Die Genese der Baha’i mit besonderer Berücksichtigung der Charismatischen Führerschaft nach Max Weber


Hausarbeit, 2012

15 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

0. Einführung

1. Theorie und Hypothesenbildung
1. 1. Charisma
1. 2. Die charismatische Herrschaft
1. 3. Messianismus
1. 4. Evolution der Organisationsform
1. 5. Hypothesenbildung

2. Die Genese der Baha’i
2. 1. Exkurs: Schiitisches Recht und politische Situation
2. 2. Der Bab - Herold des Baha’u’llah
2. 3. Baha’u’llah - Der Stifter der Baha’i Religion
2. 4. Von Abbas Effendi, Shoghi Effendi bis zur Festigung des „Universellen 11 Hauses der Gerechtigkeit“

3. Die Analyse

4. Fazit

5. Quellen

0.) Einführung

Weltweit bekannten sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts ungefähr fünf bis sechs Millionen Menschen zu der Baha’i - Religion (Schayani 1998: 1), wobei es zu einer starken Migration der Gläubigen im letzten halben Jahrhundert kam. In den 1950er Jahren lebten noch 94% aller Gläubigen im Iran, dem Ursprungsland der Baha’i. Heute beträgt dieser Anteil lediglich sechs Prozent, während der Großteil der Baha’i in Indien, Nordamerika und Europa beheimatet ist (Frick 1998: 5). Die Baha’i, die sich als eine neue, universale Weltreligion verstehen (Frick 1998: 3), haben ihre Genesis im Iran des 19. Jahrhunderts und stellen eine der jüngsten Offenbarungsreligionen und zugleich Weltreligion dar (Ekbal 1998: 159). Doch wie kommt es, dass sich aus einem gefestigten monopolistischen Glaubenssystem wie dem Schiitentum im Iran eine neue Religion entwickeln kann? Welche Rolle können sowohl ökonomische als auch ethische Faktoren spielen? Anhand des Charisma-Modells soll hier gezeigt werden, dass sowohl theoretisch, als auch praktisch, der wichtigste Faktor für die Genese einer neuen Religion, wie die der Baha’i, die charismatischen Führer waren. Diese sind entscheidend für die Entstehung, den Erhalt, die Entwicklung und besonders die Verbreitung durch Missionierung. Charismatische Persönlichkeiten wie der Bab, Baha’u’llah, Abba Effendi sowie Shoghi Effendi sollen hierfür vorgestellt und in dem für die Baha’i Genese wichtigen zeitgeschichtlichen Zusammenhang gesetzt werden. Es soll gezeigt werden, wie wichtig ihr Schaffen und ihre Wirkungen auf die Anhängerschaft waren und zudem soll herausgestellt werden, dass es ohne ihre charismatische Herrschaft und dem Messianismus der damaligen Zeit nicht zur Entstehung der Baha’i Religion gekommen wäre. Als erstes soll Webers Theorie zum Charisma und dem charismatischen Herrscher vorgestellt werden. Danach soll die Genese der Baha’i von der charismatischen Herrschaft bis zur demokratischen Organisation Mitte des 20. Jahrhunderts kurz vorgestellt werden, um im Anschluss die Akteure und die Baha’i Religion unter dem Fokus des Charismas zu analysieren und zu zeigen, dass es ohne diese nicht zu einer derartigen Entwicklung hätte kommen können.

1.) Theorie und Hypothesenbildung

Zuallererst ist es notwendig, Begriffe wie „Charisma“ oder „charismatische Führerschaft / Herrschaft“ zu definieren, aber auch mit dem Wissen über den Werdegang der Baha’i, der im 2. Kapitel aufgezeigt wird, kurz eine Evolutionstheorie von Organisationen einzuführen, da die Baha’i administrativ eine Organisation in der Jetzt-Zeit darstellen. Zudem soll die ArbeitsHypothese in 1. 5. hergeleitet und formuliert werden.

1. 1.) Charisma

Charisma ist eine disruptive und potentiell revolutionäre Kraft, die die Macht menschlicher Kreativität und Imagination repräsentiert. Charisma stellt im Zentrum der Gesellschaft das „Sakrale“ nach Durkheim dar und kann durch die religiöse Kraft einen Bruch mit der vorhandenen Tradition hervorrufen und somit einen Wandel, sei es sozial, politisch oder ethisch, einleiten. Es ist ein fundamentaler Begriff der Religionssoziologie (Riesebrodt 2001: 151f). Obwohl der Autor auf die Inkonsistenz des Charisma-Begriffs Webers hinweist, soll im Folgenden, wenn vom Begriff Charisma die Rede ist, die folgende Definition gemeint sein, die Weber in seiner Typenlehre zur Herrschaft wie folgt definiert; „Das Charisma sei eine als außeralltäglich geltende Qualität einer Persönlichkeit, um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch außeralltäglichen, nicht jedem andern zugänglichen Kräften oder Eigenschaften (begabt) oder als gottgesandt oder als vorbildlich und deshalb als Führer gewertet wird“ (Breuer 1991: 35).

1. 2.) Die Charismatische Herrschaft

Herrschaft ist eines der wichtigsten Elemente des Gemeinschaftshandelns. Herrschaft ist ein Sonderfall von Macht (Weber 1964: 692). Herrschaft soll als Tatbestand verstanden werden, sodass ein „Befehl“ des Herrschenden (Führer) das Handeln anderer beeinflussen will oder tatsächlich beeinflusst, dass dieses ausgeführte Handeln, welches sozial relevant ist, so abläuft, dass die „Beherrschten“ den Inhalt des Befehls zur eigenen Maxime ihres Handeln machten, was Weber unter Gehorsam versteht (Weber 1964: 695). Weber schließt aus, dass es dem Führer nur um die Akkumulation, Begründung oder Erhalt ihrer ökonomischen Macht geht, aber die Art der Verwendung der ökonomischen Ressourcen zum Zweck der Erhaltung der Herrschaft und deren Struktur bestimmend ist. Herrschaft ist allgemein die „Möglichkeit, den eigenen Willen dem Verhalten anderer aufzuzwingen, kann unter den allerverschiedensten Formen auftreten“ (Weber 1964: 693). Die Anhänger oder die „Beherrschten“ folgen aus Eigeninteresse. Formal „freies“ Handeln bezeichnet Weber als Gehorsamspflicht. Durch Interessenkonstellation bedingte Herrschaft ist ungeregelt und kann gerade deshalb drückender empfunden werden als eine bestimmte Gehorsamkeitspflicht bei einer regulierten Autorität (Weber 1964: 695f). Die charismatische Autorität, also der Führer oder Herrscher, hat weder das Fachwissen noch übt sie die Rolle des Führers als Beruf aus, sondern ist „Träger spezifischer, als übernatürlich gedachter Gaben des Körpers und Geistes“ (Weber 1964: 832). Dabei ist der Begriff des Charismas absolut wertfrei zu gebrauchen. Entgegen der bürokratischen Amtsorganisation ist die charismatische Struktur weder eine Form noch ein geordnetes Verfahren oder eine „Karriere“ oder eine geregelte Fachbildung des Trägers. Das Charisma kennt nur innere Bestimmungen und Grenzen seiner selbst, meint Weber. Der Charisma-Träger ergreift die angemessene Aufgabe und verlangt Gehorsam, woraus für die Anhänger oder Gefolgschaft die Gehorsamkeitspflicht entsteht, wenn jene, an welche sich die Sendung richtet, auch daran glauben. Wenn sie diese nicht erkennen und fühlen verliert der Führer seinen Anspruch. Wichtig für die Rolle ist zum einen die persönliche Qualifikation, zum anderen die Bewährung. Seine Sendung kann sich in ihrem Inhalt und Sinn an eine ethisch, sozial, politisch oder sonst in einer Weise abgrenzbare Gruppe richten. Das Charisma ist eine patriarchale Herrschaft, also der Gegensatz aller geordneten Wirtschaft oder „die Macht der Unwirtschaftlichkeit“ (Weber 1964: 833f). Die Träger sowie die Gefolgsleute müssen, um ihrer Sendung zu genügen, eine Minorität bilden und somit außerhalb der Welt stehen. Die charismatische Autorität ist ihrem Wesen entsprechend labil d. h. der Träger kann das Charisma einbüßen - „sich seinen Anhängern als seine Kraft beraubt, erweisen“ dann wäre seine Sendung erloschen und die Anhängerschaft sucht dann nach einem neuen Führer. Im Weiteren soll, wenn vom Führer die Rede ist, der charismatische Herrscher bzw. charismatisch Führer gemeint sein. Diese Begriffe sollen für diese Arbeit gleichgesetzt werden.

1. 3.) Messianismus

Eine wesentliche Rolle für den Führer spielen die sozialen und politischen Umstände der Region und der Zeit. Messianismus stellt einen wichtigen Faktor für den Erfolg des Führers dar. Es stellt sowohl kulturhistorisch, als auch politisch einen außerordentlichen Faktor der Geschichte dar (Ekbal 1998: 172). Nach Hans Kohn ist Messianismus im Wesentlichen; „der religiöse Glaube an das Kommen eines Erlösers, der auf universaler oder partikularer Ebene der gegenwärtigen Ordnung ein Ende setzen und eine neue Ordnung der Gerechtigkeit und des Glücks begründen wird.“ Es ist eine tief verankerte Glaubensvorstellung, die vor allem in Krisenzeiten wieder auftreten (Ekbal 1998: 16).

1. 4.) Evolution der Organisationsform

Organisationen, wie die Baha’i eine darstellen, machen Prozesse der Veränderung durch. Sie verändern sich, um der Nachfrage besser zu entsprechen. Dies hat zur Folge, dass es zum Einsatz neuer Techniken und Anpassungen im Organisationssystem kommt und erfordert Veränderungen in der Organisationsstruktur, um konkurrenzfähig bzw. attraktiv für Gläubige zu werden oder zu bleiben. Diese Änderungen in der Organisation (auch in der Religion) werden durch die Intention der Gestalter / Führer durchgeführt, die Probleme erkennen und Problemlösungen entwickeln (Kieser & Woywode 2002: 253). Das heißt., dass der charismatische Führer sich dafür entscheidet eine Änderung im Organisationsstil herbeizuführen, wenn er darin einen größeren Nutzen für die Gemeinschaft sieht.

1. 5.) Hypothesen - Bildung

Ohne den weitverbreiteten Messianismus der damaligen Zeit und der daraus resultierenden Erwartung an den nächsten Mahdi, hätte es nicht zum Erfolg eines charismatischen Führers kommen können. Ohne das Charisma hätte es nicht zur Genese einer neuen Religion kommen können. Daraus folgt: Je größer das Charisma einer Person und umso stärker der Messianismus, umso größer ist die subjektive Wahrscheinlichkeit, dass eine neuoffenbarte Religion, wie die Baha’i Religion entstehen, sich entwickeln und verbreiten kann.

2.) Genese der Baha’i

Im zweiten Kapitel soll die geschichtliche Entwicklung der Baha’i und der Werdegang der vier prägenden Führer der Baha’i dargestellt werden. Da der Bab und sein Babismus der gedankliche Vorläufer ist und die Baha’i ihre Genese aus dem Babismus fanden, soll der Bab und seine Religion hier ebenfalls vorgestellt werden, da das Wissen über die Geschichte des Bab das Verständnis für den Werdegang der Baha’i erleichtert. Zudem sollen kurz einige Punkte zum Schiitentum und der damaligen politischen Lage einen kurzen Einblick in das vorherrschende Recht der damaligen Zeit geben, um ein grundlegendes Verständnis für die „äußeren Bedingungen“ zu schaffen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Genese der Baha’i mit besonderer Berücksichtigung der Charismatischen Führerschaft nach Max Weber
Hochschule
Universität Leipzig  (Religionswissenschaftliches Institut)
Veranstaltung
Religionsgeschichte Europas und Nordamerikas
Note
2,2
Autor
Jahr
2012
Seiten
15
Katalognummer
V204045
ISBN (eBook)
9783656301141
ISBN (Buch)
9783656301486
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
genese, baha’i, berücksichtigung, charismatischen, führerschaft, weber
Arbeit zitieren
Andreas Schulz (Autor:in), 2012, Die Genese der Baha’i mit besonderer Berücksichtigung der Charismatischen Führerschaft nach Max Weber, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204045

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