Hofnarren im Mittelalter


Hausarbeit, 1999

16 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorbemerkung

2. Zielsetzung und Einleitung

3. Status und Lebensumstände der Hofnarren

4. Die Kleiderordnung

5. Funktionen
5.1. Zerstreuung
5.2. Antitypus
5.3. Narr und Tod
5.4. Wissender und Warner, Rollentausch
5.5. Vermittler

6. Der rechtliche Status von Hofnarren

7. Zusammenfassung

8. Literaturliste

1. Vorbemerkung

Das Thema „Hofnarr“ reiht sich auf den ersten Blick nicht direkt in das Umfeld „Einführung in die ältere deutsche Literaturwissenschaft“ ein. Der Narr wird in den Schriften des Mittelalters nur selten erwähnt, obwohl er über Jahrhunderte hinweg stets ein fester Bestandteil des höfischen Lebens war. Um die Literatur des Mittelalters richtig einschätzen zu können, ist es jedoch unerlässlich, einen oder sogar mehrere Blicke auf die damaligen Lebensumstände und Denkweisen zu werfen. Und hier kommt der Narr ins Spiel, denn das Leben am Hofe, dem Ort, mit dem sich ein großer Teil der älteren Literatur beschäftigt, bestand nicht nur aus künnigen und rittern, sondern eben auch aus Hofnarren. Bei genauerer Betrachtung ist dies ziemlich verwunderlich, führt man sich vor Augen, dass an den Höfen, beim Hochadel eine streng geordnete Weltordnung vorherrschte und die Menschen in diesem Umfeld nach Vervollkommnung trachteten. Die Frage nach der Herkunft und Etablierung des Narren, einer Person bzw. Funktion, die eben außerhalb jeder Ordnung stand und die vor allem dem idealen Menschenbild zu jener Zeit völlig widersprach, gewinnt damit erheblich an Gewicht. In diesem Zusammenhang ist es wichtig anzumerken, dass das Halten von Hofnarren keineswegs eine Art Modeerscheinung exzentrischer Herrscher war (was im Übrigen ein außerordentlich hartnäckiger Trend gewesen wäre), sondern ein Phänomen mit konkreten, ideengeschichtlichen Hintergründen.

Wer die Hofnarrenthematik geschichtlich aufarbeiten will, stößt schnell auf Probleme. Die größte Schwierigkeit besteht darin, dass viele Angaben aus der betreffenden Zeit stark verfälscht zu sein scheinen. Um die Beschreibung der Hofnarren ranken sich unzählige Legenden und Anekdoten, die die Beschreibung der Hofnarrentätigkeit stark verfärben und so die Grenze zwischen Fiktion und Realität undeutlich werden lassen. Individuelle Unterschiede zwischen den einzelnen Narren scheinen gar nicht zu existieren, es wird fast ausschließlich die Funktion beschrieben. Wenn man jedoch mit diesem Vorwissen an die Materie herangeht, hat man die Möglichkeit, gewisse Übertreibungen und Verfälschungen „herauszufiltern“ und die wirklich relevanten Fakten zu Tage zu fördern. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Nähe des Narren zu seinem Herrscher betrachtet wurde, seine besonderen Rechte, seine Funktionen, die er über Jahrhunderte hinweg ausübte, lassen ihn trotz aller wissenschaftlich - historischer Aufarbeitung in einem mysteriösen Licht erscheinen, was wiederum die Faszination, die auch heute noch vom Hofnarrentum ausgeht, erklärt. Der Narr, dieser feste Bestandteil am Hofe nimmt eine solch außergewöhnliche Stellung ein, dass es bis heute niemandem gelungen ist, die Notwendigkeit von Hofnarren hinreichend zu begründen. Zwar existieren einige Abhandlungen, die diese Thematik behandeln, doch deskripieren diese eher, als dass die interpretieren.

2. Zielsetzung und Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit beschränkt sich auf die Darstellung des deutschen Hofnarrentums des Mittel- und Spätmittelalters. Der Vollständigkeit wegen soll allerdings erwähnt werden, dass das Thema chronologisch betrachtet damit noch längst nicht abgeschlossen ist. Gerade der Übergang der Epochen Mittelalter / Renaissance markiert einen folgenschweren Einschnitt im Ansehen von Hofnarren. Diesem Umstand wird allerdings – im Hinblick auf die zeitliche Eingrenzung des Seminars - nur am Rande Rechnung getragen.

Das Halten von Narren an den Höfen des Mittelalters ist ein ganz besonderes Phänomen: Bis heute ist nicht genau geklärt, weshalb die Idee des Narren vom Altertum, über das Mittelalter bis weit in die Neuzeit hinein eine solch bedeutende Rolle spielte. An beinahe jedem Hof sämtlicher Kulturen waren verschiedene Spaßmacher, Hofnarren oder „kurzweilige Tischräte“, wie die Hofnarren später tituliert wurden, vertreten. Erste Zeugnisse über Hofnarren an deutschen Höfen reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück. In Frankreich soll das Hofnarrentum bereits im 10. Jahrhundert beheimatet gewesen sein. Als Beweis dient angeblich das Schachspiel: Die Figuren der Läufer, diejenigen, die der Dame und dem König am nächsten stehen, heißen im Französischen „les fous“ – die Narren.

3. Status und Lebensumstände der Hofnarren

Die ersten Hofnarren der europäischen Höfe der Jahrtausendwende waren zumeist geistig oder auch körperlich behinderte Menschen. Sie dienten der unfreiwilligen Belustigung der Herrscher und genossen in etwa den Status von abgerichteten Hunden, Affen oder Jagdvögeln. Man amüsierte sich über ihre Missbildungen und beeindruckte damit seine Gäste. Das Amüsieren über geistige Defekte und das ständige Herausfordern und Reizen der Narren wurde offenbar als eine Art Therapie betrachtet, so heißt es in der Schlussbemerkung der Chronik der Grafen von Zimmern: „Man muest in zu zeiten vexieren und erzürnen, damit ime der spiritus excitiert, er were sonst seiner melancholei halb in krankheit gefallen, wie man gemaintlich sprücht: >Die narren mueßen getriben und geibt sein, oder sie verderben und verligen sonst.<“[1] Diese Chronik stammt zwar aus dem 16. Jahrhundert, aus einer Zeit also, in der sich die Akzente des Narrenberufs bereits stark verschoben haben, trotzdem ist ihr Inhalt in diesem Punkt auf den Umgang mit Hofnarren im 11. und 12. Jahrhundert übertragbar.

Im Laufe der Zeit nahm die Zahl der geistig behinderten Narren, der so genannten „natürlichen“ Narren, ab. An ihre Stelle traten die „künstlichen“ Narren, auch „Schalksnarren“ genannt. Diese Art Hofnarr war geistig und körperlich völlig gesund und stellte sich lediglich verrückt. Man kann davon ausgehen, dass diese Schauspielerei zunächst unbemerkt blieb. Später natürlich begann die Scharfsinnigkeit und die Schlagfertigkeit der angeblich Wahnsinnigen aufzufallen. Dieses allmähliche Ablösen der natürlichen durch künstliche Hofnarren basierte auf einer nonverbalen Abmachung: Der Narr lieferte dem Herrscher das Schauspiel des Irrsinns und erhielt dafür verschiedene Privilegien. Diese schienen fast unbegrenzt: Der Narr duzte den König, unterbrach ihn, ahmte ihn nach, fuhr ihn grob an. Diese Freiheiten sind nur in Bezug auf den Wahnsinn zu erklären: Der Wahnsinn war es, der dem Narren eine gewisses Maß an Straffreiheit (Narrenfreiheit) zukommen ließ, wobei es im Laufe der Zeit immer unwichtiger wurde, ob der Wahnsinn echt oder gespielt war. Gegen Ende des Mittelalters gab es so gut wie keine natürlichen Narren an den Höfen mehr, sie waren komplett von den künstlichen Narren abgelöst.

[...]


[1] Die Chronik der Grafen von Zimmern, Bd. 3, S. 339.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Hofnarren im Mittelalter
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Istitut für deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Einführung in die Ältere Deutsche Literaturwissenschaft
Note
2
Autor
Jahr
1999
Seiten
16
Katalognummer
V20586
ISBN (eBook)
9783638244251
ISBN (Buch)
9783640330188
Dateigröße
436 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hofnarren, Mittelalter, Einführung, Deutsche, Literaturwissenschaft
Arbeit zitieren
Jan Taussig (Autor:in), 1999, Hofnarren im Mittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20586

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