Stefan Heym - Zerrissen in zerrissenen Zeiten


Hausarbeit, 2011

19 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Biografie
2. 1 Vor und während des Exils
2. 2 In der DDR
2. 3 Nach der Wiedervereinigung

3 Gott und Sozialismus
3. 1 Religion und Glaube im Sozialismus
3. 2 Heyms Glaube an Gott und den Sozialismus

4 Der Winter unsers Mißvergnügens
4. 1 Hintergründe
4. 1. 1 Wolf Biermann
4. 1. 2 Der offene Brief gegen die Biermann Ausbürgerung
4. 1. 3 Die Erstunterzeichner
4. 2 Das Buch

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Stefan Heym zählt zu den bedeutenden Schriftstellern der DDR-Literatur und war auch weit über die DDR hinaus bekannt und anerkannt. Er war Zeit seines Lebens ein unbequemer Bürger und hatte es daher nicht immer leicht, im jeweiligen Land in dem er gerade lebte. Das betraf sowohl das Exil als auch das Nachkriegsdeutschland und hier besonders die DDR, in die er 1951 übersiedelte und in der seine Vorstellungen von einer gerechten Gesellschaft durch den Sozialismus noch am vielversprechendsten verwirklicht waren. Aber auch hier eckte er, trotz oder gerade weil er Künstler war, immer wieder an.

Heym glaubte bis zuletzt, dass es möglich sei, einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz zu schaffen.[1] Selbst als es mit der DDR schon zu Ende ging, hielt er an diesem Glauben fest (Nachzulesen in seiner Rede am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz in Ostberlin: „Der Sozialismus- nicht der Stalinsche, der richtige-, den wir endlich erbauen wollen […]“[2].).

Er muss innerlich zerrissen gewesen sein. Für ihn war, wie Anna Seghers auch für sich selbst sagte: „Die Deutsche Demokratische Republik […] seit ihrer Gründung das Land, in dem [er] leben und arbeiten [wollte].“[3]

Aber gerade dies wurde ihm und vielen anderen Künstlern, Intellektuellen oft schwer gemacht, z.B. in dem er einige seiner Bücher, um sie überhaupt zu veröffentlichen, nur in der Bundesrepublik verlegen lassen konnte, wie zum Beispiel die beiden Romane Lassalle (1969) und Collin (1979).

In meiner Hausarbeit werde ich zunächst anhand seiner Biografie sein Leben an sich sowie seine schriftstellerische Arbeit und seinen Werdegang darstellen, danach werde ich auf das Buch Der Winter unsers Mißvergnügens eingehen und auf die Hintergründe zu diesem Buch, d. h. auf Wolf Biermann und den Brief, der gegen seine Ausbürgerung von 12 Schriftstellern und einem Bildhauer unterzeichnet wurde.

2 Biografie

2. 1 Vor und während des Exils

Stefan Heym wurde am 10. April 1913 als Helmut Flieg - Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie - in Chemnitz geboren. Mit 18 Jahren veröffentlichte er sein erstes Gedicht mit dem Titel „Exportgeschäft“ in der Zeitung Sozialdemokratische Volksstimme. Ein antimilitaristisches Gedicht. Daraufhin überschlugen sich die Ereignisse. Es gab eine Massenversammlung der Nazis mit dem Thema: der Fall Flieg. Durch Druck der Öffentlichkeit wurde er von der Schule verwiesen, konnte aber in Berlin - bei Verwandten unterkommend - 1932 sein Abitur machen und im Anschluss auch mit dem Studium - Philosophie, Germanistik und Zeitungswissenschaften/Journalismus - beginnen. Während dieser Zeit schrieb er seine ersten Artikel für Berliner Zeitschriften und Zeitungen.

Am 30. Januar 1933 feierten die Nationalsozialisten die Machtübernahme, und am 12. März 1933 floh - damals noch Helmut Flieg - aus Deutschland nach Prag. Sein Bruder hatte ihn gewarnt, denn am Tag zuvor hatten die Nazis ihn in Chemnitz gesucht.

In Prag nahm er das Pseudonym Stefan Heym an und behielt diesen Namen für den Rest seines Lebens. Heym schrieb für deutschsprachige und tschechische Zeitungen und sicherte sich somit seinen Lebensunterhalt.

1935 bekam Heym ein Stipendium der jüdisch-amerikanischen Studentenverbindung „Phi Sigma Delta“ angeboten. Dies war speziell für jüdische Studenten bestimmt, die ihr Studium auf Grund der aktuellen politischen Situation nicht fortsetzen konnten. Er nahm es an. Noch im gleichen Jahr ging er in die USA und begann sein Studium der deutschen Literatur an der University of Chicago.

In den 1930-er Jahren wurde das politische und wirtschaftliche Leben in den USA von der 1929 ausgebrochenen Wirtschaftskrise bestimmt. Es gab Millionen von Arbeitslosen und somit war Hemys Aufenthalt in den USA nicht als selbstverständlich anzusehen. Als Student hatte er auch nicht das Recht, in den USA bleiben zu können, denn er besaß kein Einwanderungsvisum und konnte somit nicht die amerikanische Bürgerschaft erwerben. Über Umwege konnte er aber den Antrag auf Einbürgerung stellen und durfte, als er das Studium 1936 abschloss, auch in Amerika bleiben. Es gelang ihm sogar, seine Mutter und seinen Bruder in die USA zu holen.

In Chicago kam er mit einem Kreis von Schriftstellern in Kontakt, die die Entwicklung in Deutschland und Europa mit größter Besorgnis beobachteten, unter anderem mit Lawrence Lipton, Richard Wright und Nelson Algren. Er schrieb für die Zeitschrift Volksfront, und ab 1937 war er Chefredakteur und Chefschreiber der antifaschistischen New Yorker Wochenzeitschrift Deutsches Volksecho. Gelesen wurde sie zumeist von den Linken deutschsprachigen Exilanten, weniger vom amerikanischen Publikum, das mit der grundlegenden Ablehnung des deutschen Nationalsozialismus kaum etwas anzufangen wusste.

1939 wurde die Zeitung auf Grund finanzieller Engpässe eingestellt. Heym litt an Depressionen. Er verkaufte Drucksachen. Aber nach einer Weile begann er seinen ersten Roman Hostages - Deutsch: Der Fall Glasenapp - zu schreiben. Der Politkrimi, 1942 erschienen, wurde ein Erfolg. Das mag wohl auch daran gelegen haben, dass er diesen Roman in englischer Sprache verfasste, während andere exilierte Autoren nach wie vor in Deutsch schrieben und veröffentlichten.

Im Februar 1943 ließ sich Heym für die amerikanische Armee rekrutieren und wurde der Propagandakompanie zugeteilt. Anfang 1944 war er schon unterwegs nach Europa.

Sein Verhältnis zu Deutschland und den Deutschen war ambivalent. Einerseits liebte er Deutschland und seine Kultur, andererseits hasste er den Nationalsozialismus und Antisemitismus, den er ja schmerzhaft erfahren hatte.

Über Flugblätter und Radioansprachen suchte er die deutschen Soldaten zu überzeugen, den sinnlosen militärischen Widerstand aufzugeben.

Seine Kriegserlebnisse, vor allem den Einsatz psychologischer Mittel, verarbeitete er später in seinem Roman The Crusaders (1948 erschienen, deutsch 1950 als Kreuzfahrer von heute), der ein Welterfolg wurde.

Als das Ende des Krieges abzusehen war, wurde die Antinazi-Zeitung Die neue Zeitung ins Leben gerufen, für die auch Heym schrieb. Seine Armeekarriere endete, als sein Vorgesetzter am 4. November 1945 von ihm verlangte, einen antisowjetischen Artikel zu schreiben. Heym weigerte sich: „Das sind unsere Alliierten.“[4]. Daraufhin kehrte er in die USA zurück und bat um seine Entlassung.

In Amerika wandte er sich wieder dem Romanschreiben zu.

Inzwischen hatte der Kalte Krieg begonnen, und schon Ende 1945 zeichnete sich in Deutschland, das heißt den vier Besatzungszonen, die Ost-West-Spaltung ab.

Heym war zu diesem Zeitpunkt sehr verklärt und hatte „von der Sowjetunion […] eigentlich nur sehr idealistische Beschreibungen und Bilder im Kopf.“[5] Denn die entscheidenden „Schlachten“ gegen die Nazis waren im Osten entschieden und nicht in Amerika bzw. nicht von den Amerikanern geschlagen worden.[6]

Und das was er über Stalin hörte, tat er als Propaganda der Amerikaner ab.

1951 verließ Heym mit seiner damaligen Ehefrau Amerika und kehrte nach Europa zurück. Sie reisten kreuz und quer durch Europa, doch nirgends konnten sie eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten.[7] Schließlich wurde Deutschland in Erwägung gezogen. In der DDR war er zwar zuvor noch nicht gewesen, aber da bedeutende Exilanten wie Johannes R. Becher, Bertolt Brecht, Anna Seghers dort bereits großes Ansehen genossen, gewann die DDR immer mehr an Reiz, und als er 1951 eine Aufenthaltsgenehmigung bekam, beschloss er zu bleiben.

Als Gründe, warum Heym Amerika verließ, könnten gelten, der Koreakrieg in dem Amerikaner kämpften und in dem „unmoralische Waffen eingesetzt wurden“[8], oder / und der Prozess gegen die Hollywood Zehn[9] im Jahre 1950.[10]

2. 2 In der DDR

Die DDR muss zu Beginn vielen sozialistischen Künstlern als eine Art Paradies erschienen sein. Die Künstler genossen hohes Ansehen und sollten helfen, die „ideologischen Ideen zu verbreiten, den sozialistischen Wiederaufbau des Landes zu fördern, und Helden zu schaffen, die als Vorbilder gelten konnten […].“[11] Dies klang im Prinzip einleuchtend. Und das hohe Ansehen verhalf ihnen auch zu vielen Privilegien und vergleichsweise hohem Lebensstandard: bessere Wohnungen, außergewöhnliche Lebensmittelrationen, Autos und Auszeichnungen mit hohem Preisgeld. Diese bevorzugte Behandlung der Intelligenz hielt bis zum Ende der DDR an.

Dennoch waren es bereits in den Anfangsjahren der DDR Ereignisse, die Heym das Gefühl gaben, das „etwas nicht stimmte“.[12] Zwar glaubte er noch, dass das Eingreifen der Sowjetunion am 17. Juni 1953 richtig gewesen sei und schrieb in seiner Kolumne „Offen gesagt“: Stalin sei der „meistgeliebte Mann unserer Zeit“ gewesen.[13]

Jedoch dass etwas nicht stimmte, erkannte er letztlich mit der Zerstörung der „Herrlichkeit“ Stalins auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 in Moskau.

Heym fing schon bald nach seiner Ankunft in Berlin an, einzelne Artikel für Ostberliner Zeitschriften zu verfassen, weshalb sich die Fertigstellung des Buches Der Tag X/ Fünf Tage im Juni, welches sich mit dem Streik vom 17. Juni 1953 und dessen Hintergründen befasst, von 1954 bis 1958 erstreckte. Das Buch durfte natürlich in der DDR nicht gedruckt werden, doch Heym entschloss sich auf bessere Zeiten zu warten und hielt das Manuskript viele Jahre zurück, ehe er sich entschloss, dass Buch 1947 in München erscheinen zu lassen.

[...]


[1] Anmerkung: 1968 beim „Prager Frühling“ tauchte erst- und letztmals das Wort vom Sozialismus mit menschlichem Antlitz auf.

[2] General, Regina/Sabath, Wolfgang: Stefan Heym- Querköpfe, Berlin: 1994, S. 129,132.

[3] Heym, Stefan: Der Winter unsers Mißvergnügens, München: 1996, S. 75.

[4] Homering; Wolfgang (Hg.): Zeugen des Jahrhunderts- Stefan Heym im Gespräch mit Dirk Sager, Berlin: 1999, S. 80.

[5] Homering: Zeugen (Fußnote 4), S. 82.

[6] Homering: Zeugen (Fußnote 4), S. 82, 83.

[7] Hutchinson, Peter: Stefan Heym- Dissident auf Lebenszeit, Würzburg: 1999, S. 60.

[8] Hutchinson: Dissident (Fußnote 7), S. 60.

[9] Anmerkung: Bezeichnung für zehn Drehbuchautoren, Schauspieler und Regisseure aus Hollywood, die sich geweigert hatten vor dem Ausschuss des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten von Amerika zur Untersuchung „unamerikanischer Umtriebe“ über Mitgliedschaften in der kommunistischen Partei auszusagen und Anfang 1948 zu Haftstrafen verurteilt wurden.

[10] Hutchinson: Dissident (Fußnote 7), S. 59.

[11] Hutchinson: Dissident (Fußnote 7), S. 68.

[12] Homering: Zeugen (Fußnote 4), S. 83.

[13] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13687049.html

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Stefan Heym - Zerrissen in zerrissenen Zeiten
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Note
3,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V204690
ISBN (eBook)
9783656307327
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
stefan, heym, zerrissen, zeiten
Arbeit zitieren
Margaretha Seifferth (Autor:in), 2011, Stefan Heym - Zerrissen in zerrissenen Zeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204690

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