Marcuses Einfluss auf postmodernes, positives Denken

Postmoderne kritische Gesellschaftstheorien


Hausarbeit, 2012

18 Seiten, Note: 1,3

Danny Krämer (Autor:in)


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Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1 Kritische Theorie
1.2 Marcuse

2. Negatives Denken
2.1 Eindimensionalität
2.2 Negativität ohne Positivität?

3. Positives Denken
3.1 Habermas mit Hegel
3.1.1 Normative Rekonstruktion
3.1.2 Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft
3.2 Hardt und Negri
3.2.1 Empire
3.2.2 Multitude
3.3 Slavoj Zizek
3.3.1 Antagonismen unserer Zeit
3.3.2 Neue Form der Zeit

4. Fazit: Revolution und Demokratie

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„ Die kritische Theorie der Gesellschaft besitzt keine Begriffe, die die Kluft zwischen dem Gegenwärtigen und seiner Zukunftßberbrßcken k ö nnten; indem sie nichts verspricht und keinen Erfolg zeigt, bleibt sie negativ. Damit will sie jenen die Treue halten, die ohne Hoffnung ihr Leben der Großen Weigerung hingegeben haben und hingeben. “ (Marcuse 1982, S. 268)

In diesem Zitat am Ende Marcuses wohl wichtigsten Werkes „Der eindimensionale Mensch“ wird deutlich, in welcher Sackgasse sich die kritische Theorie der Frankfurter Schule befand. Sie sah sich nicht im Stande, positives über eine bessere Gesellschaft zu denken. Deshalb verharrte sie im negativen, kritischen Denken; zeigte zwar Missstände auf, aber gab keine Lösungsvorschläge.

Jetzt zum Anfang des 21. Jahrhunderts haben Theoretiker das Projekt des positiven Denkens wieder aufgenommen. Zwar üben auch sie sich in Zurückhaltung und sehen selbst, dass neue Utopien uns nicht weiter bringen, aber sie haben einen neuen Ansatz gefunden; sie versuchen aktuelle Tendenzen der Gesellschaft zu analysieren und zu zeigen, welches emanzipatorische Potential in ihnen steckt und wie man sie zum Umbau der Gesellschaft zu einem besseren nutzen könnte.

Diese Arbeit soll von Marcuse ausgehend zeigen, wie sich kritisches Denken vom rein negativen der Frankfurter Schule, wieder in ein positives Denken entwickelt hat, ohne die Lehren der Frankfurter Schule zu vergessen. Vor allem viele Motive aus „Der eindimensionale Mensch“ finden sich immer wieder in neuer Form bei postmodernen Denkern der politischen Philosophie. Deswegen wird zuerst ein Abriss über Marcuses Hauptwerk gegeben. Danach sollen Theorien von Habermas, Hardt und Negri und Zizek vorgestellt werden, um schließlich ein Fazit zu ziehen, wie postmoderne linke Theorien gedacht werden können.

1.1 Kritische Theorie

Die „Kritische Theorie“ ist eine kritische Gesellschaftstheorie, die sich mit der Analyse des Kapitalismus beschäftigte und dabei Gedanken von Hegel, Marx und Freud erneuerte. Max Horkheimer übernahm 1931 das „Institut für Sozialforschung“ in Frankfurt (deswegen auch häufig „Frankfurter Schule“ genannt). Das Hauptwerk der kritischen Theorie ist die von Adorno und Horkheimer geschriebene „Dialektik der Aufklärung“.

Der Begriff der kritischen Theorie stammt von Horkheimers Aufsatz „Traditionelle und kritische Theorie“. Darin schreibt er:

„ An der Existenz des kritischen Verhaltens, das freilich Elemente der traditionellen Theorien und dieser vorgehenden Kulturßberhaupt ins sich birgt, hängt heute die Zukunft der Humanität. Eine Wissenschaft, die in eingebildeter Selbstständigkeit die Gestaltung der Praxis der sie dient und angeh ö rt, bloßals ihr Jenseits betrachtet und sich dabei der Trennung von Denken und Handeln bescheidet , hat auf Humanität schon verzichtet. “ (Horkheimer 1988, S. 216)

Kritische Theorie soll also direkt mit der gesellschaftlichen Praxis verbunden sein. Sie analysiert die Machtstrukturen und Ideologien des Kapitalismus und stellt sich in den Dienst einer besseren, humaneren Gesellschaft. Wichtigste Vertreter der ersten Generation der Frankfurter Schule sind Adorno, Horkheimer, Benjamin, Fromm und unter anderen eben auch Marcuse.

1.2 Marcuse

Herbert Marcuse lebte von 1898 bis 1979 und war einer der wichtigsten Vertreter der Frankfurter Schule. Er hatte einen erheblichen Einfluss auf die Studentenbewegungen der 60er Jahre. Eines seiner Hauptwerke ist „Der eindimensionale Mensch“. Marcuses Schlüsselbegriff ist der der Technologie. Er versucht aufzuzeigen, wie der moderne Kapitalismus durch Technik und Wissenschaft eine eigene Rationalität hervorbringt, die bei näherer Betrachtung irrational ist und das System gegen Opposition verschließt. Außerdem versucht Marcuse in vielen Werken neomarxistische Gedanken mit freudscher Psychoanalyse zu verbinden. Zum Beispiel in „Eros und Kultur“.

2. Negatives Denken

Im Folgenden soll kurz skizziert werden, wie sich Marcuses kritisches Denken in „Der eindimensionale Mensch“ aufbaut und warum es hauptsächlich beim negativen Denken bleibt. Ähnlich wie andere Mitglieder der „Frankfurter Schule“ sieht er sich nicht in der Lage, positive Entwürfe zu geben.

2.1 Eindimensionalität

Marcuse versucht zu zeigen, dass sich der Kapitalismus zu einem System entwickelt hat, das eindimensional wird, durch seine eigene Rationalität und sich so gegen Alternativen abschließt. Wir leben, so konstatiert er, in einer Gesellschaft deren Machtstruktur und Manipulation sich auf alle Lebensbereiche ausgedehnt habe und so jegliche Opposition besänftige. (vgl. Marcuse 1982, S. 14)

Er schwankt dabei zwischen zwei sich scheinbar widersprechenden Hypothesen. Einmal beschwichtige die Gesellschaft jede Opposition, die eine qualitative Veränderung herbeiführe und gleichzeitig gäbe es aber Tendenzen, die die Gesellschaft transzendieren. (vgl. Ebd., S. 17)

Die Eindimensionalität führt Marcuse in verschiedenen Bereichen vor; in der Politik, der Kunst, der Wissenschaft und der Philosophie selbst. Vor allem durch die Entwicklung der Formalen Logik und der wissenschaftlichen Methode seit Galilei, werden Begriffe operationalisiert und dadurch geschlossen. Durch die Festsetzung der Bedeutung und des undialektischen Denkens gehe das kritische Potential verloren. Es wird nur noch das Bestehende analysiert und hingenommen. (vgl. Ebd. S. 139 ff.)

Somit werde Wissenschaft nur noch dazu benutzt, die Natur zu beherrschen und damit den Menschen. Wissenschaft löse sich von jeglichen Werturteilen ab und bleibe nur noch rein quantitativ. Die aus der wissenschaftlichen Rationalität hervorgehende Technik habe zwar den Lebensstandard erheblich verbessert und doch bleibe sie als „Technologie“ Herrschaftsinstrument. (vgl. Ebd. S. 183)

So beschreibt Marcuse die Anfänge dessen, was Foucault später „Bio-Macht“ nennen wird. Macht breitet sich auf alle Lebensbereiche aus und kontrolliert schließlich das Leben selbst. Und mit Hardt und Negri könnte man sagen, dass er die Anfänge des Empires beobachtet. Eine Machtstruktur, die sich wie ein Netzwerk über den gesamten Globus ausbreitet. (Siehe unten)

2.2 Negativität ohne Positivität?

Im Rahmen dieser Arbeit soll uns vor allem interessieren, was Marcuse an positivem Denken anbietet. Einerseits gibt uns Marcuse zwei Ziele vor, die erreicht werden müssten, damit alle Menschen besser leben könnten. Das sei einmal die materielle Befriedigung als Grundlage der Freiheit und andererseits die Entwicklung von Bedürfnissen im Zustand eines garantierten Friedens. (vgl. Ebd. S. 245)

Andererseits legt Marcuse uns nahe, auf welchen Grundsätzen eine alternative Theorie der Gesellschaft aufgebaut werden müsste:

„ 1) Der transzendente Entwurf mußmit den realen M ö glichkeitenßbereinstimmen, die auf dem erreichten Niveau der materiellen und geistigen Kultur offen sind. “ (Ebd., S. 232)

Ein Entwurf einer alternativen Gesellschaft muss natürlich darauf aufbauen, was sich geschichtlich entwickelt hat. Wir wollen nicht zurück in die Steinzeit geworfen werden, sondern realistisch aber zugleich utopisch (in dem Sinne, dass der Entwurf eine Möglichkeit darstellt, die die aktuellen Verhältnisse transzendiert), bleiben.

„ 2) Um die je bestehende Totalität als falsch zu erweisen, mußder transzendente Entwurf seine eigene h ö here Rationalität[ … ]belegen, …“ (Ebd., S.232)

Und das in drei Bereichen, so Marcuse: ökonomisch, indem er die Produktionsleistung beibehält und verbessert; analytisch, indem er die wichtigsten Tendenzen der Gesellschaft bestimmt; politisch, indem er Frieden garantiert und die Gesellschaft den menschlichen Bedürfnissen anpasst. (vgl. Ebd., S.232) Das sind Punkte die implizit von den meisten Theoretikern der heutigen Zeit beachtet werden. Habermas stützt seine Analyse auf die Rekonstruktion der normativen Ideen unserer jetzigen Gesellschaft, um zu zeigen, welche davon nicht ausreichend verwirklicht wurden und stellt dann eine Theorie bereit, die genau das erreichen kann. Auch Hardt und Negri gehen von einer Analyse der aktuellen Gesellschaft aus, um deren Haupttendenzen zu identifizieren und aufzuzeigen, wie diese Tendenzen positiv genutzt werden können.

Allgemein steht Marcuse der Zukunft allerdings eher pessimistisch Gegenüber. „Die dialektische Theorie ist nicht widerlegt, aber sie kann kein Heilmittel bieten. Sie kann nicht positiv sein.“ (Ebd., S.263) Deswegen zeigt er zwar Tendenzen auf und hat auch die Intuition, dass qualitative Veränderung möglich ist, aber er kann sie nicht genau beschreiben.

3. Positives Denken

Während das negative Denken die aktuelle Gesellschaft analysiert und kritisiert, Probleme und Manipulation aufdeckt, soll das positive Denken dazu dienen, Praxis und Politik zu bestimmen, um eine bessere Gesellschaft zu erreichen. Wenn man etwas verändern will, kann man nicht bei der Kritik verweilen, sondern muss Alternativen anbieten. Während sich die Frankfurter Schule sich dazu nicht in der Lage sah, haben moderne Denker dieses Projekt wieder aufgenommen. Die Zeiten der Utopie als kompletten Entwurf einer Gesellschaft scheinen vorbei zu sein. Deswegen sind die Ergebnisse im Folgenden hauptsächlich Vorschläge, wie man im Rahmen der jetzigen Gesellschaft vorhandene Tendenzen ausnutzen und gegebenenfalls umlenken kann, um ein besseres Leben für alle Menschen zu erreichen.

3.1 Habermas mit Hegel

„ [ … ]Es erhebt auf jede Stufe weiterer Bestimmung die ganze Masse seines vorhergehenden Inhalts und verliert durch sein dialektisches Fortgehen nicht nur nichts, noch l äß t es etwas dahinter, sondern trägt alles Erworbene mit sich und bereichert und verdichtet sich in sich. “ (Hegel 1923, S.502)

Nehmen wir Hegel ernst, dann enthält jede Gesellschaft die Elemente der vorigen Gesellschaften. Betrachten wir die historische Entwicklung, dann hat er sicher Recht. Selbst die ältesten kulturellen Errungenschaften, wie die Landwirtschaft oder die Schrift sind heute in unseren Gesellschaften vorhanden, jedoch sehr weiterentwickelt. Somit könnte man aus einer Rekonstruktion der Ideen unserer Gesellschaft analysieren, welches wohl die gesellschaftlichen Strukturen sind, die wir auch in einer zukünftigen neuen Gesellschaftsform behalten. Denn klar ist, man kann nicht einfach bei Null anfangen. Warum sollten wir auch? Etablierte Errungenschaften, die in harten Auseinandersetzungen erkämpft wurden, wie die Menschenrechte oder die Ideen wie eine Demokratie funktionieren kann, können einen Leitfaden bilden, um diese Ideen weiter zu entwickeln und sie besser als bisher in der Realität umzusetzen. Diese Methode würde auch die von Marcuse empfohlenen Bedingungen eines gesellschaftlichen Entwurfs erfüllen. Hier kommt Habermas ins Spiel, der genau so eine normative Rekonstruktion zu seiner Methode gemacht hat.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Marcuses Einfluss auf postmodernes, positives Denken
Untertitel
Postmoderne kritische Gesellschaftstheorien
Hochschule
Universität Erfurt  (Philosophische Fakultät)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
18
Katalognummer
V206001
ISBN (eBook)
9783656667643
ISBN (Buch)
9783656667599
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
marcuses, einfluss, denken, postmoderne, gesellschaftstheorien
Arbeit zitieren
Danny Krämer (Autor:in), 2012, Marcuses Einfluss auf postmodernes, positives Denken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206001

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