Bacchus-Kult (Bacchanalienskandal: 186 v. Chr.)

Eine Untersuchung des Kultes und seine Auswirkung auf die römische Gesellschaft


Hausarbeit, 2010

18 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsangabe

1. Einleitende Worte

2. Bacchus: Gottheit und Kult
2.1 Bacchischer Geheimkult: Herkunft und Praxis
2.2 Ikonographie: Bacchus und Dionysos
2.3 Dionysos: eine Verbindung zum Bacchus-Kult

3. Bacchus: (s)ein Kult in Rom
3.1 Die (Schreib-) Haltung des Titus Livius bezüglich des Bacchus-Kultes
3.1.1 Der Bacchanalienskandal nach Titus Livius
3.2 Die Reaktion des Staates: Senatus consultum de Bacchanalibus
3.2.1 Der Senatsbeschluss: Analyse und Folgen
3.2.2 Das Überleben des Bacchus-Kultes

4. Resümee: ein bacchantischer Sturm

5. Bibliographie

1. Einleitende Worte

Ein religiöser Kult entspricht nicht der Norm (in Ausmaßen und ekstatischen Wesen) und sprengt den Rahmen der Gesellschaft. Die Regierung ist im Zugzwang diese (religiösen) Auswüchse als gefährdend zu identifizieren. Ein Kult wird zur Gefährdung der Staatssicherheit und dies verlangt nach Kontrolle und Überwachung.

Diese Arbeit untersucht den Kult der Gottheit Bacchus anhand seiner Herkunft, Verbreitung und Verfolgung in Rom. Hinführend zur Thematik – der Verfolgung und des Verbotes des Bacchus-Kultes – werden die Verbindungen von Bacchus und den Gottheiten Dionysos und Liber untersucht. Dabei wird die Ikongraphie von Dionysos und Bacchus auf Gemeinsamkeiten sowie wesentliche Unterschiede hin betrachtet und nachfolgend die Mythologie des Dionysos in Bezug zu Bacchus und ihrem verehrenden Gefolge gesetzt.

Der Hauptbestandteil dieser Arbeit liegt in der kritischen Auseinandersetzung mit den überlieferten Quellen des Titus Livus und einem Senatsbeschluss aus dem Jahr 186 vor Christus. Im Zentrum der Untersuchung steht die Überlegung nach der Radikalität des Kultes und der Regierung. Gleichfalls soll untersucht werden, ob die Negation der Bacchanalien berechtigt und ‚maßvoll’ vollzogen wurde oder ob der Bacchanalienskandal eine staatliche Verschwörung darstellte und folglich eine (religiöse) Säuberung von diesem fremden Kult implizierte.

2. Bacchus: Gottheit und Kult

Die Gottheit Bacchus wird beständig als römisches Abbild des griechischen Gottes Dionysos identifiziert. Bevor diese Verschmelzung der Götter begann, verstand man die Bezeichnung Bacchus als Epiklese des Fruchtbarkeits- und Vegetationsgott Dionysos.[1] Diese rituelle Anrufung beinhaltet Raserei, Ekstase und sexuelle Freigiebigkeit als kontinuierlich anhaltende Leitmotive des Kultes.

Eine weitere Identifikationsquelle der Historiographie des Bacchus-Kultes, vermutlich ab dem sechsten Jahrhundert vor Christus, ist die altitalische Gottheit Liber.[2] Liber wird gleichsam aufgrund seiner Bedeutung für die Fruchtbarkeit und Vegetation als transferierte Gottheit zu Dionysos angesehen. Neben seiner Partnerin Liberia und der Gottheit Ceres ist Liber Bestandteil des chontischen oder auch aventinischen Göttertrias.[3]

Der Kult des Liber – eine Loslösung von der römischen Gottheit Juppiter Liber[4] – ist der römischen Bevölkerung schon vor der Verschmelzung mit Dionysos/Bacchus bekannt und erinnert an den bereits existierenden Kultcharakter in Rom.[5]

Die Epiklese Bacchus, auch unter den lateinischen Bezeichnungen Baccha, Bacchanal oder Bacchanalien in Rom bekannt, wurde desgleichen zu Ehren des Gottes Liber und Dionysos vollzogen.[6] Die Einwohner Roms konnten diese neuartigen, orgiastisch und sexuell übergreifenden Kulthandlungen nicht mit ihrem vorherrschenden Bild des Gottes Liber kombinieren. Infolgedessen beginnt in der römischen Religion die Verschmelzung der beiden Gottheiten Bacchus und Liber sowie eine Verbreitung der bacchischen Kultform in Rom.[7]

2.1. Bacchischer Geheimkult: Herkunft und Praxis

Mit den Worten „der verderbliche Einfluß dieses Übels drang wie eine ansteckende Krankheit von Etrurien nach Rom ein“[8], beschrieb der Geschichtsschreiber Titus Livius die Einführung des Bacchus-Kultes gegen Ende des zweiten Punischen Krieges in Rom.[9] Ein Grieche, „ein Winkelpriester und Wahrsager[10] soll Schuld daran sein, dass sich der ‚bacchische Virus’ unaufhaltsam in Rom verbreitete und durch nächtliche Gottesdienste und geheime Rituale Sympathien bei der Bevölkerung weckte.

Der Name der Kultstätte, Bacchanal(ia), begründet die Benennung des bacchischen Geheimkultes, welcher als Bacchanalien bezeichnet wird. Durch die inoffizielle Abhaltung der Rituale, zumeist in privaten Haushalten, sind exakte Kenntnisse über Form und Vorgehensweise schwer zu rekonstruieren. Jedoch sind Konsequenzen und Wirkungen der ekstatischen Abhandlungen auffällig, der wohl Aufsehen erregendste Vorfall ist der Bacchanalienskandal des Jahres 186 vor Christus.

Die rahmende Eigenschaft des Kultes, Rettung nach dem Tode durch die Gottheit Bacchus, ist eine soteriologische Vorstellung. Folglich bezieht sich die Ausrichtung der Bacchanalien auf das Jenseits. Die ekstatische Berauschung – hervorgerufen durch Tanz, Gesang und Wein – soll einen Vorgeschmack auf das Leben nach dem Tod vermitteln und zugleich den Menschen über ihren mühevollen Alltag hinweghelfen. Diese Art der göttlichen Motivation ermöglicht ein Ausbrechen aus dem Konstrukt des Alltäglichen und beglaubigt ersehnte Jenseitsfantasien der Menschen.[11]

Die Transformation des Dionysos-Kultes impliziert den Bacchus-Kult als (r)einen Frauenkult. Die römische Religion zeigt allgemein eine Passivität des weiblichen Geschlechts auf, der Dionysos/Bacchus-Kult steht nun im Gegensatz zu herrschenden (männlichen) Konventionen in Rom.[12]

Livius berichtet, dass dessen ungeachtet eine Frau aus Kampanien den Beschluss erließ, dass Frauen und Männer gleichberechtigt an den Ritualen teilnehmen dürfen. Interessanterweise wird der Bacchus-Kult in Kampanien seit dem Sechsten vorchristlichen Jahrhundert praktiziert und könnte somit als Beleg für die Herkunft der Frau, deren Name laut Livius Paculla Annia war[13], als möglich angesehen werden.[14]

Eine Mischung der Geschlechter in der Entwicklung des Kultes scheint glaubhaft zu sein, dass Titus Livius dies aber exakt einer (einzigen) Frau zur ‚frivolen’ Last legt, ist kritisch zu betrachten.[15] Livius beschreibt die zunehmende Betriebsamkeit der Bacchanalien und ihre strategische Verführung der römischen Bevölkerung wie folgt:

„Zu den Zeremonien kamen die Freuden des Weines und des Mahles hinzu, um so mehr Menschen anzulocken. Wenn der Wein und die Nacht und das Zusammensein von Männern und Frauen, von Jugendlichen und Älteren jeden Sinn für Scham aufgehoben hatten, kam es zuerst zu Ausschweifungen jeder Art, weil jeder zu dem, wozu er von Natur aus größere Lust verspürte, das Vergnügen bei der Hand hatte.“[16]

2.2. Ikonographie: Bacchus und Dionysos

Die bacchische Ikonographie zeigt Parallelen zu der Darstellung des Dionysos auf. Im folgenden Abschnitt soll dies genauer untersucht werden, um Gemeinsamkeiten sowie Abweichungen in der künstlerischen Abbildung der beiden Götter aufzuzeigen und hervorzuheben.

Die Transformation der Kulte „vollzog sich unter Beibehaltung der griechischen Ikonographie und der Auffassung vom ekstatischen Wesen der Gottheit.“[17] Dies ist zurückzuführen auf die Verschmelzung der Bräuche und göttlichen Attribute sowie die starke Einflussnahme Griechenlands auf die römische Religion.

Zwar ist Dionysos einer der am meisten dargestellten Götter Griechenlands, jedoch muss er viele seiner in der Kunst verwendeten Attribute und Merkmale mit Bacchus teilen. Dazu gehören die Weinreben und Weinblätter sowie der krönende Efeukranz. Ein Trinkgefäß mit zwei ausgeschweiften Henkeln, Kantharsos genannt, zumeist in der einen und den Thyrosstab[18] in der anderen Hand, sind kennzeichnende Elemente beider Götter.

[...]


[1] Vgl. Scheid, John: "Bacchus." Der Neue Pauly. Herausgegeben von: Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Brill, 2010. Brill Online. UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG. 09 March 2010 http://www.paulyonline.brill.nl/subscriber/entry?entry=dnp_e211010

[2] Vgl. Muth, Robert: Einführung in die griechische und römische Religion. Darmstadt, 1988. S. 274 ff.

[3] Vgl. Prescendi, Francesca. "Liber, Liberalia." Der Neue Pauly. Herausgegeben von: Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte) . Brill, 2010. Brill Online. UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK LEIPZIG. 09 March 2010 http://www.paulyonline.brill.nl/subscriber/entry?entry=dnp_e703600

[4] Vgl. Wissowa, Georg: Religion und Kultus der Römer. Unveränderter Nachdruck 1971 der zweiten Auflage, 1912 erschienen im Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft als fünfter Band der vierten Abteilung. München, 1971. S. 138.

[5] Vgl. North, John A.: Roman Religion. Oxford, 2000. S. 63 ff.

[6] Vgl. Scheid, 2010.

[7] Vgl. Muth, 1988. S. 274- 276.

[8] Livius, Titus: Römische Geschichte. Buch XXXIX-XLI. Hrsg.& übers.: Hillen, Hans-Jürgen. München. 1993. S.23: 39, 8, 9.

[9] Vgl. Muth, 1988. S. 274 ff.

[10] Livius, 1993. S.21: 39, 8, 4.

[11] Vgl. Gessing, Martin: Triumph des Bacchus. Triumphidee und bacchische Darstellungen in der italienischen Renaissance im Spiegel der Antikenrezeption. Frankfurt am Main, 1988. S. 29ff.

[12] Vgl. Beard, Mary; North, John; Price, Simon: Religions of Rome. Volume 1. A History. Cambridge, 1998. S.94 ff.

[13] Vgl. Livius, 1993. S. 21 ff.

[14] Vgl. Rüpke, Jörg: Die Religion der Römer. Eine Einführung. München, 2001. S.38.

[15] Vgl. Livius, 1993. S. 21 ff.

[16] Livius, 1993. S. 21: 39, 8, 6-7.

[17] Gessing, 1988. S. 28.

[18] Ein Thyrosstab besteht aus einem Fenchelstiel mit einem Pinienzapfen am oberen Ende, dieser symbolisiert die Unsterblichkeit des Besitzers.

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Details

Titel
Bacchus-Kult (Bacchanalienskandal: 186 v. Chr.)
Untertitel
Eine Untersuchung des Kultes und seine Auswirkung auf die römische Gesellschaft
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Geschichte der römischen Antike: Politik, Verfassung, Gesellschaft
Note
2,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V207319
ISBN (eBook)
9783656343837
ISBN (Buch)
9783656344933
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bacchus-kult, bacchanalienskandal, eine, untersuchung, kultes, auswirkung, gesellschaft
Arbeit zitieren
Kerstin Schmitt (Autor:in), 2010, Bacchus-Kult (Bacchanalienskandal: 186 v. Chr.), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207319

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