Bodenschätze in Entwicklungsländern. Gesellschaftliche Verarmung trotz Reichtum


Ausarbeitung, 2012

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ressoucen als Fluch
2.1. Die "Holländische Krankheit"
2.1.1. Ursachen
2.1.2. Folgen
2.1.3. Beispiel: Kanada
2.2. "Bad Governance"
2.2.1. Korruption, Cliquenwirtschaft und Konflikte
2.2.2. Beispiel: Nigeria

3. Ressourcen als Segen
3.1. Rohstoffe als Wachstumsmotor der Volkswirtschaft
3.1.1. Staatsfonds
3.1.2. Botsuana, dass Paradebeispiel für Entwicklung durch Rohstoffe

4. Fazit

5. Lösungsansätze
5.1. Finanz- und Wirtschaftspolitische Maßnahmen
5.2. Zertifizierung und Transparenz im Rohstoffhandel
5.3. Neokolonialismus in Afrika –Chinas Engagement als Chance zur Entwicklung?

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In meiner Arbeit „Rohstoffe – Fluch oder Segen für ein Land?“ werde ich die Gründe und Sach-verhalte, die sowohl zu positiven, als auch zu negativen Effekten führen können, erläutern. Aus-gehend davon ist es mir aber auch wichtig Lösungsvorschläge vorzustellen und aufzuzeigen, dass ein verantwortungsbewusster Umgang mit den Bodenschätzen in jeder Region dieser Welt vermehrt ökonomisches Wachstum und Wohlstand generieren kann.

Schon 1995 untersuchten die beiden Entwicklungsökonomen Jeffrey Sachs und Andrew Warner in ihrem Werk „Natural resource abundance and economic growth“ das Phänomen, dass in Staaten mit großen Vorkommen an Bodenschätzen häufig ein signifikanter Anteil der Bevölkerung von Armut betroffen ist und die jeweilige Regierung es nicht vermag die Ressourcen als Katalysator für Entwicklung und Wohlstand zu nutzen. Sachs und Warner errechneten, dass das pro-Kopf-Einkommen der OPEC Länder wesentlich weniger wuchs, als das der Entwicklungsländer.[1] In den 90er Jahren wuchs die Wirtschaftsleistung je Einwohner, laut einer Berechnung der Weltbank, um 17%. In Staaten mit reichen Vorkommen an Bodenschätzen jedoch schrumpfte sie um fast 11%.[2]

Dieses Paradoxon werde ich versuchen, mithilfe von drei Beispielen, zu erklären. Zunächst werden die Gründe dafür dargelegt, wie Ressourcen für negative Entwicklungen in Ländern verantwortlich bzw. mitverantwortlich sind. Anhand der Staaten Kanada und Nigeria können gut die Zusammenhänge erläutert werden, wie sowohl externe als auch interne Probleme die Rohstoffe zu einem „Fluch“ werden lassen. Als Gegenbeispiel, wie es bedingt durch „gute Regierungsführung“ gelingen kann die Bodenschätze auch als solche wahrzunehmen, wird Botsuana angeführt, eine prosperierende Volkswirtschaft im Süden Afrikas.

Ausgehend von diesen Beispielen werde ich zum Schluss einige Lösungsvorschläge präsentieren, mit denen es Ländern gelingen kann sich von dem „Fluch der Ressourcen“ zu befreien und diese entwicklungspolitisch nutzen kann.

Die Ausarbeitung wird dabei hauptsächlich auf Sekundärliteratur und Studien von NGOs und Think-Tanks aufbauen. Verwendete Daten werden i.d.R. aus dem Archiv der Weltbank entnommen, um eine hohe Authentizität zu gewährleisten.

2. Ressourcen als Fluch

2.1 Die „Holländische Krankheit“

2.1.1 Ursachen

Die „Holländische Krankheit“ (Dutch Disease) ist die Bezeichnung für ein volkswirtschaftliches Paradoxon. Die Bezeichnung stammt aus den 60er Jahren, als vor der Küste der Niederlande große Offshore-Gasvorkommen entdeckt wurden und daraufhin die Wirtschaftsleistung sank, wenn auch im Falle der Niederlande nur kurzfristig.

Werden in einem Land große Rohstoffvorkommen lokalisiert, welche auf dem Weltmarkt stark nach-gefragt werden, so beginnt das Land aufgrund von ökonomischem Sachverstand diese Bodenschätze zu erschließen, um sie zu exportieren. Der Fokus der Wirtschaftsförderung des Staates liegt nun vermehrt auf dem Rohstoffsektor, da dieser das Potential hat Handelsbilanzüberschüsse zu erwirtschaften, woraus Devisen für den Staat resultieren. Andere Sektoren wie z.B. der industrielle werden weniger gefördert. Außerdem ist der Rohstoffsektor sehr investitionsintensiv, im Gegensatz zu der arbeitsintensiven Industrie, weshalb auch private Kapitalgeber wie Banken und Investoren vermehrt ihr Kapital in diesem Sektor investieren.

Neben diesen veränderten inländischen Kapitalströmen greift aber auch ein weiterer Markt-mechanismus, denn durch ausländische Devisenzuflüsse aus dem Export der Bodenschätze wird die einheimische Währung aufgewertet. Die weltweiten Rohstoffkontrakte werden zwar hauptsächlich in der Leitwährung Dollar getätigt, allerdings werden diese Devisen in dem jeweiligen Land wieder umgetauscht, so dass es zu einer erhöhten Nachfrage der einheimischen Währung kommt, welche den Wechselkurs in die Höhe treibt.

2.1.2 Folgen

Durch die Fokussierung auf den Rohstoffsektor zum einen durch die wirtschaftspolitischen Sub-ventionen des Staates, zum anderen aber auch durch private Unternehmen beginnt eine schleichende Deindustrialisierung.

Zunächst einmal fließt das Investitionskapital von der verarbeitenden Industrie in den Rohstoffsektor, was langfristig zu einem Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Industrie führt. Das Kapital, was in den Abbau von Rohstoffen fließt, zieht aber i.d.R. keine Folgeinvestitionen in anderen Branchen nach sich, da die Bodenschätze wie Erdöl, Gas, Edelsteine oder Edelmetalle nicht zwingend am Ort ihrer Förderung weiterverarbeitet werden müssen, da die Transportkosten im Vergleich zu dem Wert der Materialien gering sind. Aber auch das Humankapital wird aus dem sekundären und tertiären Sektor abgeworben, da durch die hohen Profite durch die Rohstoffexporte höhere Löhne gezahlt werden können. Den dadurch entstehenden Lohndruck lässt die Wettbewerbsfähigkeit weiter sinken.

Die für die Binnenwirtschaft destruktivsten Kräfte resultieren allerdings aus der Aufwertung der

eigenen Währung. Für ausländische Handelspartner werden die Produkte des Landes teurer, un-abhängig von der Qualität. Die exportorientierten Wirtschaftszweige haben nun Probleme ihre Produkte auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Wohingegen Importe, aufgrund der starken Währung billiger werden, die auf dem Heimatmarkt mit den Produkten der Binnenwirtschaft konkurrieren. Insgesamt erodiert die einheimische Industrie, da sie sowohl auf dem Binnen-, als auch auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig ist. Die Arbeitslosigkeit wird langfristig zunehmen, da die Arbeitnehmer, die in der Industrie ihre Arbeit verlieren, nicht so einfach einen Beruf in der rohstoffabbauenden Wirtschaft finden werden, da diese wie o.a. weniger arbeitsintensiv ist.

Die Wirtschaft eines betroffenen Landes hängt dann meist an dem Tropf des Rohstoffsektors und ist insbesondere abhängig von den Schwankungen an den Rohstoffmärkten. Sollten die Rohstoffe komplett abgebaut sein, rächt sich die strukturelle Heterogenität der Wirtschaftsbranchen, denn die einheimische Industrie ist meist so geschwächt, dass es zu einer lang andauernden Rezession kommen kann.

2.1.3 Beispiel: Kanada

Als Kanada Mitte der 90er Jahre aufgrund der steigenden Ölpreise damit begann seine Ölsand-vorkommen zu erschließen, begannen die Marktmechanismen des Paradoxon der „Holländischen Krankheit“ selbst bei einem der wohlhabendsten und am weitesten industrialisierten Staat der Welt zu greifen.

Kanada (24 Mrd. t)[3] hat nach Saudi-Arabien (36 Mrd. t)[4] die größten Ölreserven der Welt. Allerdings ist das Öl in Form von Schiefer, an Gesteine gebunden und Sand, an Ton und Wasser gebunden, schwer zu fördern, weshalb die Förderung erst ab einem relativ hohen Erdölpreis ökonomisch betrieben werden kann. Als dies aufgrund des hohen Weltwirtschaftswachstums v.a. in den auf-strebenden Schwellenländern der Fall war, begann man mit der Erschließung dieser Reserven. Zunächst blieb der Wechselkurs des kanadischen Dollar zur Leitwährung, dem US-Dollar stabil, aber als die Förderung soweit voran geschritten war, dass das Öl auch exportiert werden konnte, legte er im Vergleich um fast 60% zu, im Zeitraum von 2002 bis 2007 (Siehe Grafik 2.1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grafik 2.1: Kanadischer Dollar in US-Dollar

Quelle: Oanda Broker Service

Der Anteil der verarbeitenden Industrie am BIP in Kanada ging seither kontinuierlich zurück (siehe Grafik 2.2). Rohstoffexporte nahmen dagegen sehr stark zu, sodass der Bergbausektor seinen Anteil an den Gesamtexporten im vergangenen Jahrzehnt um den Faktor 2,7 auf über 20% ausbauen konnte.[5] Auch gingen in der letzten Dekade in der kanadischen Industrie fast eine halbe Million Arbeitsplätze verloren, wohingegen der Rohstoffsektor nur etwa 90.000 neue Beschäftigungen generierte.[6]

Die Gehälter in diesem Wirtschaftszweig überstiegen die Gehälter in den übrigen Sektoren bei weitem. Ein Lkw-Fahrer verdient bereits ca. 100.000 Dollar jährlich.[7]

Durch diese einseitige Ausrichtung der Wirtschaft Kanadas ist diese aber besonders abhängig von dem volatilen Erdölpreis. Sinkt dessen Preis wie in Folge der globalen Konjunkturabkühlung nach dem Platzen der Immobilienblase in den USA und der Pleite der Investmentbank Lehmann Brothers, schlägt das unmittelbar durch auf die Wirtschaftslage in Kanada. Während Volkswirtschaften, die eine Diversifikation bezüglich ihrer Wirtschaftsbranchen aufweisen und eine starke Binnenwirtschaft haben, so z.B. Japan, die Folgen des Preisverfalls der Rohstoffe nutzen konnten, um günstiger zu produzieren, konnte die kanadische Wirtschaft einen tiefen Einbruch nicht abfedern. Die Arbeits-losigkeit stieg 2009 auf 8,3 % an, während Japan nur 5% zu beklagen hatte.[8] Angesichts dieser strukturellen Probleme rät die OECD in ihrem Jahresbericht Kanada dazu, die Erträge aus dem Erdöl-geschäften in einem Fonds anzulegen, der dieses Geld vorrangig im Ausland anlegt, um zu verhindern, dass der Kanada-Dollar weiter aufgewertet wird.[9]

Kanada ist nur ein Beispiel, an dem man die makroökonomischen Probleme von Ländern mit großen Ressourcenvorkommen darstellen kann, es ist aber nicht das Einzige. Auch in Russland und einigen afrikanischen Staaten sind diese Probleme bekannt und in diesen Staaten sind wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Milderung der Folgen wesentlich schwerer durchzusetzen, angesichts dessen, dass diese Ländern meist politisch instabil sind und über kein entwickeltes Finanz- und Zentralbanken-system verfügen.

[...]


[1] Natural resource abundance and economic growth, Jeffrey Sachs/Andrew Warner, 1995

[2] Der neue Kalte Krieg, Erich Follath und Alexander Junge (Hg), 2006

[3] Energierohstoffe 2009, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

[4] Energierohstoffe 2009, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

[5] http://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/0,2828,806238-3,00.html

[6] http://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/0,2828,806238-3,00.html

[7] Der neue Kalte Krieg, Erich Follath und Alexander Junge (Hg), 2006

[8] Datenquelle: Weltbank

[9] Economic survey of Canada 2008, OECD

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Bodenschätze in Entwicklungsländern. Gesellschaftliche Verarmung trotz Reichtum
Hochschule
Helene-Lange-Gymnasium Rendsburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
14
Katalognummer
V206824
ISBN (eBook)
9783656358114
ISBN (Buch)
9783656359791
Dateigröße
593 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In meiner Arbeit „Rohstoffe – Fluch oder Segen für ein Land?“ werde ich die Gründe und Sachverhalte, die sowohl zu positiven, als auch zu negativen Effekten führen können, erläutern. Ausgehend davon ist es mir aber auch wichtig Lösungsvorschläge vorzustellen und aufzuzeigen, dass ein verantwortungsbewusster Umgang mit den Bodenschätzen in jeder Region dieser Welt vermehrt ökonomisches Wachstum und Wohlstand generieren kann.
Schlagworte
ressourcen, fluch, segen, entwicklungsland
Arbeit zitieren
Finn-Ole Wulf (Autor:in), 2012, Bodenschätze in Entwicklungsländern. Gesellschaftliche Verarmung trotz Reichtum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206824

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