Persönlichkeitstests: Eignung zur Personalauswahl in Management und Vertrieb


Bachelorarbeit, 2012

70 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung/Problemstellung
1.2 Zielsetzung/Vorgehensweise

2 Grundlagen/Definitionen - Psychologische Testverfahren
2.1 Allgemeiner Teil
2.2 Leistungstests
2.3 Persönlichkeitstests
2.3.1 Allgemeiner Teil
2.3.2 Typologische Testverfahren
2.3.3 Multidimensionale Testverfahren
2.4 Gütekriterien diagnostischer Auswahlverfahren
2.4.1 Allgemeiner Teil
2.4.2 Hauptkriterien
2.4.2.1 Objektivität
2.4.2.2 Validität
2.4.2.3 Reliabilität
2.4.2.4 Normierung
2.4.3 Zusatzkriterien
2.4.3.1 Ökonomie/Wirtschaftlichkeit
2.4.3.2 Soziale Akzeptanz
2.5 Kompetenzen vs. Schlüsselqualifikationen

3 Arbeitsplatzanalyse/Anforderungsprofil
3.1 Begriff und Nutzen
3.2 Methoden Arbeitsplatzananalyse
3.3 Anforderungsprofil - Vertriebsmitarbeiter
3.3.1 Makroumfeld Vertrieb
3.3.2 Persönlichkeitsmerkmale/Schlüsselkompetenzen - Vertrieb
3.3.2.1 Homburg/Schäfer/Schneider (2010)
3.3.2.2 Maas (2004)
3.3.2.3 Pelz (2010) - Vertrieb
3.3.2.4 Kritische Würdigung
3.4 Anforderungsprofil Führungskräfte
3.4.1 Makroumfeld - Führungskräfte
3.4.2 Studien Anforderungsprofil Führungskräfte
3.4.2.1 Hofmann (2000)
3.4.2.2 Matiaske, Holtmann und Weller (2000)
3.4.2.3 Pelz (2010) - Führung
3.4.2.4 Kritische Würdigung

4 Persönlichkeitstests
4.1 Einleitung
4.2 Bekanntheitsgrad
4.3 Einsatzhäufigkeit
4.4 Anwendungsgebiete
4.5 Fehlerquellen/Risiken
4.5.1 Einleitung
4.5.2 Akquieszenz/Tendenz zur Mitte/Verständnisprobleme
4.5.3 Soziale Erwünschtheit/Manipulation
4.6 Rechtliche Rahmenbedingungen
4.6.1 Einleitung
4.6.2 BGB – Grundgesetz/Datenschutzgesetz
4.6.3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
4.6.3.1 Grundlagen
4.6.3.2 §94 Betriebsverfassungsgesetz
4.6.3.3 §95 Betriebsverfassungsgesetz
4.6.4 Handlungsempfehlungen
4.7 Entscheidung – DISG/Insights MDI by Scheelen

5 DISG und Insights MDI by Scheelen
5.1 Vorstellung DISG und Insights MDI by Scheelen
5.1.1 DISG
5.1.1.1 Hintergrund - DISG
5.1.1.2 Verfahren/Methodik - DISG
5.1.1.3 Durchführung/Auswertung - DISG
5.1.2 Vorstellung - Insights MDI by Scheelen
5.1.2.1 Hintergrund - Insights MDI by Scheelen
5.1.2.2 Verfahren/Methodik - Insights MDI by Scheelen
5.1.2.3 Durchführung/Auswertung - Insights MDI by Scheelen
5.2 Bewertung - DISG/Insights MDI by Scheelen
5.2.1 Möller (2009)
5.2.1.1 Wissenschaftliche Betrachtung
5.2.1.2 Unternehmenssicht
5.2.2 Hossiep/Mühlhaus (2005)
5.2.3 Gay & Scheelen (2003)
5.2.4 Euteneier/Scheelen (2006)

6 Fazit
6.1 Bewertung Gütekriterien
6.1.1 DISG
6.1.2 Insights MDI by Scheelen
6.2 Eignung Bewerberauswahl
6.3 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Methoden zur Erstellung der Arbeitsplatzanalyse

Tabelle 2: Persönlichkeitsmerkmale

Tabelle 3: Soziale Kompetenzen

Tabelle 4:Fachkompetenzen

Tabelle 5: Zukünftig relevante Schlüsselkompetenzen für Vertriebserfolg 1

Tabelle 6: Zukünftig relevante Schlüsselkompetenzen für Vertriebserfolg 2

Tabelle 7: Auswahlkriterien für zukünftige Führungskräfte

Tabelle 8 : Führungsaufgaben eines Top-Managers

Tabelle 9 : Führungseigenschaften eines Top-Managers

Tabelle 10: Zukünftig relevante Schlüsselkompetenzen für Führungserfolg

Tabelle 11: Wissenschaftliche Bewertung nach Möller

Tabelle 12: Praktische Bewertung nach Möller

Tabelle 13: Wissenschaftliche Bewertung nach Hossiep

Tabelle 14: Haupt- und Nebenkriterien von DISG und Insights MDI

Tabelle 15: Gütekriterien Insights MDI nach Euteneier, Scheelen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Prozess der Bewerberauswahl

Abbildung 2: Bekanntheitsgrad von Persönlichkeitstests

Abbildung 3: Verwendung von Persönlichkeitstests in deutschen Unternehmen

Abbildung 4: Einsatzgebiete von Persönlichkeitstests

Abbildung 5: Mitbestimmungsrechte §94 Abs. 1 BetrVG

1 Einleitung

1.1 Einführung/Problemstellung

In der Bundesrepublik Deutschland sind jährlich ca. 3,5 Millionen Arbeitsplätze neu zu besetzen.[1] Bei einer angenommenen Bewerberquote von nur 10:1 bedeutet dies, dass Unternehmen pro Jahr knapp 35 Millionen Personal-auswahlentscheidungen treffen müssen. Die volkswirtschaftlichen Folgekosten, die aus Fehlentscheidungen bei der Bewerberauswahl resultieren, werden nur für Deutschland auf einen höheren zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt.[2] Durch diese gigantischen Zahlen, in denen die ebenfalls zu treffenden Personal-entwicklungsentscheidungen noch gar nicht berücksichtigt wurden, wird klar, weshalb der Wunsch nach verlässlichen und kosteneffizienten Instrumenten zur Beurteilung der Passung von Bewerber und Stelle bei Unternehmen so groß ist.

Dieser Bedarf, wird bei Unternehmen durch eine voranschreitende Globalisierung und den stärkeren Konkurrenz- und Kostendruck, dem Unternehmen hierdurch ausgesetzt sind, noch weiter verstärkt. Die Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes, haben sich durch Globalisierung, dynamische Märkte, technologische Innovationen und demografischen Wandel ebenfalls verändert. Eine der Auswirkungen ist, die verkürzte Halbwertzeit von Fach- und Methodenwissen.[3] Personalauswahlentscheidungen orientieren sich daher immer stärker an der Passung von überfachlichen Qualifikationen, Werten und Persönlichkeitsmerkmalen der Bewerber. Diese Entwicklung ist auch insofern zu begrüßen, als dass Expertenschätzungen nach circa 90% aller gescheiterten Arbeitsverhältnisse auf eine Nichtpassung bei Persönlichkeit, Motiven und Werten zwischen Mitarbeiter und Unternehmen, Führungskraft oder Aufgabe zurück geführt werden können.[4] Diese Erkenntnis hat ein erfahrener Englischer Personalleiter sehr treffend formuliert, indem er sagte: „Young man, we hire people because of their knowledge and experience, but we fire them because of their personality”.[5]

Die Prognostizierbarkeit des beruflichen Erfolges eines Bewerbers, anhand von Zeugnissen, Lebenslauf, Referenzen oder Interview, nimmt stetig ab.[6] Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, setzen Unternehmen in ihrem Personalauswahlprozess verstärkt auf standardisierte eignungsdiagnostische Verfahren wie Leistungs- und Persönlichkeitstests: diese versprechen, eine kostengünstige und geeignete Alternative zu herkömmlichen Auswahl-instrumentarien zu sein.[7] Als für deutsche Unternehmen besonders problematisch, stellen sich hierbei die Unüberschaubarkeit und Vielzahl von offerierten Persönlichkeitstests dar. Viele Unternehmen bzw. Personalentscheider haben außerdem nur sehr geringe Erfahrung, im richtigen Umgang mit bzw. der Bewertung von Persönlichkeitstests. Persönlichkeitstests stellen gemessen am internationalen Vergleich, ein auf dem deutschen Markt noch relativ selten eingesetztes Instrumentarium dar.[8] Parallel zu den Problemstellungen für Praktiker, läuft in der Wissenschaft eine hitzige Debatte darüber, was die Verfahren überhaupt leisten können bzw. wo ihre Grenzen und Risiken liegen. Besonders stark divergieren die Einschätzungen in der Diskussion darüber, ob Persönlichkeitstest als Grundlage für Personalauswahlentscheidungen geeignet sind oder nicht.

1.2 Zielsetzung/Vorgehensweise

Im Anschluss an die im vorherigen Abschnitt erfolgte Einführung und Erläuterung der Problemstellungen, welche im Zusammenhang mit der Eignung von Persönlichkeitstests zur Bewerberauswahl im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden, gibt dieser Abschnitt einen Überblick über Zielsetzung, inhaltliche Struktur und methodische Vorgehensweise.

Zielsetzung dieser Arbeit ist es, sowohl Einsteigern als auch Fortgeschrittenen, gut nachvollziehbare und interessante Informationen bezüglich Gütekriterien, Risiken und Einsatzmöglichkeiten von Persönlichkeitstests zu geben. Beide Seiten des Spannungsfeldes Praxis und Wissenschaft, indem sich Persönlichkeitstests bewegen, sollen ihre Berücksichtigung finden. Diesem Ziel wird versucht, durch eine gute Mischung von Handlungsempfehlungen und Antworten auf praktische Fragestellungen, mit wissenschaftlichen Grundlagen und empirischen Studien gerecht zu werden.

Die Betrachtung der behandelten Thematik erfolgt sowohl allgemein, als auch speziell für die Einsatzgebiete Vertrieb und Management. Zur näheren Analyse wurden mit Insights MDI by Scheelen und dem DISG Persönlichhkeitsprofil zwei der am Deutschen Markt bekanntesten Persönlichkeitstests ausgewählt.

Grundsätzliches Anliegen des Autors ist es, auch in der methodischen Vorgehensweise eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu bauen, daher wurde zur Recherche für die vorliegende Arbeit sowohl eher theoretisch analytische wie praxisorientierte Literatur verwendet. Um dem Leser eine gute Übersichtlichkeit zu gewährleisten, ohne dabei die Wissenschaftlichkeit zu vernachlässigen, werden zusätzlich diverse Studien zitiert und in leicht zugänglichen Tabellen und Abbildungen aufbereitet. Das angestrebte Ziel, sowohl Einsteigern in die Thematik Persönlichkeitstests wertvolle und verständliche Informationen zu geben, als auch Fachleuten mit dieser Arbeit einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu bringen, spiegelt sich in der inhaltlichen Struktur wieder, diese ist so konzipiert, dass mit allgemeinen Grundlagen zu Persönlichkeitstests begonnen wird, bevor auf spezifische Verfahren und deren Anwendungs-möglichkeiten eingegangen wird. Ein detaillierterer Einblick in den Aufbau kann der folgenden Beschreibung der einzelnen Kapitel entnommen werden.

In Kapitel 2 werden Grundlagen und Definitionen zu Persönlichkeitstests sowie ihren Gütekriterien angeboten, was vor allem Lesern die nicht mit der Materie vertraut sind, den Zugang zu der komplexen Thematik erleichtern soll.

In Kapitel 3 werden zunächst allgemeiner Nutzen und Methoden zur Durchführung einer Arbeitsplatzanalyse erläutert, bevor anhand verschiedener Studien das Makroumfeld sowie Schlüsselkompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale erfolgreicher Vertriebler und Manager beschrieben werden.

In Kapitel 4 werden Bekanntheitsgrad, Einsatzhäufigkeit, Anwendungsgebiete sowie potenzielle Fehlerquellen und Risiken von Persönlichkeitstests erläutert oder anhand von Studien aufgezeigt. Am Ende des Kapitels werden die Gründe benannt, welche den Autor dazu bewogen haben, im weiteren Verlauf der Arbeit die zwei Persönlichkeitstests Insights MDI by Scheelen und DISG detaillierter zu betrachten.

In Kapitel 5 findet zunächst eine Vorstellung von Hintergrund, Methodik und Durchführung von Insights MDI by Scheelen und DISG statt. Im Anschluss hieran ,werden die beiden Testverfahren anhand der in Kapitel 2 vorgestellten Gütekriterien untersucht, hierfür werden verschiedene Autoren und Studien herangezogen.

In Kapitel 6 wird das abschließende Fazit bezüglich der allgemeinen Eignung von Persönlichkeitstests zur Bewerberauswahl und für Vertrieb und Management im speziellen gezogen. Im letzten Abschnitt dieser Arbeit wird eine Prognose darüber getroffen, wie sich die Märkte aufgrund der bereits heute sichtbaren Indikatoren in Zukunft entwickeln könnten und welche Veränderungen dies für Personalauswahl und –entwicklungsprozesse zur Folge haben dürfte.

2 Grundlagen/Definitionen - Psychologische Testverfahren

2.1 Allgemeiner Teil

Psychologische Testverfahren können grob in Leistungs- und Persönlichkeitstests unterteilt werden, zu den bekanntesten Leistungstests gehört der Allgemeine Intelligenztest. Sie werden eingesetzt, um Informationen über typisches Verhalten, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Eigenschaften eines Bewerbers zu erhalten. Fast alle Testverfahren sind standardisiert und können sowohl in Papierform als auch computergestützt durchgeführt werden.[9]

2.2 Leistungstests

Durch Leistungstests kann eine Aussage über allgemeine oder spezielle Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Testperson getroffen werden. Zu der Gruppe der Leistungstests gehören z.B. Intelligenztests, Intelligenzstrukturtests, Konzentrationstests und Tests zur Messung von sensorischen sowie motorischen Fähigkeiten. Gemeinsam ist allen Leistungstests, dass sie die maximale Leistungsfähigkeit einer Testperson in vorher definierten Bereichen feststellen. Hierfür erhält der Bewerber Aufgaben bzw. Problemstellungen, welche er in einer vorgegebenen Zeit lösen muss.[10]

Im Gegensatz zu Persönlichkeitstests gibt es bei Leistungstests ein im logischen Sinne „richtiges“ oder „falsches“ Ergebnis. Die Ergebnisse von Leistungstests können von Bewerbern nicht künstlich nach oben „verbessert“ werden, da sie nicht mehr als das für sie maximal mögliche Ergebnis erzielen können.[11] Dies und ihr hoher Grad an Standardisierung führen zu guten Werten hinsichtlich der Kriterien Validität, Objektivität und Reliabilität.[12] In der Regel besitzen Leistungstests eine hohe soziale Akzeptanz bei Bewerbern, da die Erwartungen an sie sehr klar definiert sind und das Ergebnis unabhängig von der Interpretation durch Beobachter ist.[13]

2.3 Persönlichkeitstests

2.3.1 Allgemeiner Teil

Mit Persönlichkeitstests sollen entweder die gesamte Persönlichkeit einer Testperson oder vorher definierte Ausschnitte ihrer Persönlichkeit mittels Fragebögen zur Selbstbeschreibung sichtbar gemacht werden, um daraus im nächsten Schritt eine Schlussfolgerung auf ihr wahrscheinliches zukünftiges Verhalten zu ziehen. Persönlichkeitstests werden in der Literatur häufig in Typologische Testverfahren und die Multidimensionale Testverfahren unterteilt, siehe Abschnitt 2.3.2 und 2.3.3.[14]

Bei den meisten in der Personalauswahl eingesetzten Persönlichkeitstests wird das so genannte Eigenschaftsparadigma unterstellt. Dieses betrachtet die Persönlichkeit als Summe bzw. Korrelat der individuellen, für eine Person „charakteristischen“ Eigenschaften. Es wird ein Zusammenhang zwischen beobachtbarem Verhalten und der Persönlichkeit bzw. bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen einer Person hergestellt. Verhalten wird also durch Persönlichkeitseigenschaften beeinflusst, jedoch nicht determiniert. Aus längerfristig stabilem, in diversen Situationen beobachtbarem Verhalten werden Rückschlüsse auf die für einen Menschen typischen Eigenschaften gewonnen.[15] So wird jemandem, der sich in verschiedensten Situationen eher ängstlich Verhalten hat, die Eigenschaft „ängstlich“ zugeordnet, in künftigen Situationen erwarten andere Menschen von dieser Person also eher ein solches Verhalten.

2.3.2 Typologische Testverfahren

Diese Testverfahren werten die Antwortmuster der Testperson aus und ordnen ihn einem bestimmten Persönlichkeitstypus zu. Jedem Typus sind bestimmte Eigenschaftsmerkmale zugeordnet, durch die sein generelles Denken, Fühlen und Handeln prognostiziert werden soll. Die typologischen Testverfahren treffen ihrer generellen, die gesamte Person erfassenden Natur nach keine Aussage über Verhalten in einer konkreten Umgebung bzw. Situation, sondern über zentrale allgemeine Verhaltensmuster einer Person. Die Testergebnisse enthalten in der Regel keine Wertung, da alle Persönlichkeitstypen als gleichrangig angesehen werden.[16]

2.3.3 Multidimensionale Testverfahren

Im Gegensatz zu den typologischen Tests untersuchen multidimensionale Testverfahren nur Teilaspekte einer Persönlichkeit, diese aber in größerer Tiefe und Breite. Hierfür werden zunächst die zentralen Eigenschaften für ein bestimmtes Feld definiert, z.B. Berufserfolg im Vertrieb. Im Anschluss hieran, vergleicht man diese im Wunschprofil zusammengefassten „Schlüssel-eigenschaften“ mit den Ergebnissen einer Testperson. Das multidimensionale Testverfahren wird wie typologische Testverfahren auch, mittels eines Fragen-kataloges durchgeführt, in welchem die Testperson sich selbst beschreiben soll, indem sie aus vorgegebenen Antwortmöglichkeiten bestimmte auswählt bzw. Ranglisten bildet.[17]

2.4 Gütekriterien diagnostischer Auswahlverfahren

2.4.1 Allgemeiner Teil

Bei Testgütekriterien handelt es sich um die elementaren Qualitätsmerkmale standardisierter Testverfahren. Sie geben dem potenziellen Verwender von Testverfahren Auskunft darüber, inwieweit ein Testverfahren den wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Zusätzlich werden unterschiedliche Testverfahren durch diese einheitlichen Qualitätsmerkmale miteinander vergleichbar, was für den potenziellen Verwender eine gute Hilfe bei der Auswahlentscheidung für oder gegen den Einsatz bestimmter Testverfahren darstellt. In der Literatur wird in der Regel eine Unterscheidung zwischen den klassisch wissenschaftlichen Hauptkriterien Objektivität, Reliabilität, Validität, Normierung und den eher praktisch relevanten Nebenkriterien soziale Akzeptanz, Wirtschaftlichkeit unterschieden.[18]

Bei der Betrachtung der Hauptkriterien sind auch vorhandene Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Ein Testverfahren, das einen sehr geringen Wert in der Objektivität besitzt, kann keine ausreichende Reliabilität inne haben, da es den äußeren Rahmenbedingungen, Testleiter etc. zu viel Einfluss auf das Testergebnis einräumt. Es ist aber auch nicht gesagt, dass ein Testverfahren mit hohen Werten in der Reliabilität auch hinreichend valide ist, so könnte z.B. wiederholt, mit nahezu hundert Prozentiger Sicherheit, ein anderes Merkmal als das beabsichtigte gemessen werden.[19]

2.4.2 Hauptkriterien

2.4.2.1 Objektivität

Das Merkmal Objektivität trifft eine Aussage darüber, inwieweit das erzielte Ergebnis eines Testverfahrens unabhängig bzw. abhängig von der Person ist, welche das Verfahren anwendet. Ziel jedes Testverfahrens sollte es sein, einen möglichst hohen Wert an Objektivität zu erzielen, was ein großes Maß an Unabhängigkeit des Testergebnisses von der Person des Verwenders belegt. Besonders gute Objektivitätswerte erzielen computergestützte Testverfahren durch ihren hohen Grad an Standardisierung. Im Kontrast hierzu erzielen situative Verfahren wie z.B. das unstrukturierte Interview in der Regel sehr niedrige Objektivitätswerte. Die Objektivität wird mit einer Skala zwischen 0 und 1 angegeben, wobei 1 für eine hundertprozentige Objektivität, d.h. völlige Unabhängigkeit des Ergebnisses vom Verwender, steht. Innerhalb der Objektivität wird zwischen der Durchführungs-, Auswertungs-, und Interpretationsobjektivität differenziert.

Die Durchführungsobjektivität misst, inwieweit die Rahmenbedingungen bei der Durchführung hinsichtlich z.B. Testmaterial, Einweisung, Raum, Zeit und Testleiter für alle Teilnehmer des Testverfahrens gleich sind. Bei der Auswertungsobjektivität wird untersucht, ob unterschiedliche Beobachter bzw. Auswerter zu gleichen oder zumindest ähnlichen Beurteilungen der Testergebnisse kommen. Ob Beurteiler bzw. Auswerter ein erzieltes Testergebnis gleich interpretieren bzw. dieselben Schlussfolgerungen daraus ziehen, wird mit der Interpretationsobjektivität gemessen.[20]

2.4.2.2 Validität

Ob und in welchem Maße ein Testverfahren tatsächlich die Merkmale misst, welche es zu messen angibt und inwieweit hieraus Rückschlüsse bzw. Prognosen für die berufliche Zukunft abgeleitet werden können, wird mit der Validität von Testverfahren angegeben. Die Validität kann als das bedeutendste Gütekriterium angesehen werden.[21] Die Gesamtvalidität setzt sich aus der Inhalts-, Konstrukt-, Kriteriums-, und Augenscheinvalidität zusammen. Die Inhaltsvalidität gibt an, ob ein Merkmal in ausreichender Breite und Tiefe gemessen wird.[22] Außerdem sagt sie etwas darüber aus, inwieweit die gestellten Fragen bzw. Aufgaben in Zusammenhang mit der zu besetzenden Stelle und den hier anfallenden Tätigkeiten stehen.

Bei der Konstruktvalidität soll eine Aussage darüber getroffen werden, ob ein Testverfahren tatsächlich das gewünschte Merkmal erfasst und nicht ein anderes. Zur Messung der Konstruktvalidität werden zunächst theoretische Annahmen über das zu untersuchende Merkmal aufgestellt, z.B. wird angenommen, dass zwischen dem Merkmal Durchhaltevermögen und Belastbarkeit eine höhere Korrelation besteht als zwischen den Merkmalen Durchhaltevermögen und Kreativität. Um dies zu überprüfen, werden verschiedene Testverfahren zur Messung der unterschiedlichen Merkmale durchgeführt und im Anschluss eine Auswertung der Korrelationen vorgenommen.[23]

Die Kriteriumsvalidität stellt den korrelativen Zusammenhang zwischen Testergebnissen und relevanten Außenkriterien dar. In der Regel wird hierfür als Kriterium der Berufserfolg genommen, welcher anhand von Leistungsbeurteilungen des Stelleninhabers und harten Erfolgskennwerten wie z.B. Gehalt, Verkaufszahlen, Fluktuationsrate etc. gemessen wird.

Dieser Vergleich zwischen der getroffenen Prognose aufgrund eines guten Testergebnisses und den tatsächlich erzielten Ergebnissen, ist natürlich nur zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Beispielhaft könnte hier das Ergebnis eines Intelligenztests bei Ausbildungsbeginn und die erzielte Abschlussnote verglichen werden. Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle auch die Augenscheinvalidität genannt werden, auch wenn es sich hier um kein wissenschaftliches Qualitätskriterium handelt. Die Augenscheinvalidität sagt aus, in welchem Maße ein Laie denkt erkennen zu können, welches Merkmal mit einem Testverfahren gemessen werden soll. Eine hohe Augenscheinvalidität hat in der Regel eine erhöhte soziale Akzeptanz von Testverfahren zur Folge.[24]

2.4.2.3 Reliabilität

Mit der Reliabilität wird die Präzision bzw. Messgenauigkeit eines Testverfahrens beschrieben. Negativ formuliert kann Reliabilität auch als die Fehlerquote innerhalb eines Untersuchungsganges ausgedrückt werden. Die Skala der Reliabilität reicht von 0 bis 1, wobei 1 für eine hundertprozentige Messgenauigkeit steht, welche in der Praxis kaum zu erreichen ist.[25] Ab einem Wert von 0.7 wird die Reliabilität von Testverfahren als gut und ab einem Wert von 0.9 als sehr gut angegeben.[26]

Innerhalb der Reliabilität wird zwischen Interner Konsistenz, Paralleltest-Reliabilität und der Retest-Reliabilität unterschieden. Die interne Konsistenz wird sehr häufig durch Cronbach‘s Alpha angegeben, sie drückt aus, inwiefern Aufgaben bzw. Fragen innerhalb eines Testverfahrens tatsächlich dasselbe Merkmal messen. Mit der Paralleltest-Reliabilität wird ausgedrückt, in welchem Umfang zwei Varianten desselben Testverfahrens oder unterschiedlicher diagnostischer Instrumente das gleiche Merkmal mit demselben Schwierigkeitsgrad messen. Ein Wert größer 0.8 ist hier als hoch zu bezeichnen. Wie stabil ein Testverfahren hinsichtlich der Messung eines bestimmten Merkmals ist, wird durch die Retest-Reliabilität deutlich. Hierfür wird die Korrelation der Testergebnisse zum Zeitpunkt 1 mit denen zum Zeitpunkt 2 verglichen. Der Retest-Reliabilität kommt eine besonders hohe Bedeutung zu, da nur stabile Persönlichkeitsmerkmale für den Einsatz in Testverfahren von Nutzen sind, da hieraus Prognosen künftigen Verhaltens abgeleitet werden sollen. Ein Wert von 0.7 ist hier bereits als positiv zu bewerten.[27]

2.4.2.4 Normierung

Durch die Normierung von Testverfahren wird das Vergleichen des Ergebnisses eines Bewerbers mit seiner Peergroup ermöglicht. Erst durch dieses Benchmarking können von Testpersonen erzielte Ergebnisse bewertet und eingeordnet werden.[28] Beispielhaft soll hier der IQ eines Bewerbers herangezogen werden, wenn dieser fiktive Bewerber bei einem Intelligenztest einen IQ-Wert von 115 erreicht, ist dieses Ergebnis für sich alleine betrachtet nicht aussagekräftig. Erst durch Normierung mittels einer repräsentativen Stichprobe und der hieraus gewonnenen Erkenntnis, dass der durchschnittliche IQ-Wert von Bewerbern bei z.B. 100 liegt, kann ich das von dem fiktiven Bewerber erzielte Resultat von 115 als gut interpretieren.

2.4.3 Zusatzkriterien

2.4.3.1 Ökonomie/Wirtschaftlichkeit

Das Kriterium Wirtschaftlichkeit ist vor allem für den Verwender der Testverfahren relevant. Bei dieser Kosten-Nutzen-Relation geht es darum festzustellen, ob der gewonnene Nutzen eines Testverfahrens durch z.B. weniger Fehlentscheidungen bei der Bewerberauswahl und der hieraus resultierenden Ersparnis größer ist als die Kosten für Personal, Testmaterial etc., die aufgewendet werden mussten um den Test durchzuführen.[29]

2.4.3.2 Soziale Akzeptanz

Ein Testverfahren wird von dann als sozial akzeptiert betrachtet, wenn es von Testpersonen als fair, transparent und objektiv eingeschätzt wird, zusätzlich sollte für die Testperson der Zusammenhang mit dem Anlass erkennbar sein bzw. vorher erläutert werden. Die soziale Akzeptanz von Testverfahren wird für Unternehmen erstens durch die auf dem Arbeitsmarkt zunehmende Konkurrenz um die so genannten „Best Talents“ immer bedeutender, zweitens sind sich Unternehmen in immer stärkerem Maße darüber im Klaren, dass der Bewerber von heute ein potenzieller Kunde bzw. Verhandlungspartner von morgen ist. Aus diesen beiden Gründen ist ein von Bewerbern als fair wahrgenommener Auswahlprozess für langfristig orientierte Unternehmen von elementarer Wichtigkeit.[30]

[...]


[1] Vgl. Litzcke (2003) S. 5.

[2] Vgl. Hossiep, Mühlhaus (2005) S. 12.

[3] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002) S. 13.

[4] Vgl. Sarges, Wottawa (2004) S. VIII.

[5] Vgl. Hossiep, Paschen, Mühlhaus (2000) S. 1.

[6] Vgl. Westedt (2010) S. 224.

[7] Vgl. Sarges, Wottawa (2004) S. VIII.

[8] Vgl. Hossiep, Mühlhaus (2005) S. 1.

[9] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 60ff.; Vgl. Goth (2009), S. 69f.

[10] Vgl. Goth (2009), S. 72.

[11] Vgl. Möller (2009) S. 12.

[12] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 59f.

[13] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 46f.

[14] Vgl. Goth (2009) S. 71f.

[15] Vgl. Asendorpf (2009) S. 13ff.; Vgl. Hossiep, Mühlhaus (2005) S. 15ff.

[16] Vgl. Hossiep, Mühlhaus (2005) S.1.; Vgl. Goth (2009), S. 71.

[17] Vgl. Hossiep, Mühlhaus (2005) S.1f.; Vgl. Goth (2009), S. 71.

[18] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 40. ; Vgl. Goth (2009), S. 84.

[19] Vgl. Möller (2009) S. 23f.

[20] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 40f.; Vgl. Goth (2009), S. 85.

[21] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 45.

[22] Vgl. Goth (2009), S. 86.

[23] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 45.

[24] Vgl. Goth (2009), S. 86f.

[25] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 43.

[26] Vgl. Goth (2009), S. 86.

[27] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 44.

[28] Vgl. Goth (2009), S. 87.

[29] Vgl. Möller (2009) S. 20.; Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 47.

[30] Vgl. Eilles-Matthiessen, el Hage, Janssen, Osterholz (2002), S. 46f.

Ende der Leseprobe aus 70 Seiten

Details

Titel
Persönlichkeitstests: Eignung zur Personalauswahl in Management und Vertrieb
Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main
Note
1,2
Autor
Jahr
2012
Seiten
70
Katalognummer
V207227
ISBN (eBook)
9783656360575
ISBN (Buch)
9783656360872
Dateigröße
842 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
DISG, Insights MDI, Bewerberauswahl, Persönlichkeitsmodelle
Arbeit zitieren
Olaf Höser (Autor:in), 2012, Persönlichkeitstests: Eignung zur Personalauswahl in Management und Vertrieb, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207227

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