Kooperation im sonderpädagogischen Handlungsfeld


Seminararbeit, 2002

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1.) Allgemeines zum Thema Kooperation
1.1) Einleitung
1.2) Definition des Begriffs „Kooperation“ von Hans Meister und Alfred Sanders 1.3) Erleichternde und erschwerende Bedingungen von Kooperation
1.4) Problembereiche nach Wocken
1.5) Was sind eigentlich Konflikte?

2.) Das Kennen lernen als wichtige Voraussetzung für eine gelungene Kooperation
2.1) Wie kann am günstigsten mit der Kooperation begonnen werden?
2.2) Die Planung von konkreten Schritten
2.3) Aktives Zuhören

3.) Kooperationsbereitschaft
3.1) Kooperationshemmendes- und förderndes Verhalten

4.) Kooperation mit anderen Berufsgruppen
4.1) Kooperation mit Hilfskräften
4.2) Kooperation mit Eltern
4.3) Kooperation mit Therapeutinnen und Therapeuten
4.4) Kooperation mit Erzieherinnen im Kindergarten und im Hort

5.)Sonderschullehrer in Integrationsklassen
5.1) Warum steigen Pädagogen aus der Integration aus?

6.) Fazit

7.) Literaturverzeichnis

1.) Allgemeines zum Thema Kooperation

1.1 Einleitung

In den vergangenen Jahren hat sich das Berufsbild der Sonderpädagogen gewandelt. Die Kultusministerkonferenz 1994 spricht sich für „ein differenziertes System sonderpädagogischer Dienste im Bereich des Schulwesen“ aus (Penné in: Zeitschrift für Heilpädagogik 46, S.275, Z. 25 ff). Kooperation wird in diesem Zusammenhang immer wichtiger, aber es ist auch eine ernstzunehmende Problemquelle, die sowohl durch personelle Defizite (geringe Kooperationsfähigkeit) als auch durch strukturelle Mängel der Institution Schule begründet wird.

Erforderlich wird Kooperation, „wenn eine Aufgabe für den Einzelnen zu schwer oder zu komplex ist“, wie es z.B. in Integrationsklassen der Fall ist (Penné in: Zeitschrift für Heilpädagogik 46, S. 276, Z. 139 ff). Die Anzahl der Integrationsklassen steigt an, weil die sonderpädagogische Förderung von behinderten Kindern ist in einigen Bundesländern „nach gesetzlichem Auftrag“ den Regelschulen zugewiesen wurde (Penné in: Zeitschrift für Heilpädagogik 46, S. 277, Z. 78). Diese Tatsache beeinflusst die Kooperation in der Weise, dass es jetzt nicht mehr möglich ist, auf Sympathie oder Freiwilligkeit der Kooperationspartner Rücksicht zu nehmen. Dennoch sollte das Ziel Kooperation angestrebt werden, denn nur so kann in Integrationsklassen die pädagogische Aufgabe erfüllt werden.

(vgl. Penné in: Zeitschrift für Heilpädagogik 46, S. 275 - 281)

1.2 Definition des Begriffs „Kooperation“ von Hans Meister und Alfred Sander

Unter Kooperation soll in diesem Studientext verstanden werden: die nicht-hierarchisch organisierte und verstandene Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Personen, die in der Regel auch unterschiedliche Qualifikationen, unterschiedliche berufliche Schwerpunkte, unterschiedliche Orientierungen in ihrer Arbeit haben. Sie arbeiten zusammen ohne das Gleiche tun zu müssen; sie kommunizieren, reflektieren ihre Arbeit, handeln gemeinsame Zielsetzungen und gemeinsame Wege aus. Grundsätzlich grenzen sie sich mit ihrer Fachkompetenz nicht gegenüber den anderen ab, sondern sie ermöglichen und schätzen ein wechselseitiges Lernen bei der gemeinsamen Tätigkeit, den sogenannten Kompetenztransfer.

( Schöler, S. 27, Z. 7 ff; zit. n. Meister/Sander 1992, S.70 )

Die Gleichberechtigung der Kooperationspartner bzw. die „nicht-hierarchische Zusammenarbeit“ ist für das Gelingen der Kooperation von großer Bedeutung (Schöler, S, 27, Z. 8; zit. n. Meister/Sander 1992). Ansonsten ist ein Kooperationspartner oft unzufrieden mit seiner Rolle im Team und dies kann die Kooperation gefährden. Des weiteren halte ich es für sehr wichtig, dass die Kooperationspartner ihre Arbeit gemeinsam reflektieren und auch gemeinsam darüber nachdenken, wie sie zukünftig verfahren wollen. Dazu gehört es auch, „gemeinsame Zielsetzungen“ zu finden, die das Team verfolgt und die es auf „gemeinsamen Wegen“ zu erreichen sucht (Schöler, S. 27, Z. 14 f; zit. n. Meister/Sander 1992).

1.3 Erleichternde und erschwerende Bedingungen von Kooperation

Zu Beginn einer Kooperation ist es hilfreich, wenn sich die Kooperationspartner die Rahmenbedingungen bewusst machen. Diese können die Zusammenarbeit sowohl positiv als auch negativ beeinflussen.

Schöler zufolge beeinflussen die folgenden Bedingungen Kooperation positiv:

- Die Kooperationspartner konnten sich als solche wählen (Sympathie)
- Es besteht die Möglichkeit (räumlich, zeitlich), Kooperationsgespräche durchzuführen.
- Das Anspruchsniveau der Kooperationspartner bezüglich ihrer Professionalität ist vergleichbar, auch wenn sie „unterschiedliche formale Qualifikationen“ aufweisen (Schöler, S.28, Z.15).
- Die Arbeit und die Partner selbst sollten von dem jeweiligen Kooperationspartner geschätzt werden.
- Anerkennung der Kooperation als Leistung durch Vorgesetzte, z.B. Schulleiter.
- Das gesamte Kollegium befürwortet und unterstützt die Kooperation.
- Die Kooperationspartner haben bereits Erfahrungen mit Kooperation gesammelt.
- Die Kooperationspartner nehmen unterschiedliche materielle Rahmenbedingungen z.B. Bezahlung, Arbeitszeit, ... als gegeben.

Negativ hingegen wirken sich die folgenden Bedingungen aus:

- Kurzfristige Vorbereitungszeit für die Kooperationspartner und demnach kaum Zeit, sich gegenseitig kennen zu lernen. Oft hat dies die Folge, dass Integration zu Beginn der Kooperation bedeutet, dass das behinderte Kind mit dem Sonderpädagogen aus der Klasse geht (=Segregation!).
- Die Kooperationspartner haben unterschiedliche Arbeitsbedingungen, z.B. unterschiedliche Anzahl an Stunden in der Klasse.
- Es können Koordinationsprobleme auftreten, wenn zu viele Kooperations­partner an der Zusammenarbeit beteiligt sind. Die Lösung der Probleme ist oft mit Frustration verbunden und die Planung des Unterrichtes wird oft durch einen kleinen Teil des Teams bewerkstelligt.
- Die Schulleitung vermittelt den Kooperationspartnern keine Unterstützung. Durch die hohen Erwartungen von außen wird es zum Problem, Unsicherheiten zuzugeben. So wird der Entwicklung der Kooperationspartner, die zuerst in ihre neue Rolle reinwachsen müssen, zu wenig Zeit gegeben.
- Ein Kooperationspartner wird, wann immer es nötig ist, für Vertretungsstunden aus der Klasse genommen. Die Kooperation wird weder von der Schulleitung, noch von den Kollegen („Ihr habt es gut, ihr seid ja zu zweit!“) respektiert.
- Die Erwartungen an den Kooperationspartner sind zu hoch z.B. in Bezug auf die Zeit, die er in die Kooperation investieren kann. Daraus entstehen Vorwürfe und letztendlich auch Konflikte.
- Verallgemeinerung negativer Erfahrungen, die im Bereich der Kooperation gemacht wurden. (vgl. Schöler S. 28-34)

Das Kooperationsteam sollte den Problemen nicht aus dem Weg gehen, die früher oder später den Prozess der Integration zum Scheitern bringen werden. Die Person, die unter der Situation am meisten leidet ist das behinderte Kind! Die Separation des Kindes oder der Verweis an die Sonderschule sind die Folgen.

1.4 Problembereiche nach Wocken

Die mangelnde Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit sind Folgen des bestehenden Schulsystems, das den Lehrer in der Isolation Klassenzimmer sieht. Auch Kooperationsteams finden sich in diesem Schulsystem wieder, dennoch bestehen große Unterschiede z.B. wird bei einer Kooperation die Verantwortung für den Unterricht von mehreren Kooperationspartnern getragen. Daraus entstehen aber auch Probleme, die Wocken in folgende Bereiche gliedert:

Persönlichkeitsprobleme, Sachprobleme, Beziehungsprobleme und Organisationsprobleme. Diese Problembereiche sind voneinander abhängig, wie die folgende Abbildung zeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Strukturbedingungen kooperativer Arbeit
(Wocken, S. 208, Abbildung 1)

1. Persönlichkeitsproblem

Die Bewältigung von Offenheit hat an den Lehrer hohe Erwartungen: „ständig selbst neu zu lernen, seine Einstellungen und Haltungen zu revidieren, lieb und stabilisierend gewordene Rollen abzulegen und neue zu übernehmen, und selbst die bisher Sicherheit, vor allem aber auch Anerkennung vermittelnde Praxis zugunsten einer neuen aufgeben“ (Wocken, S.209, Z. 21 ff; zit.n. Feuser 1987). Feuser zufolge müsste der Lehrer seine Persönlichkeit grundlegend verändern.

Ein Lehrer, der in einem Kooperationsteam arbeitet, muss die Isolation im Klassen­zimmer aufgeben, die für ihn immer auch ein Schutz war. Die Selbstbewertung des Lehrers wird nun durch die Bewertung des Kooperationspartners beeinflusst. Die Angst zu versagen, die Angst kein guter Lehrer zu sein wird zum Problem. Aber auch auf der persönlichen Ebene hat der Lehrer das Gefühl, sich gegenüber seinem Kooperationspartner beweisen zu müssen z.B. in Situationen, die persönliche Stellungnahmen erfordern. Ebenso kann der Lehrer den persönlichen Arbeitsaufwand, den er in die gemeinsame Stunde investiert bzw. nicht investiert hat nicht verbergen. Daraus resultiert Angst und Verunsicherung, durchschaut zu werden, die eigenen Grenzen zu erfahren oder eine schlechte Rückmeldung vom Kooperationspartner zu erhalten. Probleme dieser Art können die Kooperations­fähigkeit des ganzen Teams in verringern.

2. Sachproblem

Im Unterschied zu Regelklassen ist in Integrationsklassen die „Heterogenität der Schüler“ und die „Heterogenität der Pädagogen“ größer (Wocken, S. 215, Z. 7). Das Kooperationsteam muss daher eine Einigung erreichen in Bezug auf Ziele und Inhalte des Unterrichtes und in Bezug auf Wege und Mittel, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Anderenfalls führt dies zu Irritationen oder Lernblockaden auf Seiten der Schüler. Des weiteren führen unausgesprochene Konflikte bei den Kooperationspartnern zu Unzufriedenheit.

Die heterogene Lerngruppe, die in der Regel in Integrationsklassen zu finden ist, benötigt mehrere Pädagogen. Die Pädagogenteams bestehen häufig aus einem Klassenlehrer, der den Unterricht für die ganze Klasse hält, und einem Erzieher bzw. einem Sonderschullehrer. Der Erzieher oder auch der Sonderschullehrer hat dann die Aufgabe, die Schüler zu fördern, die dem Unterricht des Klassenlehrers nicht mehr folgen können. Daraus können sich Vorwürfe gegenüber dem Klassenlehrer entwickeln, der den Unterricht an einzelnen Kindern vorbeikonzipiert. Aus dieser Personalisierung des Konfliktes können sich Kooperationsprobleme entwickeln. Im Unterricht kann der „Komplexitätsreduktion“ durch Gruppenteilung (horizontale Differenzierung) und Funktionsteilung (vertikale Differenzierung) entgegnet werden (Wocken, S. 225, Z. 11). Die Teilung der Lerngruppe nach Fähigkeiten ist nicht als langfristige Lösung anzusehen, denn das wäre „nichts weiter als eine schlechte Kopie des gegliederten Schulwesens im Rahmen einer Integrationsklasse“ (Wocken, S. 226, Z. 15 f)

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Kooperation im sonderpädagogischen Handlungsfeld
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Inst. für Sonderpädagogik)
Veranstaltung
Kooperation in sonderpädagogischen Handlungsfeldern
Note
1,3
Autoren
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V20575
ISBN (eBook)
9783638244206
ISBN (Buch)
9783638646802
Dateigröße
502 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kooperation, Handlungsfeld, Kooperation, Handlungsfeldern
Arbeit zitieren
Verena Klein (Autor:in)Birgit Rettler (Autor:in), 2002, Kooperation im sonderpädagogischen Handlungsfeld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20575

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