Grundriss einer neutestamentlichen Gemeindepädagogik

Entwicklung eines gemeindepädagogischen Konzeptes unter besonderer Berücksichtigung der Ekklesiologie


Essay, 2012

211 Pages


Excerpt


Inhaltsübersicht

Einleitung

1 Gemeindeverständnis
1.1 Begriffsbestimmung
1.2 Der Auftrag der Gemeinde
1.3 Die Funktionen der Gemeinde
1.4 Zusammenfassung

2 Religions- und gemeindepädagogische Begriffe
2.1 Religionspädagogik
2.2 Religiöse bzw. christliche Erziehung
2.3 Religionsunterricht
2.4 Katechese
2.5 Gemeindepädagogik
2.6 Christian Education

3 Lehrdienst in der Bibel und in ihrer Umwelt
3.1 Der Lehrdienst im Alten Testament
3.2 Das griechisch-hellenistische Erziehungswesen
3.3 Der Lehrdienst im Neuen Testament
3.4 Konsequenzen für die Gemeindepädagogik

4 Das gemeindepädagogische Konzept
4.1 Das Gemeindewachstumskonzept
4.2 Das Jüngerschaftskonzept
4.3 Das zielorientierte Gemeindeaufbaukonzept
4.4 Die Darstellung des gemeindepädagogischen Konzeptes

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Zum Autor

Einleitung

Das Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines praktischen gemeinde-pädagogisches Konzeptes unter besonderer Berücksichtigung der Ekk-lesiologie. Diese Vorgehensweise basiert auf der Annahme, dass sich die Gemeindepädagogik primär aus dem Gemeindeverständnis ergibt, was im Verlaufe der Arbeit nachgewiesen werden soll.

Um dieser Zielsetzung nachzukommen, wird im ersten Kapitel ein Gemeindeverständnis entworfen, das sich aus dem Neuen Testament ergibt. Dabei wird primär der Frage nach dem Begriff, dem Auftrag und den Funktionen der Gemeinde nachgegangen. Andere Aspekte der Ekklesiologie werden nicht berücksichtigt, um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen. Bei der Beschäftigung mit dem Auftrag der Gemeinde wird der Missionsbefehl Jesu Christi in Mt 28, 18-20 und die Aussagen des Apostel Paulus in Eph 1, 3-14 zum Zweck der Gemeinde näher erörtert. Die Funktionen der Gemeinde, die in dieser Arbeit als Ausführung des Auftrages der Gemeinde verstanden werden, ergeben sich aus dem Bericht der Apostelgeschichte über die erste Christenheit. Die Untersuchung der Apostelgeschichte soll zeigen, wie die ersten Nachfolger Jesu Christi den Missionsbefehl verstanden und ausgeführt haben. Die Ergebnisse dieses Kapitels werden als Grundlage für die Entwicklung eines eigenen gemeindepädagogischen Konzeptes dienen.

Im zweiten Kapitel werden verschiedene gemeindepädagogische Begriffe präsentiert und diskutiert. Etwas ausführlicher wird auf die angelsächsischen gemeindepädagogischen Bemühungen eingegangen, die unter dem Begriff „Christian Education“ (CE) bekannt sind. Besonders die amerikanische CE ist in Theorie und Praxis den europäischen Kirchen weit voraus. Zusätzlich wird die Geschichte und die Bedeutung des Begriffes „Gemeindepädagogik“ untersucht, weil dieser Begriff für diese Arbeit zentral ist und gebraucht wird, um ein gemeindepädagogisches Konzept zu entwickeln.

Im dritten Kapitel wird der Lehrdienst in der Bibel und das Erziehungswesen ihrer Umwelt vorgestellt. Beim Lehrdienst im Neuen Testament stehen die Lehrtätigkeit Jesu und der Urgemeinde im Mittelpunkt. Die Betrachtung des Lehrdienstes in der Bibel und des Erziehungswesens in ihrer Umwelt weist mehrere Aspekte auf, die für die Gemeindepädagogik relevant sind. Daher werden zum Schluss dieses Kapitels die Konsequenzen für die Gemeindepädagogik diskutiert.

Bevor im letzten Kapitel das sich aus der Ekklesiologie ergebende gemeindepädagogische Konzept vorgestellt wird, sollen drei gemeindepädagogische Konzepte aus der Perspektive des Gemeindewachstums, der Jüngerschaft und des Gemeindeaufbaus besprochen werden. Diese Konzepte sind auf einem biblischen Gemeinde-, Missions- und Jüngerschaftsverständnis aufgebaut und haben sich im Kontext der Gemeinde- und Missionsarbeit weltweit bewährt. Ihr Grundmuster soll auch im eigenen gemeindepädagogischen Konzept Niederschlag finden. Das auf der Ekklesiologie aufbauende und den Begriff „Gemeindepädagogik“ berücksichtigende gemeindepädagogische Konzept wird zum Schluss dieses Kapitels mit Hilfe einer graphischen Darstellung, einigen Erklärungen und Begründungen präsentiert.

Da es hier um die Darstellung einer neutestamentlichen Gemeindepädagogik geht, wird hier primär mit dem griechischen Grundtext und den theologischen Wörterbüchern zum Neuen Testament gearbeitet. Zusätzlich werden auch Kommentare und andere Werke herangezogen, wenn diese für die Klarstellung eines biblischen Sachverhaltes nötig sind.

Auch wenn es hier um eine Untersuchung geht, die mit dem griechischen Grundtext des Neue Testaments arbeitet, wurde der griechische Text nach Möglichkeit mit lateinischen Buchstaben umschrieben. Wenn es nicht der Argumentation störte, wurde der griechische Text hinter dem deutschen Text in Klammern dargestellt. Diese Vorgehensweise soll vor allem Lesern entgegen kommen, die das Griechische nicht so gut beherrschen.

Die Abkürzungen der biblischen Bücher richten sich nach dem Abkürzungsverzeichnis der dritten Auflage des „Evangelischen Kirchen-lexikons“. Die allgemeinen Abkürzungen entsprechen dem Duden-Taschenbuch „Wörterbuch der Abkürzungen“.

1 Gemeindeverständnis als Voraussetzung der Gemeindepädagogik

Schon die Struktur des Begriffes „ Gemeinde pädagogik“ bringt zum Ausdruck, dass es hier um eine Pädagogik geht, die von der Gemeinde her bestimmt wird. Roland Degen hat daher recht, wenn er schreibt: „Das eigentliche Problem der Gemeindepädagogik scheint mir im Begriff von Gemeinde zu liegen.“[1] Das Gemeindeverständnis, die Funktionen, die der Gemeinde zugeschrieben werden, und die Zuordnung von Gemeinde und Kirche bestimmen laut Karl Foitzik die Konzeption der Gemeindepädagogik.[2]

Es ist daher notwendig, anhand der Bibel einige Aspekte der neutestamentlichen Ekklesiologie in Betracht zu ziehen, die als Grundlage der Gemeindepädagogik dienen sollen. Zuerst frage ich nach dem Begriff, anschließend sollen der Auftrag und die Funktionen der Gemeinde zusammenfassend dargestellt werden.

Als Grundlage für den Auftrag der Gemeinde dient der Missionsbefehl Jesu Christi in Mt 28, 18-20. Zusätzlich werden Texte der Bibel herangezogen, bei denen es um andere Aspekte des Auftrages der Gemeinde geht. Die Funktionen der Gemeinde, die als Ausführung des Auftrages der Gemeinde verstanden werden können, werden primär anhand der Apostelgeschichte untersucht. Die Apostelgeschichte bildet die Fortsetzung der Evangelien und zeigt ihren Lesern, wie die Jünger Jesu Christi Jesus selbst und seinen Auftrag verstanden und ausgeführt haben. Als Zeugen des Lebens, der Lehre, des Todes, der Auferstehung und der Himmelfahrt Jesu Christi waren die Jünger in der Lage, das in die Praxis umzusetzen, was sie unmittelbar von Jesus gehört und gelernt hatten. Die Apostelgeschichte ist daher historisch gesehen eine der wichtigsten Quellen für das Studium der Ekklesiologie.

Da es in diesem Teil der Arbeit um die Darstellung einer Ekklesiologie aus einer neutestamentlichen Perspektive geht, wird hier primär mit dem Grundtext und den theologischen Wörterbüchern zum Neuen Testament gearbeitet. Zusätzlich werden auch Kommentare und andere Werke herangezogen, wenn diese für die Klarstellung eines biblischen Sachverhaltes nötig sind.

1.1 Begriffsbestimmung

1.1.1 Der biblische Befund

In der Lutherbibel wird der Begriff „Gemeinde“ mit dem griechischen Wort ekklesia ( evkklhsi,a) übersetzt. Mit ekklesia wurde im profanen Griechisch die Volksversammlung beschrieben. Sie stellte die von einem Herold herausgerufenen (evk = heraus; kalei/n = rufen) und zusammengerufenen rechtsfähigen Bürger des Landes dar.[3] Dieser Versammlung wurden viele Rechte eingeräumt, denn sie konnte über Fragen der Innen- und Außenpolitik (Bündnisse, Verträge, Finanzen, Krieg und Frieden) entscheiden. Zusätzlich wurden Gesetzesänderungen und in Ausnahmefällen auch Rechtsprechungen durch diese Institution beschlossen. Die Versammlung begann gewöhnlich mit Gebeten und Opfern für die Götter der Stadt. Die Beschlüsse wurden demokratisch durch Stimmenmehrheit gewonnen. Das Wort ekklesia blieb im griechischen und hellenistischen Raum stets „auf die Gesamtheit der Polis und nur in drei Ausnahmefällen ... [auch auf] die ‘geschäftliche Versammlung’ eines Kultvereins“ bezogen.[4]

In der LXX kommt ekklesia etwa 100-mal vor und ist fast immer die Übersetzung des Begriffes kahal / lh'q' (Gemeinde). Dieser Begriff wurde im Alten Testament gebraucht, um eine Versammlung, versammelte Menge, Volksversammlung, eine festfeiernde Versammlung zu beschreiben. Besonders häufig geht es bei diesem Begriff um die Gemeindeversammlung in der Gemeinde Israels, namentlich als Kultusgemeinschaft.[5]

Neben kahal wird im Alten Testament auch der Begriff eda (hd'[e) für „Gemeinde“ benutzt. Er bezeichnet eine Volksversammlung, Schar, Menge, Versammlung der Völker, Familie und den Gottes-Rat. Fast ausschließlich wird eda e jedoch verwendet, um die religiös bestimmte Gemeinde zu beschreiben.[6] In der LXX wird dieser Begriff mit dem griechischen Wort synagoge (sunagwgh ,) wiedergegeben.[7] Der Gebrauch von ekklesia und synagoge in der LXX lässt nur geringe Unterschiede feststellen. Erst mit der Zeit wurde der Begriff synagoge eingeschränkt und bezeichnete zur Zeit des Neuen Testamentes, bei Josephus, Philo und in der urchristlichen Literatur, das Synagogengebäude.[8]

Mit kahal und eda verhält es sich ähnlich wie mit ekklesia und s ynagoge. Mit einer kleinen Ausnahme (Lev 4, 13; Dtn 23, 22) ist die Annahme zulässig, dass diese Begriffe den gleichen Sinn und die gleiche Bedeutung haben (Num 16, 3; Prov 5, 14). Sie können in weithin als Synonyme betrachtet werden.[9]

Für die Juden war die Gemeinde eine theokratische Gesellschaft, deren Mitglieder Untertanen des himmlischen Königs waren. Es ging dabei besonders um die (vertikale) Beziehung der Gemeinde zu Gott. Im griechischen Sprachgebrauch dagegen ging es um die (horizontale) Beziehung der Menschen untereinander. Denn Gemeinde wurde hier als eine sich selbst regierende demokratische Gesellschaft gesehen. Im Neuen Testament sind laut Herbert Lockyer diese beiden Aspekte verschmolzen:

That the pre-Christian history of the word had a direct bearing upon its Christian implication is evident from the fact, that the Ecclesia of the New Testament is likewise viewed as being a theocratic democracy; that is, a society of those who are free, but who are always conscious that this freedom springs from obedience to their King.[10]

Das Neue Testament gebraucht ekklesia primär, um die neutestamentliche Heilsgemeinde zu beschreiben. In dieser Hinsicht hat das Wort drei Bedeutungen: (1) Die „Gesamtgemeinde, die Gesamtheit aller von und zu Christus Berufenen, welche im Besitze, in der Gemeinschaft seines Heils sich befinden, die Kirche, die Gemeinschaft der Heilsgenossen“ (Act 2, 47; 5, 11; 9, 31; 1 Kor 6, 4; 14, 4. 5. 12; Eph 1, 22; 3, 10; Kol 1, 18. 24). (2) Die „neutest[amentliche] Heilsgemeinde in lokaler Begrenzung“ (Röm 16, 5; 1 Kor 16, 19; Kol 4, 15). (3) „Die versammelte Gemeinde, Versammlung der Gemeinde“[11] (1 Kor 11, 18; 14, 19. 28. 35).

1.1.2 Die Bedeutung von „Kirche“ und „Gemeinde“

Die Begriffe „Kirche“ und „Gemeinde“ werden heute in der deutschen Sprache gebraucht, um die neutestamentliche Heilsgemeinde zu beschreiben. Hierbei können beide Begriffe mehrere Bedeutungen haben.

Der Begriff „Kirche“ ist dem spätgriechischen Wort kyrikon / ku,rikon (Gotteshaus) entlehnt.[12] Kyrikon ist eine Vulgärform des 4. Jahrhunderts für das ältere Wort kyriakon, das „eigtl. ‘das zum Herrn gehörige’ (ergänze Haus)“ bedeutet, und „eine Substantivierung des Adj. kyriakos ‘zum Herrn (gr. kyrios) gehörig’“ ist.[13] Man geht davon aus, dass das Wort im Rahmen der Bautätigkeit in Trier während der konstantinischen Epoche entlehnt wurde und sich dann von da aus ausbreitete. Heute hat dieser Begriff mindestens vier Bedeutungen: (1) Gotteshaus; (2) Christliche Glaubensgemeinschaft; (3) Gottesdienst und (4) kirchliche Amtsträger oder Organe.[14]

Das Wort „Gemeinde“ ist vom Adjektiv „gemein“ abgeleitet und hat einen gemeinsamen indogermanischen Sprachstamm wie das griechische koinonia / koinwni,a (Gemeinschaft, Gemeinschaftsbesitz) und das lateinische communio (das durch gemeinsame Mauern gesicherte Gebiet).[15] Ursprünglich beschrieb dieser Begriff den Gemeindegrund. Später wurde er auf Menschen angewandt, die Anteil am Gemeindegrund hatten und dadurch eine Gemeinschaft bildeten. Heute wird der Begriff gebraucht, um eine Kommune, einen dem Staat untergeordneten, öffentlich-rechtlichen Verband, einen Ort oder ein Dorf zu bezeichnen.[16] Es geht hier sowohl um den Gemeindegrund als auch um die Angehörigen dieses Gemeindegrundes (d.h. die Einwohner eines Bezirkes). Zusätzlich wird er gebraucht, um eine Gemeinschaft und Gruppe von Menschen zu beschreiben, „die sich unter einer Idee od. mit bestimmten Interessen zusammengefunden haben“.[17] Wie der Begriff „Kirche“ kann „Gemeinde“ auch die „Gesamtheit der in der Kirche versammelten Gläubigen“ beschreiben.[18]

Laut Christian Möller kann der Unterschied zwischen Kirche und Gemeinde wie folgt dargestellt werden:

Im Begriff ‘Kirche’ kommt die rechtliche, institutionelle, geschichtliche und räumliche Gestalt (kyriake) ... der christlichen Gemeinde zur Sprache; im Begriff ‘Gemeinde’ kommt die personale, als Versammlung und Gemeinschaft im Evangelium sich ereignende, lokal begrenzte Gestalt von ‘Kirche’ zur Sprache.[19]

Trotz dieser Differenzierung werden heute beide Begriffe für den gleichen Sachverhalt gebraucht. Es ist festzustellen, dass je nach Lexikon man entweder den Begriff „Gemeinde“ oder „Kirche“ für den gleichen Sachverhalt verwendet. Nicht selten werden sie auch gemeinsam unter der Überschrift „Gemeinde/Kirche bzw. Kirche/Gemeinde “ behandelt.

Luther übersetzte ekklesia konsequent mit Gemeinde. Er entschied sich für diese Übersetzung, „weil er das römisch-katholische Kirchenrecht und die sich daraus ergebende päpstlich-bischöfliche Struktur der mittelalterlichen Kirche mit ihrer Macht- und Prachtentfaltung ablehnte“.[20] Die evangelischen Freikirchen haben den Begriff „Gemeinde“ folgerichtig dem Begriff „Kirche“ vorgezogen. Hier wird immer das gottesdienstliche Gebäude nicht als Kirche, sondern als Gemeindehaus bezeichnet.

1.2 Der Auftrag der Gemeinde

1.2.1 Der Missionsauftrag der Gemeinde nach Mt 28, 18-20

Jesus formulierte seinen letzten Willen an seine Jünger und somit auch den Auftrag an die Gemeinde vor seiner Himmelfahrt mit folgenden Worten:

Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Geht nun hin [poreuqe,ntej] und macht alle Nationen zu Jüngern [maqhteu,sate pa,nta ta. e;qnh], und tauft [bapti,zontej] sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt [dida,skontej] sie alles zu bewahren, was ich euch geboten habe! Und siehe, [ich] bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters. (Mt 28, 18-20)

1.2.1.1 Die Begründung des Auftrags

Jesus gibt in V. 18 seinen Jüngern die Begründung, eine Art Fundament und Voraussetzung für den Befehl. Weil er die exusia / evxousi,a (Macht) im Himmel und auf Erden hat, besitzt er das Recht, ihnen den folgenden Befehl zu geben. Der Begriff exusia[21] hat laut Walter Bauer im Neuen Testament mehrere Verwendungen:[22] (1) Die Freiheit und das Recht zu handeln, zu bestimmen und zu verfügen. (2) Die Fähigkeit, das Vermögen, die Gewalt und Macht zum Handeln. (3) Die Autorität, die Machtvollkommenheit, die Vollmacht und Befugnis. (4) Gewalt, die von Herrschern oder anderen Hochstehenden kraft ihrer Stellung ausgeübt wird. Jesus will klarstellen, dass er als auferstandener Herr der Herrscher über Himmel und Erde ist. Er hat den Anspruch auf diese Herrschaft, weil sie ihm vom Vater gegeben (edothe / Vedo,qh) wurde.[23]

1.2.1.2 Der Inhalt des Auftrages

Als Hauptverb kann beim Inhalt des Befehls matheteusate / maqhteu,sate (macht zu Jüngern) gesehen werden. Der Auftrag der Jünger ist daher, alle Nationen (panta ta ethne / pa,nta ta. e;qnh) zu Jüngern zu machen. Der Begriff matheteuo / maqhteu,w (zu Jüngern machen) hat im Neuen Testament eine dreifache Verwendung:[24] (1) Bei einer intransitiven Verwendung bedeutet der Begriff, Jünger von jemandem zu sein. So wird Joseph von Arimathäa als Jünger Jesu bzw. sein Nachfolger bezeichnet (Mt 27, 57). (2) Das Passiv drückt die gleiche Bedeutung aus. Auch hier geht es um Jünger werden oder Nachfolger von jemandem sein. (3) Der transitive Gebrauch meint zum Jünger machen, in die Schule nehmen oder belehren. Jesus erteilt seinen Jüngern den Befehl, alle Völker zu seinen Nachfolgern zu machen. Mit panta ta ethne sind ausnahmslos alle Nationen bzw. jedes Menschenvolk (Act 17, 26) gemeint.[25] „Das part. praes. bezeichnet die dauernde Tätigkeit, durch welche, nachdem mittels der Taufe die Aufnahme in die Jüngerschaft erfolgt ist, die Getauften zu rechten Jüngern im Sinne von 7, 21 gemacht werden.“[26]

Die Evangelisation

Die Partizipien poreuthentes / poreuqe,ntej (gehend), baptizontes / bapti,zontej (taufend) und didaskontes / dida,skontej (lehrend) beschreiben die Art und Weise der Ausführung des Befehls.[27] Das Verb poreuomai / poreu,omai (gehen) wird im Neuen Testament neben anderen Bedeutungen[28] für Jesu Sendung gebraucht. Wenn das Neue Testament von dem Wandern Jesu berichtet, so ist dies nicht eine bloße Schilderung seiner Wanderung, „sondern Ausdruck seiner Sendung“.[29] „Jesu Wanderleben ist Entsagung (Lk 13, 33; 9, 57), das unter dem göttlichen dei / dei/ (muss) (Lk 13, 33) steht (Lk 9, 51) und zum Vorbild sowohl für seine Nachfolger (Lk 9, 58) als auch in besonderer Weise für seine Jünger (Mt 10, 6 ...) wird.“[30] Seine Jünger werden als wandernde Apostel in die Städte Israels geschickt (Mt 10). Auch Lukas gebraucht in der Apostelgeschichte dieses Verb, um die Sendung von Philippus (9, 5), Petrus (10, 20; 12, 17) und Paulus (9, 3; 19, 21; 22, 5.10.21) zu beschreiben.

Mit Hilfe des Imperativs von poreuomai wird ein Sendungsbefehl zum Ausdruck gebracht. So wird Joseph von Gott nach Ägypten geschickt, um vor Herodes zu fliehen (Mt 2, 20). Auch das Beispiel vom heidnischen Hauptmann deutet auf diesen Gebrauch hin, wenn er Jesus mitteilt, dass seine Untertanen ihm gehorchen, wenn er sie schickt (Mt 8, 9; Lk 7, 8). Als Sendungsbefehl drückt dieser Begriff den Missionsbefehl aus. So bei der Aussendung der Jünger beim ersten Missionseinsatz in den Städten Israels (Mt 10, 6f) und besonders in Mt 28, 19. Die Jünger sollen alle Völker zu Jüngern machen, indem sie zu ihnen gehen und ihnen die Heilsbotschaft mitteilen. Dieser Teil des Befehls kann daher als Missionsbefehl gesehen werden.

Dass es beim Sendungsbefehl um die Verkündigung des Evangeliums geht, wird von Markus wie folgt zum Ausdruck gebracht: „Und er sprach zu ihnen: Geht hin [Poreuqe,ntej] in die ganze Welt [eivj to.n ko,smon a[panta] und predigt [khru,xate] das Evangelium [to. euvagge,lion] der ganzen Schöpfung [pa,sh| th/| kti,sei]! Wer gläubig geworden und getauft worden ist, wird errettet werden; wer aber ungläubig ist, wird verdammt werden.“[31] Auch Lukas weist auf die Verkündigung des Evangeliums in Verbindung mit dem Sendungsbefehl hin, wenn er Jesus mit folgenden Worten zitiert: „So steht geschrieben, und so musste der Christus leiden und am dritten Tag auferstehen aus den Toten und in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden gepredigt [khrucqh/nai] werden allen Nationen [pa,nta ta. e;qnh], anfangend von Jerusalem.“[32] Ähnlich ist die Aussage von Jesus in Act 1, 8 zu verstehen: „Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist; und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde [th/j gh/j].“ Alle Stellen bekräftigen, dass die Gemeinde den Auftrag hat, in alle Teile der Erde zu gehen und allen Völkern und Nationen das Evangelium zu verkündigen.

Für die Verkündigung des Heilsgeschehens und der Heilsverheißung, die zum Sendungsbefehl gehört, benutzt das Neue Testament kerysso / khru,ssw (verkündigen) und euangelizomai / euvaggeli,zwmai (evangelisieren).[33] Der Inhalt der Verkündigung ist die basilea tou theou / basilei,a tou/ qeou/ (das Reich Gottes) (Lk 4, 43; Act 28, 31), das euangelion / euvagge,lion (Evagelium) (Gal 2,2) oder Iesous Christos / VIhsou/j Cristo,j (Jesus Christus). Die Aufgabe des Verkündigers (keryx / khru,x) ist, allen Völkern der Erde die gute Nachricht, die Siegesbotschaft des Reiches Gottes, zu verkündigen. Jesus selbst beschreibt den Inhalt des Verbs kerysso im Zusammenhang mit dem Missionsbefehl in Lk 24, 46f. wie folgt:

So steht geschrieben, und so mußte der Christus leiden und am dritten Tag auferstehen aus den Toten und in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden [meta,noian eivj a;fesin a`martiw/n] gepredigt werden [khrucqh/nai] allen Nationen [pa,nta ta. e;qnhÅ], anfangend von Jerusalem.

Zur Verkündigung gehört der Ruf zur metanoia / meta,noia (Sinnesänderung). Sie erwartet von den Zuhörern, dass sie auf diesen Ruf antworten, indem sie glauben und sich taufen lassen. So sagt Jesus in Mk 16, 15f:

„Geht hin in die ganze Welt [ko,smon a[panta] und predigt [khru,xate] das Evangelium [euvagge,lion] der ganzen Schöpfung [pa,sh| th/| kti,sei]! Wer gläubig geworden [pisteu,saj] und getauft worden [baptisqei.j] ist, wird errettet werden [swqh,setai]; wer aber ungläubig ist [avpisth,saj], wird verdammt werden [katakriqh,setai].

Die Taufe

Der zweite Schritt der Jüngerschaft wird mit dem Partizip baptizantos / bapti,zontej (taufend) ausgedrückt. Die Grundbedeutung des Begriffes kann mit eintauchen bzw. untertauchen übersetzt werden. So wurde er gebraucht für das Eintauchen von Kleiderstücken in Farbstoff, das Eintauchen ins Wasser. Er beschrieb auch ein sinkendes Schiff, das von den Wellen zugedeckt wird.[34] Im übertragenen Sinne beschreibt dieses Wort das Eintauchen in bestimmte Erfahrungen, die oft negativ sein können. Diese Verwendung gebraucht Jesus, wenn er von seinem Tod als einer für ihn schweren Erfahrung spricht (Mk 10, 38).[35]

Im religiösen Sinn lassen sich im Neuen Testament folgende Aspekte dieses Begriffes feststellen. (1) Das rituelle Waschen im Judentum, bei dem es um die rituelle Reinheit ging. In diesem Zusammenhang entstand auch die Proselytentaufe, die beim Religionswechsel zum Judentum praktiziert wurde. (2) Die Taufpraxis des Johannes, die zwar an die Proselytentaufe anknüpft, aber dennoch in ihrer Art einmalig ist. „Die Grundvorstellung ist auch hier die des reinigenden Bades. Mit einer Beichte verbunden ist die Taufe zunächst Ausdruck der Buße, d.h. der Reue, des Verlangens, von Sünde frei zu werden.“[36] In ihrer Bedeutung will „die Taufe des Johannes ... Initiationsritus der sich sammelnden messianischen Gemeinde sein“.[37] Jesus unterzog sich dieser Taufe und „demonstrierte und realisierte [dadurch] seine Solidarität mit sündigen Menschen; der offene Himmel und die göttliche Zustimmung kennzeichnen die Taufe Jesu als einen Auftakt der Heilsbewegung und verheißen die Offenbarung des Reiches im vollendeten Werk des Messias“.[38]

(3) Der Gebrauch des Verbs baptizo für die christliche Taufe ist mehrdeutig. Die Definition von baptizo im Blick auf die christliche Taufe wird primär davon bestimmt, ob die Taufe als Sakrament oder Symbol gesehen wird. Die Tatsache, dass in der Apostelgeschichte geistliche Schritte wie die Hinwendung zu Gott, der Empfang des Heiligen Geistes, die Wassertaufe und die Aufnahme in die Gemeinde so nahe beieinander erwähnt werden, macht eine Differenzierung schwierig. Auch der Gebrauch von baptizo bei Paulus lässt an manchen Stellen schwer erkennen, ob er von der Wasser- oder der Geistestaufe spricht. Beides ist dennoch kein Hindernis für eine klare Darstellung der Bedeutung der christlichen Taufe. Laut George P. Beasley-Murray schließt die Taufe als menschlich-göttliches Ereignis folgende Aspekte ein:

[1] Gemeinschaft mit Christus in seinem Tod und seiner Auferstehung (Röm 6, 1ff; Kol 2, 11f), [2] Vergebung der Sünden und Reinigung von ihnen (Apg 2, 38; 22, 16), [3] das Geschenk des Geistes (Apg 2, 38; 1 Kor 12, 13), [4] die Gliedschaft am Leibe Christi (1 Kor 12, 13; Gal 3, 27), [5] die Erneuerung des Geistes (Tit 3, 5), [6] die Zusage des Reiches Gottes (Joh 3, 5).[39]

Weiter stellt Beasley-Murray fest, dass die gleichen Wirkungen im Neuen Testament auch dem Glauben zugeschrieben werden:

[1] Die Christusgemeinschaft (Eph, 3, 17), [2] die Teilnahme an seinem Tod und seiner Auferstehung (Gal 2, 20; 5, 24; Kol 2, 12), [3] Vergebung und Reinigung (1 Joh 1, 9), [4] die Gabe des Geistes (Gal 3, 2.14) [5] und die Erneuerung durch ihn (Joh 1, 13), [6] das Leben im Reiche Gottes (Joh 20, 31).[40]

Er schließt aus dieser Übereinstimmung, dass „Gottes gnädige Gaben für den Glauben in den Zusammenhang der Taufe gehören, und dass, was in der Taufe geschenkt wird, dem Glauben geschenkt wird“. In 1 Petr 3, 21 findet diese Übereinstimmung ihren Ausdruck in der Taufdefinition, wo es heißt: „Das Gegenbild [dazu] errettet jetzt auch euch, [das ist] die Taufe - nicht ein Ablegen der Unreinheit des Fleisches, sondern die Bitte an Gott um ein gutes Gewissen - durch die Auferstehung Jesu Christi.“ Hier erscheint „der Taufakt als eine Begegnung des Erlösers mit dem Bußfertigen ..., der nun auf der Grundlage des Evangeliums sich an diesen wendet“.[41]

Geht man von der symbolischen Bedeutung der Taufe aus, so ergibt sich die folgende Bedeutung: Durch die Taufe demonstriert der Täufling in der Gegenwart der sichtbaren und unsichtbaren Welt, dass er aufgrund der Vergebung der Sünden und der Gemeinschaft mit Christus und der Teilnahme an seinem Tod und seiner Auferstehung der Sünde gestorben ist und mit Christus in einer neuen Wirklichkeit lebt. Zusätzlich bekennt er, dass er sich mit der neuen Glaubensgemeinschaft identifiziert und somit Mitglied der lokalen Gemeinde wird. Die Gabe des Heiligen Geistes und die Erneuerung durch ihn werden in diesem Fall als Geistestaufe bzw. Wiedergeburt gesehen, durch die er auch in die universale Gemeinde bzw. in das Reich Gottes aufgenommen wird. Die Taufe demonstriert symbolisch und für alle sichtbar das Heilsereignis, das unsichtbar vor der Wassertaufe stattgefunden hat und als Voraussetzung für die Wassertaufe gesehen werden kann. Diese wiederum bildet die Voraussetzung für die Aufnahme in die Gemeinde.

Der Befehl Christi schließt somit ein, dass allen Menschen auf der ganzen Welt nicht nur die Heilsbotschaft verkündigt wird, sondern dass man sie auch tauft und somit in die Gemeinde aufnimmt, nachdem sie auf die Heilsbotschaft bejahend geantwortet haben. Dass der Befehl Jesu Christi von den Aposteln in diesem Sinne verstanden wurde, bezeugt die Praxis der Urgemeinde. Petrus ruft seine Zuhörer in der Pfingstbotschaft auf: „Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden! Und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“[42] Die Reaktion der Zuhörer beschreibt Lukas wie folgt: „Die nun sein Wort aufnahmen, ließen sich taufen; und es wurden an jenem Tag etwa dreitausend Seelen hinzugetan.“[43] Der Taufe und der Aufnahme in die Gemeinde folgte ein weiterer Schritt: „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ (V. 42). Hiermit wird der letzte Schritt der Jüngerschaft beschrieben, den Jesus in seinem Befehl nennt.

Die Lehre

Beim Begriff didasko / dida,skw (lehren) geht es in der Grundbedeutung um das Lehren, die Anleitung oder Anweisung. Da der Lehrdienst Jesu Christi und der Urgemeinde noch ausführlich besprochen wird, will ich hier nur eine kurze Zusammenfassung der Bedeutung des Begriffes geben. In den Evangelien wird didasko primär für Jesu Lehren benutzt. Lehren war seine wichtigste Aufgabe. Bezüglich der Form des Lehrens passte sich Jesus den jüdischen Lehrern seiner Zeit an.[44] Das betrifft auch den Gebrauch des Lehrstoffes. Klaus Wegenast fasst seine Untersuchung von didasko in den Evangelien zusammen und kommt zum Ergebnis, dass es primär nicht um „Ausbildung von Fähigkeiten“ geht, sondern um „Lebensbelehrung, auch Anrede und Forderung in der Form der Auslegung und Verkündigung des Willens Gottes“.[45]

Paulus gebraucht didasko in doppelter Weise: (1) „Im Blick auf die Belehrung seiner Gemeinden durch ihn selbst in der Zeit der Grundlegung ihres Christenstandes (2 Th 2, 15; Kol 2, 7; Eph 4, 21)“, und (2) „im Sinne einer innergemeindlichen Funktion der Christenheit“.[46] Im seelsorgerlich-ethischen Sinne meint das Wort eine Funktion der Christen untereinander (Kol 3, 16).[47] Zusammenfassend dient didasko in den Briefen zur Vermittlung von ethischen Anweisungen. Wird in der Apostelgeschichte die Ausführung des Auftrages der Gemeinde in Bezug auf das Gehen, Verkündigen und Taufen beschrieben, so geht es in den Briefen primär um die Ausführung des Lehrauftrages der Gemeinde. Sie sind Beispiel und Bericht darüber, wie die ersten Christen den Lehrauftrag der Gemeinde wahrgenommen haben.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Auftrag der Gemeinde nach Mt 28 darin besteht, alle Völker in allen Teilen der Erde zu Jüngern bzw. Nachfolgern Jesu Christi zu machen. Das Ziel der Jüngerschaft ist darauf aufbauend, dass Menschen aus allen Völkern und in allen Teilen der Erde das halten (terein / threi/n), was ihr Meister selbst gelebt, gelehrt und befohlen hat (Mt 28, 20b). Die Ausführung des Auftrages der Gemeinde geschieht seitens der Gemeinde, indem sie (1) zu den Menschen geht, (2) ihnen das Evangelium verkündigt, (3) die Glaubenden unter ihnen tauft und dadurch in die Gemeinden aufnimmt und (4) sie lehrt alles zu halten, was Jesus befohlen hat. Der Auftrag Jesu Christi, Jünger zu machen, kann als ein Missions-, Evangelisations-, Tauf- und Lehrbefehl an die Gemeinde Jesu Christi verstanden werden. Durch ihn wird auch der Dienst der Gemeinde an der Welt und an den Christen zum Ausdruck gebracht. In Bezug auf die Welt hat die Gemeinde daher die Verantwortung der Evangelisation und in Bezug auf die Gemeinde die Verantwortung des Lehrdienstes.

1.2.2 Der Auftrag der Gemeinde nach Eph 1, 3-14

In der Ausführung über die heilsgeschichtliche Stellung der Gemeinde im Epheserbrief[48] lässt Paulus einen anderen wichtigen Auftrag der Gemeinde zum Vorschein kommen. In Eph 1, 3-14 entfaltet er den Heilsplan des dreieinigen Gottes mit der Gemeinde,[49] dessen Verwirklichung die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umspannt. In diesem Zusammenhang teilt er seinen Lesern das Heilshandeln des Vaters (Vv. 3-6), des Sohnes (Vv. 7-12) und des Heiligen Geistes (Vv. 13-14) mit der Gemeinde mit. Am Ende jedes Abschnittes erwähnt Paulus die Absicht des Heilshandelns des dreieinigen Gottes. Sowohl das Heilshandeln des Vaters (V. 6a) als auch des Sohnes (V. 12a) und des Heiligen Geistes (V. 14b) sollen zum Lob seiner Herrlichkeit (eis epainon doxes autou / eivj e;painon do,xhj auvtou/) dienen.

Mit der Präposition eis / eivj (zum) wird auf das Ziel bzw. die Absicht des Heilshandelns Gottes hingewiesen.[50] Den Inhalt dieses Zieles bringt er mit epainon doxes autou zum Ausdruck. Der Begriff epainos / e;painoj wurde in der Antike gebraucht, um die Anerkennung bzw. den Beifall zu beschreiben. In der LXX meint das Wort die Anerkennung des Gerechten durch die Gemeinde, durch einen großen Propheten wie Mose oder durch Gott. Das Aussprechen der Anerkennung (e;painoj) steht nur Größen wie der Gemeinde, Mose und Gott zu.[51] Auf Gott bezogen beschreibt es „die anbetend-lobpreisende Haltung der Gemeinde ihrem Gott gegenüber ... und zwar stets im Hymnus“.[52] In seinem Dankeslied, das mit der Heimkehr der Bundeslade nach Jerusalem zu tun hat, besingt David den Thron Gottes als Ort, der von doxa / do,xa (Majästet) und epainos / e;painoj (Pracht) umrauscht wird.[53]

Im Neuen Testament wird der Begriff ähnlich wie in der LXX gebraucht. Auf die Menschen bezogen geht es um die Anerkennung durch die Gemeinde (2 Kor 8, 18) oder die Obrigkeit (Röm 13, 13; 1 Petr 2, 14), weil beide als Beauftragte Gottes das Recht haben, Anerkennung auszusprechen. Wenn es um die Anerkennung des Menschen durch Gott geht, wird das Wort im eschatologischen Kontext gebraucht und ist hier „Ausdruck für die Anerkennung, Bejahung des Frommen durch Gott allein im Endgericht, es ist der endgültig rettende Schicksalsspruch Gottes in der Endzeit, bei der Offenbarung Jesu Christi 1 Pt 1, 7“.[54] Wenn es um Gott geht, so hat epainos wie in der LXX einen kultisch-hymnischen Charakter und steht für „das staunend-preisende, anbetende Bekennen der Gemeinde“.[55]

Der Begriff doxa wird als Äquivalent von kawod / dAbK. (Ehre) in der LXX gebraucht und beschreibt Gottes Ehre und Gottes Macht. Gottes Macht ist in diesem Zusammenhang

ein Ausdruck seines göttlichen Wesens; die Ehre, die ihm von den Menschen zuerkannt wird, ... letztlich nichts als Bejahung dieses selben Wesens. Diese göttliche Herrlichkeit, die sein Wesen in seiner Schöpfung und in seinen Taten offenbart, die die Erde wie den Himmel erfüllen, heißt do,xa qeou/.[56]

Auch die Erscheinungsformen Gottes bei der Gesetzgebung, in der Stiftshütte und im Tempel, wo es um den göttlichen Lichtglanz geht, kann als doxa übersetzt werden. Hiermit wird die Erscheinung der Gegenwart Gottes beschrieben.

Im Neuen Testament findet sich die gleiche Verwendung des Begriffes. Er beschreibt hier auch die göttliche Wesensart. Es geht dabei um göttliche Ehre, Pracht, Macht und sichtbaren göttlichen Glanz. Hier wird doxa gebraucht, um die Herrlichkeit und Gegenwart Gottes bei der Geburt Christi (Lk 2, 9), bei der Verklärung (Lk 9, 31f.; 2 Petr 1, 17) und im himmlischen Tempel und der himmlischen Stadt zu beschreiben (Apk 15, 8; 21, 23). Auch das göttliche Handeln Jesu Christi wird mit diesem Begriff beschrieben. Im Zusammenhang mit der Erwähnung des ersten Wunders Jesu Christi berichtet Johannes: „Diesen Anfang der Zeichen [tw/n shmei,wn] machte Jesus zu Kana in Galiläa und offenbarte [evfane,rwsen] seine Herrlichkeit [th.n do,xan auvtou/]; und seine Jünger glaubten an ihn.“[57] Jesus selbst kündigt an, dass er in der Endzeit in seiner Herrlichkeit erscheinen wird (Mt 25, 31). In der Begegnung mit Christus auf dem Weg nach Damaskus erlebte Paulus die Herrlichkeit des Lichtes, was zur Folge hatte, dass er sein Augenlicht verlor (Act 22, 11). Sehr oft kommt der Begriff in Doxologien vor, wo Gottes Herrlichkeit, Macht und Größe gepriesen wird (Lk 2, 14; 19, 38; Röm 11, 36; 16, 27; Eph 3, 21; Phil 4, 20, 1 Tim 1, 17; Apk 4, 9; 7, 12). Celsas Spicq hat daher recht, wenn er schreibt: „... doxologies acclaim either God’s excellence, nature, and activity, or Christ as King, heavenly priest ... shepherd: ‘Jesus Christ, to whom be the glory for ever and ever’.“[58] In Verbindung mit epainos beschreibt doxa wie im Lobpreis von David in 1 Chr 16, 27 „die lobpreisende Haltung der Gemeinde auf Grund des Heils, das ihr Gott gegeben hat“.[59]

Der Auftrag der Gemeinde ist somit, in allem Leben und Tun Gottes Herrlichkeit, Macht und Handeln anbetend und mit Hilfe von Musik und Gesang zu preisen. Ähnlich ist die Anweisung des Paulus an die Kolosser zu verstehen, wo es heißt: „Das Wort des Christus wohne reichlich in euch; in aller Weisheit lehrt und ermahnt euch gegenseitig! Mit Psalmen [yalmoi/j], Lobliedern [u[mnoij] und geistlichen Liedern [wv|dai/j pneumatikai/j] singt [a;|dontej] Gott in euren Herzen in Gnade.“[60] Die Epheser ermahnt er, mit dem Heiligen Geist erfüllt zu werden, indem sie unter anderem „zueinander in Psalmen [yalmoi/j] und Lobliedern [u[mnoij] und geistlichen Liedern [wv|dai/j pneumatikai/j]“ reden und dem Herrn mit ihrem Herzen singen (adontes / a;|dontej) und spielen (psallontes / ya,llontej).[61]

Der Begriff psalmos / yalmo,j (Psalm) wurde gebraucht, um das Schnellen der Saite eines Bogens oder das Spiel mit einem Saiteninstrument zum Ausdruck zu bringen.[62] Im Alten Testament beschrieb dieser Begriff die Psalmen, die musikalisch begleitet wurden. Im Neuen Testament wird er für die Psalmen des Alten Testamentes gebraucht und kann sich auch auf christliche Dichtungen beziehen, die unter musikalischer Begleitung gesungen wurden. Bei hymnos / u[mnoj steht der Aspekt des Singens im Vordergrund.[63] Hier geht es um Danklieder. Mit ode / wv|dh, wird das religiöse, vom Geist inspirierte (pneumatikos / pneumatiko,j) Lied beschrieben. Laut Heinrich Schlier kann „das geistliche Lied der Kirche“ als „das im Kultus in der Form wechselseitigen und gegenseitigen Zuspruchs laut werdende Wort Christi“ gesehen werden.[64]

Diese Texte unterstreichen den Gedanken, dass durch die Anbetung nicht nur Gott verherrlicht, sondern auch die Gemeinde erbaut wird. Ein Beleg hierfür liefert die Aussage des Paulus an die Korinther, wo es um den Einsatz der Gaben zur Erbauung der Gemeinde geht: „ „Was ist nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder einen Psalm [yalmo.n], hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprache[nrede], hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung [pa,nta pro.j oivkodomh.n gine,sqw]“.[65] Paulus ruft nicht nur dazu auf, Gott anbetend zu loben und zu preisen, sondern praktiziert dies auch. So berichtet Lukas, dass Paulus und Silas im Gefängnis „beteten ... und lobsangen Gott [u[mnoun]; und die Gefangenen hörten ihnen zu“.[66]

Doch die Gemeinde hat nicht nur den Auftrag, Gott mit Hilfe des Gesangs und der Musik zu verherrlichen und andere auf seine Größe und Herrlichkeit aufmerksam zu machen, sondern durch ihr ganzes Leben. In der Bergpredigt fordert Jesus: „So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke [kala. e;rga] sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen [doxa,swsin].“[67] In seiner Abschiedsrede, die er an seine Jünger richtet, spricht Jesus darüber, dass Gott durch ihn und er durch Gott verherrlicht werde (Joh 13, 31f). In diesem Zusammenhang ermahnt er seine Jünger: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch [ihr] einander liebt. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“[68] Die Jünger bekommen den Auftrag, Gott nicht nur durch Werke, sondern durch ihre Liebe vor allen Menschen zu verherrlichen. Petrus unterstreicht diesen Gedanken: „und führt euren Wandel unter den Nationen [toi/j e;qnesin] gut, damit sie, worin sie gegen euch als Übeltäter reden, aus den guten Werken [tw/n kalw/n e;rgwn], die sie anschauen, Gott verherrlichen [doxa,swsin] am Tage der Heimsuchung!“[69] Die Gemeinde hat somit den Auftrag, durch eine liebende Einstellung zueinander, durch ihre guten Taten den Menschen gegenüber und durch Anbetung und Lob Gott zu verherrlichen. Es liegt auf der Hand, dass diese Aufforderung große gemeindepädagogische Konsequenzen hat.

1.3 Die Funktionen der Gemeinde bei den ersten Christen

Unter Funktionen der Gemeinde verstehe ich die konkrete Ausführung ihres Auftrages. Die Gemeinde beginnt zu funktionieren, indem sie sich in Bewegung setzt und den ihr anvertrauten Auftrag mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ausführt. Da die Apostelgeschichte ein Bericht des Lukas über die Ausführung des Gemeindeauftrages durch die ersten Christen ist, soll sie auch als Grundlage für die Darstellung der Funktionen der Gemeinden dienen. Als Ergänzung werden andere Schriften des Neuen Testamentes dienen.

1.3.1 Die Evangelisation

Der Vorgang der Evangelisation

Lukas berichtet im Verlauf der gesamten Apostelgeschichte, wie sich die missionarisch-evangelistische Tätigkeit der ersten Christen von Jerusalem bis nach Rom ausdehnte. Er zeigt dabei, wie schwer es den Judenchristen fiel, die geographischen und ethnischen Grenzen zu überwinden.

Die evangelistische Tätigkeit begann mit der Predigt des Petrus in Jerusalem. Nach der Ausgießung des Heiligen Geistes trat er vor die Menschen in Jerusalem und verkündigte ihnen das Evangelium (Act 2, 14-40). Sehr bald gerieten Petrus und die anderen Jünger wegen ihrer evangelistischen Tätigkeit in Konflikt mit der Führung des Volkes Israel. Da sie trotz der Warnungen ihrer Gegner den Verkündigungsdienst nicht einstellten, kam es zur Verfolgung, die besonders nach dem Märtyrertod von Stephanus eskalierte (7, 54-8, 1).

Diese Situation trug dazu bei, dass die Christen sich zerstreuten und so das Evangelium über die Grenzen von Jerusalem hinaus verkündigten (8, 4). Als erster wird der Evangelist Philippus erwähnt, der in Samaria tätig war. Aufgrund seiner Verkündigung und seiner Heilungstaten kamen Menschen in dieser Gegend zum Glauben und ließen sich taufen (8, 6-12). Als die Apostel in Jerusalem von diesen Ereignissen hörten, schickten sie Petrus und Johannes nach Samaria, um die Ereignisse vor Ort zu untersuchen. Nachdem sie erkannten, dass der Heilige Geist auch den Samaritern geschenkt worden war, kehrten sie nach Jerusalem zurück. Auf ihrer Heimreise predigten sie in vielen Dörfern der Samariter (8, 25).

Nach diesem Ereignis wurde Philippus vom Heiligen Geist berufen, dem Kämmerer von Äthiopien das Evangelium zu verkündigen (8, 26ff). Dieser kam zum Glauben und wurde von Philippus getauft (V.38). Philippus wurde somit zum ersten Missionar der Urgemeinde, durch den das Evangelium auf einen anderen Kontinent getragen wurde. Bemerkenswert ist, dass Lukas nach diesem außergewöhnlichen Ereignis der Missionsgeschichte die Bekehrung des Apostels Paulus erzählt. Schon bei dieser Gelegenheit lässt der Bericht des Lukas die Leser wissen, dass Saulus zum Missionar der Heiden berufen wurde, wenn er die Worte des Herrn an Ananias wie folgt zitiert: „ Geh hin! Denn dieser ist mir ein auserwähltes Werkzeug, meinen Namen zu tragen sowohl vor Nationen als Könige und Söhne Israels [evnw,pion evqnw/n te kai. basile,wn ui`w/n te VIsrah,l] (9, 15).“

Lukas beginnt seinen neuen Abschnitt mit dem Hinweis, dass die Gemeinde in ganz Judäa, Galiläa und Samarien Frieden hatte (V. 31). Diese Aussage will die Leser nicht nur darüber informieren, dass die Verfolgungen nach der Bekehrung des Saulus aufgehört haben, sondern lässt sie auch wissen, dass die Gemeinde sich in ganz Judäa, Galiläa und Samarien ausgebreitet hat. Die von Jesus angegebenen geographischen Räume (1, 8) wurden somit zum größten Teil von den ersten Christen erreicht. Doch die ethnischen Grenzen scheinen ihnen noch viel Mühe bereitet zu haben. Lukas liefert seinen Lesern einen sehr ausführlichen Bericht über die Überwindung dieser Grenzen durch den Apostel Petrus (10, 1ff) und die Gemeinde in Jerusalem (11, 1-18). Erst nach einer langen Überzeugungsrede des Petrus über die Tatsache, dass Gott auch anderen Nationen das Heil gegeben hat, beruhigten sich die Christen in Jerusalem und kamen zu der Schlussfolgerung: „Dann hat Gott also auch den Nationen [kai. toi/j e;qnesin] die Buße gegeben zum Leben (V.18).“

Im Anschluss an diese Schilderung schreibt Lukas, dass es immer noch Judenchristen in Palästina gab, die nur den Juden das Evangelium verkündigten (V. 19).[70] Erst die Judenchristen aus der Gegend von Zypern und Kyrene, die in der Diaspora lebten, verkündigten auch den anderen Nationen das Evangelium in Antiochia (V. 20).[71] Ihre evangelistische Tätigkeit führte zur Gründung der ersten multikulturellen Gemeinde (Vv. 21-26). In Antiochia nahm Paulus seine Tätigkeit auf (11, 26) und wurde später von hier aus mit Barnabas als Missionar ausgesandt (13, 1-3). Barnabas und Paulus führten den Missionsauftrag Jesu Christi weiter, indem sie sowohl den Juden als auch den Heiden das Evangelium verkündigten und sie zu Jüngern machten (14, 21f). Nach ihrer Rückkehr berichteten sie über ihren Dienst unter den Heiden (V. 27).

Die Entstehung der Gemeinden unter den Heiden trug zu Spannungen unter den Judenchristen bei, von denen einige den nicht-jüdischen Christen mosaische Ordnungen auferlegen wollten. Diese Diskussion führte zur Einberufung des ersten Konzils der Christenheit, auf dem beschlossen wurde, den Heiden keine mosaischen Ordnungen aufzuerlegen, außer dass sie sich von Götzenopfern, vom Blut, vom Erstickten und von Unzucht enthalten sollten (15, 29). Lukas setzt ab hier die Beschreibung der missionarischen Tätigkeit des Paulus fort, die ihn über Athen, der Hochburg der griechischen Philosophie, bis zur Hauptstadt des Römischen Reiches und somit zur politischen Zentrale der damaligen Welt führte.

Der Inhalt der Evangelisation

Das Neue Testament verwendet vier Begriffe, um die christliche Verkündigung zu beschreiben: (1) Das kerygma / kh,rugma, bei dem es im ursprünglichen Sinne um die Mitteilung bzw. das Ausrufen eines Herolds geht. Der Inhalt konnte eine „Nachricht, Bekanntmachung, Anfrage, Aufforderung, Verordnung, Erlass, Befehl, Proklamation des Siegers, Ausrufen von Ehrungen“ sein.[72] Im christlichen Sinne geht es primär um die Mitteilung des Evangeliums, die das Werk und die Person Jesu Christi zum Inhalt hat.[73] (2) Die didache / didach, bedeutet Lehre, Unterricht und Belehrung. Im Neuen Testament ist dadurch die gesamte Botschaft Jesu Christi gemeint.[74] Es geht dabei um die Erläuterung des kerygma und somit um die Verkündigung des göttlichen Willens.[75] (3) Der Begriff paraklesis / para,klhsij kann als Herbeirufen, Bitten, Ermahnen und Trösten übersetzt werden.[76] Diese Art von Verkündigung fordert die Zuhörer auf, ihr Leben entsprechend des kerygma und der didache zu gestalten.[77] (4) Durch homilia / o`mili,a wird die Besprechung jedes Themas oder Bereiches des Lebens im Lichte der christlichen Botschaft zum Ausdruck gebracht.[78] William Barclay fasst die Bedeutung dieser vier Begriffe folgendermaßen zusammen: „There is plain proclamation of facts of the Christian gospel; the explanation of the meaning and the relevance of these facts; the exhortation to fit life to them; and the treatment of all the activities of life in the light of the Christian message.“[79]

Laut Barclay lassen sich in der apostolischen Predigt fünf Aspekte des Inhaltes erkennen.[80] (1) Die Beweisführung, dass das Leben und Werk Jesu Christi als Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie gesehen werden kann. (2) Jesus ist der verheißene Messias, und durch sein Kommen ist das messianische Zeitalter angebrochen. (3) Jesus wurde Mensch, lehrte, wirkte Wunder, wurde gekreuzigt, ist auferstanden und sitzt nach seiner Erhöhung zur Rechten Gottes. (4) Jesus wird in Herrlichkeit wiederkommen, um sein Reich auf Erden aufzurichten. (5) Die Botschaft schloss mit der Aussage, dass Jesus der einzige Weg zum Heil ist, und der Herausforderung, an Jesus zu glauben und den Heiligen Geist zu empfangen. Zusätzlich beinhaltete die Predigt auch eine Warnung, die Botschaft abzulehnen.[81] Der Ruf zur Umkehr schloss die Aufforderung, sich taufen zu lassen, ein.

1.3.2 Die Taufe und Aufnahme in die Gemeinde

Die Taufpraxis der ersten Christen

Lukas berichtet, dass Petrus am Ende seiner Botschaft die Zuhörer aufrief, Buße zu tun und sich taufen zu lassen (2,38). Menschen, die diesem Ruf folgten, wurden getauft und der Gemeinde hinzugefügt (V. 41). Im Verlauf der gesamten Apostelgeschichte wiederholt sich diese Praxis. So heißt es von den Samaritern: „als sie aber dem Philippus glaubten [evpi,steusan], der das Evangelium vom Reich Gottes und dem Namen Jesu Christi verkündigte, ließen sie sich taufen [evbapti,zonto], sowohl Männer als auch Frauen.“[82] Ähnlich ist die Sachlage beim Kämmerer aus Äthiopien (8, 36-38). Auch Paulus wurde kurz nach seiner Bekehrung von Ananias getauft (9, 18). Als Petrus im Hause von Kornelius zum ersten Mal sah, dass auch die Heiden dem Evangelium glaubten und den Heiligen Geist empfangen hatten, sagte er: „Könnte wohl jemand das Wasser verwehren, dass diese nicht getauft würden [baptisqh/nai], die den Heiligen Geist empfangen haben wie auch wir? Und er befahl, dass sie getauft würden [baptisqh/nai] im Namen Jesu Christi.“[83]

Auf seinen Missionsreisen übte Paulus die Taufpraxis der Urgemeinde. Lukas schreibt, dass die Purpurhändlerin Lydia aus Thyatira, die in Philippi lebte, der Botschaft des Paulus glaubte und mit ihrem Haus getauft wurde (16, 14f.). Auch der Gefängnisaufseher, der durch Paulus und Silas zum Glauben kam, ließ sich mit seinen Angehörigen taufen (V. 33). Die Wichtigkeit der Taufverordnung unterstreicht Lukas insbesondere durch den Bericht über eine zweite Taufe von Jüngern des Johannes des Täufers in Ephesus. Nachdem die Jünger von der Taufe auf den Namen Jesu Christi erfahren hatten, waren sie bereit, sich taufen zu lassen (19, 3-5). Dass Paulus den Befehl, Menschen aufgrund ihres Glaubens zu taufen, sehr ernst nahm, sehen wir an seiner Verteidigungsrede in Jerusalem. In ihr teilt er seinen Zuhörern mit, dass er selbst sofort nach seiner Bekehrung zur Taufe aufgefordert wurde: „Und nun, was zögerst du? Steh auf, laß dich taufen [ba,ptisai] und deine Sünden abwaschen, indem du seinen Namen anrufst!“[84]

Die Aufnahme in die Gemeinde

Der Taufe folgte in der Regel die Aufnahme in die Gemeinde. Lukas berichtet, dass die Gläubigen nach ihrer Taufe der Gemeinde hinzugefügt (prosetethesan / prosete,qhsan) wurden (2, 41b). Das Verb prostithemi / prosti,qhmi meint ursprünglich ansetzen, anfügen und hinzufügen von Sachen oder Personen. Sich den Athenern anzuschließen oder für sie Partei zu ergreifen, konnte mit diesem Wort ausgedrückt werden, oder jemanden für sich zu gewinnen oder auf seine Seite bringen. Es ging somit um den Anschluss an eine vorhandene Gesellschaft. In der LXX wird dieses Verb gebraucht, um das „Einverleiben von Personen in eine Gemeinschaft“ bzw. in das Volk Israel (2 Sam 24, 3) auszudrücken.[85] Im Neuen Testament meint das Wort ebenfalls „Einfügung von Menschen in eine Gemeinschaft“,[86] so in Apostelgeschichte 2, 41. 47; 5, 14; 11, 24. Auch wenn in allen Fällen das Objekt zu prostithemi fehlt, geht es um das Hinzufügen zur Gemeinde.[87]

Neben prostithemi gebraucht Lukas andere Wörter, um das Wachstum der Gemeinde und somit auch den Eintritt in die Gemeinde zu beschreiben. Von der Gemeinde in Jerusalem berichtet er, dass sie immer größer wurde. Neben der Erwähnung der Zahl von etwa dreitausend Menschen, die nach der Pfingstbotschaft des Petrus der Gemeinde hinzugefügt wurden (2, 41), spricht er in 4, 4 darüber, dass die Zahl der Männer auf etwa fünftausend stieg. In 6, 7 heißt es: „Das Wort Gottes wuchs, und die Zahl [o` avriqmo.j] der Jünger in Jerusalem mehrte sich sehr [evplhqu,neto sfo,dra]; und eine große Menge [polu,j te o;cloj] der Priester wurde dem Glauben gehorsam [u`ph,kouon th/| pi,stei].“

Auch über die Grenzen von Jerusalem hinaus kamen Menschen zum Glauben und trugen zum Wachstum der Gemeinde bei. So hat das Wunder der Auferweckung der Tabita durch Petrus dazu beigetragen, dass dieses Ereignis in der ganzen Gegend von Joppe bekannt wurde, „und viele [polloi.] glaubten [evpi,steusan] an den Herrn“.[88] Lukas berichtet, dass „die Gemeinden [evkklhsi,ai]“, die Paulus auf seiner Missionsreise gründete, „im Glauben gefestigt [evstereou/nto th/| pi,stei]“ wurden und „täglich an Zahl [evperi,sseuon tw/| avriqmw/| kaqV h`me,ranÅ]“ zunahmen.[89] Das trifft auch für die Stadt Beröa zu, wo viele (polloi) bzw. nicht wenige (ouvk ovli,goi) der Botschaft von Jesus Christus glaubten (evpi,steusan).[90]

Auch wenn Lukas an einigen Stellen vom Wachstum der Gemeinde als Folge des Glaubens spricht, ohne die Taufe zu erwähnen, ist davon auszugehen, dass die Glaubenden erst getauft und dann in die Gemeinde aufgenommen wurden bzw. Gemeinden bildeten, wie es bei anderen Gelegenheiten der Fall war.[91]

Die Berichte des Lukas, in denen die Reihenfolge Glaube, Taufe, Hinzufügung zur Gemeinde und Gemeindewachstum vorkommt, bezeugen, dass die Taufe und Aufnahme in die Gemeinde untrennbar sind. Die Taufe kann daher auch als Eintritt in die örtliche Gemeinde gesehen werden. George Beasley-Murray kommt in seiner umfangreichen Studie über die Taufe zum gleichen Ergebnis, wenn er schreibt:

In der Tat eignet sich die Taufe im Blick auf den zweifachen Aspekt ihrer Bedeutung vorzüglich als das Mittel der Inkorporierung des Glaubenden in die Gemeinde ... Durch sie wird ein Mensch, der bisher nicht Glied des Volkes Gottes war, dem Herrn und seinem Volk zugerechnet, und in offener, sichtbarer, öffentlicher Weise wird er in die Gemeinde aufgenommen.[92]

1.3.3 Der Gottesdienst

Als dritte Funktion der Gemeinde nennt Lukas den Gottesdienst: „Sie verharrten [h=san de. proskarterou/ntej] aber in der Lehre der Apostel [th/| didach/| tw/n avposto,lwn] und in der Gemeinschaft [th/| koinwni,a|], im Brechen des Brotes [th/| kla,sei tou/ a;rtou] und in den Gebeten [tai/j proseucai/jÅ]“. Er erwähnt hier die Hauptbestandteile des Gottesdienstes in der Urgemeinde,[93] die laut Rainer Riesner auch in anderen Gemeinden des Neuen Testamentes praktiziert wurden. Das ergibt sich für ihn aus dem ersten Korintherbrief. Er schreibt, dass Paulus „ab 1 Kor 11, 2 ... Fragen der richtigen Gottesdienstgestaltung“ behandelt. „Das zeigt neben dem Inhalt das häufig wiederkehrende Wort [ sunerchomai ] sune,rcomai, das als Spezialausdruck für ‘(zum Gottesdienst) versammeln’ gebraucht ist.“[94]

Die erwähnten Bestandteile des Gottesdienstes werden von Lukas mit dem Verb proskatereo / proskartere,w eingeleitet. Seine Grundbedeutung ist beharren bei, andauern bei, bleiben bei. In Bezug auf Menschen bedeutet es, jemandem standhaft anhangen, treu sein. Wenn das Objekt des Verbs eine Sache ist, so kann es drei Bedeutungen haben: (1) sich emsig beschäftigen mit, dauernd bedacht sein auf; (2) festhalten an etwas; (3) sich fortgesetzt aufhalten.[95] Im Neuen Testament kommen mehrere Bedeutungen vor. Im Kontext von Act 2, 42 wird durch dieses Verb zum Ausdruck gebracht, dass die ersten Christen ständig, andauernd und gleichzeitig an vier Gestaltungselementen des Gottesdienstes festhielten. Das Präsens Partizip von proskatereo unterstreicht zusätzlich diesen Gebrauch. Die gleiche Verwendung vom proskatereo findet sich an anderen Stellen der Apostelgeschichte. So berichtet Lukas in 1, 14, dass die Jünger vor der Nachwahl eines zwölften Apostels und der Ausgießung des Heiligen Geistes „ alle verharrten [proskarterou/ntej] einmütig [o`moqumado.n] im Gebet [th/| proseuch/|]“. Eine ähnliche Bedeutung hat das Verb in 6, 4, wo es heißt: „Wir aber werden im Gebet [th/| proseuch/|] und im Dienst des Wortes [th/| diakoni,a| tou/ lo,gou] verharren [proskarterh,somen]“.[96]

Die Lehre der Apostel

Den ersten Bestandteil des Gottesdienstes der Jerusalemer Gemeinde beschreibt Lukas mit te didache ton apostolon / th/| didach/| tw/n avposto,lwn. Wie oben erwähnt, meint didache Lehre, Unterricht und Belehrung. Im Unterschied zum kerygma (Verkündigung) ist die didache die Erklärung und Erläuterung des kerygma.

Lukas spricht von der Lehre der Apostel, weil sie „als die nächsten Jünger Jesu und Zeugen seines Wirkens in dieser Anfangszeit die natürlichen autoritativen Träger der Lehre“ waren.[97] Auch Frederick F. Bruce unterstreicht diesen Gedanken, wenn er schreibt: „The apostolic teaching was authoritative because it was the teaching of the Lord communicated through the apostles.“[98]

Das lehrende Reden der Apostel und ersten Christen bezog sich jedoch nicht nur auf die christliche Gemeinschaft und fand nicht nur im Kontext des Gottesdienstes statt. Lukas berichtet, dass die Apostel auch das Volk lehrten und seitens ihrer Feinde den Vorwurf hören mussten, die ganze Stadt mit ihrer didache gefüllt zu haben (5, 28). Auch die Botschaft des Paulus in Athen wird als eine neue Lehre verstanden (17, 19). Die gesamte Missionstätigkeit des Paulus wurde von seinen Gegnern als eine Lehrtätigkeit gegen das Gesetz des Mose gesehen (21, 28). Die erste Christenheit beschränkte ihren Dienst gegenüber der Welt nicht nur auf die Verkündigung des Evangeliums, sondern versuchte es, den Menschen zu erklären und zu erläutern.

Die Gemeinschaft

Ein zweiter Bestandteil des Gottesdienstes ist die koinonia / koinwni,a. Im ursprünglichen Sinne beschreibt dieser Begriff die Teilhabe und Gemeinschaft im Sinne einer sehr engen Verbindung und eines beidseitigen Verhältnisses. Das Wort koinonia kann daher (1) Anteilhaben, (2) Anteilgeben und (3) Gemeinschaft bedeuten.[99] Im Neuen Testament wird der Begriff primär von Paulus mit einer ausschließlich theologischen Bedeutung gebraucht.[100] Er meint die Glaubensbeziehung mit Christus und spricht in diesem Zusammenhang von der „Anteilnahme am ‘Sohn’ (1 Kor 1, 9), am ‘heiligen Geist’ (2 Kor 13, 13), am ‘Evangelium’ (Phil 1, 5), an den fortdauernden ‘Leiden Christi’ (Phil 3, 10) [und] am ‘Glauben’“.[101] In Gal 2, 9 geht es laut Johannes Schattenmann um die „gegenseitige Anerkennung des ‘Seins in Christus’“ und in 1 Kor 10, 16 um „die Anteilnahme an Leib und Blut Christi und somit das Einswerden mit dem erhöhten Christus“.[102] Wie diese Gemeinschaft mit Christus entsteht, beschreibt Schattenmann mit folgenden Worten:

Diese Christusgemeinschaft kommt durch einen schöpferischen Eingriff Gottes zustande; sie geschieht als Umwandlung des Menschen, die bis in die Wurzeln des Seins hinabreicht, also die Geburt einer neuen Existenz ist ... Das neue Sein ist ... ein Hineingenommenwerden in Jesu Tod, Begräbnis, aber auch Auferstehung und Herrlichkeit. Es kommt nicht zu einer Auflösung der Persönlichkeit und nicht zu einer Verschmelzung der Persönlichkeit, sondern zu einem neuen, in der Vergebung der Sünden begründeten Verhältnis.[103]

Paulus betont mit koinonia die Beziehung zu Christus. Lukas dagegen geht es vor allem um das neue Verhältnis der Menschen, die Christen geworden sind, zueinander. Dieses neue Verhältnis zueinander ist in dem neuen Verhältnis zu Christus, das durch den Heiligen Geist gewirkt wird, begründet. Denn diese Gemeinschaft kommt laut Lukas erst zustande, nachdem die Menschen zum Glauben gekommen, getauft und der Gemeinde hinzugefügt worden sind. Der zweite Bestandteil des Gottesdienstes ist daher die „durch den Geist gewirkte Einmütigkeit und Einigkeit“.[104]

Im Kontext des Gottesdienstes wurde diese Gemeinschaft in der Urgemeinde auch zum Ausdruck gebracht, indem man gemeinsame Mahlzeiten zu sich nahm.[105] Lukas teilt in V. 46 mit, dass die Jünger „täglich verharrten [proskarterou/ntej] ... einmütig [o`moqumado.n] im Tempel und brachen zu Hause das Brot, nahmen Speise [trofh/j] mit Jubel und Schlichtheit des Herzens“. In seinem ersten Schreiben an die Korinther, wo Paulus über das Abendmahl spricht (11, 17-34), scheint er diese Praxis der Gemeinschaft im Kontext des Gottesdienstes anzusprechen.

Über den Rahmen des Gottesdienstes hinaus wurde diese Gemeinschaft auch praktiziert, indem man für die Nöte anderer Christen Kollekten sammelte und sie an Notdürftige austeilte (Röm 15, 26; 2 Kor 8, 4; 9, 13; Hebr 13, 16).[106] In der Gemeinde von Jerusalem drückte sich dieses Füreinander besonders in der Gütergemeinschaft aus:[107] „Alle Gläubiggewordenen aber waren beisammen und hatten alles gemeinsam [ei=con a[panta koina,]; und sie verkauften die Güter und die Habe und verteilten sie an alle, je nachdem einer bedürftig war.“[108]

Das Mahl des Herrn

Beim dritten Bestandteil des Gottesdienstes geht es um das Brechen des Brotes (te klasei tou artou / th/| kla,sei tou/ a;rtou). Die Kommentatoren sind sich nicht einig, ob es sich bei dieser Aussage um ein christliches Gemeinschaftsmahl oder das Abendmahl handelt.[109] Lukas selbst gebraucht diese Formulierung in seinem Evangelium, um sowohl ein gewöhnliches Essen (Lk 24, 35) als auch das Abendmahl (Lk 22,19) zu beschreiben. In der Apostelgeschichte sind ebenfalls beide Bedeutungen zu finden. Wenn Lukas vom Brechen des Brotes vor dem Essen auf der Schiffsreise des Paulus berichtet, so geht aus dem Kontext eindeutig hervor, dass es sich hier um ein gewöhnliches Essen handelt. (27, 35). Das Brechen des Brotes des Paulus in Troas am ersten Tag der Woche und im Kontext eines Gottesdienstes lässt dagegen die Schlussfolgerung zu, dass hier das Abendmahl gemeint ist (20, 7.11).

Ähnlich wie im V. 42 spricht Lukas in V. 46 vom Brechen des Brotes, wenn er schreibt: „Täglich verharrten sie einmütig [proskarterou/ntej o`moqumado.n] im Tempel und brachen zu Hause das Brot [klw/nte,j te katV oi=kon a;rton], nahmen Speise mit Jubel und Schlichtheit des Herzens.“ Die Tatsache, dass in V. 42 der bestimmte Artikel (th/| kla,sei tou/ a;rtou) gebraucht wird und in V. 46 fehlt, lässt laut David J. Williams die Schlussfolgerung zu, dass es sich im V. 42 um ein bestimmtes Brechen des Brotes und somit um das Abendmahl handelt.[110] Da im V. 46 der Artikel und die Verbindungspartikel kai / kai, (und) zwischen dem Brechen des Brotes und der Einnahme der Mahlzeiten fehlt, geht es hier laut Williams nicht um das Abendmahl, sondern um ein christliches Gemeinschaftsmahl, das mit dem Brechen des Brotes eingeleitet wurde. Der Ausdruck „Brot brechen“ kann somit als ein terminus technicus für die Beschreibung des Abendmahles gesehen werden, was I. Howard Marshall auch bestätigt, wenn er schreibt: „Luke is simply using an early Palestinian name for the Lord’s Supper in a proper sense.“[111]

Der oben dargelegte Sachverhalt lässt die Annahme zu, dass, wenn Lukas vom Brechen des Brotes als Bestandteil des Gottesdienstes spricht, er damit eben das Abendmahl oder Herrnmahl meint, das Jesus mit seinen Jüngern vor seinem Tod feierte (Lk 22, 7-23), und von dem Paulus in 1 Kor 11, 17-34 spricht. Diese Texte zeigen, dass das Abendmahl seine Wurzeln im Passahfest hat und als Mahl des Herrn (1 Kor 11, 20: kyriakon deipnon / kuriako.n dei/pnon) und der Gemeinde gesehen werden kann.

Das Gebet

Für den vierten Bestandteil des Gottesdienstes gebraucht Lukas das griechische Wort proseuche / proseuch,,, das mit dem dazu gehörigen Verb proseuchomai / proseu,comai mit beten, bitten, anbeten, Gebet und Bittgebet übersetzt werden kann.[112] Es bezeichnet im Neuen Testament „das Gebet im allgemeinen, also sowohl Dank- wie Bitt- und Anbetungsgebet“.[113] In Verbindung mit dem Verb proskatereo / proskartere,w (verharren) weist es darauf hin, dass die Gemeinde andauernd am Gebet festhielt.

Die Apostelgeschichte nennt mehrere Aspekte der Ausübung des Gebets durch die ersten Christen:

[...]


[1] Degen, „Funktion“ 41.

[2] Foitzik, Gemeindepädagogik 39-41. Für Foitzik sind besonders drei Aspekte beim Gemeindeverständnis ausschlaggebend. (1) Die Diskussionsebene, auf der die Gemeinde definiert wird. Ihm geht es dabei um die historische, sozialpsychologische, organisationssoziologische und rechtliche Ebene der Gemeinde. (2) Das Verständnis der Gemeinde als offene Zugehörigkeitskirche oder Entscheidungskirche. Hier stellt sich die Frage, ob die Gemeinde als Volks- oder Freikirche definiert wird. (3) Die soziale Struktur der Gemeinde. Da die Gemeinde eine soziale Größe darstellt, kann sie organisationssoziologisch unter der Berücksichtigung der Kommunikationsstruktur, Autoritäts- und Machtstruktur und ihrer effektiven Struktur dargestellt werden. Die Betonung der einen oder anderen Struktur hat ihre Auswirkungen auf die Gemeindepädagogik. Siehe auch Wegenast und Lämmermann, Gemeindepädagogik 10-31.

[3] Vgl. Schmidt, „evkklhsi,a“ 516f; Bauer, Wörterbuch 477f; Coenen, „Kirche“ 784; Coenen, „Church“ 291. Ein Beispiel für diesen Gebrauch von evkklhsi,a liefert Lukas in Act 19, 32. 39f.

[4] Coenen, „Kirche“ 784.

[5] Gesenius, Handwörterbuch 705; Lewis, „lh'q'“ 790; Müller, „lh'q'“ 609-619.

[6] Sauer, „d[y“ 745. Vgl. Gesenius, Handwörterbuch 565.

[7] Sauer, „d[y“ 745. Zum Begriff sunagwgh , siehe Schrage, „sunagwgh , “ 798-850.

[8] Ebd., 807f.

[9] Lewis, „lh'q'“ 790.

[10] Lockyer, Doctrines 230. Laut Schrage, „Ekklesia“ 178-202, stellt der Gebrauch des Begriffes ekklesia im Neuen Testament eine Eigenbildung der hellenistisch-christlichen Gemeinde dar.

[11] Cremer, Wörterbuch 550f.

[12] Wahrig, Wörterbuch 2104.

[13] Duden: Etymologie 325.

[14] Härle, „Kirche“ 278.

[15] Möller, „Gemeinde“ 316f.

[16] Wahrig, Wörterbuch 1489.

[17] Ebd., 1489.

[18] Ebd., 1489.

[19] Möller, „Gemeinde“ 317.

[20] Haarbeck, „Gemeinde“ 138.

[21] Siehe zum Begriff exusia „Louw-Nida“: „evxousi,a( aj( h` authority, right, power; (1) as denoting the power of decision making, esp. as the unlimited possibility of action proper to God authority, power (AC 1.7); (2) as denoting God's power displayed through the sphere of nature power, authority (RV 9.10, 19); (3) as denoting limited authority to act, given to Satan in his sphere of dominion power, sphere of power, dominion (AC 26.18); (4) as Jesus' divinely given and unrestricted exercise of freedom to act power, authority (JN 10.18); (5) as authority imparted to a community to act in ordering relationships within it right, control, authority (2C 13.10); (6) as those in whom authority for ruling rests, both supernatural and human, esp. in the pl. officials, authorities, dignitaries, (the) government (CO 1.16); (7) symbolically represented through the wearing of a marriage token, as a head covering worn by a woman, symbol, sign of authority exercised by the man (1C 11.10)“.

[22] Bauer, Wörterbuch 550-552.

[23] Siehe hierzu andere Bibelstellen wie Eph 1, 20ff.; Phil 2, 9; Kol 2, 15, die Jesu Herrschaftsanspruch zum Ausdruck bringen.

[24] Bauer, Wörterbuch 959f.

[25] Vgl. ebd., 432f.

[26] Weiss, Evangelien 171.

[27] Robert E. Coleman, Plan 83, schreibt hierzu: „Aus dem griechischen Text geht klar hervor, dass die Worte ‘gehet’, ‘taufet’ und ‘lehret’ Partizipien sind, die ihren Nachdruck von dem übergeordneten Verb ‘Machet zu Jüngern’ erhalten“. Hans Kasdorf, „Commission“126, sieht das „Gehen“ nicht als ein Teil des Befehls, sondern als Voraussetzung: „The Lord of heaven and earth has so much confidence in his followers that he takes their going for granted but not the weightier matter of making disciples. The latter basic command presupposes the former fact that Christians have already gone and are already on the scene of discipling activity.“

[28] Hier geht es um folgende Bedeutungen: (1) Das Gehen, Reisen oder Wandern von einem Platz (Mt 25, 41; Lk 13, 31) zum anderen (Act 1, 25; 18, 6). (2) Dahin gehen in den Tod, um das Sterben zu beschreiben (Lk 22, 22.33). (3) Um den sittlich-religiösen Wandel zum Ausdruck zu bringen (Lk 1, 6). (4) Der Hingang Jesu Christi zum Vater (Joh 14, 2.3.12.28; 16, 7.28), die Himmelfahrt (Act 1, 10.11; 1 Petr 3, 22) und die Hadesfahrt Christi (1 Petr 3, 19).

[29] Hauck und Schulz, „poreu,omai“ 574.

[30] Ebd., 574.

[31] Mk 16, 15f.

[32] Lk 24, 46f.

[33] Vgl. Lk 4, 18; 9, 2.6.

[34] Barclay, John 84; ders., Luke 169.

[35] Barclay, Mark 255.

[36] Oepke, “ba,ptw“ 535. Vgl. zur Taufe des Johannes Jeremias, „Johannestaufe“ 312-320.

[37] Oepke, “ba,ptw“ 535.

[38] Beasley-Murray, „bapti,zw“ 1207. Vgl. auch Beasley-Murray Taufe; Rienecker, Lexikon 1369-1371; Köhler, „Taufe“ 339-341; Weber, Taufe.

[39] Beasley-Murray, „bapti,zw“ 1208.

[40] Ebd., 1208.

[41] Ebd., 1209.

[42] Act 2, 38.

[43] Act 2, 41.

[44] Rengstorf, „dida,skw“ 138-150.

[45] Wegenast, „dida,skw“ 855.

[46] Rengstorf, „dida,skw“ 149.

[47] Ebd., 149.

[48] Vgl. Stadelmann, Epheserbrief 20. 23-53.

[49] Auch wenn Paulus in Eph 1, 3-14 durch das Personalpronomen h`mei/j das Heilshandeln Gottes auf sich und seine Leser bezieht, kann davon ausgegangen werden, dass er hier von der universalen Gemeinde als Leib Christi spricht, was durch die Vv. 22-23 belegt wird.

[50] Zum Gebrauch von eis siehe „Louw-Nida“: „eivj prep. w. acc. into, in; (1) spatially, denoting motion toward a place, after verbs of going, sending, moving to, toward, into (MT 9.7); (2) denoting direction of address, after verbs of speaking, telling, teaching, preaching to (MK 13.10); (3) temporally, w. indication of the time up to which someth. continues until, to (MT 10.22); (4) modally, to indicate degree or intensity eivj te,loj to the end, to the utmost, completely (1TH 2.16); (5) logically; (a) to indicate purpose in order to, with a view to, for the purpose of (MT 26.28); (b) to indicate reason for, because of, in view of (MT 12.41); eivj tou/to for this reason, therefore (MK 1.38); (c) to denote the purpose of a divine appointment (HE 1.14) or a human appointment in the Lord's will (AC 13.2); (d) to denote a specific goal, the direction of an action to an intended end to, unto, for, with a view to (MT 3.11); (6) denoting relationship; (a) in a neutral sense with reference to, regarding (EP 5.32); (b) in a hostile sense against (RO 8.7); (c) in a friendly sense toward, for, in (RO 15.26); (7) in uncommon usage; (a) of presence in a place, where evn might be expected in (AC 19.22b); (b) in Semitic fashion, to replace a predicate nom. or a predicate acc. after verbs such as gi,nomai (MT 21.42), eivmi, (MT 19.5), logi,zomai (RO 4.3), e;cw (MT 21.46) as, for“.

[51] Preisker, „e;painoj“ 583.

[52] Ebd., 583.

[53] 1 Chr 16, 27.

[54] Preisker, „e;painoj“ 584. Siehe auch Mt 25, 21.34ff.

[55] Preisker, „e;painoj“ 584.

[56] Kittel, „do,xa“ 247.

[57] Joh 2, 11.

[58] Spicq, Lexicon 372f.

[59] Preisker, „e;painoj“ 584.

[60] Kol 3, 16.

[61] Eph 5, 19.

[62] Delling, „u[mnoj“ 494.

[63] Vgl. ebd., 493f.

[64] Schlier, „wv|dh,“ 163.

[65] 1 Kor 14, 26.

[66] Act 16, 25.

[67] Mt 5, 16.

[68] Joh 13, 34f.

[69] 1 Petr 2, 12.

[70] „Die nun zerstreut waren durch die Bedrängnis, die wegen Stephanus entstanden war, zogen hindurch bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia und redeten zu niemand [mhdeni.] das Wort als allein [eiv mh. mo,non] zu Juden“. Der Gebrauch von mhdeni. und eiv mh. mo,non unterstreicht die starke Verschlossenheit der Judenchristen gegenüber den Heiden.

[71] Vgl. Marshall, Acts 201.

[72] Friedrich, „kh,rugma“ 714.

[73] Vgl. Barclay, Acts 22.

[74] Rengstorf, „didach,“ 166.

[75] Vgl. Barclay, Acts 22 und Rengstorf, „didach,“ 166.

[76] Schmitz, „parakale,w, para,klhsij“ 771.

[77] Barclay, Acts 23.

[78] Ebd., 23.

[79] Ebd., 23.

[80] Ebd., 23f. Zum Schema der Verkündigung in der Apostelgeschichte siehe Schille, Apostelgeschichte 103-106.

[81] Barclay, Acts 24. Ähnlich ist die Einteilung der Predigten der Apostelgeschichte von Martin Dibelius, Apostelgeschichte 142, zit. in Haenchen, Apostelgeschichte 148: „Eine der jeweiligen Situation angepaßte Einleitung führt zum „Kerygma von Jesu Leben, Leiden und Auferstehen (2, 22-24; 3, 13-15; 5, 30.31; 10, 36-42; 13, 23-25), meist unter Betonung der Zeugenschaft der Jünger (2, 32; 3, 15; 5, 32; 10, 39.41; 13, 41); daran schließt sich ein Schriftbeweis (2, 35; 3, 22-26; 10, 43; 13, 32-37) und eine Bußmahnung (2, 38f.; 3, 17-20; 5, 31; 10, 42f.; 13, 38-41)“. Dodds Einteilung, die Williams, Acts 48, präsentiert wird, sieht wie folgt aus: „the age of fulfillment has dawned; the fulfillment is the person and work of Jesus, especially his death and resurrection, the latter demonstrating him to be the Christ; Christ has been exalted; the Holy Spirit in the church is the sign of Christ’s present power; Christ will return; and listeners need to repent and believe“. Williams, Acts 49, geht davon aus, dass wenn auch diese Struktur nicht in allen Predigten einheitlich vorhanden ist, sie dennoch als ein gesamtes Schema der Verkündigung in der Apostelgeschichte gesehen werden kann. In Act 2, 22-36 sieht Bruce, Acts 69, folgende Aspekte der Predigt: „(1) the announcement that the age of fulfillment has arrived; (2) a rehearsal of the ministry, death and triumph of Jesus; (3) citation of OT scriptures whose fulfillment in the events prove Jesus to be the Messiah; (4) a call to repentance.“

[82] Act 8, 12.

[83] Act 10, 47f.

[84] Act 22, 16.

[85] Maurer, „prosti,qhmi“ 169.

[86] Ebd., 169.

[87] Vgl. Wendt, Apostelgeschichte 1888, 89; Wendt, Apostelgeschichte 1899, 99; Zahn, Apostelgeschichte 1: 132f; Bauer, Wörterbuch 1426.

[88] Act 9, 42.

[89] Act 16, 5.

[90] Act 17, 12.

[91] So nach der Pfingstpredigt des Petrus (2, 41), bei den Samaritern (8, 12), beim Kämmerer aus Äthiopien (8, 36-38), bei Paulus (9, 18), Kornelius (10, 48), Lydia (16, 14f) und beim Gefängnisaufseher in Philippi (16, 31-33).

[92] Beasley-Murray, Taufe 372.

[93] So sehen es laut Haenchen, Apostelgeschichte 153, Jeremias, „Weltvollender“ 78; ders., Abendmahlsworte 64f., und Bauernfeind, Apostelgeschichte 54.

[94] Riesner, Gemeindebau 77.

[95] Grundmann, „proskartere,w“ 620.

[96] Act 6, 4.

[97] Wendt, Apostelgeschichte, 1899, 99.

[98] Bruce, Acts 79. Vgl. auch Longenecker, „Acts“ 289.

[99] Hauck, „koino,j“ 798.

[100] Schattenmann, „koinwni,a“ 497.

[101] Ebd., 497f.

[102] Ebd., 498.

[103] Ebd., 498.

[104] Ebd., 497.

[105] Vgl. Marshall, Acts 83.

[106] Williams, Acts 60.

[107] Le,on-Dufour, Wörterbuch 188.

[108] Act 2, 44f.

[109] So sieht Haenchen, Apostelgeschichte 153 hier nur ein Gemeinschaftsmahl. Vgl. auch Robertson, Acts 38.

[110] Williams, Acts 60f.

[111] Marshall, Acts 83.

[112] Greeven, „proseu,comai, proseuch,,“ 806.

[113] Grundmann, „proskartere,w“ 621.

Excerpt out of 211 pages

Details

Title
Grundriss einer neutestamentlichen Gemeindepädagogik
Subtitle
Entwicklung eines gemeindepädagogischen Konzeptes unter besonderer Berücksichtigung der Ekklesiologie
Author
Year
2012
Pages
211
Catalog Number
V206372
ISBN (eBook)
9783656333524
ISBN (Book)
9783656334538
File size
1636 KB
Language
German
Keywords
grundriss, gemeindepädagogik, entwicklung, konzeptes, berücksichtigung, ekklesiologie
Quote paper
Dr. Heinrich Löwen (Author), 2012, Grundriss einer neutestamentlichen Gemeindepädagogik , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206372

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