Die Kalenderreformen der Maya und die Korrelationen zur Umrechnung der Datierungen in den Gregorianischen Kalender

Weshalb der für den 21. Dezember 2012 auf Basis des Klassischen Kalenders prognostizierte Weltuntergang nicht stattfindet


Essay, 2012

23 Seiten


Leseprobe


Die Maya reformierten den Archaischen Kalender Mesoamerikas, welcher als Langzeitzählung eine linear fortlaufende Tagezählung hatte, und entwickelten hieraus den Klassischen Kalender mit einer zyklischen Langzeitzählung, der sogenannten Langen Zählung.

Im Nordwesten Yukatans wurde bald danach eine weitere Reform begonnen, welche die Struktur und die Notation des Datums revolutionär umgestaltete und den ersten Sonnenkalender mit Schalttage-Korrekturen bis einschließlich der 3. Ordnung entstehen ließ. Dieser vollkommen zyklische Yukatekische Kalender wurde im Jahre 896 endgültig eingeführt, mehr als 680 Jahre bevor Gregor XIII. seine Kalenderreform von Anno 1582 in Kraft setzte.

Über 230 Jahre nach seiner Einführung wurde der Yukatekische Kalender von den mit der Langen Zählung eingeführten Kurzjahren auf Sonnenjahre umgestellt.

Die Vorhersage des Weltuntergangs zum 21. Dezember 2012 basiert auf zwei Annahmen, die beide aus dem Klassischen Kalender abgeleitet sind:

- zum einen darauf, dass die Lange Zählung mit dem Großen Zyklus am Tag 13.0.0.0.0 endet und deshalb die Welt untergeht und
- zum anderen darauf, dass die Umrechnung von Datumsangaben im Maya Kalender in den Gregorianischen mit Hilfe der Goodman-Martinez-Thompson-(kurz G-M-T)-Korrelation korrekt ist, welche allerdings voraussetzt, dass der Tag 11.16.0.0.0 im Klassischen Kalender einem Tag im Yukatekischen Kalender entspricht, der sowohl in der Kalenderrunde des Patronats k'an als auch in der 13. ajaw -Periode liegt.

Um die Resultate der Kalenderreformen der Maya aufzuzeigen und um obige Annahmen zur Weltuntergangvorhersage kritisch hinterfragen zu können, werden zunächst im Teil 1 die Gründe für die Reformen – die besondere Art der Bildung von Zahlen und die Vorstellung von Zeit als zyklischem Prozess - sowie die durch die Reformen entstandenen Strukturen und die Notationen des Datums der Maya Kalender beschrieben.

Anschließend im Teil 2 werden die Herleitungen der G-M-T-Korrelation und einer neuen, auf dem Todestag des Ah Pula als Knotenpunkt basierenden, aufgezeigt.

Das Datum des Todestages ist das jüngste überlieferte im Yukatekischen Kalender und liegt in der Zeit der Eroberung Yukatans. Es ist in den Chilam Balam von Tizimin und von Chumayel angegeben. Diese Chilam Balam-Bücher wurden während der Kolonialzeit in Yukatekisch mit spanischem Alphabet aufgeschrieben.

Teil 3 schließlich fasst die Ergebnisse zusammen.

Teil 1:

Die Reformen der Maya Kalender

Die ältesten Datierungen, die bisher in Mesoamerika gefunden wurden, bestehen zunächst aus einer Langzeitzählung, gefolgt vom Datum des Ritual-Kalenders, dem sich das Datum im Sonnenjahr-Kalender anschließt.

Kalendersysteme sind stets auf dem Zahlensystem der Entwickler eines solchen Systems aufgebaut oder auf dem der Protagonisten, die Reformen am System durchführen.

Das Zahlensystem der Maya

Die Zahlen in den ältesten Datumsangaben sind im in Mesoamerika ausschließlich benutzten Zahlensystem zur Basis 20, mit Punkt und Balken Zahlzeichen als Stellenwertschrift aufgezeichnet.

Die Grundzahlworte des Vigesimalsystems der Maya schließen – im Gegensatz zu den Zahlsystemen der anderen mesoamerikanischen Völker – ein Dezimalsystem ein. Die Zahlworte hun (eins) bis lahun (zehn) sind wie bei uns Unikate, die Zahlworte buluc (elf) und lahca (zwölf) nehmen eine Sonderstellung bei der Zahlenentwicklung ein und die Zahlworte ox-lahun (drei-zehn) bis bolon-lahun (neun-zehn) sind zusammengesetzte Zahlen.

Die Zahlworte größer 20 wurden bei allen Nicht-Maya-Völkern unterschwellig gebildet. Die Maya hingegen bildeten ihre Zahlworte größer 20 oberschwellig.

Die unterschwellig gebildeten Zahlworte werden aus Kardinalzahlen zusammengesetzt, dabei steht die Einheit mit dem größten Wert am Anfang der Zahl.

Die oberschwellig gebildeten Zahlworte werden mit Hilfe von Ordinalzahlen zusammengesetzt, hierbei wird das Grundzahlwort als kleinster Wert zuerst, doch dieses als Kardinalzahl genannt.

Karl Menninger (1979:88f) erklärt die beiden Zählweisen an Hand der Zahl 969 unter Hinweis auf die folgende Skizze:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

weis auf die folgende Skizze:

„Denken wir uns die Zahlen auf der Zahlengeraden von 0 an nach rechts aufgetragen, so sehen wir ... , wie die Unterzählung (UZ) die Zahl ... von unten her aufbaut in absteigender Folge: 9 H 6 Z 9 E, während die Oberzählung (OZ) an den 9 Einern beginnt und diese dann nach oben anhängt: 9 E im 7. Z im 10. H. Damit kehrt sie die Größenfolge um!“

Die Maya bildeten die Zahlworte größer zwanzig, indem sie an das Grundzahlwort die größeren Zahlenbündel / Stellenwerte als Ordinalzahlen angehängt haben. Die Ordnungszahlen bildeten sie, indem sie der Kardinalzahl als Koeffizienten des jeweiligen Bündels ein tu voranstellten. Zu tu ist anzumerken, dass es zusammengesetzt ist aus der Mengen bezeichnenden Präposition ti oder te und dem Ordinalzahl bildenden Pronomen u (J. E. S. Thompson 1960:54, Floyd G. Lounsbury 1978:762f, Victoria R. Bricker 1986:59f). Hierzu ein Beispiel, das die im Deutschen gebräuchliche unterschwellige Bildungsweise der in Maya benutzten oberschwelligen gegenüberstellt (Thomas, Cyrus 1901:892). Die in Klammern angezeigten Buchstaben / Worte werden ausgespart, nicht gesprochen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nur bei den Maya und bei den Germanen im hohen Norden wurden die Zahlen oberschwellig gebildet. Ein rudimentäres Überbleibsel dieser nordgermanischen Zählweise ist unsere Zählung der Jahrhunderte: so begann das 20. Jahrhundert im Jahre 1900 und endete 1999.

Der Archaische Kalender

Der bereits oben erwähnte Archaische Kalender Mesoamerikas besteht aus:

- dem Ritual-Kalender, dieser wiederum aus dem Zyklus der fortlaufend kombinierten 13 heiligen Zahlen und 20 heiligen Tagesnamen,
- dem Sonnenjahr-Kalender, dieser wiederum aus 18 Monaten zu 20 Tagen und einem Kurzmonat zu 5 Tagen, sowie
- der linear fortlaufenden Tagezählung als Langzeitzählung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiele von Datierungen im Archaischen Kalender

links: Tak'alik Ab'aj, Guatemala, Stele 2 – Ausschnitt vom Fragment mit unvoll- ständiger Tagezählung im vigesimalen Zahlensystem:

7. 6?.?.?.? oder 7.11?.?.?.? oder 7.16?. ?. ?. ?

(nach Miguel Orrego Corzo y Christa Schieber de Lavarreda 2001:790)

Stele C, Ausschnitt von der Rückseite,

Tagezählung im vigesimalen Zahlensystem und Datum des Ritual-Kalenders, wobei der Tagesname auf Yukatekisch umgeschrieben ist:

7.16.6.16.18 6 etz’nab,

(nach Joyce Marcus 1976: 52)

Die obigen Abbildungen zeigen zwei Beispiele zur Notation des Datums im Archaischen Kalender, aus Tak'alik Ab'aj (Maya) und aus Tres Zapotes (Nicht-Maya). Bei diesen ist die Tagezählung jeweils einspaltig, als Punkte – für den Wert 1 - und als Balken – für den Wert 5 - in Stellenwertschrift von oben mit dem höchsten Stellenwert beginnend nach unten weiter geschrieben, so wie die unterschwellig gebildeten Zahlworte größer 20.

Wurden die Zahlzeichen der Tagezählung in Stellenwertschrift, die Zahlen größer 20, als horizontal übereinander angeordnete Zahlzeichenbündel dargestellt, so wurden die Zahlen kleiner 20 vor Nomen, wie bei dem Tagesnamen im Beispiel von Tres Zapotes, auch vertikal angeordnet. Die beiden Datierungen stammen aus der gleichen Epoche, d. h. aus der Zeit um Christi Geburt.

Diesen Archaischen Kalender entwickelten die Maya weiter und reformierten ihn so, dass ihre oberschwellige Zählweise und ihre Vorstellung von Zeit als einem zyklischen Vorgang dargestellt wurden.

Die erste Kalenderreform: Der Klassische Maya-Kalender

Die erste Kalenderreform der Maya führte zum Klassischen Kalender, indem die Tagezählung des Archaischen Kalenders gebündelt und damit durch eine Zählung mit Maßordnung (K. Menninger 1979:52) ersetzt wurde.

In der Tagezählung waren fortlaufend abgeschlossene Tage mit unterschwellig gebildeten Kardinalzahlen gezählt worden. Mit den oberschwellig gebildeten Ordinalzahlen der Maya hingegen ließen sich nur die betreffenden, die laufenden Tage zählen. Somit wurde der Tag z. B. 969 zu 968 abgeschlossenen Tagen in der Tagezählung und – hier im Dezimalsystem - zum Tag 9 im 4. Zwanziger(-Bündel) im 3. Vierhunderter(-Bündel) oder zum 969. Tag in der Zählweise der Maya (A. A. Brandes - unveröffentlicht: Kapitel 2).

Die Bündelung bewirkte, dass die Zahlen in der Maßordnung auf die zwanzig Grundzahlen zurückgeführt wurden und sich so als abgeschlossene Mengen, also als Kardinalzahlen einsetzen ließen.

Die Maßordnung für die Langzeitzählung lehnte sich an die Aufteilung des Sonnenjahr-Kalenders an und setzte sich deshalb aus 20 k'in (Tage) und um die 20er Bündelung beizubehalten aus 18 winal (Monate à 20 Tagen) zusammen. Damit wurde eine neue Einheit, das tun (Kurzjahr von 360 Tagen), eingeführt. Die weiterführende, höhere Maßordnung bestand aus 20er und (20 mal 20er gleich) 400er Bündeln von Kurzjahren, d. h. von k'atun bzw. von bak'tun. Diese sogenannte Lange Zählung war die erste zyklische Langzeitzählung.

Die restlichen 5 Tage des Sonnenjahres wurden auf das folgende Kurzjahr übertragen, so dass dieses dem Sonnenjahr immer weiter vorauseilte.

Bei zyklischen Vorgängen ist zu bedenken, dass Anfang und Ende eines Zyklus zusammenfallen. Die Zyklen der Langen Zählung ließen die Maya mit dem Datum 13.0.0.0.0 beginnen. Der Grund, warum der Anfang nicht auf die „Null“ gelegt wurde, entspricht dem Zusammenfallen von Anfang und Ende eines Zyklus. Ein Beispiel aus unserem täglichen Leben sind die Angaben auf den analogen Zifferblättern der Uhren: Der Tag beginnt mit der „12“ und endet nach zweimaligem Durchgang mit der „12“.

Warum die Maya aber die „13“ eingesetzt haben, ist bislang nicht bekannt.

Die Länge der Periode der Langen Zählung wird heute auf diesem Datum aufbauend als (13 mal 400 gleich) 5200 Kurzjahre oder 5128 Sonnenjahre und 280 Tage angenommen.

Das bisher älteste, in kontrollierten Ausgrabungen gefundene Datum stammt aus Tikal, Peten, Guatemala von der Stele 29 (Nikolai Grube und Simon Martin 2000:160) aus dem 3. nachchristlichen Jahrhundert. Eine der letzten Datierungen stammt vom Norden Yukatans - aus Chichen Itza, Yucatán, Mexiko vom Gebäude 5C4, Türsturz ohne Nummer mit dem Datum 10.2.9.1.9, mit der G-M-T-Korrelation umgerechnet im Jahre 878 (Daniel Graña-Behrens 2002:404) und vom südlichen Tiefland aus Toniná, Chipas, vom Monument 104 mit dem Datum 10.4.0.0.0, mit der G-M-T-Korrelation umgerechnet im Jahre 909 (N. Grube und S. Martin 2000:177)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel zur Notation des Datums im klassischen Kalender:

Plakette von Leiden, Rückseite - gefunden bei Puerto Barrios, Izabal, Guatemala

(Ernst Förstemann 1903:553)

Die Lange Zählung beginnt mit der zweiten Zeile und besteht aus den fünf Koeffizienten mit angehängten Maßordnungen. Ihr folgt die Angabe des Datums im Spiritual-Kalender. Die zweite Hälfte der neunten Zeile und die zehnte Zeile bilden den Satz: „Es setzte sich yaxk'in“, wodurch die Maya ausdrückten (hier zum ersten Mal überliefert – André Cauty und Jean-Michel Hoppan 2006, Vol. 2:25), dass der Patron des jeweiligen heiligen Monats im Sonnenjahr-Kalender die Regentschaft übernahm. Das „es setzte sich“ wird prosaisch umgeschrieben als Ziffer „0“.

Alle diese Zeilen zusammen ergeben das Datum:

8 bak'tun 14 k'atun 3 tun 1 winal 12 k'in 1 eb 0 yaxk'in

Im Süden des Siedlungsgebietes der Maya wurden fast ausschließlich Datierungen in der Langen Zählung gefunden. Im Norden Yukatans hingegen wurden auf den Monumenten nur wenige Datierungen in der Langen Zählung gefunden (V. R. Bricker / H.-M. Miram 2002:43), und in den Chilam Balam-Büchern wurden weder in den Chroniken noch in anderen Textpassagen solche Datierungen aufgeführt (Antje Gunsenheimer 2002:275).

Die zweite Kalenderreform: Der Yukatekische Kalender

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Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Kalenderreformen der Maya und die Korrelationen zur Umrechnung der Datierungen in den Gregorianischen Kalender
Untertitel
Weshalb der für den 21. Dezember 2012 auf Basis des Klassischen Kalenders prognostizierte Weltuntergang nicht stattfindet
Autor
Jahr
2012
Seiten
23
Katalognummer
V206319
ISBN (eBook)
9783656333555
ISBN (Buch)
9783656334484
Dateigröße
890 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kalenderreformen, maya, korrelationen, umrechnung, datierungen, gregorianischen, kalender, begründung, weshalb, dezember, basis, klassischen, kalenders, weltuntergang
Arbeit zitieren
Armin Brandes (Autor:in), 2012, Die Kalenderreformen der Maya und die Korrelationen zur Umrechnung der Datierungen in den Gregorianischen Kalender, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206319

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