Sind wir noch zu retten?

Modellierung der Erwerbstätigkeit 1984 bis 2060 mit Hilfe des Sozioökonomischen Panels und der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung


Wissenschaftliche Studie, 2012

36 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Verzeichnis der Tabellen

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Abkürzungen

Fragestellung

Quellen und Methode

Grundmodell

Arbeitszeiten 1984 bis

Arbeitszeiten 2011 bis

Transferempfänger

Migrationshintergrund

Die „Neue Erwerbsgesellschaft”

Quellenverzeichnis

Tabellen

Abbildungen

Zusammenfassung

Mit Hilfe des Sozioökonomischen Panels (1984 bis 2010) und der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (2011 bis 2060) wurde geprüft, ob die Herausforderungen des demografischen Wandels durch eine Anpassung der Arbeitszeiten bewältigt werden können. Im Ergebnis lassen sich Grundzüge einer „Neuen Erwerbsgesellschaft“ ausmachen: Wir werden älter, erwerbstätiger (also arbeitsarmer und wohlhabender) sowie multikultureller… Hierbei wurde unterstellt, dass das wöchentliche Arbeitszeitvolumen je Einwohner/in wie seit 1984 im Mittel 18 Stunden beträgt. Außerdem wurde eine maximale wöchentliche Arbeitszeit je Erwerbstätigen von 40 Stunden angenommen, was einem Wert aus der Mitte der 1980er Jahre entspricht. Im Ergebnis lässt sich zeigen, dass (im Jahr 2060) mit einer Erwerbsbeteiligung von 80% und einer Wochenarbeitszeit von 41 Stunden das im Verhältnis zur Bevölkerungsentwicklung notwendige Arbeitszeitvolumen aufzubringen ist.

Um die tatsächliche Erwerbsbeteiligung unter Berücksichtigung der Ausbildungszeiten zu realisieren, kann von einer Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 69 Lebensjahre ausgegangen werden. Der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund wird nach den vorliegenden Berechnungen im Jahr 2060 mindestens 40% betragen (im Jahr 2010 waren es 19%). Die „Transferlast“, d.h. der Anteil von Transferempfängern (d.h. Nicht-Erwerbstätigen) an den Einwohner/innen wird sich von 50% (2010) auf 60% (2060) erhöhen. Angesichts höherer mittlerer Einkommen der Erwerbstätigen (durch längere Arbeitszeiten), einer stärkeren und längeren Erwerbsbeteiligung sowie möglicherweise höherer Arbeitsproduktivität sollte diese „Last“ tragbar sein. Insgesamt wird – gemäß den Modellannahmen - die Beschäftigung je Einwohner/in konstant bleiben, je Erwerbstätigen steigen und volkswirtschaftlich (gemessen als Arbeitszeitvolumen) sinken. Ob deshalb die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft sinkt, das hängt von der Arbeitsproduktivität ab.

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1: Alter, Erwerbstätigkeit und Arbeitszeit 1984 bis 2010 (SOEP)

Tabelle 2: Einwohner/innen (EW) und Arbeitszeitvolumen (AZV) SOEP

Tabelle 3: Einwohner/innen (EW), Erwerbsfähige (EF) und Erwerbstätige (ET)

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: Grundmodell 1984 – 2010 bzw. 2011 –

Abbildung 2: Altersstruktur der Bevölkerung 1984 bis 2010 (SOEP)

Abbildung 3: Erwerbstätigkeit 1984 bis 2010 (SOEP)

Abbildung 4: Tatsächliche Wochenarbeitszeit 1984 bis 2010 (SOEP)

Abbildung 5: BIP (preisbereinigt), EW, EF, ET, AZV 1990 – 2010 (1990=100%)

Abbildung 6: Einwohner/innen (EW), Erwerbsfähige (EF) und Erwerbstätige (ET)

Abbildung 7: Arbeitszeitvolumen (AZV)

Abbildung 8: AZV je EW, EF und ET

Abbildung 9: ET je EW und EF

Abbildung 10: Transferempfänger (TE) im Zeitverlauf

Abbildung 11: Transferlast (TL) im Zeitverlauf

Abbildung 12: Saldo der Migration (Deutsche / Ausländer) 1991 – 2011 (Destatis)

Abbildung 13: Anteil von Personen mit Migrationshintergrund 1984 – 2010 (SOEP)

Abbildung 14: Anteil von Personen mit Migrationshintergrund 1984 –

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fragestellung

Die Literatur zum demografischen Wandel ist mittlerweile nahezu unüberschaubar. Anfangs ein Thema für Spezialisten, das schon seit der Ära Helmut Schmidt diskutiert wird, ist der Wandel nun in aller Munde – verbunden mit allerlei „Empfehlungen“ für die Zukunft. Was bedeutet demografischer Wandel im Falle Deutschlands? Die Zahl der Einwohner/innen (EW) sinkt, weil die Geburtenhäufigkeit über einen längeren Zeitraum rückläufig war und – nach allem was wir wissen – nicht erwarten lässt in Zukunft deutlich anzusteigen. Das Durchschnittsalter der EW steigt infolge niedriger Geburtenhäufigkeit und steigender Lebenserwartung. Der Anteil der Personen mit direktem und indirektem Migrationshintergrund steigt infolge von Zuwanderung[1] und (teilweise) höherer Geburtenhäufigkeit bzw. geringerem Lebensalter bei Zugewanderten. Geburtenhäufigkeit, Lebenserwartung und Migration bestimmen das Bild der Bevölkerung in der Zukunft. Inwiefern zuverlässige Aussagen darüber gemacht werden können, das hängt davon ab, ob diese Größen in ihrer zeitlichen Entwicklung hinreichend bekannt sind und dass keine externen Schocks (Kriege, Katastrophen, grundlegende Veränderungen in den Reproduktionstechniken und sozio-kulturelle Umbrüche) auftreten.

Der demografische Wandel hat unmittelbare Konsequenzen: Das Angebot an und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt sowie die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die auch den Außenmarkt betriff, werden sich verändern. Wie wir unten sehen werden, sinkt vermutlich das volkswirtschaftliche Niveau der Beschäftigung während das mittlere individuelle Niveau der Beschäftigung steigt, was zum einen die mittleren Einkommen erhöhen dürfte und zum anderen zu einer höheren Belastung mit Transferzahlungen führt (insofern sich das quantitative Verhältnis von Erwerbstätigen zu Transferempfängern verschiebt). Aufgrund der Veränderung der Bevölkerungsstruktur und der damit verbundenen Verteilung von Einkommenschancen, die aus verschiedenen Perspektiven (Erwerbseinkommen vs. Transferzahlungen) unterschiedlich zu beurteilen ist, werden sich auch die politischen Rahmenbedingungen (z.B. für die Umverteilung von Einkommen) verändern sowie die kulturellen Rahmenbedingungen, in denen diese eingebettet sind. Kurz zusammengefasst: Wir werden – wenn alles gut geht – älter, erwerbstätiger (also arbeitsarmer und auch wohlhabender) sowie multikultureller. Es entsteht also eine „Neue Erwerbsgesellschaft“.

Das ist in Grundzügen hinlänglich bekannt. Zur Bewältigung des demografischen Wandels gibt es eine Reihe von etablierten Überlegungen, die Einzug in die politische Rhetorik bzw. das politische Handeln gefunden haben[2], wobei interessengeleitete Übertreibungen (wie im Falle des „Fachkräftemangels“) nicht ausgeschlossen sind. In der Regel ist es der folgende Kanon von Maßnahmen und Entwicklungen, der angegeben wird:

1. Der Abbau der Arbeitslosigkeit, hier geht es vor allem um den schwierigen Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit, da die Wahrscheinlichkeit arbeitslos zu bleiben mit der Dauer der Arbeitslosigkeit steigt und die Ursache für Langzeitarbeitslosigkeit vor allem in mangelnden Kompetenzen der Betroffenen liegt.
2. Die Erwerbstätigkeit von Frauen, die gut qualifiziert sind, dem Arbeitsmarkt aber (noch) nicht zur Verfügung stehen. Ohne eine verbesserte „Work Life Balance“ wird das aber nicht funktionieren.
3. Längere Wochenarbeitszeiten erhöhen das Volumen der Arbeitszeit, welches der Volkswirtschaft zur Verfügung steht. Nach einer Phase der Arbeitszeitverkürzung liegt hier mittlerweile eine Trendwende vor, wobei sowohl die Stellenumfänge als auch die mittleren Arbeitszeiten je Stelle zu betrachten sind.
4. Die Verkürzung der Ausbildungszeiten, insbesondere im Falle eines Studiums, trägt ebenfalls dazu bei, dass mehr qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.
5. Längere Lebensarbeitszeiten erhöhen nicht nur das Angebot an Arbeitskräften, sie verringern auch (bei steigender Lebenserwartung) den Anstieg der Nachfrage nach Transferleistungen. Die Voraussetzung für den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit (im Sinne von Employability Management)[3] sind ein funktionierendes Gesundheitsmanagement und Lebenslanges Lernen.
6. Eine moderate Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte über einen längeren Zeitraum kann zusätzlich helfen, die demografische Entwicklung zu bewältigen. Die Wirkungen der Zuwanderung sind nicht eindeutig: Je nach ethnischer, kultureller und qualifikatorischer Struktur der Zuwandernden und dem Grad ihrer Integration in das Bildungssystem bzw. in den Arbeitsmarkt kann sich eine Zuwanderung unterschiedlich darstellen. Ein positiver Wanderungssaldo (Netto-Zuwanderung) stützt die quantitative Bevölkerungsentwicklung, die Bruttozuwanderung (und ihre Struktur) bestimmen das qualitative Bild der Bevölkerung in der Zukunft. Als Folge löst die Zuwanderung eine steigende Bedeutung von Konzepten wie Diversity Management aus.
7. Technische Innovationen, welche die Arbeitsproduktivität erhöhen und damit die Nachfrage nach Arbeitskräften bzw. Arbeitszeitvolumen senken, lassen sich ebenso als entlastende Faktoren angeben wie die internationale Arbeitsteilung, in der Deutschland als führender Produzent hochwertige Industriegüter nach wie vor einen wichtigen Platz einnimmt. Die letzten beiden Punkte haben eine Grenze bei so genannten Humandienstleistungen, bei denen Produktivitätssteigerungen und Rationalisierung nur bedingt möglich sind. Allerdings sind auch hier technische Lösungen denkbar, wenn eine Verlagerung ins Ausland (die freilich durch Exporte von hochwertigen Industriegütern gegenfinanziert sein muss) nicht infrage kommt.[4] Andererseits kann sich mit Hilfe von Kommunikationstechnologien und Kollaborationssystemen die Zusammenarbeit innerhalb international tätiger Unternehmen und Verwaltungen so gestalten, dass eine Zuwanderung gar nicht notwendig ist, da zeitversetzt an demselben Produkt in verschiedenen Ländern gemeinsam gearbeitet wird (z.B. in virtuellen Teams).

Der demografische Wandel führt zwanglos zu Konzepten wie Diversity Management, Work Live Balance und Employability Management inklusive Lebenslangen Lernens, sowie zu einer internationalen, technisch vermittelten Kollaboration und technischen Innovationen in Bereichen, die jetzt noch stark durch Humandienstleistungen gekennzeichnet sind. Der Schlüssel der Bewältigung des Wandels liegt dabei immer im Angebot an qualifizierten Arbeitskräften. Hierbei sollten nicht nur Überlegungen zur Zahl der Erwerbstätigen (jetzt und in Zukunft), sondern vor allem zu den Arbeitszeiten bzw. zum Arbeitszeitvolumen (AZV) – in unserem Falle gemessen durch die tatsächlichen Wochenarbeitszeiten und ihre Verhältnis zu ET, EF und EW – eine Rolle spielen.

Gasche (2011) umschreibt eine Strategie zur Bewältigung des demografischen Wandels: „Wenn die Zahl der Arbeitskräfte durch die demografische Entwicklung sinkt, sollte ungenutztes Arbeitskräftepotenzial gehoben werden. Dieses besteht im Wesentlichen aus den Frauen, den Älteren und den Jüngeren. Entsprechend muss Politik so gestaltet sein, dass die Erwerbstätigkeit dieser Gruppen gefördert wird. Da greifen die Familien-, die Arbeitsmarkt- und die Rentenpolitik, Maßnahmen zur alters- und familiengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen und -zeiten sowie eine auf die Erwerbsfähigkeit Älterer ausgerichtete Gesundheitspolitik. Arbeitskräftelücken können auch durch eine "produktive Zuwanderung" geschlossen werden. Hier sind Integrationsmaßnahmen für neue Zuwanderer und bereits Zugewanderte notwendig. Einem Rückgang der Arbeitskräftezahl kann zudem durch eine höhere Produktivität der noch vorhandenen Arbeitskräfte entgegengewirkt werden. Hier kommt es auf die Bildungs- und Weiterbildungspolitik an. Der technische Fortschritt muss durch entsprechende Forschungs- und Innovationspolitik unterstützt werden.“

Ein (wenn nicht „der“) Schlüsselprozess dabei ist die Anpassung der Arbeitszeit- bzw. des Arbeitszeitvolumens an den zukünftigen Bedarf. Spitznagel (2010) weist in diesem Sinne auf die Arbeitszeitverlängerung als eine Option zur Bewältigung des demografischen Wandels hin. Ähnlich äußert sich dazu auch Heckmann (2004), wohingegen Hinze (2004) die Grenzen eines solchen Ansatzes betont.

Mit Hilfe des SOEP und in Kombination mit anderen Quellen (hier die 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung) lässt sich relativ einfach prüfen, ob die Herausforderungen des demogarfischen Wandels im Hinblick auf das Beschäftigungssystem lösbar sind und wenn ja, zu welchem Preis. In dem vorliegenden Beitrag wollen wir uns dem volkswirtschaftlichen und (mittleren) individuellen Niveau der Beschäftigung für den Zeitraum 1984 bis 2060 widmen. Die Ergebnisse unserer modellhaften Überlegungen zeigen, was notwendig wäre, um dem Wandel zu begegnen – allerdings nur aus der Perspektive der Versorgungen mit lebendiger Arbeit (in Form von Arbeitskräften und deren Arbeitszeiten). Wir können natürlich nicht sagen, ob die Gesellschaft bereit ist, die daraus folgende Arbeitslast zu tragen und wie mit der Transferlast in Zukunft umgegangen werden wird. Wir können auch nicht sagen, ob die Veränderung in der sozio-kulturellen Struktur der Bevölkerung einer hier skizzierten Lösung zuträglich ist oder nicht; immerhin wird aber die Herausforderung deutlich.

Im Allgemeinen wird unsere moderne Gesellschaft als primär funktional differenzierte Gesellschaft beschrieben: Lebens- und Einkommenschancen verteilen sich primär durch den Platz, den die betroffenen Personen im arbeitsteilig organisierten Erwerbssystem innehaben, in der Regel vermittelt durch Berufsrollen. Dieser Aspekt wird in Zukunft an Bedeutung noch zunehmen. Anderseits werden andere Differenzierungskriterien (neben der funktionalen Differenzierung), nämlich stratifikatorische und segmentielle Differenzierungen ebenfalls wieder an Bedeutung gewinnen, bei denen Herkunft, ethnische Zugehörigkeit, Kultur, Religion und Bildung eine größere Rolle spielen und wenn die Umverteilung zwischen Empfängern von Erwerbseinkommen und Transferempfängern gesellschaftlich virulenter wird. Wenn wir also nach Einkommenschancen (die durch die Erwerbsbeteiligung vermittelt werden) und Transferlasten fragen, dann impliziert das eine ganze Reihe von gesellschaftlichen und politischen Fragen, die mit einer Hochrechnung der Arbeitszeiten für die Zukunft nicht beantwortet werden können, wobei diese Hochrechnung aber die Herausforderungen und das darin steckende Lösungspotenzial aufzeigt.

Quellen und Methode

Wir analysieren Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP), einer im Auftrag des DIW von Infrastest durchgeführten repräsentativen Erhebung (Wagner et al. 2007). Wir nutzen das so genannte „Long-file“ für die Jahre 1984 bis 2010. Neben dem SOEP ziehen wir für den Zeitraum von 2011 bis 2060 die 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (Destatis 2009) heran. Diese liefert uns für verschiedene mögliche Konstellationen Aussagen über die zu erwartende Zahl der Einwohner/innen nach Altersgruppen. Wir nutzen das Modell: Variante 1 - W1: Untergrenze der "mittleren" Bevölkerung, Geburtenhäufigkeit: 1,4 Kinder je Frau, Lebenserwartung: Basisannahme, Wanderungssaldo: 100.000 ab 2014. Der Wanderungssaldo lag 2011 bei über 200.000 Personen. Die Geburtenhäufigkeit entspricht dem heutigen Wert, wobei es Unterschiede zwischen verschiedenen sozio-ökonomischen Lagen (Einkommen, Qualifikation, Herkunft) gibt, welche in die qualitative Struktur der Bevölkerung eingehen. Hier kommt – wie aktuell oft diskutiert – dem Bildungssystem eine wichtige ausgleichende Funktion zu.

Grundmodell

Die folgende Abbildung 1 zeigt die Beziehung der untersuchten Größen zueinander:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Grundmodell 1984 – 2010 bzw. 2011 – 2060

Wir gehen von den bekannten Größen (SOEP) Einwohnerzahl (EW), Erwerbsfähige (EF) und Erwerbstätige (ET) sowie der mittleren Wochenarbeitszeit je ET aus (AZ/ET). Aus den Daten lassen sich die Transferempfänger (TE) bzw. deren Anteil an den EW errechnen (TE=EW-EF) sowie das Arbeitszeitvolumen je EW (AZV/EW, ca. 18 h). Letzteres stellt zusammen mit der Annahme einer maximalen Wochenarbeitszeit je ET (ca. 41 h) die „Schnittstelle“ dar zwischen den Daten des SOEP (1984 – 2010) und den Daten der Bevölkerungsvorausberechnung (2011 – 2060). So lässt sich das zukünftige Arbeitszeitvolumen (AZV) berechnen, woraus sich auf der Grundlage der Annahmen über die mittlere AZV/ET (1984 – 2010) und das maximale AZV/ET die Zahl der ET (2011 – 2060) berechnen lässt, aus der sich der Anteil der ET an den EF und die Zahl bzw. der Anteil der TE errechnen lassen. Die Arbeitszeit je ET, der Anteil der ET an den EF bzw. EW sowie die „Belastung“ der ET durch TE gestatten uns zu beurteilen, ob und wie der demografische Wandel durch Gestaltung der Arbeitszeit zu bewältigen ist.

Arbeitszeiten 1984 bis 2010

Die Tabelle 1 zeigt die Altersstruktur (hochgerechnete Fallzahlen) der Einwohner/innen (EW) in Deutschland im Zeitverlauf 1984 bis 2010, wie sie sich aus dem SOEP ergibt (Abbildung 2), sowie die Zahl der Erwerbstätigen (ET) nach Erwerbsstatus (Abbildung 3) und die tatsächliche Wochenarbeitszeit (Abbildung 4) nach Angabe der Befragten. Wir können eine Verschiebung der Altersstruktur in Richtung der Älteren beobachten (Abbildung 2). Ebenso erkennbar ist eine Veränderung der Anteile hinsichtlich des Erwerbsstatus im Zeitverlauf, wobei die volle Erwerbstätigkeit nach wie vor die dominante Form der Beschäftigung ist (Abbildung 3). Auch die tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeiten verändern sich im Zeitverlauf bei einem insgesamt stabilen Niveau (Abbildung 4). Diese Daten (Einwohner/innen, Erwerbstätige, Wochenarbeitszeiten) nutzen wir für unsere Modellierung.

Ausgangspunkt der Überlegungen sind die tatsächlichen Wochenarbeitszeiten (1984 bis 2010) gemäß SOEP im Verhältnis zu den EW und den Erwerbsfähigen (EF). Als EF definieren wir die im erwerbsfähigen Alter (15 bis 65 Jahre) stehenden männlichen und weiblichen Personen,unabhängig davon, ob sie tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die Tabelle 2 zeigt die Zahl der EW, EF und ET gemäß SOEP im Zeitverlauf sowie die tatsächlichen Wochenarbeitszeiten je EW, EF und ET. Hierzu errechnen wir zunächst das Arbeitszeitvolumen (AZV) als Produkt aus den mittleren tatsächlichen Wochenarbeitszeiten und der Zahl der ET. Das AZV dividieren wir anschließend durch die Zahl der EW, EF und ET. Die Abbildung 8 illustriert die Zusammenhänge, wenn wir zunächst nur den Zeitraum 1984 bis 2010 beachten.

[...]


[1] Hier ist nicht die Netto-Zuwanderung (d.h. ein Wanderungsüberschuss, also die positive Differenz aus Brutto-Zuwanderung und Abwanderung) entscheidend, sondern die Brutto-Zuwanderung bzw. der Saldo aus Zuwanderung und Abwanderung ausländischer Personen. Die Nettozuwanderung geht aber als wichtige Größe in die Modellierung der quantitativen Bevölkerungsentwicklung ein. So auch in dem von uns benutzten Modell mit 100 Tausend Personen (netto) ab 2014.

[2] Vgl. Bundesministerium des Inneren (2011).

[3] Dessen Notwendigkeit wird abgeleitet (1.) aus der demografischen Entwicklung (die zu einer Alterung der Bevölkerung und zu einem Mangel an qualifizierten Nachwuchskräften führt), (2.) aus der zunehmenden Umfelddynamik, Veränderungsgeschwindigkeit und Innovationsabhängigkeit von Unternehmen sowie (3.) aus der Bedeutungszunahme des Faktors Wissen (als wichtigste Ressource zukunftsorientierter Unternehmen) und damit auch aus der Bedeutungszunahme des Faktors Bildung.

[4] Denken wir bspw. an den Einsatz der Robotik in der Pflege.

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Sind wir noch zu retten?
Untertitel
Modellierung der Erwerbstätigkeit 1984 bis 2060 mit Hilfe des Sozioökonomischen Panels und der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung
Hochschule
AMD Akademie Mode & Design GmbH
Autor
Jahr
2012
Seiten
36
Katalognummer
V204707
ISBN (eBook)
9783656309895
ISBN (Buch)
9783656310662
Dateigröße
1688 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Demografie, Beschäftigung, Arbeitszeit
Arbeit zitieren
Dr. Michael Schlese (Autor:in), 2012, Sind wir noch zu retten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204707

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