Parteiverbote in der BRD und die NPD

Ist ein neues Parteiverbotsverfahren gegen die NPD zu legitimieren und sollte es durchgeführt werden?


Hausarbeit, 2012

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


1. Einleitung

In den vergangenen Wochen und Monaten ging in der Bundesrepublik, nicht zum ersten Mal, das sog. „window of opportunity“ für ein bestimmtes Thema auf. Im Zuge des bekannt werdens einer rechtsradikal motivierten Mordserie in den letzten Jahren, kam das Thema der Parteiverbote wieder auf die Tagesordnung. Aufgrund des rechtsextremen Ursprungs der Gewalt war ein mögliches Verbot der größten rechten Partei des Landes wieder in aller Munde. „Soll man die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) nun endlich verbieten?“ war die häufig gestellte Frage. Da ein solches Verfahren bereits zwischen 2001 und 2003 keinen Erfolg hatte, gibt es damals wie heute sehr unterschiedliche Positionen. Fachleute, Politiker und Bürger sind gespalten in Befürworter eines NPD-Verbots und in Gegner.

Nun soll im Folgenden ein Blick auf das Verfahren im Allgemeinen geworfen werden. Wie funktionieren Parteienverbote in der BRD überhaupt und warum gibt die Verfassung eine Möglichkeit Parteien überhaupt zu verbieten? Am Beispiel der NPD soll der Versuch gemacht werden, die rechtlichen Indikatoren für ein Verfahren anzuwenden. Geht von der NPD gute zehn Jahre nach dem gescheiterten Verfahren immer noch eine Gefahr aus? Hinzu kommt, eine argumentative Auseinandersetzung mit diesem Thema, denn nur, weil es möglicherweise rechtlich möglich ist eine Partei zu verbieten, muss man es nicht automatisch tun. Es gibt eine Reihe Thesen auf beiden Seiten, abseits der reinen Verfassungsgrundsätze, die sich lohnen gegeneinander abzuwägen. Im abschließenden Fazit sollen die Verfassungsüberprüfung dann mit den etwas emotionaleren Argumenten von Gegnern und Befürwortern zusammen gebracht werden. So kann sich ein Bild ergeben, ob man die NPD im Jahr 2012 verbieten kann und sollte.

2. Historische Beispiele – Verbotsverfahren in der Geschichte der BRD

Bisher gab es in der Bundesrepublik fünf Verfahren zum Verbot einzelner Parteien. 1952 wurde die Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) „erfolgreich“ verboten. Des Weiteren wurden Verfahren gegen die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 1993 und gegen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 2001 angestrebt. Auf Ebene des Landes Hamburg wurde ein Verbot der Nationalen Liste (NL) ebenfalls 1993 angestrebt. Das Verfahren scheiterte im Falle der FAP daran, dass das Bundesverfassungsgericht ihr die nötigen Eigenschaften (beispielsweise eine nicht ernsthafte Verfolgung der Durchsetzung der politischen Ziele) für eine Partei absprach. Die FAP war demnach ein Verein und keine Partei, so dass sie als Verein 1995 verboten wurde. Für die NL in Hamburg gilt ähnliches, auch sie wurde als Verein kategorisiert und 1995 als solcher Verboten. Das Verfahren gegen die NPD 2001 wurde hingegen eingestellt, der Grund: waren Verfahrensfehler. Informanten des Verfassungsschutzes waren in Partei und Parteiführung tätig. Darin sah das Verfassungsgericht ein Verfahrenshindernis und stellte das Verbotsverfahren ein. Somit kam es gar nicht zu einer Prüfung der tatsächlichen Verfassungswidrigkeit der NPD.

3. Wie verbietet man in der BRD eine Partei und wo kommt diese Praxis her? –

Das Parteiverbotsverfahren und sein Ursprung

Die rechtliche Grundlage für das Verbot einer Partei ist festgeschrieben im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, genauer gesagt, im Artikel 21 Absatz 2. Entstanden ist dieses Verfahren aus den Erfahrungen der Weimarer Republik und dem dortigen fehlen institutioneller Sicherungen zum Erhalt der Demokratie. Damals entstand das Dritte Reich aus der Weimarer Demokratie auf einem institutionellen und rechtlich legalen Wege. Das Grundgesetz der BRD sollte nun eine Möglichkeit enthalten, extremistischen Kräften vorzubeugen. Gleichzeitig brachte man in den Anfangstagen der neuen Demokratie den eigenen Bürgern ein gewisses Misstrauen entgegen. Ist das Volk in der Lage einzuschätzen, welche Partei demokratisch agieren will und welche nicht?[1] Daher wurden Prinzipien der „wehrhaften Demokratie“ im Grundgesetz verankert. Dies bedeutet einfach, es gibt festgelegte Mechanismen wie sich eine Demokratie davor schützen kann, auf demokratischem Wege abgeschafft zu werden (so wie es in der Weimarer Republik geschah). Elemente dieser „wehrhaften Demokratie“ sind u. a. das „Recht der Deutschen zum Widerstand gegen die Ordnung bedrohende Kräfte“ (Art. 20 Abs. 4 GG), die „Verpflichtung Lehrender auf die Verfassung“ (Art. 5 Abs. 3 GG) sowie eine mögliche „Verwirkung von Grundrechten“ (Art. 18 GG). Ein letztes Merkmal der streitbaren Demokratie ist, eben jenes Parteiverbot aus Artikel 21. Absatz 2. Dieser Artikel besagt: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.“[2] Bevor nun aber das Verfassungsgericht entscheidet, muss ein Antrag auf Verfassungswidrigkeit gestellt werden. Dies können für bundesweit agierende Parteien die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat tun. Bei auf Landesebene aktiven Parteien, kann auch die Landesregierung den Antrag stellen. Eine Antragspflicht besteht nicht. Selbst bei offensichtlich antidemokratischen Parteien können sich die potentiellen Antragssteller auch entscheiden, auf einen Verbotsantrag zu verzichten und die politische Auseinandersetzung (z.B. im Wahlkampf) vorzuziehen.

In der Folge darf die „angeklagte“ Partei eine Stellungnahme abgeben, danach wird über die Verfahrenseröffnung entschieden. Wird eröffnet, so muss der Antragssteller nachweisen, dass die Partei die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik abschaffen oder beeinträchtigen will. Hier reicht es allerdings nicht aus, anzuführen, dass einzelne Mitglieder oder Anhänger der Partei Straftaten begangen haben.

Der grundsätzliche Ablauf eines Verbotsverfahrens sieht wie folgt aus: Zunächst wird geprüft, ob der Antrag auf Eröffnung eines Parteiverbotsverfahrens zulässig ist. Dann wird auf die im Gesetz festgelegten Merkmale geprüft: Tatbestandsmerkmal „Partei“, Tatbestandsmerkmal „Ziele“, Tatbestandsmerkmal „Verhalten ihrer Anhänger“, Tatbestandsmerkmal „freiheitlich demokratische Grundordnung“ und ob die Partei diese Grundordnung „beeinträchtigen oder beseitigen will“. Interpretativ dienen diese Merkmale zur Überprüfung, wie die betreffende Partei und ihre Mitglieder zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der BRD stehen. Die bloße Ablehnung der Grundordnung allein, ist allerdings noch kein ausreichender Grund für die Verfassungswidrigkeit einer Partei. Wie im KPD-Urteil festgestellt: „Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung […] nicht anerkennt; es muss vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen.“[3]

[...]


[1] Groh, Kathrin: Reanimation der „wehrhaften“ Demokratie? S.93

[2] „Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“ S.196

[3] http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv005085.html# (Stand: 27.9.2012)

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Parteiverbote in der BRD und die NPD
Untertitel
Ist ein neues Parteiverbotsverfahren gegen die NPD zu legitimieren und sollte es durchgeführt werden?
Hochschule
Technische Universität Darmstadt  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar: Demokratieschutz
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
14
Katalognummer
V205364
ISBN (eBook)
9783656323983
ISBN (Buch)
9783656324249
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
NPD, Parteiverbot, Verbotsverfahren, BRD, Demokratieschutz, wehrhafte Demokratie, Artikel 21
Arbeit zitieren
Lukas Kromminga (Autor:in), 2012, Parteiverbote in der BRD und die NPD, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205364

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