Der Barbier von Sibirien

Russlands Selbst- oder Fremdverständnis?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Filmindustrie zur Zeit der UdSSR

2. Biographie von Nikita Michalkov

3. Allgemeines zum Film
3.1 Öffentlichkeitsarbeit
3.1.1 Filmpremiere
3.1.2 Werbekampagne

4. Inhalt

5. Idee

6. Analyse
6.1 Kameraführung

7. Motive
7.1 Kadetten
7.2 Haare
7.3 Der Barbier von Sibirien
7.4 Musik
7.5 Namen

8. Figuren
8.1 Jane
8.2 Andrej
8.3 Zar

9. Kritiken

Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

«Он русский. Это многое объясняет.»

Einleitung

Nikitas Michalkovs „Der Barbier von Sibirien“ («Сибирский цирюльник») von 1998 ist ein Film voller Kontroversen. Auf der einen Seite sprengte er alle Rahmen hinsichtlich des überaus hohen Budgets, der internationalen Starbesetzung und der aufwendig gestalteten Werbekampagne. Auf der anderen Seite jedoch, wurde der Film scharfer Kritik ausgesetzt.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zum einen mit dem Mythos „Der Barbier von Sibirien“ und erklärt, warum der Film für derartig große Schlagzeilen sorgte. Zum anderen sollen aber auch die Rezensionen und die harte Kritik beleuchtet werden, wobei zu klären sein wird, ob der regelrechte Medienrummel der kinematographischen Leistung entsprochen hat.

Um die Produktionsarbeit zur sowjetischen beziehungsweise post-sowjetischen Zeit besser einordnen zu können, umreist der erste Abschnitt die wichtigsten Fakten zur Filmindustrie des Landes während der 90er Jahre. Daran anknüpfend wird kurz auf die Biographie Michalkovs eingegangen. Anschließend wird ein Einblick in die wichtigsten Filmdaten gewährt, um einen ersten Eindruck vom Ausmaß des Werkes zu bekommen. Dieses Kapitel beinhaltet Informationen über die eigentliche Idee und Absicht des Films sowie Details zur umfangreichen Werbekampagne. Daraufhin folgt eine detaillierte Analyse des Films, die unter anderem die Figuren und Motive wie Zeit und Musik näher betrachtet. Zum Abschluss werfen wir einen Blick auf die Rezensionen und Kritiken des Films.

1. Filmindustrie zur Zeit der UdSSR

Zur Zeiten der Sowjetunion war die Filmindustrie in ihrem Handlungsspielraum stark eingeschränkt. Der Staat kontrollierte und verwaltete weitgehend das gesamte Filmgeschäft, was zur Folge hatte, dass die Kinematographen bei ihrer Themenauswahl fest an ideologische Ansichten gebunden waren. Trotz alledem war die Filmszene zu der Zeit sehr aktiv: Rund 23 Studios produzierten durchschnittlich 150 Filme pro Jahr, die von einem staatlichen Verleih in 1.500 Kopien an die Kinos im gesamten Land verschickt wurden. Abgesehen von Filmen mit stark ideologischer Prägung, befanden sich darunter auch meisterhafte Kunstwerke wie Sergej Ėjzenštejns „Iwan der Schreckliche“ («Иван Грозный» 1944) und „Panzerkreuzer Potemkin“ («Броненосец Потёмкин» 1925). Berühmte Filme aus den späten siebziger beziehungsweise achtziger Jahren waren unter anderem Ėl'dar Rjazanovs „Bahnhof für zwei“ («Вокзал для двоих» 1983) und Vladimir Men'šovs „Moskau glaubt den Tränen nicht“ («Москва слезам не верит» 1979), der 1981 mit einem Oscar für den besten ausländischen Film ausgezeichnet wurde.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 90er Jahre kollabierte nahezu die gesamte Filmindustrie. Die Studios waren pleite und die veraltete Kinoausstattung sowie die zunehmende Filmpiraterie ließen jegliche Hoffnung auf den Ausgleich der Produktionskosten immer mehr schwinden. Der Vormarsch des Fernseh- und Videomarktes ließ sich nicht mehr aufhalten. Fast die Hälfte aller Moskauer Haushalte hatte einen Videorecorder. Zwischen 1990 und 1995 sank die Zahl der jährlich gedrehten Filme von 300 auf 46 siehe (Abb. 1). Während der Tiefphase wurden sogar kaum mehr als ein Dutzend Filme pro Jahr produziert. Hinzu kam, dass sechs von sieben Kinos schließen mussten. Doch auch den übriggebliebenen Filmtheatern erging es nicht besser, da sie Ende der 90er Jahre nur drei bis acht Prozent ihrer Sitze füllen konnten.

Erst nach der Jahrhundertwende schien die Filmstagnation langsam ein Ende zu nehmen und es entstand eine neue Dynamik. Die Vorboten einer neuen selbstbewussten russischen Filmbewegung waren zum einen Nikita Michalkovs Drama aus der Stalinzeit „Die Sonne, die uns täuscht“ («Утомлённые солнцем» 1994), das bei den Inter-nationalen Filmfestspielen von Cannes den Großen Preis der Jury gewann und darüber hinaus mit einem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet wurde. Und zum anderen der breite Publikumserfolg von Aleksej Balabanovs Gewaltepos „Der Bruder“ («Брат» 1996), das am Filmfestival in Sotschi mit zwei Preisen für den besten Film und den besten Schauspieler prämiert wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 veröffentlichte Filme 1990-1998

2. Biographie von Nikita Michalkov

Nikita Sergeevič Michalkov ist ein berühmter russischer Filmregisseur, Schauspieler, Produzent und Drehbuchautor. Er wurde am 21. Oktober 1945 in Moskau als Sohn einer wohlhabenden Künstlerfamilie geboren. Michalkovs Mutter Natal'ja Končalovskaja war Dichterin, Schriftstellerin und Übersetzerin. Sein Vater Sergej Vladimirovič Michalkov war ebenfalls ein angesehener Mann. Der bekannte Schriftsteller genoss als beliebter Kinderbuchautor und Verfasser der sowjetischen wie auch der neuen russischen Nationalhymne viel Respekt und Ruhm. Pёtr Končalovskij (1876-1956), sein Großvater mütterlicherseits, war ein berühmter Maler, der vor allem durch seine zahlreichen Ausstellungen in Paris großen Erfolg in Westeuropa hatte. Sein Urgroßvater Vasilij Surikov (1848-1916) war ebenso ein bekannter Künstler. Er gehörte zu den bedeutendsten Historienmalern des russischen kritischen Realismus. Auch sein älterer Bruder Andrej Končalovskij steht im Rampenlicht. Ebenfalls als Filmregisseur tätig, machte er unter anderem mit „Runaway Train“ in Hollywood Karriere.

Umgeben von so vielen Berühmtheiten in der Familie, entschied sich auch Michalkov ein Künstler zu werden und besuchte ab 1963 die Moskauer Ščukin-Schauspielschule des Staatlich Akademischen Vachtangov-Theaters. Seinen Abschluss konnte Michalkov dort nicht machen, da er von der Schule relegiert wurde. Die Leitung duldete es nicht, dass Michalkov während der Ausbildung nebenbei als Filmschauspieler tätig war. Doch der Rausschmiss erschütterte ihn nicht besonders und Michalkov begann kurz darauf ein Studium unter der Leitung von Michail Romm an der renommierten Moskauer Filmhochschule VGIK (Всероссийский государственный институт кинематографии имени С.А.Герасимова), wo er 1971 sein Regiediplom erhielt. Seine erste Filmrolle bekam Michalkov 1960 in Ordynskijs «Тучи над Борском». Seitdem spielte er in über vierzig Filmen mit, unter anderem auch in denen, bei denen er seit Ende der 1960er Jahre selbst Regie führte. Als Regisseur war und ist Michalkov sehr erfolgreich. Seine Filme gewannen viele angesehene Preise unter anderem bei den Filmfestspeielen von Cannes, Moskau, Venedig, Donostia-San-Sebastián, Berlin, Montreal und Karlsbad. Darüber hinaus wurde „Die Sonne, die uns täuscht“ sogar mit dem beliebtesten Filmpreis, dem Oscar, ausgezeichnet.

Michalkov ist noch bis heute kulturell, gesellschaftlich und politisch sehr aktiv. 1987 gründete er seine eigene Produktionsfirma «Три Тэ», die es ihm und anderen Regisseuren ermöglichte, zu Krisenzeiten der Filmindustrie während der Sowjetunion auch finanziell aufwendigere Streifen zu drehen. In der Zeit von 1990 bis 1993 war Michalkov Kulturberater des Premierministers und Vizepräsidenten. Im Jahr 1993 wurde Michalkov zum Vorsitzenden des russischen Kulturfonds gewählt. Mitte der Neunziger engagierte sich Michalkov verstärkt in der Politik und trat 1995 in Černomyrdins Partei «Наш дом – Россия» ein. Im gleichen Jahr wurde er auch Mitglied bei der russischen UNESCO Kommission und rückte in den Vorstand des Weltkonzils des Russischen Volkes vor. Seit 1997 bekleidet Michalkov das Amt des Vorsitzenden des „Russischen Verbandes der Filmschaffenden“. 1999 wurde Michalkov zum Präsidenten des Internationalen Filmfestivals von Moskau ernannt. In der Zeit von 1998 bis 2000 war er Mitglied des Staatlichen Komitees für Kinematographie der Russischen Föderation (Roskino). Später wählte man Michalkov in den Rat der Filmförderung beim Kulturministerium der Russischen Föderation, der heutigen Föderalen Agentur für Kultur und Filmkunst der Russischen Föderation. 2002 wurde unter der Leitung Michalkovs die „Nationale Akademie für Filmkunst und Filmwissenschaft Russlands“ ins Leben gerufen, die seit dem jedes Jahr den berühmten Filmpreis „Goldener Adler“ verleiht.

Darüber hinaus wurden Nikita Michalkov unzählige nationale sowie internationale Auszeichnungen, Orden und Medaillen verliehen. Die wohl wichtigste Ehrerweisung bekam Michalkov im Oktober 2005. Für seine langjährige schöpferische Tätigkeit und seinen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der nationalen Kunst und Kultur wurde Michalkov mit der zweithöchsten staatlichen Auszeichnung Russlands, dem „Verdienstorden für das Vaterland“, prämiert.

3. Allgemeines zum Film

„Der Barbier von Sibirien“ ist mit seinem Budget von mehr als 45 Millionen Dollar einer der teuersten und aufwendigsten Filme Russlands. Damals galt er sogar als teuerster Film Europas. Allein die Werbekampagne verschlang stolze zwei Millionen Dollar. Zu den Produktionsländern gehören neben Russland auch Frankreich, Italien und die Tschechische Republik. Angefangen beim Drehbuchschreiben im Jahre 1987-1988 bis hin zur Premiere 1999 dauerte die gesamte Produktionsarbeit des dreistündigen Historienfilms mehr als zehn Jahre. Der Grund der Verzögerung waren erhebliche Finanzierungsschwierigkeiten.

Eine der Besonderheiten an diesem Film ist, dass er aus zwei Originalsprachen besteht: Englisch und Russisch. Auch die internationale Starbesetzung mit Darstellern aus Ländern wie Frankreich, Großbritannien und den USA heben den Film hervor. An Mühen und Kosten wurde nicht gespart. Über 250 Schauspieler, mehrere Tausend Komparsen und 40 Teams waren am Set tätig. Auch Flugzeuge und Hubschrauber kamen bei den Filmdreharbeiten zum Einsatz. Michalkov hatte sogar als einziger die Erlaubnis die roten Kremlsterne, die als Symbole der sowjetischen Macht stehen, zeitweise vom Kremlturm zu entfernen, um das vorrevolutionäre Russland darstellen zu können. Selbst das komplette Geschirr des Films war eine Spezialanfertigung tschechischer Porzellanmanufakturen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Der Barbier von Sibirien
Untertitel
Russlands Selbst- oder Fremdverständnis?
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Slavistik)
Veranstaltung
Die Brüder Michalkov und ihre Filme
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
26
Katalognummer
V204609
ISBN (eBook)
9783656306511
ISBN (Buch)
9783656306764
Dateigröße
656 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Michalkov, Der Barbier von Sibirien, Sibirien, Film, Russland, UdSSR, Sowjetunion, Nikita, Militär, Filmanalyse, Mozart
Arbeit zitieren
Sofia Gogotishvili (Autor:in), 2012, Der Barbier von Sibirien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204609

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