Das deutsche Kaiserreich als Militärstaat


Hausarbeit, 1997

19 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Militär und Verfassung
1.1 Kommandogewalt
1.2 Führungspositionen
1.3 Militärverwaltungssachen
1.4 Die Zabern - Affäre
1.5 Der Schlieffen - Plan

2. Innere Ordnung des Militärs
2.1 Das Offizierskorps
2.2 Die Einjährigen
2.3 Das Unteroffizierskorps

3. Konsequenzen
3.1 Schule und Erziehung
3.2 Gesellschaft

4. Literaturhinweise

1. Militär und Verfassung:

1.1 Die Kommandogewalt

Das Heer des Deutschen Reiches unterstand einer föderalistischen Organisation und bestand aus Kontingenten der einzelnen deutschen Königstümer (Württemberg, Sachsen und Bayern), dem preussischen Heer und der daran angeschlossenen Kontingente der restlichen deutschen Staaten . Es war jedoch kein Kontingentsheer, denn der Oberbefehl, sowie im Frieden als auch im Kriegsfall, lag beim Kaiser. Nur die bayerischen Streitkräfte bildeten im Frieden eine Ausnahme und standen nur im Kriege unter der kaiserlichen Kommandogewalt. Da die Streitkräfte der nicht-königlichen, deutschen Staaten dem preussischen Heer einverleibt worden waren, kann man sagen, daß es sich hierbei um ein preussisches Heer, welches auf das gesamte Reich ausgedehnt worden war, handelte. Dies stellt schon einen ersten Hinweis des starken Einflußes Preußens im Reich dar.

Um bei diesem Heer für gemeinsame Ausbildung, Ausrüstung und Organisation zu sorgen bedurfte es eines militärpolitischem Unitarismus.

Das Militär nahm in der Reichsverfassung eine Sonderstellung ein, „Kommandogewalt“ genannt. Diese Kommandogewalt lag beim Kaiser und deren Akte waren weder vom Parlament, noch vom Ministerium, noch vom Reichskanzler kontrollierbar oder beeinflußbar.

Thomas Nipperdey spricht hier von einer „reinen Königsmacht , arcanum imperii[1]

Angelegenheiten der Kommandogewalt waren:

- innere Angelegenheiten
- Personalfragen
- Verordnungen
- Ausbildungs - und Dienstvorschriften
- Stationierung
- Armeebefehle

Die Grenzen der Kommandogewalt waren sehr undeutlich und daher konnte im Zweifelsfalle vieles der Kommandogewalt zu- bzw. untergeordnet werden.

Somit wurde das Militär zur Kaiserlichen Waffe gegen sowohl innere (innenpolitisches Drohpotential), als auch äußere Feinde. Militäreinsätze bei Revolutionen, Staatsstreichen und sogar bei ausgedehnten Demonstrationen waren verfassungsrechtlich falls die Zivilgewalt unfähig oder unwillig zur Ordnungswiederherstellung war. Nach der Zabern - Affäre 1913 wurde diese Verordnung revidiert und ab diesem Zeitpunkt mußte ein Ersuchen durch die Zivilgewalt einem Truppeneinsatz vorausgehen.

1.2 Führungspositionen

Führungspositionen im Heer waren die Generale, der Generalstab und (bis 1883) der preußische Kriegsminister. Ihnen war ständig der unmittelbare Zugang zum Kaiser garantiert und niemand außer dem Monarchen hatte Befehlsgewalt über sie.

Die Reichsmarine war ursprünglich nur der kaiserlichen Admiralität untergeordnet bis 1889 das Oberkommando mit einer Admiralitätsabteilung (für das Militärische) und das Reichsmarineamt (für Verwaltungssachen) entstanden.

Um sich zu entlasten schuf der Kaiser, neben dem Zivilkabinett, ein Militärkabinett (und im Jahre 1889 das Marinekabinett). Zuerst waren solchen Kabinetten sekretarische Aufgaben zugedacht. Aber die Zuständigkeit und damit die Macht des Militärkabinetts wuchs und entwickelte sich zum militärischen Führungs- und Entscheidungsorgan.

Die Chefs von Militär- und Marinekabinett gehörten (...) unter Wilhelm II. zu den eigentlichen Machtträgern im kaiserlichen Reich.“[2]

Durch eine Umorganisation zugunsten des Militärkabinetts wurde Kriegsminister Kameke 1883 abgesetzt. Diese Teilung der militärischen Führungsämter stärkte außerdem auch die persönliche Position Bismarks im Machtgefüge des deutschen Reiches und die Kommandogewalt des Kaisers.

Während der Regierungszeit Wilhelms II. entstand um ihn herum am kaiserlichen Hof aus zahlreichen militärischen Hofchargen und Adjudanten das sogenannte „maison militaire“, welches offiziell in der Verfassung nicht vorgesehen war, jedoch einen starken Einfluß auf die Entscheidungen des Kaisers hatte.

Aufgrund der Vielzahl der militärischen Führungsstellen (Militär- und Marinekabinett, Generalstab, Kriegsminister, maison militaire, ...) gab es vor dem Jahr 1912 eine nur teilweise einheitliche Verteidigungs- und Rüstungspolitik bzw. strategische Planung. Koordination und Entscheidung lag beim Kaiser, welcher hierbei, trotz Unterstützung durch die Kabinette, größtenteils überfordert war.

1.3 Militärverwaltung

Trotzdem gab es immer noch bestimmte Militärangelegenheiten für die der preußische Kriegsminister zuständig war. Seine Entscheidungen zu den folgenden Zuständigkeitsbereichen waren gegenzeichnungspflichtig und vor dem Parlament zu verantworten:

- Budget
- Dauer und Gestaltung der Wehrpflicht
- Präsenzstärke des Heeres bzw. der Marine
- Militärstrafrecht und - strafprozeßrecht
- Nachschub und Versorgung

Diese Trennung der Militärverwaltungssachen von der Kommandogewalt sorgte für allerlei Koordinationsprobleme, welche sich nachhaltig auf die Funktion und die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte auswirkte.

Die Bewilligungsdauer des Militärhaushaltes war ständiger Streitgegenstand zwischen Regierung und Parlament/Reichstag, da „der Militäretat mehr als vier Fünftel der Reichsausgaben umfasste[3]. Der Reichstag erkannte zwar die Höhe und Notwendigkeit des Budgets an, wollte diesem aber nur in jährlichen Abständen zustimmen. Um weiter vorausplanen zu können und eventuell das Mitspracherecht des Parlaments diesbezüglich zu schwächen, wäre der Regierung ein Äternat (dauernde Bewilligung) am liebsten gewesen. 1867 kam man dann zu einer provisorischen 4-Jahres-Bewilligung, welche 1871 noch einmal verlängert wurde. Im Jahre 1874 kam es dann zum ersten Septennat (Bewilligung über 7 Jahre).

Als 1887 die oppositionelle Reichstagsmehrheit nur noch einem 3-jährigen Bewilligungszeitraum zustimmen wollte, wurde der Reichstag von Bismark aufgelöst.

Erst 6 Jahre später kam es zu einem echten Kompromiß zwischen dem neugewählten Reichstag und der Regierung:

Der Militärhaushalt und die Präsenzstärke der Streitkräfte wurden erhöht, die Wehrdienstzeit auf 2 Jahre verkürzt und eine 5-jährige Bewilligungsperiode wurde eingeführt.

Haushaltsplanungen der Marine waren längerfristig, da Schiffe lange Planungs- und Bauzeiten benötigten.

Der Ausbau der Seestreitkräfte, welcher auch vom Volk befürwortet wurde, nahm einen immer größer werden Teil des Budgets in Anspruch. Dadurch kam es zu einer Konkurrenzsituation zwischen dem traditionellen und adelsgeprägten Heer und den noch jungen, bürgerlichen Seestreitkräften.

Die Aufgaben der Reichsmarine waren zunächst noch defensiver Natur. Erst als Alfred von Tirpitz Staatssekretär im Reichsmarineamt wurde, begann man offensive Ziele in der Flottenpolitik zu verfolgen. In dieser Zeit entstand die deutsch-britische Flottenrivalität und Tirpitz forcierte durch geschickte Umgehung des Parlaments, Ausnutzung der öffentlichen Meinung und Unterstützung des Kaisers und der Großindustriellen den Aufbau einer deutschen Schlachtflotte, die Großbritannien vom Risiko einer militärischen Intervention abhalten sollte.

Übergriffe in die Außenpolitik durch politisierende Militärs wie von Waldersee (Chef des Generalstabs) oder Tirpitz beeinflußten das friedliche Nebeneinander der europäischen Großmächte im negativen Sinne.

Ab 1893 kam es zu einer Erweiterung der Einflußnahme des Parlaments. Entscheidungen bezüglich Militärverwaltungssachen und teilweise auch Kommandogewaltsachen wurden vom Reichstag immer mehr in seine Diskussionen miteinbezogen, so daß es für den Kriegsminister, welcher im Gegensatz zum Kaiser oder der Generalität zu Kooperation mit dem Parlament angewiesen war, immer häufiger von Nöten war, Militärsachen vor Parlament und Öffentlichkeit zu diskutieren.

Das Parlament wurde mehr und mehr zum Forum der Militärpolitik überhaupt.“[4]

[...]


[1] NIPPERDEY, Thomas: „Deutsche Geschichte 1866-1918, Band II, Machtstaat vor der Demokratie“, S. 203

2. Auflage 1993, Verlag C.H. Beck, München

[2] NIPPERDEY, Thomas: „Deutsche Geschichte 1866-1918, Band II, Machtstaat vor der Demokratie“, S. 209,

2. Auflage 1993, Verlag C.H. Beck, München

[3] ULLMANN, Hans Peter: „Das deutsche Kaiserreich 1871-1918, S. 58, Frankfurt/Main 1989

[4] Nipperdey, Thomas: „Deutsche Geschichte 1866-1918, Band II, Machtstaat vor der Demokratie“, S. 206

2. Auflage 1993, Verlag C.H. Beck, München

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das deutsche Kaiserreich als Militärstaat
Hochschule
Pädagogische Hochschule Weingarten  (FB Geschichte)
Veranstaltung
Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918
Note
gut
Autor
Jahr
1997
Seiten
19
Katalognummer
V2065
ISBN (eBook)
9783638112680
ISBN (Buch)
9783656521273
Dateigröße
514 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kaiserreich, Militärstaat, Deutsche, Kaiserreich
Arbeit zitieren
Lars Allenstein (Autor:in), 1997, Das deutsche Kaiserreich als Militärstaat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2065

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