Warum Demokratien die Austragung von Konflikten begünstigen, aber für eine friedliche Austragung sorgen


Hausarbeit, 2011

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Der Volkswille zählt unterschiedlich viel

Wie Konflikte entstehen

Gründe für die konflikthemmende und konfliktfördernde Wirkung von Demokratien

Politische Konflikte unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt

Fazit

Quellen

Einleitung

Am 25. Januar 2011 erreichte die Protestwelle in der arabischen Welt Ägypten. An diesem Tag, dem sogenannten „Tag des Zorns“, demonstrierten in Kairo zahlreiche Menschen gegen das seit 1981 bestehende Regime unter Präsident Muhammad Husni Murbarak. Die Massenproteste richteten sich vor allem gegen die dort vorherrschende Korruption und die seit 1982 bestehenden Notstandsgesetze, welche eine enorme Einschränkung in demokratische Grundrechte bedeuten. Medienberichten zu Folge ließen mehrere hundert Menschen im Kampf um Meinungsfreiheit, Bürgerrechte und freie Wahlen ihr Leben.

Hier zu Lande gibt es ebenso öffentliche Proteste. Demonstriert wird zum Beispiel gegen Atomkraftenergie, Studiengebühren, gegen den Umbau des Stuttgarter Bahnhofs und vieles mehr. Auch Streiks sind ein beliebtes Mittel, um auf Missstände aufmerksam zu machen und die Lage zu verbessern. Es kommt wesentlich häufiger zum Ausdruck politischer Konflikte, jedoch laufen diese weit weniger gewaltsam ab und deren Verlauf ist nicht mit solch heftigen Aufständen wie in Ägypten vergleichbar.

Dass es zu politischen Konflikten kommen kann, ist unabänderlich. Die Konfliktforschung beschäftigt sich deshalb nicht mehr nur ausschließlich mit der Entstehung von Konflikten, sondern vor allem mit den gewählten Mitteln und der Art und Weise der Konfliktaustragung.

„Der Zweck heiligt die Mittel“ – diese Auffassung wird besonders dem italienischen Herrscher Niccolo´ Machiavelli zugeschrieben, welcher seine Macht im beginnenden 16. Jahrhundert ohne Rücksicht auf Moral und Sittlichkeit verteidigte. Viel später vertrat auch Lenin im Kampf gegen die Bolschwiken diese Überzeugung, und auch heute scheint es in einigen Konflikten der Fall zu sein, dass diese Ansicht trotz fortschreitender Demokratisierung nach wie vor erhalten ist. Auffällig ist, dass das oben genannte Zitat vor allem in autoritären Staaten Bestand zu haben scheint.

Entscheidend für die Entstehung und den Verlauf von Konflikten ist das vorherrschende politische System. Während in totalitären Systemen bzw. nicht demokratisch regierten Staaten Konflikte eher unterdrückt werden, kommt es in Demokratien häufig zu deren Austragung, die dafür aber in der Regel wesentlich friedlicher verlaufen. Es lohnt sich also der Vergleich hinsichtlich des politischen Systems, wenn man politische Konflikte analysieren möchte.

Weshalb Demokratien zugleich eine konfliktfördernde und konflikthemmende Wirkung aufweisen, d.h. warum sie einerseits zur Entstehung von Konflikten beitragen, aber anderseits zu deren friedlicher Austragung verhelfen, soll im Folgenden geklärt werden. Dazu sollen zunächst die Besonderheiten von Demokratien erklärt werden, danach soll ein Abriss über die Entstehung von Konflikten erfolgen, und anschließend ausführlicher auf die Charakteristik von politischen Konflikten in Demokratien eingegangen werden.

Der Volkswille zählt unterschiedlich viel

Demokratien zeichnen sich dadurch aus, dass die Regierenden durch regelmäßig stattfindende und freie Wahlen eine Herrschaft auf Zeit übernehmen. Durch diese Rückbindung an den Wählerwillen ist die Volksherrschaft gewährleistet (Stykow, 2007, S.47). Während in einer repräsentativen Demokratie Vertreter gewählt werden, welche die Entscheidungsgewalt ausüben, sind in einer direkten Demokratie, wie es z.B. in der Schweiz der Fall ist, die Staatsbürger selbst politische Akteure.

Im Gegensatz dazu sind „Nicht-Demokratien“ bzw. totalitäre Systeme durch eine legitimitätsstiftende Ideologie gekennzeichnet sind. Außerdem unterscheiden sich autoritäre Systeme darin, dass die Macht in einer hierarchisch strukturierten, nicht abwählbaren Massenpartei monopolisiert ist, die Massenmedien der staatlichen Aufsicht unterliegen und die Wirtschaft zentral gelenkt wird (Schreyer/Schwarzmaier, 2005, S.56).

Zwischen beiden Formen politischer Systeme gibt es eine breite Grauzone. Das heißt, dass es zwischen der Realität und der Verfassung oft Differenzen gibt. So gilt zum Beispiel Ägypten offiziell als Demokratie; die in Kraft getretenen Notstandsgesetze schränken jedoch die Freiheit der Bürger erheblich ein und an der Unverfälschtheit der Wahlergebnisse wird gezweifelt. Von Bedeutung ist deshalb, ob eine Demokratie stabil ist, das heißt ob und inwieweit dem Volkswillen Rechnung getragen wird. Wichtig ist also die Legitimation der Regierung, also die Rechtfertigung des staatlichen Handelns. Dabei hängt das Maß der Legitimation davon ab, inwieweit es gelingt, alle Bevölkerungsschichten zu integrieren (Stykow, 2007, S. 49), d.h. einen Volkswillen dahingehend herzustellen, dass allen betroffenen Gruppen Beachtung geschenkt wird.

Repräsentative Demokratien lassen sich durch das Principal-Agent-Modell beschreiben. Das bedeutet, dass die Bürger gegenüber den durch Wahlen bevollmächtigten Politikern Auftraggeber sind (Stykow, 2007, S. 50). Diese erhalten das temporäre Mandat, um Entscheidungen auszuführen. Die Übertragung der Entscheidungsgewalt an kompetente Personen sichert einerseits die Effektivität des Regierens, andererseits bewirkt die Responsivität der Politiker gegenüber dem Volkswillen, dass die Regierung als Auftragnehmer angesehen werden kann. Werden politische Entscheidungen durch das Volk nicht mehr legitimiert, kommt es hier zur Ab- und anschließender Neuwahl von politischen Entscheidungsträgern. Wie später gezeigt wird, ist dies ein wesentlicher Punkt für die unterschiedliche Ausprägung politischer Konflikte.

Staaten und Demokratien weisen also hinsichtlich ihrer realen Volkssouveränität Unterschiede auf. Als Merkmale von liberalen Demokratien sind das Vorhandensein von Staatsbürgerrechten zu nennen sowie die politische Partizipation durch öffentliche Diskussion und Wahlen. Außerdem gibt es einen politischen Markt, auf dem Interessen und Beschlüsse nach dem Konkurrenzprinzip entstehen (Stykow zitiert nach Dahl, 2007, S.50). Auf Grundlage dieser besonderen Merkmale soll im Weiteren das Augenmerk auf die liberale Demokratie gelegt werden, so wie sie unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland vorhanden ist, da eben diese konfliktfördernd und –hemmend zugleich ist.

Wie Konflikte entstehen

Ein politischer Konflikt ist ein Spannungszustand, in dem verschiedene Interessen auf ein gemeinsames öffentliches Gut gerichtet sind (Pfetsch, 2004, S.2). Zu unterscheiden sind politische Konflikte dabei nach den gewählten Mitteln: zwischen Protesten bzw. Demonstrationen und inneren Kriegen gibt es eine breite Variation.

Für Georg Simmel ist der Konflikt eine „Form“. Damit ist gemeint, dass nicht der Inhalt für die Sozialwissenschaften von Bedeutung ist, sondern die Art und Weise des Streits. Innerhalb dieser Form vollziehen sich soziale Wechselwirkungen. Da der Mensch ein soziales Wesen ist, stellen diese Wechselwirkungen den „vergesellschaftenden Moment des Konfliktes dar“ (Stark, 2002, S.85), d.h. Konflikte an sich bringen keine Unordnung in die Gesellschaft, sondern stellen in diesem Augenblick eine spezifische Form der Vergesellschaftung dar. Deshalb haben sie nicht nur destruktive, sondern auch konstruktive Auswirkungen (Stark, 2002, S.85), wie zum Beispiel die Stärkung einer sozialen Gruppenzugehörigkeit. Soziale Differenzierung und die damit einhergehende Individualisierung - so wie sie in modernen Demokratien vorhanden sind - steigern deshalb die Wahrscheinlichkeit von Konflikten zwischen unterschiedlichen Individuen und Gruppen (Stark, 2002, S.89). Als Lösungsmöglichkeiten bietet Simmel dem modernen Menschen deshalb Konkurrenz und Kompromiss an. Ergebnis des Prozesses ist, dass es durch den Konflikt und der darin enthaltenen Dialektik zur Bildung oder Neuordnung sozialer Gruppen kommt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Warum Demokratien die Austragung von Konflikten begünstigen, aber für eine friedliche Austragung sorgen
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Soziologie)
Veranstaltung
Politische Konflikte
Note
2,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
14
Katalognummer
V207661
ISBN (eBook)
9783656349556
ISBN (Buch)
9783656850205
Dateigröße
514 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
warum, demokratien, austragung, konflikten
Arbeit zitieren
Andrea Beckert (Autor:in), 2011, Warum Demokratien die Austragung von Konflikten begünstigen, aber für eine friedliche Austragung sorgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207661

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Warum Demokratien die Austragung von Konflikten begünstigen, aber für eine friedliche Austragung sorgen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden