkeiten auf die Berichterstattung

„Die Nachrichtenpolitik der SED als politisches Führungsinstrument ist gekennzeichnet durch das Verschweigen oder die einseitige Darstellung von wichtigen Ereignissen im In- oder Ausland.“81 Offiziell existierte nach 1950 jedoch keine Zensur mehr in der DDR. Warum kann die Zeitungslandschaft in der DDR dennoch nicht als pluralistisch gelten? Die „Schere im Kopf“ sorgte dafür, dass Nachrichten SED-konform erschienen. Dies gelang auch dadurch, dass innerhalb der einzelnen Zeitungen der Chefredakteur für jede Veröffentlichung in seinem Blatt haften musste. Eine hohe Kontrolle in der Zeitung war die Folge. Im Redaktionskollegium, das dem Chefredakteur zur Seite stand, saß zudem ein Vertreter der federführenden Organisation.

Das Politbüro des Zentralkomitees (ZK) verfügte über die oberste Richtlinienkompetenz bei der Steuerung der Inhalte in den Medien. Innerhalb des Sekretariats des ZK befand sich die Abteilung Agitation und Propaganda82, die sich ausschließlich um die Lenkung der Presse kümmerte. Mithilfe von täglichen Konferenzen in Berlin, Konferenzschal- tungen zu den übrigen SED-Zeitungen, Presseanweisungen und der Anleitung des Pres- seamtes der DDR-Regierung war eine konsequente Überwachung der Inhalte möglich.83 Zudem existierten im SED-ZK und beim Presseamt Auswertungsabteilungen, die alle Publikationen untersuchten und Missliebiges notierten. Die redaktionelle Arbeit der Journalisten wurde durch Jahres-, Monats- und Wochenpläne vorgegeben.

Zwischen den Lenkenden im ZK und den Gelenkten bei den Zeitungen bestand eine gewisse personelle Durchlässigkeit. So war etwa Joachim Herrmann zuerst Chefredakteur des ND und später Leiter des für die Presse zuständigen Sekretariats.

Der Vertriebssektor war monopolisiert. Die Deutsche Post durfte als einzige Organisation Publikationen, die in der Postzeitungsliste notiert waren, vertreiben.

Die Nachrichtengebung selber war in Form des Allgemeinen Deutschen Nachrichten- dienstes (ADN)84 zentralisiert. Es wurde am 10. Oktober 1946 als GmbH in Ost-Berlin gegründet und wurde am 2. April 1953 eine staatliche Institution. Hier wurde entschie- den, welche Nachrichten aus dem lokalen und politischen Leben in der DDR an die Zei- tungen weitergereicht wurden. Außerdem filterte der ADN Kommentare aus dem Aus- land vor. Das Statut des ADN aus dem Jahr 1966 legte fest, dass „die Aufgaben des ADN in der Wort- und Bildberichterstattung für die Deutsche Demokratische Republik […] sich aus dem Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ ergeben.85

Die Zeitungen waren auf dessen Material (abgesehen von der eigenständigen Produkti- on lokaler Nachrichten) angewiesen und durften dieses inhaltlich wenig verändern. Bei wichtigen politischen Artikeln war unter Umständen die Platzierung vorgegeben. Holz- weißig verweist darauf, dass auch die Leserbriefe in Form und Inhalt auf lange Sicht vorbereitet und vorgegeben waren.86 Der ADN war mit anderen Agenturen weltweit verbunden und bezog von diesen seine internationalen Informationen. Der Dienst fertig- te aber auch eigene Auslandsberichte an, die auf internationalem Terrain nur durch Be- richte der Auslandskorrespondenten des ND ergänzt wurden. Der ADN unterhielt ebenfalls einen Pressephotodienst (Zentralbild, ZB), der 1956 angeschlossen wurde.

Die letzte Lenkungsmöglichkeit setzte bei der Ausbildung der Journalisten an. An der Sektion Journalistik der Karl-Marx-Universität achteten Professoren und eingesetzte Mitarbeiter der Stasi darauf, dass die zukünftigen Journalisten den politischen Leitlinien entsprachen.87 Die dreijährige Ausbildung war nach einem einjährigen Volontariat in einer Redaktion des Landes möglich.88

Oft versagten die geschilderten Mechanismen der Lenkung nicht, das System der Steue- rung und Beeinflussung war fein ausgearbeitet. Allerdings kam es vor allem bei interna- tionalen Entwicklungen oft zu Artikelveröffentlichungen, die der SED nicht zusagten. Folge war die personelle Neubesetzung des leitenden Postens innerhalb der Redaktion.89 Bekannt ist auch der Fall der „Freien Presse“, die durch einen (gewollten?) Druckfehler am Tag der Veröffentlichung der Rede von SED-Politbüromitglied Horst Dohlus („Mit Optimismus und voller Leidenschaft weiter auf dem Kurs des XI. Parteitages“) „Freie Fresse“ hieß. Folge waren Befragungen und Durchsuchungen durch Mitarbeiter der Stasi.90

2.1.4. Das Berufsbild des Journalisten

„Der Journalist ist unter sozialistischen Verhältnissen ein politischer Funktionär, der mit den ihm gemäßen Mitteln die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft fördert. […] [Dies] erfordert eine gründliche Kenntnis der Politik der marxistisch-leninistischen Partei und des sozialistischen Staates, eine fundierte gesellschaftswissenschaftliche Ausbildung, ein breites Allgemeinwissen, sichere Handhabung der sprachlichen Mittel, Spezialkenntnisse auf einem Fachgebiet und ein hohes Maß an physischem Leistungsvermögen.“91

In einer „Einführung in die sozialistische Methodik“ war vermerkt: „Ein Journalist in unserem Lande [ist] zuerst und vor allem Politiker.“92 Damit war das Berufsbild des Journalisten in der DDR oder in einem sozialistischen Land, als welches sich die DDR verstand, klar umrissen. Eine Identifikation mit dem Marxismus-Leninismus war für die „erfolgreiche“ Ausübung des Journalistenberufes ebenso notwendig wie die Agitation in seinem Sinne; ein „offensives Vertreten“ der SED-Politik war erwünscht und die direkte Beeinflussung beabsichtigt.

Abweichende Meinungen waren nicht erwünscht. In der Satzung des „Verbandes der Journalisten der DDR“ (VDJ) heisst es unter §5, dass ein „ständiges Studium der Theo- rie des Marxismus-Leninismus, […] (und) die Pflicht, sich weiterzubilden“ (vor allem durch ein Studium der Beschlüsse der SED und der internationalen Arbeiterklasse) dem Beruf inhärent seien.93 Mast nennt dies einen „politisch erzieherischen Journalismus“.94

Die Mitgliedschaft im VDJ war freiwillig. Insgesamt gab es in der DDR rund 10.000 Journalisten, von denen 90 Prozent beim VDJ Mitglied waren. Die Berufsbezeichnung „Journalist“ war, anders als in der Bundesrepublik, gesetzlich geschützt.

Zusätzlich zu den eigentlichen Journalisten engagierten sich in der DDR noch 20.000 Volks-, Arbeiter- und Photokorrespondenten, die ehrenamtlich aus ihrem Umfeld berichteten.95

2.2. Kontrolleur und Korrektor: Medien in der Bundesrepublik

2.2.1. Die Rolle der Medien

Medien wurden und werden in der Bundesrepublik als ein Teil der politischen Diskussion angesehen. Die Staatsbürger sollen mit den aktuellen Themen und Streit- punkten konfrontiert werden, sodass diese sich eine Meinung bilden können; die Medi- en stellen Öffentlichkeit her. Burkart sieht für die bundesdeutschen Medien vor allem eine Informationsfunktion, diese steht allerdings neben Funktionen sozialer, wirtschaftlicher und politischer Natur.96 Meyn sieht noch eine weitere Aufgabe der Massenmedien, die diese klar von denen in der DDR abgrenzt: Kontrolle und Kritik an Politik, Wirtschaft und Kultur.

Allerdings sind diese Aufgaben nur idealtypischer Natur, weil in der Bundesrepublik andere Einflüsse politischer (Einfluss der Parteien) oder wirtschaftlicher Art (Einfluss großer Medienkonzerne, Abhängigkeit von Anzeigenerlösen) auf die Medien wirken können.97 Dennoch, Vowe attestiert der Zeitung: „Ihr politischer Stellenwert ist nach wie vor hoch, nicht nur im lokalen Bereich. Ihre publizistische Funktion besteht vor allem darin, durch Hintergrundberichterstattung und Kommentierung zur Orientierung und Meinungsbildung beizutragen.“98

Bereits in Art. 5 des Grundgesetzes ist die Meinungs- und Informationsfreiheit verankert, die als medien- wie individualbezogenes Grundrecht gilt. Jedermann hat

„das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Besonders der Schutz vor staatlichen Eingriffen in die Meinungsbildung soll gewährleistet werden. Die zugrunde liegende Philosophie setzt nicht auf die Zuverlässigkeit eines einzelnen Mediums, sondern auf einen anhaltenden Prozess, bei dem „ußerung und Gegenäußerung zu einem Konsens führen.

2.2.2. Abriss der historischen Entwicklung

Die Grundstruktur der westdeutschen Presselandschaft hat sich bereits etwa 1850 he- rausgebildet. Die regionale verbreitete Abonnementzeitung dominiert seitdem den Zei- tungsmarkt. Daneben stehen überregionale, politisch profilierte Tageszeitungen wie die Frankfurter Rundschau, die Süddeutsche Zeitung, Die Welt, die tageszeitung [sic] oder das Untersuchungsobjekt Frankfurter Allgemeine Zeitung. Regionale und überregionale Boulevardzeitungen komplettieren das Bild. Vor allem aber sind die regionalen und lokalen Printprodukte prägend für die westdeutsche Zeitungslandschaft.

Nach 1945 führten die Alliierten99 auch in der Bundesrepublik einen Lizenzzwang ein. Nur Personen, die „nationalsozialistisch unbelastet“ erschienen, erhielten die Genehmi- gung zur Gründung einer Zeitung.100 Nach dem Aufheben des Lizenzzwanges im Sep- tember 1949 stieg die Zahl der täglich in der BRD erscheinenden Tageszeitungen von 150 auf über 500 an.

Verschwunden ist seitdem die Zeitung, die sich lediglich an Teilöffentlichkeiten wie Parteiangehörige wandte. Die Parteipresse wurde ersetzt durch solche Organe, die sich an alle Teile der Bevölkerung richten.

Zu den Zeitungen der ersten Stunde gehören die Aachener Nachrichten (Lizenz Nr. 1), die Frankfurter Rundschau, die Braunschweiger Zeitung und der Berliner Tagesspiegel. Am 2. August 1945 gelang es, das „Badener Tagblatt“ als erste Zeitung der französi- schen Zone wieder herauszubringen. Eine Tageszeitung aus den ersten Jahren der Bun- desrepublik war auch die FAZ, die in die Untersuchung mit aufgenommen wurde.

Seit den fünfziger Jahren ist ein Konzentrationsprozess zu erkennen, der die anfängliche Vielfalt der Tageszeitungslandschaft in den folgenden Jahren reduzierte und der noch bis heute anhält.101 Vor allem Zeitungen mit einer Auflage von weniger als 40.000 Exemplaren wurden von anderen Verlagen aufgekauft.

2.2.3. Einflussmöglichkeiten auf die Berichterstattung

Zwar war das Mediensystem in der Bundesrepublik sehr unterschiedlich zu dem der DDR aufgebaut, in dem sich durch die Konstruktion mehrere Ansätze zur Lenkung er- gaben. Doch ist auch in der BRD der Einfluss äußerer Kräfte auf die Inhalte und die Ausrichtung der Medien nicht abzustreiten. Allerdings war/ist er nicht so offensichtlich wie in der DDR.

Auch und gerade im regionalen Markt gibt es eine Vielzahl von gegenseitigen Verflechtungen, Kapitalbeteiligungen und gemeinsamen Anzeigenmärkten. So beherrscht die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, der WAZ-Konzern, über die WAZ, die Westfälische Rundschau, die Neue Ruhr/Neue Rhein-Zeitung und die Westfalenpost nicht nur den gesamten Markt in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Österreich, wo sie mit dem Kurier und der Krone die beiden wichtigsten Boulevard-Blätter besitzt.

Wenig bekannt ist beispielsweise auch, dass die Stuttgarter Zeitung, zu der auch die Stuttgarter Nachrichten gehören, gemeinsam mit der Rheinpfalz (Ludwigshafen) und der Südwestpresse in Ulm durch gegenseitige Kapitalverflechtung einen Konzern bilden.

Dieser beherrscht mit einer Gesamtauflage von rund 1,24 Millionen verkaufter Exemp- lare rund fünf Prozent des bundesdeutschen Marktes und steht damit nach dem Sprin- ger-Konzern (23.6 Prozent) und der WAZ (6,0 Prozent) auf Rang drei unter den deut- schen Verlagsgruppen; noch vor DuMont/Schauberg („Kölner Express“/“Kölner Stadtanzeiger“/“Kölnische Rundschau“) mit 4,4 Prozent Marktanteil und dem Süddeut- schen Verlag („Süddeutsche Zeitung“), der auf 3,3 Prozent Marktanteil kommt, sowie der FAZ (3,0 Prozent Marktanteil).

Zudem haben die Parteien und Massenorganisationen großen Einfluss auf die Gestal- tung der Medienagenda. Seifert hat dies bereits 1972 für den Bereich des Rundfunks nachgewiesen.102 Zum Anderen lässt sich besonders für den privat organisierten Zei- tungssektor ein Einflusspotential der Werbeindustrie ausmachen. Zum Letzten ist auch der Einfluss der PR, die in ihrer Grundausrichtung von der Werbung zu unterscheiden ist103, von erheblicher Bedeutung, die im Laufe der letzten Jahrzehnte zudem immer weiter zugenommen hat.

2.2.4. Das Berufsbild des Journalisten

„Ein Journalist ist jemand, der für die Presse, für Nachrichten- und Pressedienste, für den Film […], den Rundfunk, die Werbung oder die Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen, Verbände, Behörden tätig ist.“104 Eine einfache Definition, die den Journalisten über sein Arbeitsfeld beschreibt. Über seine Aufgabe schreibt die westdeutsche Tissy Bruns: „Journalisten wollen und sollen die Welt erklären.“105

Der Begriff des Journalisten ist aufgrund des schrankenlosen Zugangs zu diesem Beruf nicht geschützt. Ebenso ist eine Ausbildung nicht geregelt. Der Beruf des Journalisten kann in der BRD an einer Journalistenschule, an einer Hochschule oder in einem zwei- jährigen Volontariat im Betrieb erlernt werden. Hinzu kommen einige Seiteneinsteiger, die aufgrund ihres Fachwissens und journalistischer Grundqualifikation diesen Beruf ausüben können. Eine starre Reglementierung findet in diesem Feld also nicht statt.

„In verschiedenen Untersuchungen zeigte sich bei bundesdeutschen Journalisten eine Dominanz der eher aktiven und teilnehmenden Rolle mit dem Ziel, den gesellschaftlichen und politischen Prozess selbst zu beeinflussen, während in angelsächsischen Ländern die Rolle des Informationsvermittlers an oberster Stelle der Wertehierarchie steht.“106

In diesem Zusammenhang ist oft von den Medien als „Vierte Gewalt“ die Rede. Denn Journalisten sind dem Zugriff durch den Staat entzogen, genießen besondere Rechte (Zeugnisverweigerungsrecht) und verfügen über Recherchebefugnisse wie dem Auskunfts- und dem Informationsrecht.

C Ereignisgeschichtliche Zusammenhänge

1. DIE KUBANISCHE REVOLUTION

Der Begriff der Revolution ist sowohl im Rahmen dieser Arbeit als auch in der Ge- schichte Kubas ein wesentlicher. Er bezeichnet eine „schnelle und radikale Veränderung der gegebenen (politischen, sozialen, ökonomischen) Bedingungen. […] Ziel ist es, […] die bisherigen Probleme und Machtstrukturen zu beseitigen und radikal Neues an ihre Stelle zu setzen.“107 Allerdings ist der Begriff der kubanischen Revolution von der eu- ropäischen Definition abzugrenzen. Auf Kuba übertragen bedeutet er nach Zeuske, ei- nen „andauernden Prozess der Umgestaltung, welcher Unabhängigkeit, Gerechtigkeit und Würde für das kubanische Volk sichern soll.“108 Castro beruft sich auf den kubani- schen Freiheitskämpfer Jose Marti, der Revolution als „absolut nationale, eigenstaatli- che Unabhängigkeit“109 verstand. Dolgoff weist darauf hin, dass die kubanische Revolu- tion wesentliche Unterschiede zu anderen Revolutionen aufweist. Zum Beispiel zur „Russischen Revolution“: Bei dieser hätten sich die Massen erhoben, die das Zaren- System zum Einsturz gebracht hätten. Auf Kuba handele es sich hingegen um den Kampf Weniger , in dessen Verlauf das Batista-Regime in sich zusammengebrochen sei. Zudem sei die Umgestaltung der Gesellschaft nicht „von unten “ gekommen, sondern wurde „von oben “ gestaltet.110 Ein weiterer Punkt: Castro war öffentlich mit dem Ziel angetreten, innerhalb eines Jahres nach der Machtübernahme demokratische Wahlen abzuhalten. Demnach ist der kubanische und auch lateinamerikanische Revolutionsbegriff111 zu unterscheiden vom europäischen/westlichen. Im kubanischen Sinne soll der Begriff der Revolution in dieser Arbeit verstanden werden.112

1.1. Der lange Freiheitskampf: Kuba, Spanien und die USA

„Das lieblichste Land, das des Menschen Auge je erblickt hat“,113 schrieb Christoph Kolumbus bei der Entdeckung Kubas in sein Tagebuch. Die eingeborenen Tainos- und Siboney-Indianer lebten auf einer grünen Insel, mit dichten Wäldern und einer bunten Fauna. Nach den ersten Gold- und Silberschürfern in der Mitte des 16. Jahrhunderts entdeckten ein halbes Jahrhundert später die europäischen Siedler das damalige und lange Zeit bestimmende Potential der Insel: den Zuckerrohranbau.

Kuba wurde spanische Kolonie. Seit diesem Zeitpunkt waren in der Bevölkerung Bestrebungen zu erkennen, die Freiheit zu erlangen:

- Neben der Versklavung der einheimischen Bevölkerung, die allerdings oftmals lieber den kollektiven Freitod wählte,114 bedienten sich die spanischen Siedler auch der Ein- fuhr von afrikanischen Sklaven, um den Ertrag der Insel immer weiter zu erhöhen.

Allerdings stieg dadurch die Abhängigkeit der Bevölkerung von den spanischen Kolonialherren. Dies führte automatisch zu Konflikten mit den Spaniern. Diese eskalierten 1717 im Aufstand der Tabakbauern ( vegueros ), der allerdings niedergeschlagen wurde. Kuba hatte sich das erste Mal erhoben.

- Viele Aufgeklärte hielten eine vollständige Loslösung von Spanien und die damit ein- hergehende Unabhängigkeit für besonders erstrebenswert. Der Aufstand der Sklaven im Jahr 1812 zeigte allerdings, dass eine Befreiung Kubas von der Sklaverei ein weit entferntes Ziel war - der Aufstand wurde niedergeschlagen. Spanien hatte in ganz Lateinamerika in der Folge mit Unabhängigkeitsbestrebungen zu kämpfen; Kuba wurde der Stützpunkt zur Verteidigung der Abhängigkeiten.

- Der eigentliche Beginn der Unabhängigkeitsbestrebungen wird in der Literatur auf das Jahr 1868 angesetzt.115 Der Rechtsanwalt und Grundbesitzer Manuel de Cespedes führte einen ersten Aufstand gegen die Spanier an. Zehn Jahre lang dauerte der Bür- gerkrieg, der in einem von Spanien diktierten Waffenstillstand endete. Auch der ein Jahr später ausgebrochene „Kleine Krieg“ unter Führung von General Calixto Carcia endete ohne Befreiung.

- 1895 kehrte Jose Marti nach Kuba zurück, nachdem er die vorherigen Jahre im Exil in den USA verbracht und den Unabhängigkeitskampf für Kuba geplant hatte.116 Im Guerra de Independencia wandte sich die kubanische Bevölkerung 1898 gegen die spanischen Kolonialherren, Marti fiel bereits zu Beginn des Krieges, überlebte aber als Symbol für den Unabhängigkeitskampf.

1898 wurde Kuba nach der Löslösung von Spanien offiziell unabhängig; tatsächlich wurde aber nur der eine Herr gegen den anderen ausgetauscht. Die USA als Gewinner des entfachten Spanisch-Amerikanischen Krieges auf Kuba diktierten fortan das Ge- schehen. Sie hatten schon früh das Potential Kubas, das nur 150 Kilometer vor der eige- nen Küste gelegen war, erkannt. Präsident John Quincy Adams hatte gegen Ende des 18. Jahrhunderts von Kuba als „Apfel, der nach den Gesetzen der Schwerkraft in die Hände der Vereinigten Staaten fallen müsste“117, gesprochen. Die Präsidenten James Knox Polk und Franklin Pierce hatten in der Mitte des 19. Jahrhunderts zwei Kaufangebote für Kuba in Höhe von erst 100 und schließlich 130 Millionen Dollar an Spanien ge- schickt - beide Angebote lehnten die Spanier ab. Ein Brief des amerikanischen Militärgouverneurs auf Kuba, General Leonard Wood, an Präsident Theodore Roosevelt nach dem Ende des spanisch-amerikanischen Krieges verrät die Absichten der USA:

„Mit der Kontrolle Kubas […] werden wir auch bald schon den Weltmarkt für Zucker kontrollieren. […] Kuba ist meiner Ansicht nach eine für die Vereinigten Staaten höchst wünschenswerte Erwerbung.“118

Die USA hatten fortan großen Einfluss auf die politische Gestaltung des Landes, indem sie zum Beispiel die Wahlordnung derart regelten, dass nur die weiße Elite des Landes „unter Aufsicht der Besatzungsmacht die politischen Institutionen der Ersten Republik gründete.“119 Bei Wahlen im November 1900 etwa nahmen nur (vorwiegend Weiße) 8,3 Prozent der Bevölkerung an der Wahl teil.

Infolge dessen konnten die USA die Kubaner außenpolitisch entmündigen. Denn die vom amerikanischen Kongress für Kuba ausgearbeitete Verfassung, die verabschiedet wurde, sah das „Platt Amendment“ vor. Dies untersagte Kuba die Möglichkeit, mit anderen Staaten Bündnisse oder Verträge einzugehen, anderen ausländischen Mächten Stützpunkte auf Kuba zu überlassen und selbstständig Kredite aufzunehmen. Zudem gab es den Amerikanern das Recht, die inneren Angelegenheiten Kubas mitzubestimmen und (militärisch) zu intervenieren, sollten amerikanische Interessen berührt sein.120 Für das Verhältnis der Kubaner zu den USA hatte das Folgen:

„Für den kubanischen Nationalismus bot die neue, vergleichsweise freund- schaftliche Beziehung zu den Amerikanern sowie die Komplexität der wirt- schaftlichen Abhängigkeit von den USA eine nur schwer erkennbare Angriffs- fläche im Vergleich zu den früheren spanischen Kolonialherren. Der materielle Gewinn, den viele Kubaner den USA verdankten, verwickelte sie in eine Art Haßliebe zu ihrem gigantischen Nachbarn. […] Die Vereitelung ihrer nationalis- tischen Bestrebungen schuf einen tiefsitzenden Zorn, der zum Bestandteil ihrer Kultur wurde.“121

Der Einfluss der USA auf die Angelegenheiten Kubas blieb auch nach der Wahl des Präsidenten Tomas Estrada Palma am 20. Mai 1902 hoch. Bereits vier Jahre später wandten die USA nach in der Bevölkerung umstrittenen Wahlen und dem Rücktritt Palmas das Platt-Amendment an und intervenierten in Kuba.122 Zu diesem Zeitpunkt wurde ein politischer Mechanismus in Gang gesetzt, der besagte: die Kubaner erschei- nen regierungsunfähig, deshalb müssen die USA dafür Sorge tragen, dass das Land nicht im Chaos versinkt. Die Eliten Kubas nutzten diesen Effekt in der Folge zur Machtsicherung.123

Die drei Kriege im 19. Jahrhundert hatten Kuba wirtschaftlich an den Rand des Ruins getrieben. Dies hatte zur Folge, dass im Jahr 1920 zwei Drittel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche in die Hände amerikanischer Konzerne gelangt waren, denn die amerikanische Wirtschaft wuchs und expandierte. Unter anderem hatten die Bethlehem Iron Works , die Pennsylvania Steel Co. und die Carnegie Steel Co. ein Monopol auf die kubanische Erz-, Chrom- und Manganproduktion. Monopole bei den öffentlichen Versorgungsbetrieben und der Erdölförderung und -raffinierung kamen einige Jahre später hinzu.124 Die USA belegten zudem alle auf Kuba hergestellten Produkte mit hohen Zöllen. Infolge dessen stieg die Abhängigkeit Kubas von den USA.

Ohne die Unterstützung der USA konnte kein Kubaner Staatspräsident werden, denn eine zu den USA oppositionelle Politik hätte sofort die Intervention mit Berufung auf das Platt-Amendment nach sich gezogen. Deshalb waren die Präsidenten Kubas in der Folge Machthaber im Sinne der USA und der auf Kuba angesiedelten (amerikanischen) Firmen.125

Kuba wurde als Staat schnell zu einem der reichsten unter den Entwicklungsländern. Allerdings kam dieser Reichtum nicht im Großteil der Bevölkerung an, sondern blieb bei den Angehörigen einer kleinen, aber reichen Führungsschicht. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die Wahl Geraldo Machados zum Präsidenten im Jahr 1925, der innenpolitisch mit eiserner Hand regierte und außenpolitisch die Anbindung an die USA verstärkte. Auch war er eng mit den amerikanischen Banken auf Kuba verbunden, bis er 1933 von Studenten, Intellektuellen und Arbeitern gestürzt wurde.

Unter der Führung des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt setzte eine erste Phase der Entspannung ein; begünstigt durch Roosevelts Politik der „guten Nach- barschaft“, in deren Folge auch das Platt-Amendment aufgehoben wurde.126 Allerdings folgte für Kuba die 25 Jahre dauernde Dominanz Fulgencio Batistas als Mann hinter der Bühne, Präsident und schließlich Diktator. Im Jahr 1940 wurde er Präsident Kubas, nachdem er die vorherigen Staatsoberhäupter unterstützt hatte. Dann stürzte er sie: Mit dem Staatsstreich vom 10. März 1952 installierte Batista das Regime, das erst 1959 durch Fidel Castro beseitigt wurde.127

1.2. Der „Sieg der Revolution“: Kubas neue Rolle

Die Diktatur Batistas und dessen Unterstützung durch die Hegemonialmacht USA er- regten innerhalb der kubanischen Bevölkerung Widerwillen. Fidel Castro gelang es, nach einem gescheiterten Angriff auf die Moncada-Kaserne, Batista zur Flucht zu zwin- gen. Mit dem „Sieg der Revolution“ am 1. Januar 1959 begann für Kuba eine neue „ra, das Ende der neokolonialen Republik.128 Das kubanische Volk stand ob des erfolgrei- chen Kampfes gegen Batista hinter Castro und dem Movimento 26 de Julio ( M-26-7, s.u.). Castro wurde Oberkommandierender der bewaffneten Kräfte, Chef der „Bewe- gung“ und im Februar 1959 auch Premierminister; Guevara, zuständig für Sicherheits- fragen, und Camilo Cienfuegos als Armeechef standen ihm zusammen mit seinem Bru- der Raul zur Seite. Nach der Ernennung Manuel Urrutias zum vorläufigen Präsidenten und Fidel Castros zum Ministerpräsidenten am 13. Januar 1959 wurde das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche System stetig umgebaut. Bereits im März trat die Reforma Urbana in Kraft.129 Die Agrarreform zog bereits eine erste Protestnote der U- SA nach sich, in dessen Folge ein Handelsembargo aufgebaut und in den Folgejahren immer weiter ausgeweitet wurde.

Auf politischer Ebene wurde die kommunale Eigenständigkeit aufgelöst; außer dem M- 26-7, der Directorio Estudiantil und der Partido Socialista Popular wurden alle Partei- en verboten.130 Rund 550 Anhänger Batistas wurden in den ersten Monaten erschossen, hier ergab sich bereits der erste internationale Protest gegen das Vorgehen Castros.131 Im Land setzte eine Alphabetisierungskampagne ein, die dazu führte, dass Kuba im Laufe der Jahre das höchste Bildungsniveau in Lateinamerika vorzuweisen hatte.

Weitere Folgen der Revolution waren auf der einen Seite eine stetige Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und des Bildungswesens132, auf der anderen Seite eine wirtschaftliche Diversifizierung. Die große Abhängigkeit Kubas vom Verkauf des verarbeiteten Zuckers auf den Weltmärkten (er generierte im Jahr 1975 noch 80% der Exporterlöse133 ) sollte mit der Verstaatlichung der Erdölraffinerien, die zuvor in amerikanischer Hand gewesen waren, gebrochen werden.134

Am 6. Juli 1960 wurde das kubanische Nationalisierungsgesetz 851 verkündet.135 Die- ses ermächtigte die Regierung, Güter und Unternehmen zu enteignen und zu verstaatli- chen, wenn dies zur Verteidigung des nationalen Interesses notwendig erschien. Das Gesetz verstand sich als Maßnahme zur „Verteidigung der nationalen Souveränität und der freien wirtschaftlichen Entwicklung Kubas“, also als Schutz gegen die Senkung der Zuckerquote durch die USA, die die fundamentalen Interessen der kubanischen Wirtschaft bedrohten. Die Reformen führten zu einem weiteren (eskalierenden) Konflikt mit den USA, da vor allem US-Firmen und US-Grundstücksbesitzer von den Verstaatlichungen betroffen waren.

Ab 1960 begann Kuba damit, die Revolution „exportieren“ zu wollen (etwa nach Algerien und Lateinamerika, vor allem Bolivien), gleichzeitig wurde aber auch ein ziviles Programm aufgelegt, das kubanische „rzte, Techniker oder Sportler in die (vor allem Dritte) Welt entsandte. 1966 sollte die Erste Trikontinentale Konferenz die Befreiungsbewegungen in Asien, Afrika und Lateinamerika bündeln und unterstützen; Kuba war maßgeblich an der Durchführung beteiligt.

1.3. Kommunistische Machtübernahme oder nationale Befreiung?

In der Literatur wird heftig darum gestritten, ob die Revolution bereits in den Anfängen eine kommunistische oder nationalistische war.136 Zu Recht wird darauf verwiesen, dass ein öffentlich geäußertes Vorbild Fidel Castros der Vorkämpfer der kubanischen Unabhängigkeit Jose Marti war.137 Dies lässt bereits darauf schließen, dass nicht primär kommunistische, sondern nationale Interessen eine Rolle spielten.138

Castro stand im Jahr 1959 vor der Wahl: Sollte er, wie versprochen, die Verfassung von 1940 wieder einsetzen und so schnell wie möglich freie Wahlen abhalten? Dies hätte den nicht direkt am Umsturz Batistas beteiligten alteingesessenen Parteien zugespielt, denn der M-26-7 hatte keine funktionierende und eingespielte Organisation vorzuweisen. Oder sollte er „unter Ausnutzung des revolutionären Elans […] eine tiefgreifende Umgestaltung der sozio-ökonomischen Verhältnisse“139 wagen? Castro wählte den zweiten Weg, zumal auch die Stimmung in der Bevölkerung sein Vorhaben zu unterstüt- zen schien.

Die Ziele der Revolution Castros bedeuteten, dass Kuba sich von seiner Bindung zu den USA lösen musste. Auf dem Willen, einen völlig neuen, authentischen kubanischen Staat zu schaffen, lag das Hauptaugenmerk der Revolution. Sie musste aber demnach, um ihre Ziele zu verwirklichen, die traditionellen Mittel, Methoden und Institutionen auf Kuba von amerikanischem Einfluss befreien. Dies konnte als Abwendung von der Demokratie und vom Westen gedeutet werden.

Hinzu kommt, dass Castro mehrmals an die Amerikaner herangetreten war und auf der Wirtschaftskonferenz der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) im Mai 1959 in einer sachlich und der USA nicht unfreundlich gesinnten Analyse darlegte, dass alle südamerikanischen Staaten längerfristige Anleihen bräuchten, um strukturelle Reformen mit einem Minimum an Unruhen, Gewalt und Zerstörung zu erreichen, um diese auf das Niveau des 20. Jh. zu heben. Allerdings sagten die USA keine Hilfe in der von Castro beabsichtigten Höhe zu.

Interessant in diesem Zusammenhang: Sogar die Sowjetunion sprach bis April 1962 von den „Volksdemokratien und Kuba“; Kuba also als Sonderfall, das immerhin den Weg zum Sozialismus eingeschlagen hat. Castros Erklärung vom 16. April 1961, die kubanische Revolution sei sozialistisch, war zudem nicht mit der Sowjetunion abgesprochen, Blum vermerkt dazu: „Castro hatte gegen die Etiquette [sic] verstoßen.“140

2. GALIONSFIGUR DER REVOLUTION: „MAXIMO LIDER“ FIDEL CASTRO

Zum Zeitpunkt des golpe , des Putsches von Batista, war Fidel Castro 24 Jahre alt.141 Als Sohn eines galicischen Vaters, der durch Geschäfte mit der United Fruit Company Großgrundbesitzer geworden war, wuchs er in in einem gewissen Wohlstand auf. Allerdings ist von Seiten Castros um seine genaue Herkunft stets ein Geheimnis gemacht worden. Zeuske weist darauf hin, dass dies wohl an der Tatsache liegt, dass Castro außerehelich geboren worden war.

Castro durchlief mit dem Besuch einer Jesuitenschule und einer Rechtsfakultät in Ha- vanna die Ausbildung der Oberschicht Kubas. Allerdings wandte er sich spätestens nach einem Besuch in verschiedenen Ländern Lateinamerikas 1948 vom Vater ab und der Denkrichtung des Rigorismus zu. Seine Politikerpläne in der Orthodoxen Partei wurden durch den Putsch Batistas durchkreuzt, weshalb er im Umfeld der orthodoxos eine Anti- Batista-Gruppe gründete. Von dieser aus klagte Castro, sich selbst als Erben Martis und als Aktivist für das kubanische Volk sehend, Batista öffentlich an. Die folgenden Jahre waren gestützt auf die Tradition des bewaffneten, außerinstitutionellen Kampfes im Sinne eines Antonio Maceo.

Eine, wenn nicht sogar die am meisten gestellte Frage über Castro: War er bereits zu diesem Zeitpunkt Marxist, gar Kommunist? Zeuske findet eine eindeutige Antwort: „Er war zu dieser Zeit weder Kommunist noch Marxist, lehnte aber den geifernden Anti- kommunismus der McCarthy-„ra ab und kannte marxistische Schriften.“142 Der Über- fall auf die Moncada-Kaserne, das zweitwichtigste militärische Zentrum des Landes, am

26. Juli 1953 (bekannt als Movimento 26 de Julio, M-26-7) sollte eine Revolution in den anliegenden Gemeinden auslösen, misslang jedoch. Allerdings wurde der Bevölkerung nach der Meinung Zeuskes die Brutalität des Batista-Regimes vor Augen geführt, als dessen Folge passive Unterstützung in aktiven Widerstand umschlug.143

[...]


1 In dieser Analyse untersucht am Beispiel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und dem Neuen Deutschland (ND). Zur Begründung der Auswahl siehe Kapitel D.1.

2 Vgl.: Strucken, Soderlund.

3 Medien werden in dieser Arbeit als Massenmedien (gegenüber dem Medium zur Individual- kommunikation) verstanden, die Informationen transportieren. Die Tageszeitung, die im Folgenden untersucht wird, ist hierbei als das älteste der Massenmedien anzusehen. Massenmedien weisen vier Charakteristika auf: Periodizität, Universalität, Publizität und Aktualität.

4 Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden in dieser Arbeit der Prägnanz wegen unter den Abkürzungen BRD und DDR erwähnt.

5 Interessanterweise ist aber Literatur zum Thema „Fidel Castro und sein Einsatz der Medien“ erschienen. Etwa: Ratliff, William E.: The Selling of Fidel Castro: The Media and the Cuban Revolution, 1987. Alle genannten Publikationen finden sich auch im Literaturverzeichnis.

6 Breuer, Einleitung.

7 Das „Institut für Iberoamerika-Kunde“ heisst allerdings seit Anfang 2007 „Institut für Lateinamerika-Studien“.

8 Weitere, an dieser Stelle nicht genannte Literatur und Aufsätze finden sich im Literaturver- zeichnis. Einen sehr guten Überblick bietet auch die seit 2003 jährlich erscheinende Literatur- schau „Recent Work in Cuban Studies“ der Universität von Pittsburgh: http://muse.jhu.edu/journals/cuban_studies/ (Stand: 21. Oktober 2007).

9 Etwa: von Nussbaum, Heinrich (Hrsg.): Materialien zur Revolution in Reden, Aufsätzen, Briefen von Fidel Castro, Che Guevara, Régis Debray 1968. Oder auch: Larson, David L.: The „Cuban Crisis“ of 1962. Selected Documents and Chronology, 1963.

10 Eine neue (neben vielen weiteren) Autobiographie Castros: Castro, Fidel; Ramonet, Ignacio: Fidel Castro. My Life, 2007. Oder aus der Sicht eines ehemaligen Diplomaten in Havanna: Bonsal, Philip W.: Cuba, Castro and the United States, 1971. Ebenfalls sind zur Kubakrise die Erinnerungen Robert Kennedys erschienen: Kennedy, Robert F.: Thirteen Days - A memoir of the Cuban missile crisis, Norton 1969.

11 Goldenberg, Boris: Lateinamerika und die Kubanische Revolution, 1963.

12 Bourne, Peter G.: Fidel Castro. „Maximo Lider“ der kubanischen Revolution, 1988. Skierka, Volker: Fidel Castro. Eine Biographie, 2004. Zur Auseinandersetzung mit seinen Reden siehe etwa: Liss, Sheldon B.: Fidel!: Castro s Political and Social Thought (Latin American Perspective Series), 1994.

13 Literatur zum Thema Kubakrise lässt sich aufgrund ihrer Fülle nicht zusammenfassen. Bei- spielhaft: Zum Thema CIA, das nach der Aktenöffnung im Jahr 2007 auch in den Medien einen großen Widerhall fand: Escalante, Fabian: CIA Targets Fidel: The Secret Assassination Report, 1996. Bereits neun Jahre nach dem „Sieg der Revolution“ verfasst: Krakau, Knud: Die kubani- sche Revolution und die Monroe-Doktrin, 1968. Vor allem in diesem Bereich sind viele Bücher erschienen, die bereits im Titel eine eindeutige Wertung erkennen lassen. Etwa: Kurland, Ge- rald: Fidel Castro: Communist Dictator of Cuba, 1972. Oder: Geyer, Georgie Anne: Guerilla
Prince: The Untold Story of Fidel Castro, 1993. Hinzu kommen einige Bücher seiner Tochter:
Fernandez, Alina: Mein Leben als Fidel Castros Tochter, 1999. Oder seiner ehemaligen Geliebten: Lorenz, Marita: Lieber Fidel. Mein Leben, meine Liebe, mein Verrat, 2002.

14 Etwa zum Angriff auf die Moncada-Kaserne: de la Cova, Antonio Rafael: The Moncada At- tack: Birth of the Cuban Revolution, 2007. Zu nennen sind außerdem die Auswirkungen auf Ku- ba, die durch das Ende des Kalten Krieges seine Position in der Welt verändert haben. Zum Beispiel: Bray, Donald W.; Woodford Bray, Marjorie: The Cuban Revolution and World Change, 2002. Mit allgemeinen Themen zu Kuba/Lateinamerika beschäftigen sich ebenfalls die beispiel- haft ausgewählten und in englischer Sprache erscheinenden Zeitschriften „Latin American Per- spectives“: http://lap.sagepub.com/ (Stand: 20. Oktober 2007) und „Cuban Studies“: http://muse.jhu.edu/journals/cuban_studies/ (Stand: 20. Oktober 2007). Hinzu kommt die Zeit- schrift „Diplomatic History“, die aus US-amerikanischer Sicht Analysen und Rezensionen zum Dualismus der USA und Kubas bietet, vor allem zur Kubakrise: http://www.blackwellpublishing.com/journal.asp?ref=0145-2096&site=1 (Stand: 3. November 2007).

15 Zum Beispiel: Lévesque, Jaques: The USSR and the Cuban Revolution. Soviet Ideological and Strategical Perspectives, 1959-77, New York, 1978. Eine weitere Wirkung ist in der Ausreisewelle Oppositioneller zu sehen, die meist in den USA leben. Beispielhaft sei genannt: Montaner, Carlos Alberto: Fidel Castro and the Cuban Revolution. Age, Position, Character, Destiny, Personality, and Ambition, 1989.

16 Latell, Brian: After Fidel. Raul Castro and the Future of Cuba s Revolution, 2007.

17 Zitiert nach: Dernbach, S. 98. Alle Zitate dieser Arbeit wurden in der jeweils gültigen Rechtschreibung übernommen und nicht der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.

18 „Aviso“ und „Relation“ (auch bekannt unter den Namen „Avison“ und „Straßburger Relation“ ) werden in der Forschung übereinstimmend als die ersten kontinuierlich erscheinenden Zeitungen angesehen. Vgl.: Hans-Bredow-Institut, S. 399 ff.

19 Quelle: www.medientenor.de (Stand: 27. Juli 2007).

20 Früh, S. 25.

21 Siehe hierzu: Hans-Bredow-Institut, S. 153 ff.

22 Aktuell aus dem Jahr 2007 zum Deutschlandbild in der polnischen Wochenschau: Etmanski.

23 So zum Beispiel Blome zum deutschen Rußlandbild.

24 Sprachwissenschaftlich wie bei Becker: Die Wirtschaft in der deutschsprachigen Presse. O- der bei Marten-Finnis. Besonders Marten-Finnis konnte herausarbeiten, welche Rolle die Zeitungssprache in der DDR spielte. Sie macht für den Untersuchungszeitraum dieser Arbeit bis 1962 eine immer stärker werdende Ideologisierung der Sprache fest, die in den Folgejahren in „Rückzugsgefechten“ wieder aufgegeben wurde.

25 Überblicksdarstellungen zu Massenmedien in der DDR finden sich etwa bei Holzweißig. Zur BRD-Mediengeschichte siehe: Schrag.

26 Auf eine Definition von Massenmedien und Kommunikation soll an dieser Stelle verzichtet werden, da eine tief greifende Einarbeitung in dieses Gebiet nicht nötig erscheint. Für einen Überblick siehe: Luhman, Niklas: Die Realität der Massenmedien, Opladen. Zur Kommunikation siehe: Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden, Teil I bis III. Oder auch Becker, S. 49 f.

27 Dernbach, S. 26.

28 Zu den weiteren Funktionen nach Burkart siehe etwa: Dernbach, S. 14 f. Zum Begriff AgendaSetting siehe: Hans-Bredow-Institut, S. 19 ff.

29 Cohen, Bernard C.: The Press and Foreign Policy. Zitiert nach: Schwertberger, S. 3.

30 Nach: Maurer/Reinemann, S. 22.

31 Zu den verschiedenen Bedingungen von Medienwirkung und unterschiedlichen Ansätzen zu ihrer Erforschung (z. B. Schweigespirale) siehe: Holtz-Bacha, Christina; Zeh, Reimar, S. 41 f.

32 Daneben existieren viele weitere Versuche, Nachrichtenfaktoren in Gruppen zu fassen. Etwa die Einteilung in zwölf verschiedene von Galtung/Ruge aus dem Jahr 1965.

33 Zurückzuführen ist die Theorie des Gatekeepers auf den Sozialpsychologen Kurt Lewin, der die Einkaufsgewohnheiten von Hausfrauen in Kriegszeiten untersuchte; David Manning White erweiterte diese Forschung in den fünfziger Jahren auf Redakteure.

34 Etwa durch Gertrude J. Robinson, die der Theorie mangelnde Komplexität vorwarf. Seit der immer größer werdenden Verbreitung des Internet haben sich zu diesem Modell noch weitere Konkurrenzmodelle wie des Archivars, des Lotsen und des Moderators hinzugesellt (für einen Überblick hierzu: Stegers, Fiete: Ausbildung für den Online-Journalismus, Diplomarbeit, http://diplom.de/db/diplomarbeiten5225.html, Stand: 21. Oktober 2007).

35 Zu weiteren Modellen wie der Individual-, Institutionen-, Mediensystem und Gesellschaftsebene siehe: Maurer/Reinemann, S. 17 ff.

36 Zu weiteren Einflussfaktoren siehe: Schwertberger, S. 48 ff.

37 Die genaueren Umstände werden in Kapitel B.2.1 dargestellt.

38 Siehe die Anschläge auf das World Trade Center im Jahre 2001 oder aber die Immobilienkrise in den USA im Jahr 2007, die internationale Auswirkungen hatte. Allerdings trifft dieser Befund bereits auf die Berichte im Untersuchungszeitraum (1959 bis 1962) zu; vor allem auf die Berichte zur Kubakrise, die weltweite Auswirkungen hatte.

39 Zitiert nach: Schwertberger, S. 7.

40 Maurer/Reinemann, S. 145.

41 Ebd., S. 144 f.

42 Im Einzelnen sind dies: Häufigkeit/Wiederkehr, Ausmaß, Eindeutigkeit, Bedeutsamkeit, Erwartungstreue, Unerwartetheit, Kontinuität, Zusammensetzung, Elitenationen, Elitepersonen, Personalisierung und Negativität. Die letzten vier sind als Einflussfaktoren für die Berichterstattung in der westlichen Welt zu sehen. Zitiert nach: Schwertberger, S. 23 f.

43 Hinzu kommt der Umstand, dass die Berichterstattung über Lateinamerika auf Länder wie Nicaragua, Mexiko und Chile konzentriert ist. Vgl.: Von Roemeling-Kruthaupt, S. 139.

44 Im Fernsehen dagegen nur zwei Prozent. Die meisten Berichte in Zeitungen behandeln ent- weder Deutschland oder die Europäische Union (45 Prozent). Nimmt man die übrigen europäi- schen Länder und die USA als westliche Welt hinzu, macht die Berichterstattung mehr als zwei Drittel der Artikel aus. Vgl. hierzu die Tabelle in Hans-Bredow-Institut, S. 40. Oder die Grafik in: Maurer/Reinemann, S. 149.

45 Zwar weist Pöttker auch auf Unterschiede zwischen west- und ostdeutschen Zeitungen hin (westdeutsche bringen demnach mehr Auslandsthemen auf der Titelseite), dies ist an dieser Stelle allerdings zu vernachlässigen. Siehe dazu: Pöttker, S. 237 f.

46 Zitiert nach: von Roemeling-Kruthaupt, S. 11.

47 Diese Ansicht vertritt zum Beispiel auch die FAZ in ihrer Eigenpublikation „Alles über die Zeitung“ aus dem Jahr 1988, S. 24: Man erwarte, dass der Auslandskorrespondent „die Bedeutung und Tragweite eines Ereignisses so schnell wie möglich mitteilt und es umgehend in einen größeren Zusammenhang stellt“.

48 Von Roemeling-Kruthaupt, S. 15 f. Sie fand in ihrer Untersuchung der Berichterstattung über Lateinamerika heraus, dass zum Beispiel in der FAZ der Anteil der referierenden Texte wie Berichte und Meldungen mit 78 Prozent „erstaunlich hoch“ liegt. Vgl.: a.a.O., S. 160.

49 Zitiert nach: Früh, S. 17. Die Untersuchungen zu Völkerbildern bildeten hierbei einen Schwerpunkt. Zuerst waren sie gestützt auf Reiseliteratur, später auf die Medienanalyse. Vgl.: Blome, S. 13 f.

50 Pöttker, S. 235.

51 Mast, S. 85.

52 Zitiert nach: Holzweißig, S. 19.

53 Mast, S. 220.

54 Quelle: Bundesverband der Zeitungsverleger: http://www.bdzv.de/broschuere.html (Stand: 21. Oktober 2007). Die Zahlen stammen zwar aus dem Jahr 1989, lassen sich aber in ihrer unge- fähren Relation zueinander auf den Pressemarkt im Untersuchungszeitraum übertragen.

55 Als Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den DDR-Medien wird in der Literatur übereinstimmend die Arbeit Elisabeth Löckenhoffs, „Die Presse in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands“, aus dem Jahr 1957 angeführt, etwa bei Scharf, S. 37. Daneben existieren die frühen Veröffentlichungen der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ebd.

56 Eine genaue Übersicht über die Bezirkszeitungen in der DDR liefert Harbers, S. 341 ff.

57 Diese These lässt sich auch auf die weiteren Teile des Mediensystems der DDR übertragen: Das Fernsehen der DDR war nur in einem kleinen engen Grenzteil der Bundesrepublik zu emp- fangen. Das Radio war zwar hörbar, wurde aber aufgrund des Sprachstils und der Themenaus- wahl (damit verbunden auch die Argumentation) wenig gehört. Vgl. hierzu: Friedrich-Ebert-Stif- tung, S. 5 f. Im Folgenden soll sich die Darstellung aber auf das Pressewesen, genauer den Tageszeitungsmarkt, beschränken, um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen. An gege- bener Stelle werden aber wichtige Besonderheiten der anderen Mediensysteme Erwähnung finden.

58 Bis auf die „schwarzen Flecken“ um Greifswald und Dresden, wo kein West-TV-Empfang möglich war.

59 Nach Scheel sind diese Begriffe durch Operativität, Aktualität, Information, Objektivität und Parteilichkeit zu erweitern. Scheel, S. 16 ff. Darauf soll, auch im Hinblick auf die von Scheel genannte unvollständige Liste der Begriffe, verzichtet werden.

60 Zitiert nach: Holzweißig (1989), S. 11.

61 Zitiert nach: Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 8. Diese Aussage Lenins findet sich nach Scheel das erste Mal in seiner Schrift „Womit beginnen?“. Die Presse hatte demnach dieselben Aufgaben wie die Partei, allerdings war sie ihr in ihrer Rolle und Weisungsbefugnis untergeordnet. Scheel: S. 15.

62 Zur Frage, ob diese Pressedefinition marxistisch-leninistisch oder nur als leninistisch zu bezeichnen ist, siehe: Ebd., S. 9 ff.

63 Zitiert nach: Ebd., S. 10 f. An diese Rolle wurden Journalisten immer wieder ermahnt, etwa mit einem Brief 1984, Originaltext bei: Judt, S. 354 f.

64 Als Beispiel sei hier der Aufruf der Freien Deutschen Jugend im August 1961 in ihrer Zeitung genannt, der den Empfang des Westfunks unter dem Begriff „Blitz kontra Nato-Sender“ unter- binden wollte. Zu finden etwa bei: Judt, S. 308 f. Abdruck des Originalartikels auf S. 350 f.

65 Zu den Begriffsdefinitionen siehe auch: Mast, S. 86. Sie hebt auch auf die Begriffe „Volksverbundenheit“, „Wissenschaftlichkeit“ und „Parteilichkeit“ ab.

66 Holzweißig, S. 10.

67 Zitiert nach: Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 12. Eine Gegenüberstellung des Artikels 27 in der DDR-Verfassung mit Artikel 5 des Grundgesetzes findet sich bei Dernbach, S. 54 ff.

68 Holzweißig, S. 12.

69 Etwa im Fall Robert Havemanns, siehe dazu: Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 14.

70 Mast, S. 86.

71 Einschränkend ist hier allerdings anzumerken, dass bei kirchlichen Zeitungen und Veröffentli- chungen oppositioneller (kirchlicher) Gruppen sehr wohl Vorzensur besonders in den achtziger Jahren ausgeübt wurde, indem die Druckvorlagen kontrolliert wurden. Vgl.: Holzweißig, S. 219.

72 Vgl. hierzu die beiden Bücher Holzweißigs: „Zensur ohne Zensor“ und „Die schärfste Waffe der Partei“.

73 Außerdem hatte die Smad Beteiligungen an Verlagen und unterhielt das „Sowjetische Nachrichtenbüro“. Vgl.: Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 16.

74 Interessanterweise wurde die Vorzensur im Nachhinein der in der DDR folgenden „Zensur

ohne Zensor“ vorgezogen, weil Diskussionen möglich gewesen seien, so zum Beispiel 1975 der zu diesem Zeitpunkt stellvertretende Chefredakteur des „Neuen Deutschland“, Günter Kertzscher. Siehe: Holzweißig, S. 9.

75 Holzweißig (1997), S. 219 f.

76 So erschien zum Beispiel die „Leipziger Volkszeitung“ der SED mit zwölf verschiedenen Ausgaben, vergleiche dazu: Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 17. Unter anderem hier findet sich auch eine Auflistung der acht Zentralorgane der DDR.

77 Harbers zeigt etwa auf, dass die SED durch die lokalen Zeitungen direkteren Zugriff auf die Bevölkerung zu haben glaubte. Harbers, S. 14 f.

78 Vgl.: Holzweißig (1989), S. 73.

79 Schneider spricht an dieser Stelle von 90 Prozent der gedruckten Auflage, was bei der genauen Analyse der Zahlen einen Unterschied ausmachen kann. Allerdings ist die Stellung der SED-Zeitungen unstrittig. Vgl.: Schneider, S. 71.

80 Ebd.

81 Holzweißig (1989), S. 21.

82 Die Abteilung erhielt im Laufe der Jahre unterschiedliche Namen. Leiter waren Albert Norden (1955-67), Werner Lamberz (1967-78) und Joachim Herrmann (1978-89). Eine genaue Darstellung der Aufgaben der Abteilung bietet: Holzweißig (1997), S. 17 ff.

83 Besonders beim Mittel der Presseanweisung untersucht die Forschung, inwieweit Parallelen zu den Presseanweisungen im Dritten Reich durch die Reichspressekonferenz zu finden sind. Neben den Inhalten und Anweisungen selbst sind vor allem die Auswirkungen dieser Art der Medienlenkung interessant. So finden sich sowohl in der Presse des Dritten Reiches wie auch in der DDR-Presse Eintönigkeit und Wiederholungen. Unterschiede lagen aber vor allem in der Anzahl der zu kontrollierenden Redaktionen und Zeitungen und daraus resultierend in der Wir- kung der Kontrolle. Vgl. hierzu die Diskussion in: Harbers, S. 298 und: Holzweißig (1992), S. 367.

84 Dem „Presseamt beim Vorsitzenden des Ministerrates“ unterstellt. Zur Organisation siehe auch: Otto, S. 18 f. Einen Überblick über die Arbeitsweise des ADN, seine Ziele und die Stufen der „Informationskette“ gibt: Olivier, S. 244-255.

85 Zitiert nach: Holzweißig (1989), S. 19. Auch in: Olivier, S. 245.

86 Ebd., S. 14.

87 Der Erfolg dessen zeigt sich unter anderem auch in den Themen der Abschlussarbeiten: etwa „Journalismus und politische Leitung der sozialistischen Gesellschaft“, weitere Beispiele bei: Mast, S. 87.

88 Zu den Studieninhalten siehe: Holzweißig (1989), S. 34 ff.

89 Etwa bei den Aufständen in Ungarn 1956 oder Polen. Vgl.: Ebd., S. 9.

90 Vgl.: Ebd., S. 18.

91 „Meyers Neues Lexikon“ aus dem Jahr 1973. Zitiert nach: Greffrath, S. 193. Zur Darstellung der sozialistischen Auffassung von Journalistik als Wissenschaft siehe auch: Marten-Finnis, S. 13 f.

92 Mast, S. 87.

93 Die Satzung ist unter anderem zu finden bei Holzweißig (1989), S. 132-142.

94 Mast, S. 88.

95 Zur genauen Charakterisierung ihrer Arbeit siehe: Marten-Finnis, S. 58 bis S. 62.

96 Vgl. hierzu: Dernbach, S. 56.

97 Ebd.

98 Vowe, Gerhard: Massenmedien, in: Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesre- publik. Quelle: http://www.bpb.de/wissen/00829178508474929638007854602121,0,Massenme dien.html (Stand: 26. September 2007).

99 „Die Alliierten“ ist eine grobe, aber in diesem Zusammenhang zu akzeptierende Vereinheitli- chung. Tatsächlich herrschten zwischen der Lizenzpolitik der Engländer auf der einen und der Franzosen und der US-Amerikaner auf der anderen Seite Unterschiede. Vgl.: Noelle-Neumann; Schulz, S. 220 f.

100 Allerdings konnten nach 1949 viele „Altverleger“ aus der Zeit des Dritten Reiches neue Zeitungen herausbringen. Vgl.: Schrag, S. 117.

101 Während im Jahr 1954 225 Publizistische Einheiten existierten sank ihre Anzahl über 70 (1967) auf schließlich 136 (2001, inklusive neuer Länder).

102 Seifert geht vor allem auf den politischen Einfluss im Rundfunkrat ein und zeigt die Konse- quenzen auf. Seifert, S. 129 ff. Vor allem: S. 138 (Entscheidungsfindung im Rundfunkrat).

103 Zum Unterschied siehe etwa: Kunczik, Michael: PR - Konzepte und Theorien, Köln.

104 Zitiert nach: Greffrath, S. 193.

105 In: Weichert, Stephan; Zabel, Christian, S. 10.

106 Noelle-Neumann; Schulz, S. 63.

107 Schubert, Klaus; Klein, Martina: Das Politiklexikon, Bonn. Der Begriff ist wesentlich durch die Französische Revolution geprägt, die erstmals einen subjektiven Einfluss jedes Einzelnen auf seine Umwelt sah.

108 Zeuske, S. 91.

109 Ebd.

110 Vgl.: Dolgoff, S. 38 f.

111 Die kubanische Definition lässt sich auf die übrigen lateinamerikanischen Staaten ausweiten: „Die lateinamerikanische Tradition des Militärputsches, des Caudillismo “, weise „einen spezifischen Charakter“ im Gegensatz zum europäischen auf. Dazu: Dolgoff, S. 40 f.

112 Auch wenn die Forschung ein Ende der kubanischen Revolution für die siebziger Jahre mit dem Beginn der Institutionalisierung Kubas ansetzt, vor allem Marifeli Pérez-Stable. Vgl. hierzu Zeuske: S. 92. Allerdings wurden bereits in den sechziger Jahren zum Beispiel die Föderation kubanischer Frauen FMC, das Komitee zur Verteidigung der Revolution CDR, der Verband jun- ger Kubaner UJC, der Kubanische Schriftsteller- und Künstlerverband UNEAC, die Nationale Assoziation landwirtschaftlicher Kleinbetriebe ANAP oder die Assoziation der revolutionären Jugend AJR geschaffen.

113 Zitiert nach: Bourne, S. 15.

114 Ebd.

115 Bourne, S. 20.

116 So siedelte etwa der nach Kuba gesandte Gouverneur, Valerio Wyler, die Landbevölkerung in die Städte um, um die Unterstützung der kämpfenden Bevölkerungsteile zu unterbinden. E- benso gab er den Befehl zu Massenerschießungen, siehe: Ebd., S. 21 f.

117 Zitiert nach: Bourne, S. 23.

118 Zitiert nach: Ebd., S. 29.

119 Zeuske, S. 21.

120 Ebd., S. 28.

121 Ebd., S. 36.

122 Weitere Landungen der Amerikaner auf Kuba war die Niederschlagung ehemaliger Sklaven 1912 und die Sicherstellung der Zuckerlieferungen 1917. Vgl.: Ebd., S. 31.

123 Zeuske: S. 33. Hier findet sich auch die genaue Darstellung der Vorgänge in Kuba in den Jahren 1902 bis 1958, die an dieser Stelle ausgelassen werden soll.

124 Vgl.: Ebd., S. 24.

125 Bourne beschreibt diesen Umstand als „korrupte Symbiose“: Die Präsidenten sorgten seiner Meinung nach für die wichtigen Zuckerlieferungen und deckten die Korruption. Die USA und die Firmen ließen die Präsidenten im Gegenzug zu wohlhabenden Personen werden.

126 Vgl. Zeuske, S. 11.

127 Für eine genaue Darstellung der „ra Batista siehe Ebd., S. 57 bis 74.

128 Nach der Einteilung Zeuskes von 1902 bis 1958. Ebd., S. 11.

129 Ziele waren die Unterbindung von Bodenspekulationen und die Senkung der Mieten um 50 Prozent.

130 Zur Rolle der Kommunistischen Partei Kubas siehe: Blum, S. 1 ff.

131 Dieser Protest drückt sich auch in der Berichterstattung der FAZ aus, siehe Kapitel E.2.2.

132 Das Institut für Iberoamerika-Kunde nennt das Bildungswesen „für lateinamerikanische Verhältnisse vorbildlich“ und hält das Gesundheitswesen für „erheblich verbessert“. Institut für Iberoamerika-Kunde, S. 7.

133 Ebd.

134 Zudem wurden eine weitere Industrialisierung vorangetrieben und die durch die Zuckermonokultur hervorgerufene, saisonal auftretende Massenarbeitslosigkeit eingedämmt.

135 Am gleichen Tag erklären die USA, die Zuckerquote zu senken. Begründet wurde dies mit einem zu erwartenden Rückgang der Zuckerernte, weil Kuba seine Landwirtschaft diversifiziere. Die Senkung war also offizielle keine Repressalie gegen Kuba.

136 Im Wesentlichen herrschen in diesem Punkt drei Richtungen vor: Castros Bewegung war von Anfang an kommunistischer Natur. Die USA haben kein Interesse an einer schnellen Ent- wicklung Kubas und treibt dieses demnach in die Hände der Sowjetunion. Und: Die kubanische Bewegung war eine nationalistische, die nicht von Moskaus vorgegeben wurde, sondern auf- grund ihres wirtschaftlich-sozial radikalen Charakters als linksorientiert interpretiert wurde.

137 Im Übrigen nicht nur Castros; Marti war ein Volksheld. Dies ist auch daran zu erkennen, dass sich zum Beispiel die „Deklaration von Havanna“ vom 2. September 1960, die die Allgemeine Nationalversammlung verabschiedete, mehrmals auf Marti und seine Schriften berief. Nachzulesen bei von Nussbaum, S. 156 ff.

138 Zur Diskussion siehe auch: Villegas, S. 52. Auch van der Plas sieht eine Wandlung von der green revolution zur socialist revolution in den Jahren 1959 bis 1962, vgl.: van der Plas, S. 9. Eine intensive Auseinandersetzung bietet auch: Goldenberg, S. 417 bis S. 434.

139 Blum, S. 197.

140 Ebd., S. 221.

141 Über das Alter Fidel Castros sind im Laufe der Jahre mehrere „Wahrheiten“ entstanden, Bourne gibt etwa den 13. August 1927 als Geburtstag an (Bourne, S. 44), Skierka den 13. August 1926 (Skierka, S. 16). Insgesamt existiert eine Spanne von zwei Jahren, in der Castro geboren sein soll. In dieser Arbeit sollen die offiziellen Zahlen des Staatsrates Kubas verwendet werden: 13. August 1926.

142 Zeuske, S. 76.

143 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 187 Seiten

Details

Titel
Fidel Castro und die Anfänge der kubanischen Revolution 1959-1962
Untertitel
Pressekommentare aus der Bundesrepublik und der DDR
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
187
Katalognummer
V208154
ISBN (eBook)
9783656355120
ISBN (Buch)
9783656355328
Dateigröße
1799 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fidel Castro, Kubanische Revolution, USA, Presse, Neues Deutschland, FAZ, Medieninhaltsanalyse
Arbeit zitieren
Dennis Schmidt (Autor:in), 2007, Fidel Castro und die Anfänge der kubanischen Revolution 1959-1962, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208154

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