Ägyptische Gefäße - Bemerkungen zu den dekorierten und figuralen Gefäßen aus der Amarnazeit und den Prunkgefäßen des Tutanchamun


Fachbuch, 2012

44 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Eine Vorbemerkung zum Fundort Amarna

Funde aus Amarna

Glas in Amarna

Zur Typologie

Das Berliner Bes-Gefäß

Zwei Alabastergefäße aus der Amarnazeit

Elegante Formen: Figurale Gefäße

Ein Gefäß in Fischform

Ein kunsthistorischer Ausblick: Alabastergefäße aus dem Grabschatz des Tutanchamun

Objektverzeichnis

Anhang - Die Könige der Amarnazeit

Literatur

Einleitung

Bereits unter Amenophis III. lässt sich eine enorme Prachtentfaltung sowohl im Palast als auch im Privatbereich erkennen. Opulente Bankettszenen[1] zeigen die Oberschicht und lassen ungefähr nachempfinden wie pompös man streckenweise lebte.

Dieser luxuriöse Lebensstil findet natürlich auch Widerspieglung in den alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie Möbeln und Gefäßen. So zeigen auch die noch erhaltenen Grabausstattungen der 18. Dynastie, wie von Kah oder von Juja und Tuja, dass man auch im Jenseits nicht auf stilvollen Luxus verzichten wollte[2].

Im Hinblick darauf verwundert es kaum, dass auch einfache Behältnisse wie Tonkrüge, die reinen Gebrauchscharakter, aber keinen künstlerischen Wert gehabt haben dürften, prachtvoll mit Farbdekorationen versehen sind[3]. Einige tragen sogar ornamentalen Schmuck, auch tauchen vermehrt Gefäße aus edleren Materialien wie Fayence und Kalzitalabaster auf.

Die Amarnazeit gilt zwar als ein, wenn nicht gar der, radikale Bruch mit aller Tradition, dennoch lässt sich dies nicht auf die Hinwendung zum Luxuriösen und Eleganten beziehen. Wirft man bspw. einen Blick auf die erhaltenen Fragmente der Innendekoration der Palastanlagen von Amarna, so trifft man auf bunt bemalte Räumfragmente, die figurative Szenen oder einfache Gartenlandschaften mit Tieren zeigen.

Ein ähnliches Bild ergeben viele Gefäßfunde aus Amarna, die wiederum in leuchtenden Farben bemalt sind und damit an die Zeit Amenophis III. nahtlos anknüpfen. Aus dieser Epoche bedient sich auch der enorme Formenreichtum den die verschiedenen Gefäße annehmen können. Neben einfachen Gefäßtypen erscheinen nun auch formschöne dienergestaltige Schminktöpfe aus Holz, gläserne Fischgefäße und dünnwandige Alabasterkelche. Diese Formenvielfalt bildet nachfolgend die Grundlage für großformatigen Salbgefäße Tutanchamuns, die vielmehr als Meisterwerke der Alabasterbearbeitung statt als bloße Gefäße zu betiteln sind.

Der nachfolgende Text soll einen Blick auf die in Amarna gefundenen Gefäße werfen, wobei auf Typologie und Motive, sowie auf den möglichen Verwendungszweck eingegangen werden soll. Nachfolgend werden einige der bekanntesten Stücke vorgestellt, die von besonderer künstlerischer Qualität und kulturhistorischer Relevanz sind. Den Abschluss bilden ein kurzer Blick auf die Alabastergefäße Tutanchamuns, sowie ein kleiner Katalog mit einer Auswahl von Objektbeispielen.

Eine Vorbemerkung zum Fundort Amarna

Amarna, oder besser gesagt Achetaton, die Stadt des sog. „Ketzerpharaos“ Echnaton war seit dem Jahr 5 seiner Herrschaft zum politischen und religiösen Zentrum Ägyptens geworden. Bereits zwei Jahre nach der Thronbesteigung Tutanchamuns (ehemals Tutanchaton), dem mutmaßlichen Sohn Echnatons und einer Nebengemahlin namens Kija, wurde der Regierungssitz nach Memphis verlegt. Spätestens unter Tutanchamuns Nachfolgern Eje und Haremhab wurde die Stadt endgültig aufgegeben. Somit lässt sich Amarna auf einen Zeitraum von maximal 30 Jahren festmachen. Damit datieren alle Funde, rechnet man „Erbstücke“ aus der Zeit von Echnatons Vater noch mit ein, in die Zeit der Könige Amenophis III., Amenophis IV./Echnaton, Neferneferuaton (Nofretete?), Semenchkare, Anchetcheperure und Tutanchamun [sowie evtl. Eje und Haremhab], sprich die ausgehende 18. Dynastie.

Funde aus Amarna

In Amarna fanden sich eine Vielzahl unterschiedlicher Gefäße, die von einfachen Weinkrügen bis zu Kleinkunstwerken der Glaskunst reichen[4]. Zu diesen zählen viele Stücke mit außergewöhnlich ansprechender farbiger Gestaltung. Dazu zählt auch ein kleines Glasfläschchen ohne Henkel (Kat. 7). Es hat einen weißen Grund auf dem ein Muster aus geschwungenen Linien (am Hals Zickzack-, am Körper Bogenformen, die unten in Zickzackführung enden) in hellblauer und schwarzer Farbe angebracht ist. Das Gefäß ist tadellos erhalten und überzeugt durch seine schlichte Farbkomposition. Ganz ähnlich gestaltet ist eine Amphora mit Henkel, die sich heute im Metropolitan Museum of Art in New York befindet (Kat. 6) und ehemals der Sammlung Carnarvon zugehörig war. Sie ist türkisblau gehalten und trägt ein umlaufendes geschwungenes Zackenliniendekor aus dunkelblauen und weißen Bändern. Der Hals und Bauch des Gefäßes verbindende Henkel trägt zudem hellrote Linien. Auch dieses Exemplar ist hervorragend erhalten. Unklar ist die Herkunft, wobei oftmals Tuna el-Gebel angegeben wird. Allerdings lassen Form und Dekor keinen Zweifel an der Datierung in die ausgehende 18. Dynastie, sodass Amarna als Herkunft nicht ausgeschlossen werden kann. Dafür spricht auch, dass ein etwas bauchigeres Gefäß gleichen Typs (Kat. 5) vermutlich aus Amarna stammen dürfte. Das Gefäß hat einen langen zylindrischen Hals und ist mit einem Henkel versehen. Von der Grundfarbe her ist es blau gehalten, ist aber mit eingewalzten Girlanden aus weißem und gelbem opakem Glas versehen.

Ein anderes Stück lässt sich in eine Reihe ganz ähnlicher Gefäße (Kat. 9-10) einordnen: ein kleiner Krateriskos mit Henkel (Kat. 8). Dieses lapisblaue Gefäß trägt weiße und türkisblaue Bogenlinien als Verzierungen an Hals und Bauch. Fuß und Mündung sind türkisblau gesäumt. Vergleichbar im Dekor ist auch ein bauchiges Gefäß aus farbigem Glas (Kat. 11). Eine interessante Gefäßform bildet das kleinformatige Fläschchen in Form einer Papyrussäule (Kat. 12). Es hat einen langen schmalen Gefäßkörper, auf dem ein zylindrischer Aufsatz in Form einer Papyrusdolde angebracht ist. Diese hat mehrere sich leicht nach außen biegende Blätter, die durch weiße Linien voneinander getrennt werden. Der obere Rand wird durch hellblaue Einfärbung betont. Wie bei den großen architektonischen Vorbildern oder auch beim realen Binden von geschnittenen Papyrusstengeln umfassen horizontal verlaufende Schnüre in weißer und hellblauer Farbe die einzelnen Blätter. Den unteren Gefäßkörper nimmt ein Muster aus weißen und hellblauen Zickzacklinien ein. Vermutlich dienten kleine Gefäße wie dieses zur Aufbewahrung kostbarer Kosmetik, wie etwa Augenschminke.

Neben solchen kostbaren Gefäßen gab es aber auch noch eine ganze Reihe von herkömmlichen Gebrauchsgefäßen aus gebranntem Ton, wobei auch diese oftmals mit farbigem Dekor versehen waren.

Während der mittleren 18. Dynastie kam ein neuartiger Typ dekorierter Keramik auf. Diese Keramik zeichnet sich durch die Verwendung von blauer Kobaltfarbe aus, die aus den natürlichen Vorkommen der Wüsten-Oasen[5] gewonnen oder importiertem und dann zerkleinertem Glaswerk hergestellt wurde. Ideal geeignet war die blaue Farbe zur Dekoration mit der beleibten blauen Lotuspflanze, die als Symbol der Wiedergeburt galt. Ein großes heute in Liverpool befindliches Keramikgefäß, verziert mit blauen Lotosblumen mit roten Innenzeichnungen und schwarzen Umrandungen, erinnert in seiner Form an eine Schale (Kat. 22). Die Blumenkrone nimmt den unteren Teil des Gefäßes ein, während der darüberliegende Rand aus herabhängenden Blütenblättern besteht. Das Gefäß ahmt die Form des weißen Lotos nach. Das Gefäß stammt vermutlich aus den zwischen 1928-29 von der Egypt Exploration Society durchgeführten Grabungen in Amarna und gelangte nach seiner Entdeckung zunächst 1956 in die Sammlung des Castle Museums von Norwich.

Vor allem in Amarna beleibt waren Ton-Gefäße mit figuralen Motiven, wie die Amphora mit Gazelle und Anch-Zeichen (Kat. 15) oder eine andere mit einem Kalb auf dem Deckel (Kat. 19). Gazelle, Anch und Kalb sind wie der Lotus Symbole der Wiedergeburt. Tönerne Gefäße konnten aber auch mit anderen Motiven versehen sein, wie dem Tilapia-Fisch (Kat. 16), Blütenornamenten (Kat. 18) oder den in einer Dickichtszene aus Pflanzen und Gänsen kombinierten Motiven von Girlanden aus Anch-Zeichen, Früchten und Lotus (Kat. 17)[6]. Allen gemeinsam ist das dekorative Spiel mit Symbolen der Wiedergeburt. Ungewöhnlich ist hingegen die Darstellung von galoppierenden Pferden auf vergleichbaren Vorratsgefäßen. Das wohl besterhaltenste Beispiel dafür ist ein bauchiges Gefäß ohne Lippe am oberen Gefäßrand, dessen Mittelteil zwei Hengste in verschiedenen Phasen des Galopps zeigt (Kat. 21). Die Pferde tragen je eine (wohl aufgegurtete) Decke und Zaumzeug, doch flattert die Halfterleine lose zwischen den Vorderbeinen, was nahelegt, dass sich die Tiere losgerissen haben. Anhand der weit aufgerissen Augen, der sich aufsträubenden Mähne und des zurückgezogenen Kopfes mit zugleich vorgestreckter Brust, gelingt es den Pferdefiguren den erregten Zustand der flüchtenden Tiere zu vermitteln.

Getrennt werden die beiden Pferde durch einen Strauß aus Lotus-Pflanzen und einem Anch-Zeichen mit Armen, deren Hände je ein Was-Zepter halten. Die gesamte Darstellung wird von dreifarbigen Bändern (rotbraun, schwarz und blau) eingefasst. Am Gefäßhals ist zudem ein stilisiertes Blumengirlandenmotiv zu sehen.

Zu diesem Gefäß haben sich nur wenige Parallelstücke erhalten, wie etwa eine Pferdedarstellung auf einem Keramikfragment aus Amarna (Kat. 21a).

Glas in Amarna

Polychrome Glasgefäße waren eine der Spezialitäten der Handwerker von Amarna. Gefäße wie die Krateriskoi (Kat. 8-10) bestehen aus solchem farbigen Glas und wurden über einem Sandkern durch Eintauchen in flüssiges Glas hergestellt. Fuß, Henkel und die hier mit weiß-blauen Schnurornament versehene Lippe wurden aufgeschmolzen. Die farbigen Elemente (Glasfäden) sind in den heißen Glaskörper eingewalzt und zu Girlandenmustern gezogen[7].

Solche edlen Gefäße dienten vornehmlich der Aufbewahrung kostbarer Salben und Öle. Formen- und farbereich standen sie der Oberschicht der Stadt zur Verfügung.

Flinders Petrie fand die Reste einer Glasfabrikation und belegt die Relevanz der Glasproduktion in Amarna. Die Rohstoffe zur Glasherstellung waren zumeist überall in Ägypten zu finden. Facharbeitskräfte konnte man zudem von etablierten Glasproduktionsstätten wie Malkatta oder Medinet el-Gurob beziehen.

Zur Typologie

Neben einer Vielzahl von Gefäßfunden aus dem Raum des östlichen Mittelmeers, die Handelskontakte bis nach Mykene und Zypern belegen (Kat. 1-3), fanden sich in Amarna auch zahlreiche einheimische Gefäße. Die am häufigsten auftretenden Gefäßtypen sind:

- Pilgerflaschen
- Langhalsige Gefäße mit/ohne Henkel
- Bauchige Amphoren
- Papyrussäulenförmige Gefäße
- Krateriskoi (mit zwei Henkeln)
- Krüge
- Vasen
- Schalen
- Lotusbecher

Sonderformen

- Figurale Schminktöpfe
- Tiergestaltige Glasflaschen

Die in Amarna gefundenen Gefäße zeichnen sich oft durch die rustikale Breite der Gefäßkörper aus, worin eine Rückbesinnung auf Formenvielfalt des Alten Reichs gesehen werden kann[8]. Hingegen sind die luxuriös gestalteten Behältnisse aus Glas und Kalzitalabaster auf das Neue Reich zurückzuführen. Mitunter war man auch versucht die exotisch und damit kostbar anmutenden ägäischen Gefäße zu kopieren oder verwendete alte Stücke einfach wieder. So war auch die erstmals in der 18. Dynastie in Ägypten aufkommende Pilger-Flasche (Kat. 4) keine ursprünglich ägyptische Form, wurde dann aber in den Formenkanon assimiliert.

[...]


[1] Eines der bekanntesten Beispiele ist die Darstellung einer Bankettszene aus dem Grab des Nebamun in Theben-West (London, British Museum, EA 37986). Vgl. Strudwick 2006, S. 172-173.

[2] Zur Grabausstattung des Kah und von Juja und Tuja sei auf folgende Werke verwiesen: E. Vassilika: La Tomba di Kha, Mailand 2010; T. M. Davis: The Tomb of Iouya and Touiyou, London 1907 (Nachdruck: London 2010); J. E.: Quibell: The Tomb of Yuaa and Thuii, Kairo 1908.

[3] Vgl. Hayes 1959, S. 249, Abb. 150.

[4] Zu Gefäßformen allgemein: Westendorf 1977. Speziell zur Herstellung von Gefäßen in Amarna: Markowitz/ Lacovara 1999; Nicholson 2007; Rose 2007.

[5] Vgl. Arnold/ Bourriau 1993, S. 100-101.

[6] Ein vergleichbares zylindrisches Gefäß unbekannter Herkunft (Ton, bemalt; H. 29,8 cm, Dm. 22,5 cm), befindet sich in der Staatlichen Sammlung Ägyptischer Kunst in München (ÄS 1823). Seine Mittelzone trägt die Darstellung von Papyrus- und Lotuspflanzen. Vgl. Ausstellungskatalog Höhr-Grenzhausen 1978, S. 157-158 (Kat. 239).

[7] Vgl. H. W. Müller in Ausstellungskatalog München 1976, Kat. 87.

[8] Vgl. Westendorf 1977, Sp. 495.

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Ägyptische Gefäße - Bemerkungen zu den dekorierten und figuralen Gefäßen aus der Amarnazeit und den Prunkgefäßen des Tutanchamun
Autor
Jahr
2012
Seiten
44
Katalognummer
V205386
ISBN (eBook)
9783656331049
ISBN (Buch)
9783656331728
Dateigröße
899 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ägypten, Gefäße, Echnaton, Nofretete, Tutanchamun
Arbeit zitieren
Patrick Farsen (Autor:in), 2012, Ägyptische Gefäße - Bemerkungen zu den dekorierten und figuralen Gefäßen aus der Amarnazeit und den Prunkgefäßen des Tutanchamun, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205386

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