Meinungsführer im Internet

Auswertung einer Online-Befragung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

24 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Meinungsführer: Begriffserläuterung & Forschungsstand
2.2 Forschungsfragen und Hypothesen

3 Empirische Umsetzung
3.1 Grundgesamtheit und Stichprobe
3.2 Operationalisierung

4 Ergebnisse
4.1 Stichprobenbeschreibung
4.2 Soziodemografische Merkmale von Online- und Offline-Meinungsführern
4.3 Persönlichkeitsmerkmale von Offline- und Online- Meinungsführern

5 Zusammenfassung der Ergebnisse

6 Kritik & Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

1 Einleitung

Kaum ein Medium hat unser tägliches Leben so rasant und weitreichend verändert wie das Internet. Dabei hat es immer neue Formen und Möglichkeiten der Kommunikation und Interaktion mit sich gebracht. Mit einer täglichen Nutzung von 76 Prozent unter den deutschen Onlinern ist das Internet mit dem Fernsehen hinsichtlich der Reichweite fast gleichgezogen und somit längst Teil des Alltags geworden (vgl. Van Eimeren & Frees 2010). Die Weiterentwicklung vom Web 1.0 hin zum Web 2.0 scheint einen weiteren Höhepunkt zu markieren. Von einem „drastischen Wandel“ (Pleil 2007: 7) ist die Rede, von „tief greifenden Veränderungen gesellschaftlicher Kommunikation“ (Pleil 2007: 10). Laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2010 sind 34 Prozent der Deutschen in privaten Netzwerken oder Communities mit einem eigenen Profil vertreten, was einem Zuwachs von 28 Prozent innerhalb der letzten sieben Jahren entspricht.

Die Relevanz des Internets und damit auch der Web 2.0 Angebote scheint stetig zu steigen. Neben dem sozialen Leben, verlagert sich zusehends auch das politische Leben und die politische Diskussion ins Internet. Aktuelle Beispiele liefern die Mobilisierung per Facebook in Ägypten oder die Diskussionsforen zu Stuttgart 21, um nur einige zu nennen. Die Prozesse der politischen Meinungsbildung haben dadurch, gerade auch mit den Möglichkeiten des Web 2.0, eine ganz andere Struktur, Geschwindigkeit und Bedeutung erlangt.

Die Frage stellt sich daher, wer den Prozess der politischen Meinungsbildung im Internet bestimmt. Wer sind die Personen, die hier um Rat gefragt werden bzw. solchen erteilen und somit Meinungen prägen? Diese Fragen rücken das Konzept der Meinungsführer als Personen, die eben diese Prozesse beeinflussen, im Mittelpunkt dieser Arbeit. Während das ursprüngliche Konzept lange vor den Zeiten von Facebook. Twitter und co entwickelt wurde, soll im Rahmen dieser Arbeit die Gültigkeit bzw. Anwendbarkeit auf die Online-Welt untersucht werden. Im Fokus steht dabei vor allem der Vergleich der Meinungsführer im Offline- und Online-Bereich, wobei mögliche Unterschiede oder Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden sollen. Dabei soll nach einer kurzen Begriffserläuterung zunächst die aktuelle Forschungslage beschrieben werden. Nach der Darlegung der theoretischen Grundlagen, sollen die Hypothesen formuliert und anschließend im Methodenteil die Herangehensweise veranschaulicht werden. Im nachfolgenden Teil werden die Ergebnisse des Forschungsprojektes präsentiert und die Hypothesen geprüft. Abschließend soll nach einer zusammenfassenden Betrachtung noch ein kritisches Fazit gezogen und ein Ausblick für weitere Forschungsvorhaben gegeben werden.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Meinungsführer: Begriffserläuterung & Forschungsstand

Das Konzept des Meinungsführers (MF) geht auf Lazarsfeld, Berelson und Gaudet (1944) zurück, die im Kontext ihrer Wahlstudie „The People’s Choice“ Meinungsführer als Personen definierten, die in ihrem sozialen Netzwerk einflussreicher sind als andere, sich selbst als besonders gut informiert bezeichnen und von anderen um Rat und ihre Meinung gefragt werden (Lazarsfeld et al. 1969). Weiterhin werden Meinungsführern, neben dem Fachwissen in einem bestimmten Bereich, Persönlichkeitsstärke und ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und Extrovertiertheit zugeschrieben (vgl. Einwiller 2003: S. 134; Helm, Möller & Roschenbusch 2010: S. 5; Schenk 2006: S. 69).

Seither wurde das Konzept stetig weiterentwickelt und modifiziert. Neueste Untersuchungen beschäftigen sich beispielsweise mit der Rolle von Meinungsführern in Social Networks (vgl. icod 2009). Demnach können Meinungsführer die Nutzen von Kommunikations-, Wirkungs- und Selbstdarstellungsplattformen für sich selbst besser erkennen und verwirklichen als andere und ordnen ihnen demnach eine Schlüsselrolle in sozialen Beziehungen in Web 2.0-Communities wie auch in realen Netzwerken zu. Die Wissenschaftler gehen dabei davon aus, dass sich Meinungsführer online ganz ähnlich verhalten wie offline, d.h. sie sind aktiver, gehören eher der Gruppe der Poster, also der aktiven Web 2.0-Nutzer, als der Gruppe der passiven Konsumenten an.

Die Frage nach dem tatsächlichen Wissen von Meinungsführern steht im Mittelpunkt der Studie von Trepte und Böcking (2009). Die Ergebnisse zeigen, dass Meinungsführer nicht zwingend besser informiert sind als andere und Wissen daher keine dringende Voraussetzung für Meinungsführerschaft darstellt, sondern vielmehr eine Persönlichkeitseigenschaft beschreibt.

Eine weitere Studie von Helm, Möller & Rosenbusch (2010) beschäftigt sich mit der Abgrenzung des Online-Multiplikators zum klassischen Meinungsführer anhand der Persönlichkeitsstruktur. Die Ergebnisse bestätigen dabei die Rolle des Internets als Plattform, die es sowohl persönlichkeitsstarken- als auch schwachen Menschen mit produktspezifischen Kenntnissen ermöglicht, aktiv als Meinungsführer zu agieren.

Diese Studie soll hier als zentraler Ansatzpunkt dienen und auf den Bereich der politischen Kommunikation übertragen werden, wobei methodische Defizite, wozu vor allem die ungleiche Erhebung der Meinungsführer Offline und Online zählt, ausgeräumt werden sollen.

Trotz des Aufgreifens des Konstrukts des Meinungsführers in aktuellsten Studien und Ansätzen, kann die Forschung der stetigen Weiterentwicklung des Internets nur hinterherhinken. Im Gegensatz zum klassischen Modell der Meinungsführerschaft erscheint die empirische Forschung in der Online-Sphäre, trotz der stetig wachsenden Bedeutung des Internets, noch sehr beschränkt (vgl. Schenk 2006, S.267).

2.2 Forschungsfragen und Hypothesen

Der Idee des Meinungsführers Offline bzw. Online soll sich nun von zwei Seiten her angenähert werden, welche gleichzeitig die beiden zentralen Forschungsfragen dieser Untersuchung darstellen. Zum einen sollen die beiden Gruppen hinsichtlich ihrer Soziodemografie untersucht werden, zum anderen hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsmerkmale.

Forschungsfrage 1:

Welche soziodemografischen Merkmale besitzen Online- bzw. Offline-Meinungsführer?

Zunächst sollen die beiden Gruppen hinsichtlich ihrer soziodemografischen Merkmale voneinander abgegrenzt, bzw. Gemeinsamkeiten aufgezeigt werden. Grundüberlegung hierfür geht auf die Annahme zurück, dass Online-Meinungsführer eine höhere Internetaffinität und –kompetenz besitzen müssen, als Offliner. Unabhängig von dem Ort des Wissenserwerbs, stellt das Internet Online-Meinungsführern die Plattform um dieses zu verbreitet, was die eben genannten Fähigkeiten voraussetzt. Geht man von den Gedanken des Digital Divide aus, gemäß dem es soziale Ungleichheiten bei der Verbreitung des Internets gibt und sich so Informationseliten herausbilden können (vgl. Marr 2005), so stehen Online-Meinungsführer auf der Gewinnerseite dieser Kluft und weisen daher auch bestimmte soziodemografische Merkmale auf, welche sie zu „typischen“ Onlinern macht. Diese Annahmen sollen durch die Daten der ARD/ZDF-Onlinestudie 2010 gestützt werden, demnach sind es nach wie vor die Männer, die das Web dominieren. Mit 75,5% mindestens gelegentlicher Nutzung übertreffen sie die Frauen um 12%, womit sich zwar die Differenz im Verlauf der Zeit verringert hat (vgl. 2005: 18,4%)[1], die Frauen jedoch nicht gleichziehen konnten (vgl. Van Eimeren & Frees 2010). Diese Verteilung führt zu der Annahme, dass Männer folglich auch eher in die Rolle der Online-Meinungsführer schlüpfen, während Frauen wegen ihrer geringeren Online-Präsenz dies eher im Offline-Bereich übernehmen:

H1a: Männer sind eher Online-Meinungsführer als Frauen.

H1b: Frauen sind eher Offline-Meinungsführer als Männer.

Weiterhin nutzten 2010 bereits 100% der 14-19 Jährigen mindestens gelegentlich das Internet, mit steigendem Alter sinkt die Nutzung jedoch stetig, so dass die Gruppe der über 60 Jährigen nur noch auf eine gelegentliche Nutzung von 68,9% kommen. Zudem wird das Internet laut Schenk & Wolf (2006) über durchschnittlich oft von gesellschaftlichen Leitmilieus genutzt, während soziale Milieus der Mittel- und Unterschicht dies unter durchschnittlich oft tun. Dies lässt vermuten, dass die Bildung einen entscheidenden Einfluss auf die Internetnutzung und damit auch auf eine potentielle Online-Meinungsführerschaft hat.

Die umfassende Präsenz der jüngeren Generation im Web sowie die überdurchschnittliche Nutzung gesellschaftlich höher gestellter lässt folgende Annahme formulieren:

H1c: Jüngere Menschen sind eher Online-Meinungsführer als Ältere.

H1d: Höher gebildete sind eher Online-Meinungsführer als niedrig gebildete Personen.

Neben dem fachspezifischen Wissen kennzeichnet einen Meinungsführer weiterhin eine ganz bestimmte Persönlichkeit (vgl. Schenk 2006: 69), welche es im zweiten Abschnitt dieser Arbeit zu untersuchen gilt:

Forschungsfrage 2:

Welche Persönlichkeitsmerkmale haben Online- bzw. Offline-Meinungsführer?

Ein zentrales Merkmal, welches dem klassischen Meinungsführer zugeschrieben wird, ist eine besonders kontaktfreudige, extrovertierte Art, die in den Ergebnissen zahlreicher empirischer Studien bestätigt werden konnte (vgl. Helm et al. 2010: S. 5). Weiterhin ist von einem hohen Grad sozialer Kompetenz auszugehen (vgl. Einwiller 2003: S. 134), was die Überwindung bestimmter, interpersonellen Barrieren begünstigt. Während im klassischen Modell diese Merkmale (u.a.) als Vorraussetzung für Meinungsführerschaft postuliert werden, eröffnet das Internet durch einen „zumeist selbstbestimmbaren Grad der Anonymität und einer planbaren Kommunikation“ (Helm et al. 2010: S.2) auch Raum für Personen, die diesem Muster nicht entsprechen. Damit werden gerade Personen, „welche im persönlichen interpersonellen Bereich gegebenenfalls aufgrund ihrer natürlichen Gehemmtheit oder sozial eher isolierten Position ihr Wissen nicht weitergeben bzw. darstellen können“ (Helm et al. 2010: S.2) in der virtuellen Welt zu potentiellen Meinungsführern.

H2a: Je extrovertierter man ist, desto eher ist man Offline-Meinungsführer.

H2b: Je gehemmter bzw. soziale inkompetenter man ist, desto eher ist man Online-Meinungsführer.

Elisabeth Noelle-Neumann entwickelte 1983 eine Skala Persönlichkeitsstärke, welche Personen identifizieren soll, welche von ihren Mitmenschen aufgesucht und um Rat gebeten werden und zudem als aktiv und einflussreich auftreten und durch ihr Charisma und ihre Durchsetzungskraft überzeugen. In dieser Hinsicht kann die Persönlichkeitsstärke als ein mehrdimensionales Konstrukt angesehen werden, welches zentrale Eigenschaften der klassischen Meinungsführer in sich vereint (Helm et al. 2010: S.4f). Die Persönlichkeitsstärke kann somit als eine begünstigende Eigenschaft für Meinungsführer sowohl im Offline- als auch im Online-Bereich postuliert werden.

H2c: Die Persönlichkeitsstärke einer Person hat einen positiven Einfluss auf die Meinungsführerschaft Online bzw. Offline.

3 Empirische Umsetzung

3.1 Grundgesamtheit und Stichprobe

Die Grundgesamtheit der Befragung setzt sich aus allen Personen zusammen, die Zugang zum Internet haben und somit potentielle Online-Meinungsführer darstellen. Da somit alle Internetnutzer für die Datenerhebung von Relevanz waren, schien ein Online-Fragebogen als Erhebungsinstrument naheliegend, welcher dann innerhalb des Hauptseminars „Foren, Blogs und Flash-Mobs – Formen, Nutzung und Wirkung politischer Online-Kommunikation“ unter der Leitung von Herrn Prof. Reinemann und Frau Fawzi, M.A. unter dem Titel „Freundschaften im Internet“ umgesetzt wurde.

Nach Abschluss der Pretestphase und endgültigen Modifizierung des Fragebogens wurden dann während der Feldzeit vom 13.01. bis 23.01.2011 die Teilnehmer mittels des Semesterverteilers der LMU München, sozialer Netzwerke und persönlicher Kontakte rekrutiert, wobei der jeweilige Fragebogen durch einen Link innerhalb der Mail aktiviert werden konnte. Diese Form der Rekrutierung lieferte eine überwiegend studentische Stichprobe was forschungsökonomischen durch die leichte Zugänglichkeit und die erhöhte Antwortbereitschaft sowie Interesse für das Thema begründet werden kann (vgl. Helm et al. 2010: S.9). Insgesamt konnten 722 ausgefüllte Fragebögen verzeichnet werden, bei einer Abbrecherquote von 16,3%, was ein zufriedenstellendes Ergebnis liefert.

[...]


[1] Basis: Erwachsene ab 14 Jahren in Deutschland (2005: n=1857). Ab 2010: Deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren (2010: n=1804).

Quelle: ARD-Onlinestudie 1997, ARD/ZDF-Onlinestudie 1998 - 2010

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Meinungsführer im Internet
Untertitel
Auswertung einer Online-Befragung
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung)
Veranstaltung
Hauptseminar: „Foren, Blogs und Flash-Mobs – Formen, Nutzung und Wirkung politischer Online-Kommunikation“
Note
2,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
24
Katalognummer
V207581
ISBN (eBook)
9783656347934
Dateigröße
702 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
meinungsführer, internet, auswertung, online-befragung
Arbeit zitieren
M.A. Veronika Anna Holler (Autor:in), 2011, Meinungsführer im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207581

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