Funktion und Arbeitsweise des Bundespräsidenten


Hausarbeit, 2012

17 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Funktion und Arbeitsweise des Bundespräsidenten
I. Einleitung
II. Aufgaben und Funktion des Bundespräsidenten
1. Rechtsstellung
2. Wahl und Amtsdauer
3. Funktionen
4. Beschränkung der Entscheidungsbefugnis
5. Staatsrechtliche Kompetenzen
a) Völkerrechtliche Vertretung
b) Ernennung- und Entlassungsrecht
c) Ausfertigung von Gesetzen
d) Zuständigkeit bei Regierungskrisen
e) Begnadigungsrecht
f) Weitere Befugnisse
III. Arbeitsweise des Bundespräsidenten
1. Prüfungsbefugnis bei der Ernennung und Entlassung von Bundesministern
2. Prüfungsbefugnis bei der Ausfertigung der Bundesgesetze
a) Formelle Prüfungsbefugnis
b) Materielle Prüfungsbefugnis
aa) Nicht ausgeführte Gesetze
bb) Meinungsstreit
(1) Generelle Ablehnung eines Prüfungsrechts
(2) Anerkennung der Zulässigkeit eines Prüfungsrechts
(3) Nichttrennungs-Gedanke
(4) Bindung des Bundespräsidenten an das GG
cc) Fazit
3. Politische Ermessenserwägungen

IV. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis.

Funktion und Arbeitsweise des Bundespräsidenten

I. Einleitung

Dem Bundespräsidenten sind nach dem GG nur wenige unmittelbare staatliche Zuständigkeiten zugewiesen. Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten bedürfen der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister (Art. 58 S. 1 GG). Daraus wird deutlich, dass dem Bundespräsidenten eine aktive und gestaltende Mitwirkung an der Staatsgewalt versagt ist.[1]

In der Weimarer Republik noch war der damalige Reichspräsident mit weitaus umfassenderen Befugnissen ausgestattet, die ihn zum „Hüter der Verfassung“ machten.[2] Der Reichspräsident wurde vom Volk gewählt und hatte die Befugnis zur Auflösung des Reichstags[3] und zur Herbeiführung eines Volksentscheids über Gesetze,[4] er verfügte über das Notver-ordnungsrecht[5] und hatte den Oberbefehl über die Wehrmacht inne.[6] Demgegenüber ist die Handlungsfähigkeit des Bundespräsidenten nach dem GG erheblich geschwächt. Die politische Macht in der Bundesrepublik Deutschland liegt eindeutig in den Händen von Parlament und Regierung.[7]

Obgleich vom GG vom Grundsatz her als Staatsoberhaupt ausgestaltet, beschränkt sich das Amt des Bundespräsidenten auf eine rein repräsentative Funktion und Wahrung der staatlichen Einheit.[8] Daher ist das Amt des Bundespräsidenten in letzter Zeit – vor allem nach der Debatte um Christian Wulff – erneut in Frage gestellt worden. Es sei „überflüssig, gefährlich und ein dummer Anachronismus“.[9] In den Medien ist gar von einem „beschädigten Amt“ die Rede.[10] „Wir brauchen keine "moralische Autorität" mehr, die ihre Position dem offensichtlichen Geklüngel der Parteien verdankt.“[11]

Die Stellung des Bundespräsidenten ist jedoch nicht völlig machtlos. Insbesondere durch die ihm zugestandenen Prüfungsbefugnisse kann er mittelbar Einfluss nehmen auf politische Diskussionen und Entscheidungsprozesse. Die vorliegende Arbeit befasst sich daher – nach einer überblickmäßigen Darstellung der Funktionen und Kompetenzen des Bundespräsidenten – schwerpunktmäßig mit der Arbeitsweise des Bundespräsidenten im Rahmen seiner Prüfungsbefugnisse bei der Ausfertigung der Bundesgesetze (Art. 82 GG) und bei der Ernennung und Entlassung von Bundesministern (politisches Ablehnungsrecht) sowie der Befugnis zu politischen Ermessenserwägungen, insbesondere bei der Auflösung des Bundestages (Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG).

Eine Zusammenfassung schließt die Arbeit ab.

II. Aufgaben und Funktion des Bundespräsidenten

1. Rechtsstellung

Der Bundespräsident hat die Stellung eines selbstständigen, obersten Verfassungsorgans.[12] Die politische Macht des Bundespräsidenten ist nach dem GG jedoch als notwendige Konsequenz der Entscheidung des Verfassungsgebers für den Parlamentarismus erheblich eingeschränkt.[13]

2. Wahl und Amtsdauer

Die Wahl des Bundespräsidenten erfolgt durch die Bundesversammlung (Art. 54 Abs. 1 S. 1 GG). Die Bundesversammlung ist ein eigenes oberstes Staatsorgan deren einzige Aufgabe im Wahlakt besteht. Die Bundesversammlung wird aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern gebildet, die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden (Art. 54 Abs. 3 GG). Damit wurde mit der Bundesversammlung ein von Bund und Ländern beschicktes Wahlorgan geschaffen, durch das der Bundespräsident ein solides, repräsentatives Fundament erhält.[14] Allerdings kann sich der Bundespräsident nicht auf eine unmittelbare demokratische Legitimation durch das Volk berufen.[15]

Die Wahl des Bundespräsidenten erfolgt in zwei Wahlgängen, in denen jeweils die absolute Mehrheit erforderlich ist (Art. 54 Abs. 6 GG). Wird die absolute Mehrheit nicht erreicht, so genügt im dritten Wahlgang die relative Mehrheit.[16]

Die Amtszeit des Bundespräsidenten beträgt fünf Jahre. Er kann nur einmal wieder gewählt werden (Art. 54 Abs. 2 GG).

3. Funktionen

Der Bundespräsident hat hauptsächlich eine repräsentative und integrative Funktion. Er vertritt den Staat nach innen und nach außen (Art. 59 Abs. 1 GG).[17] Die Funktion des Bundespräsidenten besteht darin, am Ende eines Entscheidungsprozesses den staatlichen Willen nach außen hin zu bekunden. Dadurch soll deutlich gemacht werden, dass aus der Vielfalt politischer Meinungen ein einheitlicher staatlicher Wille geworden ist.[18]

Darüber hinaus besitzt der Bundespräsident in Ausnahmefällen eine „Reservefunktion“. Er muss dann, wenn andere Verfassungsorgane sich nicht mehr als funktionsfähig erweisen, selbst Entscheidungen treffen, um stabile Regierungsfunktionen zu wahren oder wiederherzustellen (vgl. Art. 63 Abs. 4 S. 3 GG, Art. 68 GG).[19]

4. Beschränkung der Entscheidungsbefugnis

Eine eigene Entscheidungsbefugnis steht dem Bundespräsidenten jedoch nicht zu.[20] Dies wird besonders durch das Erfordernis der Gegenzeichnung nach Art. 58 S. 1 GG offensichtlich.[21] Dadurch, dass Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten durch den Bundeskanzler oder den zuständigen Bundesminister gegengezeichnet werden müssen, wird klargestellt, dass die politische Verantwortung für die Maßnahmen nicht beim Bundespräsidenten, sondern bei dem gegenzeichnenden Mitglied der Bundesregierung liegt, da der Bundespräsident demokratisch-politisch nicht verantwortlich ist.[22]

Umstritten ist allerdings, ob eine Gegenzeichnung auch bei anderen politisch bedeutsamen Handlungen notwendig ist, zum Beispiel bei Staatsbesuchen, Reden, Interviews, Empfängen etc. des Bundespräsidenten. Dies wird zum Teil im Schrifttum angenommen. Auch bei öffentlichen Auftritten könne der Bundespräsident kraft seiner Stellung als Staatsoberhaupt politisch wirken und damit in den der Bundesregierung vorbehaltenen Bereich eingreifen.[23] Die „Gegenzeichnung“ erfolgt dann durch die Billigung der Maßnahme durch ein Mitglied der Bundesregierung.

Überwiegend wird in der Literatur jedoch die gegenteilige Auffassung vertreten. Danach ist nur bei einem rechtsförmlichen Handeln des Bundespräsidenten in die Gegenzeichnung erforderlich. Dafür spricht der Wortlaut („Gültigkeit“) in Art. 58 GG, der nur solche Maßnahmen erfasst, die auch eine Rechtsfolge herbeiführen sollen. Darüber hinaus sei der Bundespräsident ohnehin aus dem Gesichtspunkt der Verfassungsorgantreue zur Zurückhaltung verpflichtet.[24]

Die Beschränkung der politischen Macht des Bundespräsidenten darf sicherlich nicht so weit gehen, dass er sich als Staatsoberhaupt auch bei offiziellen Anlässen quasi eine Genehmigung für sein Verhalten und seine Äußerungen einholen muss. Die letztgenannte Auffassung ist daher überzeugend.

5. Staatsrechtliche Kompetenzen

Die staatsrechtlichen Zuständigkeiten des Bundespräsidenten sind auf einige wenige Bereiche eingegrenzt:

a) Völkerrechtliche Vertretung

Der Bundespräsident hat die völkerrechtliche Vertretungsbefugnis des Bundes (Art. 59 Abs. GG). Im Völkerrecht gilt die Vermutung, dass das Staatsoberhaupt im völkerrechtlichen Verkehr die allgemeine Vertretungsbefugnis hat.[25]

Zum Teil wird die Literatur die Auffassung vertreten, dass der Bundespräsident im Bereich der auswärtigen Beziehungen auch berechtigt sei, die entsprechenden Rechtshandlungen zur Ausgestaltung völkerrechtliche Verträge durchzuführen, da Ratifikation, also der Unterschrift völkerrechtlicher Verträge Verhandlungen und Unterzeichnungen vorausgehen. Dies wird aus dem Wortlaut des Art. 59 Abs. 1 S. 2 GG geschlossen, wonach der Bundespräsident im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten „schließt“.[26] Nach der zutreffenden h.M. beschränkt sich die Zuständigkeit des Bundespräsidenten jedoch lediglich darauf, völkerrechtliche Verträge zu ratifizieren.[27]

[...]


[1] Degenhart Rn. 720.

[2] C. Schmitt, S. 33.

[3] Art. 25 WRV.

[4] Art. 74, 75 WRV.

[5] Art. 48 WRV.

[6] Art. 47 WRV.

[7] Ipsen, Rn. 478 ff.

[8] Degenhart Rn. 710.

[9] Wegener, Bernhard, in einem Interview der Osnabrücker Zeitung Online,
Führende Staatsrechtler: Amt des Bundespräsidenten abschaffen.

[10] Brössler, Warum die Geht-mich-nichts-an-Kanzlerin handeln muss,
Süddeutsche Zeitung vom 03.01.2012.

[11] Diez, Das Amt ist überflüssig geworden, Spiegel Online vom 06.01.2012.

[12] Degenhart, Rn. 723.

[13] Ipsen, Rn. 482.

[14] Kessel, S. 4.

[15] Ipsen, Rn. 517.

[16] v. Münch / Mager, Rn. 462 ff.;
Burkiczak JuS 2004, 278.

[17] Stern II, § 30 I 4c; Kloepfer I, § 17 Rn. 15 ff.

[18] Ipsen, Rn. 486.

[19] Degenhart, Rn. 723.

[20] Ipsen, Rn. 487.

[21] Gröpl, Rn. 1457 ff.

[22] Stern II, § 30 II 7b.

[23] Stollmann / Brauner JA-Übbl. 1992, 104, 107.

[24] Jarass / Pieroth, Art. 58 GG, Rn. 2;
Kunig Jura 1994, 217, 218.

[25] Ipsen, Rn. 484.

[26] Ipsen, Rn. 485.

[27] Stern II, § 30 III 3b;
Degenhart, Rn. 737.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Funktion und Arbeitsweise des Bundespräsidenten
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1.0
Autor
Jahr
2012
Seiten
17
Katalognummer
V204391
ISBN (eBook)
9783656310402
ISBN (Buch)
9783656311607
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
funktion, arbeitsweise, bundespräsidenten
Arbeit zitieren
Badir Bayramov (Autor:in), 2012, Funktion und Arbeitsweise des Bundespräsidenten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204391

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