Glaube, Sinn, Gerechtigkeit

Persönliche Verankerung als Fundament und Ausgangspunkt für individuelles Handeln


Fachbuch, 2012

178 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Themenkreis 1 : Glaube, Hoffnung, Zuversicht
Glaube als Geschenk, Arbeit und Fundament
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Glaube als Geschenk
Glaube als Arbeit
Glaube als Fundament
Wechselwirkungen zwischen Geschenk, Arbeit und Fundament
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Hoffnung als Resultat einer gefestigten Glaubensüberzeugung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Gefestigte Glaubensüberzeugung
Gewissheit und Anfechtungen
Glaube und Wissen
Fundamentalismus und Relativismus
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Erwartung als Triebfeder und Fundament als Halt
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Erwartung als Triebfeder
Fundament als Halt
Zusammenwirken von Triebfeder und Halt
Resultierendes Bewusstsein der Mitverantwortung
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Zuversicht als Resultat der Einbindung in einen tieferen Sinn
und Urgrund
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Sinn und Hintersinn
Aufgehobenheit trotz Begrenztheit
Zuversicht und Zutrauen
Innere Ruhe als Ergebnis
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche
Offenheit als Ergebnis empfundener letzter Sicherheit
aus dem Glauben
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Glaube, empfundene Sicherheit und innerer Friede
Offenheit als Konsequenz
Konsequenz und Entwicklung
Entwicklung und Ziel
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen, Antwortversuche

Themenkreis 2 : Leben, Sinn, Erfüllung
Wunder des Lebens, Gabe und Aufgabe
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Leben als Geschenk
Leben als Erfahrungsfeld
Leben als Auftrag
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche
Sinn, Sinnstiftung, Kraftquelle
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Wesen des Sinnes
Sinnstiftung
Sinn als Kraftquelle
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche
Hoffnung und Offenheit als förderliche Elemente
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Hoffnung als treibende Kraft
Offenheit als produktive Freiheit
Zusammenspiel von Hoffnung und Offenheit
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche
Zuwendung als Brücke und Weg
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Zuwendung als Grundeinstellung
Zuwendung, nicht nur Gefühl
Zuwendung als überwindende Kraft
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche

Erfüllung als Ziel, Beitrag und Teil der Vollendung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Erfüllung als Ziel
Erfüllung als Beitrag
Erfüllung als Teil der Vollendung
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche

Themenkreis 3 : Macht, Recht, Gerechtigkeit
Macht als Ausgangspunkt und Bestimmungsgröße
von Entwicklung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Macht, Freiraum, Kontrolle
Gefahr einer Fehlentwicklung
Geschwindigkeit, Gleichrichtung und Anpassung,
Entwicklungshemmnis
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche
Recht und Bürokratie als Entwicklungsschritt
und Zwischenlösung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Normen und weitere Vorgaben
Instrumentelles Handeln
Sicherung des inneren Friedens
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche
Gerechtigkeit als Ansatz zu individueller
und gesellschaftlicher Erfüllung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Gerechtigkeit
Gerechtigkeit, Professionalität, Legalität und Legitimität
Anspruch des Einzelnen, der Gesellschaft und der Zeit
Angemessenheit, Konsens, Ausgleich
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche
Macht, Recht, Gerechtigkeit – Stand und Einschätzung
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Von Macht zu Recht
Von Recht zu Gerechtigkeit
Erreichtes und verbliebene Defizite
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche
Perspektiven und Entwicklungsauftrag
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Positive Perspektive
Negative Perspektive
Entwicklungsauftrag
Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick
Literatur, Anfragen und Antwortversuche

Zusammenfassung und Schlußfolgerung

Anhang

Abbildungen

Angaben über den Autor

Vorwort

Im Zuge der vorliegenden Publikation werden drei Themenkreise miteinander verbunden, die in einem deutlichen Zusammenhang stehen. Wir gehen dabei aus von der Tatsache, daß individueller Glaube nicht nur das Fundament für die jeweilige Persönlichkeit darstellt, sondern Auswirkungen zeitigt, die sich in konkretem Handeln manifestieren. Insoweit ist menschliches Verhal­ten nicht einfach willkürlich, sondern in gewisser Weise – zumindest partiell – vorprogrammiert. Glaube, Hoffnung und Zuversicht öffnen insoweit den Weg in die aktive Geschehensteilhabe. Der Themenkreis macht deutlich, daß Leben ein Geschenk, aber auch eine Aufgabe dar­stellt. Hoffnung ist ein sich ergebendes Resultat aus dem Glauben, Erwartung wird zu Triebfeder, das jeweilige Fun­dament ein Halt. Über die Einbindung in einen tieferen Sinn füh­len wir uns aufgehoben und dies gibt innere Ruhe. So können wir als Er­gebnis einer empfundenen letzten Sicherheit aus dem Glauben Offenheit als willkommenes Ergebnis begrüßen.

Beim zweiten Themenkreis stehen wir zunächst staunend vor dem Wunder des Lebens, das uns als Gabe und Aufgabe geschenkt ist. An das individu­elle Sein knüpft sich unweigerlich die Frage nach dem Sinn, der Sinnstiftung und der sich daraus ergebenden Kraftquelle. Indem wir Hoffnung als trei­ben­­de Kraft und Offenzeit als produktive Freiheit begreifen, nutzen wir för­der­liche Elemente für eine möglichst positive Entwicklung. Die Zuwendung zum Mitmenschen erscheint uns dabei als erforderliche Brücke und erfolg­versprechender Weg. Erfüllung als Ziel, Beitrag und Teil der Vollendung bin­det die angestellten Überlegungen wiederum in einen, das Profane überstei­gen­den Blick auf das Seiende und das sich Entwickelnde ein.

Mit dem dritten Themenkreis wird eine Öffnung zum Mitmenschen vorge­nom­men, der für den Einzelnen und dessen Entwicklung von essentieller Be­deutung ist. Entwicklungsgeschichtlich waren Beziehungsverhältnisse zu­nächst – jenseits der ebenfalls existierenden sozialen Zuwendung – stark von bestehenden Macht­ver­hältnissen geprägt. Durch Recht und Bürokratie wur­de diese Macht eingeschränkt und dies zeigte sich als deutliche Errungen­schaft. Von der Zielvorstellung her streben wir Gerechtigkeit an, wissen al­ler­dings, daß deren absolute Verwirklichung Wunschtraum bleiben wird. So kön­nen wir den aktuellen Stand der Entwicklung betrachten, Zukunfts­per­spektiven auf­zeigen und aus der Betrachtung einen Entwicklungsauftrag ab­lei­ten.

Vom Individuum und seinen Überzeugungen führt uns der Weg über eine Betrachtung individuellen Selbstverständnisses und Sinnstrebens hin zur Entwicklung der Verhältnisse im Sozialgefüge. Daß hier der entwicklungs­geschichtliche Aspekt eine ebenso wichtige Rolle spielt, wie das Bewußtsein, daß Macht, Recht und Gerechtigkeit partiell konkur­rie­ren­de Tatbestände in der Unvoll­kommenheit menschlicher Existenz und menschlichen Wirkens sind und insoweit Auswirkungen der Gegebenheiten und Ent­wick­lungen auf Führung zu verzeichnen ist, liegt insoweit nahe.

Es kommt uns im Rahmen der Publikation letztlich darauf an, Glaube, Sinn und Gerechtigkeit als ein Zu­sam­men­­spiel wesentlicher Faktoren zu begrei­fen und sowohl der persönlichen Verankerung, aber auch den gesellschaftli­chen Gegebenheiten ihren angestammten Platz zuzuordnen. Gerade aus der Be­wußtwerdung individueller Existenz und Entwicklung, sowie der Rückbin­dung zu sozialen Gebilden können wir zu jener gefestigten Position gelangen, die uns zum persönlichen Erfolg führt. Dieser ist jedem Einzelnen, aber auch der Gesellschaft und den in ihr agierenden sozialen Gebilden zu wün­schen.

Individuelle Aufgeschlossenheit, Sensibilität und die Bereitschaft zu verant­wort­­li­chem Agieren bereitet uns den Weg.

Fürth, im November 2012

Prof. Dr. Alfons Maria Schmidt

Themenkreis 1: Glaube, Hoffnung, Zuversicht

Glaube als Geschenk, Arbeit und Fundament

Hoffnung als Resultat einer gefestigten Glaubensüberzeugung

Erwartung als Triebfeder und Fundament als Halt

Zuversicht als Resultat der Einbindung in einen tieferen Sinn

und Urgrund

Offenheit als Ergebnis empfundener letzter Sicherheit

aus dem Glauben

Glaube als Geschenk, Arbeit und Fundament

Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung

In unserem gesellschaftlichen Leben sind Fragen des Glaubens, des Sinns und der Grundüberzeugung in den Hintergrund gerückt und hinterlassen bei vielfältigen unterschiedlichen Lebensentwürfen schmerzliche Lücken, die sich in Sinnkrisen, Burn-Out-Syndromen, fehlenden ethischen Mindest­stan­dards und Ähnlichem zeigen.

Kurzfristige Erfolge auf Kosten langfristiger Entwicklungen kennzeichnen den verfolgten „Way of live“. Er setzt auf Unersättlichkeit, Statussymbole, Showmenship und Wahren des Scheins und lenkt im Gegenzug vom Sein ab. Sagen die Einen

- der Mensch fängt erst beim Multimillionär an, der alle Möglichkeiten be­sitzt und seine Zeit frei gestalten kann, so verweisen Andere
- auf jene Defizitbereiche hin, die das „Haben müssen“ gegenüber dem sinn­­behafteten individuellen Wachsen und das sich Entfalten in den Vor­dergrund rücken.

Spaltet sich hier nicht die Gesellschaft und wird sie sich der Defizite in ihren Teilsegmenten zunehmend bewusster? Wird hier nicht unverkennbar, dass eine Stärkung des Grundkonsenses – der auf gemeinsamen Werten beruht – Not tut und Zerfall zu verhindern geboten erscheint?

Glaube als Geschenk, Arbeit und Fundament befasst sich unübersehbar mit Grundfragen. Detailantworten sind daher nicht zu erwarten. Dies wäre auf­grund der Individualität des Einzelnen und seinen Stärken, Neigungen, und Präferenzen auch nicht zu erwarten.

So bereitet eine metatheoretische Betrachtung den Weg, sich individuell mit seinem Sein auseinander zu setzen und Gewinn aus dieser Ausei­nan­der­setzung zu ziehen. Ein weiteres „Treiben lassen“ würde die Gefahr herauf be­schwören, Spielball der Entwicklung zu sein und nicht das „Spiel des Le­bens“ in Verantwortung anzunehmen.

Unvoreingenommenes Entdecken und eine individuelle Entfaltung in Rück­bindung zum Urgrund des Seins und zu sozialen Gebilden soll Sinn ver­schaf­fen, Erfüllung bieten, Phasen der Aktivität und Muse sinnvoll mitei­nander verknüpfen und innerhalb eines ganzheitlichen Ansatzes jene Befrie­digung verschaffen, die wir ersehnen.

Im vorliegenden Beitrag soll daher dem Geschenk des Glaubens, sowie dem Glau­ben als Arbeit und als Fundament nachgespürt werden. Wir werden da­bei erkennen, dass Geschenk, Arbeit und Fundament sich wechselseitig er­gän­zen und zu einer gefestigten Grundposition führen.

Wir werden erkennen, dass Defizite zu Abstrichen bei der Fähigkeit führen, in vollem Wortsinn „Mensch“ zu sein und damit individuelles Leben die Fülle des Möglichen nur unzureichend ausschöpft. Ist der Weg in die falsche Rich­tung, ein Folgen den Verlockungen unter Vernachlässigung der Beant­wor­tung von Grundfragen, z. B. der nach dem Sinn, sinnvoll?

In der Erkenntnis fort zu schreiten, erscheint allemal als bessere Option. Sie hilft uns,

- uns,
- unsere Bestimmung,
- unseren Weg und
- unsere Verantwortung zu erkennen und
- dem Erkannten – wenn auch mit Abstrichen aufgrund der menschlichen Schwäche und Unvollkommenheit – Taten folgen zu lassen.

Abbildung 1: Geschenk, Arbeit, Fundament

Quelle: selbst erstellt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Glaube als Geschenk

„Unter Glauben versteht man .. (in der Regel) eine Wahrscheinlichkeits­ver­mu­tung. Glauben in diesem Sinne bedeutet, dass ein Sachverhalt hypo­the­tisch für wahr gehalten wird. Darin unterscheidet sich „glauben“ einerseits vom religiösen Glauben, der stets auf dem Willen zum Glauben beruht und die absolute Wahrheit des Glaubensinhalts (z. B. der Existenz Gottes) un­ter­stellt. Andererseits unterscheidet sich Glauben von Wissen, das als wahre und gerechtfertigte Meinung verstanden werden kann.

Glauben im alltäglichen Sprachgebrauch ist also eine Vermutung oder Hypo­these, welche die Wahrheit des vermuteten Sachverhalts zwar annimmt, aber zugleich die Möglichkeit einer Widerlegung offen lässt, wenn sich die Ver­­mutung durch Tatsachen oder neue Erkenntnisse als ungerechtfertigt he­­ra­usstellt. Das Wort „glauben“ kann jedoch in unterschiedlichen Zusa­m­menhängen unterschiedlich verwendet werden, etwa (in Bezug auf Personen) in der Bedeutung von „jemandem vertrauen“ oder auch in juristischen Kon­texten.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Glaube)

Glaube ist insoweit nichts fertiges, sondern etwas, das sich mit dem Men­schen und der Zeit verändert, neue Informationen und Erfahrungen auf­nimmt und insoweit fortlaufend zu einer neuen Entwicklungsebene vor­stößt, die profan ausgeprägt sein kann, aber auch die transzendentale Dimension einzubeziehen in der Lage ist.

„Ein Geschenk (von (ein)schenken, also dem Bewirten eines Gastes) ist (in diesem Zusammenhang mit unserer Themenstellung) die freiwillige Über­tra­gung des Eigentums, zum Bei­spiel einer Sache oder einem Recht an einen an­deren, ohne ei­ne Gegen­leis­tung zu verlangen. Im über­tra­genen Sinne kann man auch jemandem seine Auf­merksamkeit, sein Ver­trau­en oder seine Liebe schenken.

Schenken kann (dabei) ein Ausdruck altruistischen Handelns sein, oder aber einen gewissen sozialen Druck auf den Beschenkten ausüben, dem Schen­ken­den seinerseits für einen Gefallen oder ein Geschenk verpflichtet zu sein.“ (http: //de.wikipedia.org/wiki/Geschenk)

Der Glaube gestaltet sich im Rahmen unserer Betrachtung als ein erwar­tungs­freies Angebot und resultiert aus einer Vielzahl an Einflüssen, die be­reits

- durch Enkulturation im Elternhaus, durch Bezugspersonen und deren Positionierung, das zugehörige Milieu, sowie den Kulturkreis mittels Tra­dierung geschieht,
- aber auch durch individuelles Bemühen, den eigenen in­di­vi­duellen Nei­gun­gen und intel­lektuellen Fähigkeiten zu folgen, zu verdanken sein kann. Insoweit können wir auch von partieller Selbstbeschenkung durch selbst­ge­steuerte Er­kennt­nis sprechen.

Das Geschenk des Glaubens ist insoweit ein unverdienter Schatz an vermit­tel­ten Erfahrungen mit langer kultureller Tradition, der nicht auf Ver­diens­ten beruht, aber ebenso auch eine schrittweise mit Mühe er­arbeitete Über­zeugung.

Insoweit werden Anlagen und Umwelteinflüsse, Selbstentfaltung und Rück­bindung zu Anderen, Tradition und neue Entwicklungen zu einer Quelle des individuellen Seins, die zunehmendes Wissen ergänzt, abrundet, einbindet und ihm Sinnhaftigkeit gibt.

Wissen alleine würde die Dimension des Ethischen als nichtwissenschaftlich ausblenden. Und doch wissen wir um das individuelle Gewissen, das dem individuellen Handeln neben der erforderlichen Professionalität und Legalität die Beschrän­kung der Legitimität aufbürdet – ungeachtet der Möglichkeit ei­nes nicht zu bestreitenden, fehlgeleiteten individuellen Glaubens. Doch dies ist ein Thema für sich.

Glaube als Arbeit

Lassen sie uns nun Glaube als Arbeit betrachten. Hier ist auf Arbeit, Glaube als Arbeit, sowie Arbeit am Glau­­ben einzugehen. Arbeit, dies ist eine selbst­ge­wählte, bewusste, schöpferische Hand­lung, bei der man Mühe auf sich nimmt, um zweckgerichtete Tätigkeit aus­zuführen. Arbeit ist dabei nicht un­bedingt darauf angelegt, Geld zu verdie­nen. Denken wir beispielsweise an die Verwendung des Begriffes im Zu­sam­­menhang mit einer Prüfung bei schuli­scher oder beruf­licher Professio­nali­sie­rung oder an ehrenamtliches Wirken.

Unser Thema berücksichtigt den gebräuchlichen Sinngehalt des Wortes Ar­beit und lässt Sondernutzungsformen unberücksichtigt. Und wir sind uns dessen durchaus bewusst, dass damit eine Eingrenzung verbunden ist, auch wenn sich unsere Wortnutzung mit dem individuellen Einsatz und der in­di­viduel­len Prüfung von Fä­hig­keiten ver­bindet.

Rabindranath Tagore bringt dies auf den entscheidenden Punkt: „Wie der Fluss im Meer, so findet unsere Arbeit ihre Erfüllung in der Tiefe der Muse“ (http://www.gratisspruch.de/spruch/thema/sprueche/Arbeit/). Doch Mus­e stellt sich erst dann ein, wenn uns die Ergebnisse der aufgewandten Mü­hen – zumindest vorübergehend – zufrieden stellen.

Glaube ist mit Arbeit verbunden, da dieser Glaube ansonsten verkümmert. Er gleicht gewissermaßen ei­ner Pflanze, die gehegt und gepflegt werden muss. Und dies trifft sowohl auf den Glauben in seiner profanen, wie auch in seiner darüber hinausgehenden Bedeutung zu.

Glaube als Arbeit korrespondiert insoweit mit menschlicher Entwicklung und uns allen wird dies klar, wenn wir den Glauben eines vertrauens­see­li­gen Kindes mit dem Glauben eines erfahrenen Erwachsenen verglei­chen.

Mögen auch die Ergebnisse der Auseinandersetzung mit dem Glauben bei den einzelnen Mitmenschen differieren, so ist doch unverkennbar, dass auf­gewandte Mühe, also Arbeit, den Entwicklungsstand des Glaubens maßgeb­lich prägt.

So erscheint Arbeit am Glauben als zwingendes Erfordernis, um in Rückbin­dung zur Sinnfrage und zu sozialen Gebilden zur wahren personalen Ent­fal­tung zu kommen. Menschsein wird so in seiner umfassenden Be­deutung erahnt und die individuelle Zielperspektive klarer er­kennbar.

Arbeit am individuellen Glauben ist einerseits individuelle intellektuelle An­strengung, andererseits Rückversicherung durch Kommunikation mit An­deren. Insoweit ist Gemeinschaft des Glaubens Sicherheit bietender Rück­zugsraum, aber auch individuelle Herausforderung.

Orientierung am Wesenskern der Glaubensbotschaft erscheint in diesem Zusammenhang als Kristallisations- und Ausgangspunkt für die Vermeidung fun­damentalistischer Abirrungen und sektiererischer Sonderinterpreta­tio­nen, die Teilaspekte des Glaubens in den Vordergrund stellen, oder eines ori­entierungsverweigernden Re­lativismus.

Glaube als Fundament

Aus dem Hausbau kennen wir den Begriff Fundament. „Er steht für Grund, Grundstein, Grundfeste, Grundlage. Aber auch im über­tra­genen Sinn stellt es die Basis dar, die ein stürmischer Wind nicht so ohne weiteres wegwehen und auf das man aufbauen kann.

Fundament ist insoweit Garant dafür, nicht mit dem nächsten Lüftchen die Orientierung zu verlieren und angesichts hinreichend bestehender Verwur­ze­lung im Un­tergrund nicht zum Spielball der Einflüsse, der Mode­er­schei­nungen und kurzlebiger Trends fremdbestimmt in wel­che Richtung auch im­mer fortge­trieben zu werden.

Eine feste Verankerung im Glauben bedeutet jedoch nicht, der indivi­duel­len Entwicklung und der Dynamik der Veränderungen blind gegenüber zu ste­hen und den von diesen ausgehenden Erfordernissen aus Prinzip zu wider­stehen. Möglicher Fortschritt wäre damit letztlich ausgegrenzt, die Bewah­rung ver­gan­gener Erkenntnisse zum letztendlichen Maßstab erhoben, ein rückwärtsgewandtes Leben erfolgsbehindernde Konsequenz in einer sich fort­laufend verändernden Zeit.

So bildet das Fundament des Glaubens die Basis für individuelles Selbstver­ständ­nis und wertbezogener Ausrichtung – ein individuelles Koordinaten­kreuz für Orien­tie­­rung, an dem wir uns ausrichten können, hinter dem wir in der Praxis allerdings immer wieder zurück bleiben.

Ungeachtet dessen besitzt ein tragfähiges Fundament gegenüber einem sich treiben lassen eindeutige Vorzüge, die mit empfundener relativer Sicherheit, Selbstge­wiss­heit, Hoff­nung und Zuversicht nur unzureichend um­schrie­ben sind, die ungeachtet dessen jedoch im Zeitablauf wirksam werden.

Glaube bleibt sowohl im Bereich des Profanen wie des Transzenden­ta­len in seiner Veränderung abhängig von gemachten Erfahrungen. Eine Fül­le von Negativen Eindrücken, welche dem Einzelnen den Boden unter den Füs­sen weg­zieht, kann insoweit

- zeitweilig verunsichern,
- individuelle Grundpositionen,
- individuelles Selbstverständnis,
- individuelle Ausrichtung und
- bisher gezeigtes Verhalten in Frage stellen und in letzter Konsequenz
- zu einer grundlegenden Neu­ausrichtung führen.

Glaube als Fundament gestaltet sich im Ergebnis extern und intern beein­flusst. Ein Zusprechen von Schuld für negative Entwicklungen kann daher nicht einfach daran fest gemacht werden, was Andere an Enttäuschungen einem bereitet haben. Beteiligt ist man im Rahmen von Interaktion schließ­lich immer auch selbst.

In diesem Zusammenhang ist zu verweisen auf die – wenn auch immer wie­der mit Zweifeln und Anfechtungen versehenen –

- Grundpositionen und deren Angemessenheit,
- auf die in der Gesamtschau neben dem Negativen erkennbaren – hof­fent­lich überwiegenden – positiven Bestärkungen,
- auf eine stabile Persönlichkeit, die jene uns aufgebürdeten Krisen zu über­­­winden in der Lage ist und
- auf das in Krisen erkennbar werdende individuelle Wachstumspotential.

„Und jetzt im Vertrauen in den auch in Stürmen erprobten und gefestigten Glauben erst recht“ oder „es macht aufgrund des vorgezeichneten Schicksals ja doch Alles keinen Sinn“ wären die sich letzt­lichen gegenüber stehenden Eck­pfeiler eines Spektrums, das zu einer mehr oder weniger positiven indi­vi­duellen Zukunftsöffnung führt. Hat da Derjenige, der sich aufgibt nicht be­reits verlo­ren?

Abbildung 2: Wechselwirkungen

Quelle: selbst erstellt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wechselwirkungen zwischen Geschenk, Arbeit und Fundament

So kommen wir zu den Wechselwirkungen zwischen Glauben als Geschenk, Arbeit und Fundament. Der Begriff Wechselwirkungen steht dabei für Ab­­hängigkeiten, für wechselseitige Ein­fluss­nahmen und Folge­wir­kungen. Oh­ne in diesem Zu­sam­menhang auf die Wortbedeutung in der Chemie, der Physik, der Medizin, der Forschung (Versuchsplanung) und des Rechts näher einzu­gehen führen Interaktionen zu resultierenden Entwicklungen und stattfin­dende Ent­wick­lungen zu Veränderungen – und dies individuell, bei sozialen Ge­bilden und der Ge­sellschaft insgesamt.

Inwieweit diese wirksam werdenden Wechselwirkungen einen Fortschritt mit sich bringen, muss an dieser Stelle of­fen gelassen werden, denn

- es kommt auf den Einzelfall an und
- eine Beurteilung lässt sich zuweilen erst im Rückblick seriös vornehmen.

So bleibt uns, dass wir uns auf das Spiel der Kräfte einlassen und im Ra­h­men des uns möglichen nach bestem Wissen und Gewissen handeln – Irr­tum und möglichst begrenztes Risiko eingeschlossen.

Geschenk des Glaubens, Arbeit am Glauben und Glaube als Fundament er­gän­zen sich wechselseitig.

- Das Geschenk des Glaubens bietet uns einen Zugang zu psychischer Sta­bi­lität trotz aller Verunsicherung,
- die Arbeit am Glauben hält diesen zeitgemäß und führt zu einer relativen subjek­ti­ven Gewissheit und
- der Glaube als Fundament trägt ungeachtet der Widrigkeiten des Lebens, schafft Hoffnung und lässt Zuversicht erwachsen.

Es gilt, das erhaltene Geschenk anzunehmen, durch eingesetzte Mühe – sprich Arbeit – den Glauben zu einem Fundament zu entwickeln und die erlangte tragfähige Ba­­sis zur Bewälti­gung des Lebens mit seinen nicht im­mer geraden Wegen einzusetzen.

Auch wenn wir im Augenblick der Konfrontation den Sinn hinter dem Sinn nicht begreifen, spricht dies nicht gegen einen tiefer liegenden Sinn. Es spricht nicht gegen einen Urgrund, in dem sich alle Ungereimtheiten letztlich auflösen und zu einem klaren Bild formen. Aus Sicht des christlichen Glau­bens zu einer Vollendung in Gott – der Fülle des Lebens und der Liebe.

Dass der individuelle Glaube eine stetige Herausforderung für uns darstellt, dies dürf­te zwischenzeit­lich klar geworden sein. Als Individuen stehen wir mit unseren Fragen, unserem Herantasten an Gegebenheiten und Entwick­lun­gen aber nicht alleine.

- Einerseits können wir in Rückkopplung mit Anderen ein Mehr an indi­vi­du­eller Gewissheit erlangen und auch Anderen vermitteln,
- andererseits verbirgt sich in der tradierten Kultur unschätzbares Wissen und unschätzbare Erfahrungen, welche zeitgemäß zu interpretieren sind und
- schließlich können wir heute auf den Kern der früheren Generationen und auch uns geoffenbarten Glaubensbot­schaft bauen, welcher aus gu­tem Grun­de die Zeiten überdauert hat.

Stetige Herausforderung steht schließlich für ein immer wieder neues He­ran­gehen, ein Vertiefen und Festigen, aber auch für erforderliche Anpassung und Fortent­wicklung oder anders ausgedrückt für eine Annahme der Zeit dynamischen Wandels, in der es unsere Aufgabe ist, unserer Be­stimmung ver­antwortungsbewusst nachzukommen, zu bestehen und partiell auch zu widerstehen.

Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick

Wenn wir versuchen, vorgenanntes zusammenzufassen, so ergänzt sich Glau­be als Geschenk, als Arbeit und als Fundament. Im Einzelnen haben wir

- Glaube, Geschenk und Geschenk des Glaubens betrachtet,
- sind auf Arbeit, Glaube als Arbeit und Arbeit am Glauben eingegangen,
- befassten uns mit Fundament, Fundament des Glaubens, sowie Glaube als Fundament und sind darauf aufbauend
- auf die Wechselwirkungen zwischen Geschenk, Arbeit und Fundament ge­­stoßen.

Daß dies gerade in einer Zeit dynamischen Wandels uns kein Nachlassen beim Bemühen um verant­wor­tungs­bewusste Selbstent­faltung und Rück­bin­dung erlaubt, wurde dabei wohl un­­miss­verständlich deut­lich.

So kommt es auf uns selbst an, ungeachtet gemachter negativer Erfah­run­gen, Kurs zu halten, um angestrebte Ziele zu erreichen – von kurzzeitigen nur zu verständlichen Durchhängern einmal abgesehen.

Glauben per se abzulehnen, zeigt sich uns letztlich als fehlende Tiefe des Den­­kens. Denn keiner von uns ist in der Lage, jegliches tatsächliche oder ver­­meintliche Wissen auf seinen Wahrheitsgehalt zu prüfen. So ist die Über­nah­me von Teilen des allgemein für richtig erachteten Schutz und Freiraum­si­che­rung zugleich.

Schutz ergibt sich so vor einer Überforderung, da unsere individuelle Verar­bei­­tungs­kapazität bei Informationen nun einmal begrenzt ist. Freiraumsiche­rung verweist uns dem gegenüber auf die bestehende Möglichkeit zu indi­vi­du­ellen Schwer­­­punktsetzungen und damit verbunden der individuellen Ent­faltung der eigenen Persönlichkeit.

Natürlich ist nicht alles gleich wichtig. Wichtig ist aber die Bewahrung der Fähigkeit hinsichtlich der Bedeutung von Inhalten zu differenzieren und bis­lang für wahr angenommenes und uns wichtig erscheinendes angesichts neu auftauchender abweichender Informationen auf den jeweiligen Wahr­heits­gehalt hin zu prü­fen.

Dies kann im Einzelfall leicht oder auch schwer fallen. So werden wir hin­sichtlich des Glaubens daran, keine Steuern bezahlen zu müssen, sicher­lich rasch eines Besseren belehrt. Wo aber liegt die Grenze des individuell ver­ant­­wortbaren Handelns? Wo sind Konsequenzen eines gefestigten Glaubens zu tragen? Wie haben wir in den uns gegenübertretenden Zwickmühlen Stel­lung zu beziehen und warum?

Individuelle Entscheidungen sind hier gefragt, zu denen der jeweilig Betrof­fene auch ste­hen kann. Karl Valentin hilft uns da nicht weiter, wenn er aus­führt: „Wollen würden wir schon mögen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut“.

Damit ist zu der aufgeworfenen Fragestellung wohl längst nicht alles Erfor­der­liche zum Ausdruck gebracht, aber – so hoffe ich – ein Einstieg geschafft.

Literatur

Aquin Th. v. (2007): Glaube, Liebe, Hoffnung, Anaconda Verlag, Herausge­geben von Hackemann M.

Halbfas H. (2010): Der Glaube, Patmos

Hofsümmer W. (2007): Glaube trägt, Matthias-Grünewald-Verlag

Hübner K. (2004): Glauben und Denken, Mohr Siebeck GmbH & Co KG

Knapp A./Wolfers M. (2011): Glaube, der nach Freiheit schmeckt, Eine Einladung an Skeptiker und Zweifler, Herder

Raedel C./Hemminger H. (2005): Von der Weisheit des Glaubens, V&R

Uni­press

http://de.wikipedia.org/wiki/Geschenk

http://de.wikipedia.org/wiki/Glaube

http://www.gratis-spruch.de/spruch/thema/sprueche/Arbeit

Anfragen

Frage 1:

Glaube als Geschenk ist ein Geschenk das uns verpflichtet und vereinnahmt – ob wir wollen oder nicht. Worin lägen die Konsequenzen einer Ablehnung des Glau­bens als Geschenk bzw. der mit dem Geschenk verbundenen Ver­pflichtung und Vereinnahmung?

Frage 2:

Arbeit am Glauben verursacht Mühe, verhindert aber auch Stillstand und da­mit Rückschritt. Wie finden wir das rechte Maß, am Glaubens­kern fest­zu­halten und diesen zeitgemäß zu interpretieren?

Frage 3:

Glaube als tragendes Fundament und damit Orientierung und Sicherheit gebender Tatbestand ist von Vielen erwünscht, nicht aber die Ausei­nan­der­setzung mit For­de­rungen, zeitgemäßen Interpretationen und deren Um­set­zung im täglichen Le­ben. Warum tun wir uns damit so schwer?

Frage 4:

Wechselwirkungen verunsichern und schaffen Interpretationsspielräume. Wie kom­men wir dessen ungeachtet individuell zu einem neuen und er­höh­ten qualitativen Niveau des Handelns?

Frage 5:

Glaube ist eine Herausforderung an jeden Einzelnen. Dabei ist uns bewusst, dass Wissen und Glaube sich wechselseitig ergänzen. Was würde ein ein­seitiges Setzen auf Wissen mit sich bringen und ist dies überhaupt möglich?

Antwortversuche

Antwortversuch zu Frage 1:

Wenn Glaube ein Geschenk darstellt, das verpflichtet und vereinnahmt, so fällt das Positive aus der Verpflichtung und Vereinnahmung nicht zuletzt dem Beschenkten selbst zu – und dies auf vielfältige Art und Weise. In­so­weit wäre die Ablehnung des Geschenks des Glaubens eine Verarmung verur­sa­chende Selbstbe­schrän­kung, die letztlich keinen Sinn macht.

- Individuelle Stär­ken und Entfaltungsmöglichkeiten würden durch ein Aus­­leben von Schwächen und vielfältige Unsicherheiten ersetzt,
- Teilhabe müsste einem kon­tra­produktiven Rückzug weichen,
- die Fülle des Lebens durch deren Ein­schrän­kung,
- Ak­tivität durch Passivität.

Antwortversuch zu Frage 2:

Das rechte Maß zu finden, ist immer eine Gratwanderung. Der Gefahr des zu starren Festhaltens an tradierten Formen und Beiwerk steht die Gefahr der Aufgabe von Bewahrenswertem gegenüber. So bietet sich bei allem Stre­ben nach Selbstentfaltung und Selbst­verwirklichung an, nicht das Positive ei­ner Sicherheit gebenden Rückkopplung und Rück­bin­dung zu übersehen. Gerade die Vielfalt individuellen Seins stellt ein Angebot dar, das zu be­rei­chernden Effekten führen kann und recht häufig auch führt. Der Austausch mit anderen lässt einem leichter erkennen, wo das rechte Maß liegt und wo Fehlorientierungen oder ein über das Ziel hinaus schießen droht.

Antwortversuch zu Frage 3:

Wir tun uns mit dem Glauben als einem tragenden Fundament deshalb so schwer, weil wir uns allzu gerne den Mühen von Forderungen, Interpre­tatio­nen und Umsetzungen im Leben entziehen wollen. Insoweit laufen wir Ge­fahr unvereinbares anzustreben und damit Unreife zu zeigen. Typische Aus­sagen wären in diesem Zusammenhang: "Es muss alles anders werden, aber es darf sich nichts än­dern" oder „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“.

Antwortversuch zu Frage 4:

Wir kommen ungeachtet von Wechselwirkungen und Interpretationsspiel­räu­­men zu einem neuen und erhöhten Niveau der Erkenntnis, indem wir

- Vergangenheit, Gegenwart und absehbare Perspektiven eingehend durch­denken,
- im Vorfeld von Entscheidungen Folge- und Wechselwirkungen abschät­zen und gegeneinander abwägen,
- mögliche positive und negative Abweichungen von gesetzten Erwar­tun­gen planerisch berücksichtigen, aber uns auch
- Sensibilität, Offenheit und Freiraum bewahren, auf Unvorhergesehenes mit erforderlichen Modifikati­onen zu reagieren.

Antwortversuch zu Frage 5:

Zum Themenkreis Glaube bezieht jeder Mensch unwillkürlich bewusst oder unbewusst Stellung. Auch Atheismus ist insoweit ein unbewiesener Glau­be, der das aktuell vorhandene Wissen ergänzt. Glauben abzulehnen lehnt letzt­lich auch Wissen ab, da

- Wissen zeitlich gebunden ist,
- auf einer Ein­schät­zung von Wahrscheinlichkeiten beruht und
- nach herrschender Meinung für sich nur eine Wahr­heits­vermutung bean­spruchen darf.

Ein einseitiges Setzen auf Wissen würde nur einen Teil der Realität erfassen kön­nen und alles darüber Hinausgehende negieren. Es wäre vergleichbar mit einem Kind, das sich die Augen zuhält und davon ausgeht, dass dadurch die umgebende Wirk­lichkeit verschwindet.

Hoffnung als Resultat einer gefestigten Glaubensüberzeugung

Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung

Eine gefestigte Glaubensüberzeugung kann angesichts von Anfechtungen und Krisen durchaus hilfreich sein, Hoffnung zu schöpfen und Durst­strek­ken durchzustehen. Sie erleichtert – gestützt und geborgen durch ein tragen­des Fundament – den Herausforderungen und Zumutungen zu trotzen, ist man sich doch dessen gewiss,

- dass man in der Lage ist, die Kraft aufzubringen, den Herausforderungen das Erforderliche entgegen zu setzen,
- dass man getragen wird durch ein größeres Ganzes, in dem man Sinn, Geborgen­heit und Sicherheit findet, und
- in aller Regel nicht als Individuum alleine auf sich gestellt die erforderlich erscheinenden Arbeiten leisten muss.

Ein gefestigter Glaube zeigt sich – ernsthaftes Bemühen und dessen Ver­tie­fung unterstellt – insoweit als willkommene Hilfe,

- den aus wissenschaftlicher Sicht noch ungeklärten Grundfragen auf den Grund zu gehen,
- dabei den aktuellen Erkenntnisstand des Wissens zu berücksichtigen und
- sich Offenheit und Flexibilität zu bewahren, sowie
- die eingenommene Positi­on angesichts neuer Erkenntnisse und Überzeu­gun­gen wei­ter zu entwickeln.

Über Hoffnung als Resultat eines gefestigten Glaubens nachzudenken er­scheint insoweit der Mühe wert. Erscheint diese doch

- als subjektiv empfundene Erwartung, angesichts bisheriger Zwischener­fol­ge, auch den nächsten anstehenden Schritt zu meistern,
- als eine für die Bewältigung des zu Leis­tenden zu schöpfende Kraft und
- als Einschätzung, bei allem möglichen Misserfolg nicht ins Bodenlose zu fallen.

Die Auseinandersetzung mit Hoffnung als Resultat einer gefestigten Glau­bens­überzeugung könnte durchaus als Lebensaufgabe betrachtet werden und doch blieben vielfältige Teilaspekte unberücksichtigt. Umso mehr ist ein kleiner Bei­trag wie der vorliegende zwangsläufig nicht nur mit einem hohen Maß an Abstraktion versehen, sondern auch mit einem Überblicks­charak­ter. Dies kann auch gar nicht an­ders sein.

So kann von nachfolgenden Ausführungen nicht ernsthaft die umfassende Aufarbeitung der gewählten The­men­stellung erwartet werden. Und doch ent­bindet uns dies nicht davon, uns ernsthaft mit diesem Themenkreis aus­ei­nan­der zu setzen.

Nur so werden wir schrittweise in der Lage sein, Zusammenhänge zu er­ken­nen, uns Klarheit zu verschaffen und unsere zur Fragestellung eingenom­me­ne Position einer kritischen Prüfung zu unterziehen, sodass wir uns in der Zukunft mit einem höheren Maß an individueller Sicherheit argumentativ an der Diskus­sion dieses Bereiches beteiligen können.

So spüren wir in diesem Beitrag dem Wesen eines gefestigten Glaubens nach, betrachten Hoffnung und das was in ihr zum Ausdruck kommt und be­leuchten den Zusammenhang von gefestigtem Glauben und Hoffnung. Dabei kommen wir zu sprechen auf

- Glaubensüberzeugung, deren Festigung und den Zeitaspekt,
- Gewissheit, Anfechtung und individuelle Entwicklung,
- Unterschiedlichkeit, wechselseitige Ergänzung und Aufgabe von Glauben und Wissen, sowie
- Fundamentalismus und Relativismus als Gegenpole zu ethisch vertretba­rer Positionie­rung und deren Folgewirkungen.
- Zusammenfassung, Reflexion und Ausblick runden die Ausführungen ab.

Damit tragen wir der Tatsache Rechnung, dass ein gefestigter Glaube in der Tat Hoffnung und Zuversicht gibt, subjektive Gewissheit im Zeitablauf An­fechtungen ausgesetzt ist, Glauben und Wissen sich ausgehend von un­ter­schied­lichen Ausgangspunkten ergänzen und Fundamentalismus bzw. Rela­tivismus eine Ab­kehr vom „rechten Glauben“ darstellt. Diese würden letzt­lich das Gegenteil des Ange­streb­ten hervorbringen.

Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, so haben wir Stellung zu be­zie­hen und diese Position erscheint umso angemessener, je mehr wir ganzheit­lich an die Aufgabe herangehen, indem wir

- den Menschen realistisch, d.h. mit seinen Stärken und Schwächen, be­trachten und nicht von einem Idealbild ausgehen,
- uns eingehend mit dem Glauben und dessen Wesenskern auseinander set­zen,
- Vernunft und unser Wissen nicht ausblenden, sodass wir zu Getriebenen unserer Emotionen, von Massenhysterie, Manipulation oder eines intui­ti­ven Zu­­gangs zu fragwürdiger Erkenntnis werden.

Gefestigte Glaubensüberzeugung

„Überzeugung ist der persönliche Glaube an die Richtigkeit von bestimmten Ideen und Wertvorstellungen oder der Prozess der Übertragung eigener Ideen auf andere Personen (jemanden überzeugen, etwas/eine Idee verkaufen). Mit Überzeugung bezeichnet man auch den Glaubenssatz selbst, d. h. die Aus­sage, von deren Richtigkeit man überzeugt ist. Bei einer Überzeugung findet eine Art Identifikation mit der Idee statt“. (http://de.wikipedia.org/wiki.über ­­zeugung)

Insoweit fußen die in allen Gesellschaften vorhandenen, wenn auch unter­schied­lichen Glaubensüberzeugungen,

- auf tradierten Erkenntnissen und persönlichen Erfahrun­gen.
- Sie beinhalten geoffenbarte Glaubensbotschaften,
- tragen vorhandenem Wissen und Können Rechnung, lassen aber auch
- ein das Wissen ergänzendes Erahnen einer tiefer liegenden Weisheit zu, die uns in unserem heutigen Erkenntnisstand noch verborgen ist.

Wenn sich bei der Unterschiedlichkeit der Glaubensüberzeugungen in der Welt aus dem religionswissenschaftlichen Vergleich mathe­matisch gespro­chen doch einiges gewissermaßen vor die Klammer ziehen lässt (z.B. das Streben nach Frieden und Verständigung), so unter­mauert dies die Be­rech­tigung zum Glauben in Ergänzung zum erlangten Erkenntnis­stand und der Entwicklungsstufe menschlichen Seins in heuti­ger Zeit.

Gefestigte Glaubensüberzeugung ist allerdings ein schil­lern­der Begriff. Er­gibt sich in jeder Gesellschaft doch ein Spektrum von Über­zeugungen, die vom Altruismus (Uneigennützigkeit des Menschen) (vgl. Nagel 2005; vgl. Böck 2010) bis zum Machiavellismus, jener Chiffre von Kontin­genz, Herr­schaft und Empirismus reicht, (vgl. Zwierlein u.a. (Hg.), 2011) und alle Stu­fen da­zwischen umfasst.

Vielfalt der Glaubensüberzeugungen in einer Gesellschaft werden so zu ei­nem, den gesellschaftlichen Grundkonsens in Frage stellenden Tatbe­stand, der sich immer schwerer zu überbrücken lässt, stehen sich in unserer Ge­sellschaft doch Ausprägungsformen der differierender Glaubens­überzeu­gun­gen gegen­über, die

- von wortwörtlicher Umsetzung der Glaubensbotschaft bis zur zeitgemäs­sen Interpretation und Berücksichtigung des Wesenskerns reichen,
- die dem Fundamentalismus oder einer aufgeklärten Form von Glauben zu­­­neigen,
- die Toleranz Anderen gegenüber zulassen oder ablehnen und bekämpfen.

Je stärker die Intoleranz, desto schwächer vermutlich das jeweilige Wissen über den Wesenskern des eigenen Glaubens und desto grösser vermutlich auch die Verführbarkeit durch zum Teil fremdgesteuerte Ideo­logen und Hassprediger. An dieser Stelle sei nur auf das vergangene Jahrhundert mit seinen vielfältigen Beispielen verwiesen.

Wiederum stoßen wir global und individuell betrachtet auf den Zeitaspekt und den jeweiligen Entwicklungs­stand, die Einbindung in die Prägung sozia­ler Gebilde, sowie erlebte Ausgeliefertheit gegenüber subjektiv empfundenem oder objektiv gegebenem Unrecht, von bestehender Abhängigkeit und vor­handener Willkür.

Gefestigte Glaubensüberzeugungen sind dem Wandel unterworfen, sofern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihnen erfolgt. Darin spiegelt sich so­wohl die

- eigene Entwicklung des Einzelnen im Lebenslauf, als auch
- die Entwicklung der Gegebenheiten im Zeitablauf und
- die Entwicklung sozialen Gruppierungen bis hin zur Gesellschaft und zur Weltgemeinschaft insgesamt wieder.

Radikalisierung von Teilen der Gesellschaft lässt uns immer weniger Zeit, die Dinge, die aus dem Ruder gelaufen sind unter Berücksichtigung von Ge­rechtigkeit, Freiheit und Toleranz auf einen zukunftsträchtigen Weg zurück zu führen. Denken wir hier nur an

- die zusammenwachsende Welt,
- den Weltarmutsbericht und das immer stärkere Auseinandertriften von arm und reich,
- an gravierende Auswüchse im Bankensektor, Verschuldung und die ge­fähr­dete Wäh­rungs­stabilität,
- an Waffenexporte in Spannungsgebiete,
- an Radikalisierung der Verlierer der Entwicklung in den letzten Jahrzehn­ten, Freiheitsbewegungen, Gewalt, Terrorismus usw.

Gewissheit und Anfechtung im Glauben

Ob die individuelle Gewissheit vorgenannten Fakten und bestehender Mit­ver­antwortlichkeit hinreichend Rechnung trägt, dies erscheint zunächst je­weils offen. Ver­mutlich werden sich Phasen mit mehr bzw. weniger ausge­prägter Gewissheit bei Jedem von uns einstellen – je nach dem, in welcher aktuellen Situation sich der Einzelne befindet.

Berührtheit von Gegebenheiten, Erfahrungen und Lebenssituationen sind nicht zuletzt auch Offenbarungen des individuelle Seins, und dies

- bei Annahme und Erduldung, bis hin
- zum Bemühen um Veränderung untragbarer Zustände.

Ein „Dienst nach Vorschrift“ und formale Abwicklung von Vorgängen nach Lösungsmus­tern von Vorgestern wird uns da letztlich nicht voran bringen kön­nen.

Gewissheit aus dem Glauben kann uns hier den Rücken frei halten, in die für richtig erachtete Richtung zu gehen und nicht vom rechten Weg ab­zu­irren. Sie kann eine Konzentration auf das zu Leistende bewirken, soweit die­ses nicht den Grundprinzipien des Glaubens widerspricht.

Der Begriff „Anfechtung“ ist inhaltlich vielfältig besetzt. Wir klammern die Betrachtung des Begriffes aus rechtlicher Sicht aus und konzentrieren uns auf die nicht minder bedeutsame Anfechtung im Glauben. Der Begriff steht für eine gesteigerte Form von Versuchung, die unserer jeweiligen Entschei­dung bedarf.

Insoweit haben wir Stellung zu beziehen, auf den rechten Weg zu achten und nicht von ihm abzuirren. Anfechtung gehört zum Leben. Sie ist eine Begleit­erscheinung von Veränderung, von Entwicklung schlechthin. Wie gehen wir also in einer Zeit dynamischen Wandels mit den Situationen in die wir hi­nein­gestellt sind um?

Werden wir jeweils unseren heeren Zielvorstellungen und den von uns aus dem Glauben resultierenden, an uns gerichteten Forderungen gerecht und in wel­chem Um­fange? Ein realistisches Menschenbild lehrt uns da im Wis­sen um unsere Stärken und Schwächen Beschei­den­heit.

Letztlich spiegelt sich im Auf und Ab der Gewissheit und im gegenläufigen Auf und Ab der Anfechtungen im Glauben die individuelle Entwicklung des Einzelnen wider. Überwindung von Anfechtungen führen inso­weit zu einer Bewährung, Reifung und Stärkung im Glauben. Wir fühlen uns erinnert an einen Langstreckenläufer, der Teilziele hinter sich lässt und mit wachsen­dem Selbstvertrauen seinem gesetzten Endziel zu­strebt.

Auf dem Weg zu sein und nicht aufzugeben – trotz aller Widrigkeiten – dies zeichnet den Läufer aus. Er nimmt sich selbst in die Pflicht und folgt nicht dem Grundsatz: „Es gibt viel zu tun, fangt doch schon einmal an“.

Korrespondierend zur Individualität der Mitmenschen tritt uns damit eine brei­te Vielfalt an Gewissheiten, Anfechtungen, Bemühungen und Versagen ge­genüber, die immer wieder überrascht, zum Teil erfreut und zum Teil ent­täuscht und trau­rig macht. Doch mit dieser Differenziertheit müssen wir le­ben, ist doch nur diese Haltung geeignet, der unveräußerlichen Würde jedes einzelnen Men­schen Rech­nung zu tragen.

Dies ist keineswegs ein Plädoyer für einen wie auch immer gearteten Rela­ti­vismus. Es ist dies vielmehr die Aufforderung,

- feststehend im eigenen Glauben,
- die Würde des Anderen und dessen Recht auf eine eigene Meinung anzu­erkennen,
- authentisch zu sein und Wort und Tat nicht auseinander klaffen zu las­sen,
- ein überzeugendes Beispiel zu geben,
- im Dialog zu stehen und sich mit den von der eigenen Überzeugung ab­weichenden Argumenten ernst­haft auseinander zu setzen.

Abbildung 3: Relativität der individuellen Gewissheit

Quelle: selbst erstellt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Glaube und Wissen

Damit sind wir bei Glaube und Wissen angelangt. Diese gehören unter­schiedlichen Dimensionen der Erkenntnis und des Seins an. Damit stehen sie sich aber nicht konträr gegenüber, sondern dienen jeweils auf ihre Art und Weise der Fortführung der Schöpfung im Rahmen der Evolution.

Wissen steht für „ich habe gesehen und weiß“. Damit ist Wissen zeitlich ge­bun­den und unter Nutzung von Vernunft erforschbar. Als gesellschaftliches Phänomen im histo­ri­schen Zusammenhang entfaltet es seine Wirkung, wo­bei Fehlinterpre­tatio­nen des für richtig Erkannten nicht ausgeschlossen sind.

Glaube erschließt sodann einen Zugang zu dem jenseits des Wissens Lie­gen­den. „Glaube im christlichen Sinn ist Hinwendung zu Gott, der sich dem Menschen zuerst zugewendet hat, und Abwendung von sich selbst. Er ist darum unvereinbar mit Selbstruhm und dem Vertrauen auf eigenes Tun (Röm 3,20-28). In dieser antwortenden Hinwendung liegt zugleich ein akti­ves, nach außen strebendes Moment. Der Glaube bewegt zur tätigen Liebe (Gal 5,6).

Für gläubige Christen gilt Glaube als keine antike oder mittelalterliche Vor­stufe vom Wissen sondern (als) etwas vom Wesen her anderes. Es ist auch kein bloßes Für-wahr-Halten, auch keine Vermutungsäußerung damit ge­meint. Dann hieße es so viel wie: ‚Ich traue dir, ich vertraue dir, ich kann auf dich bauen. Ich habe eine Gewissheit, die weniger aus Berechnungen und Experimenten kommt.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Glaube)

So sind Glaube und Wissen – anders als in früheren Zeiten angenommen – wechselseitige Ergänzungen, die sich bereichern und herausfordern, die uns dazu bringen, über uns im Jetzt und Heute hinaus zu wachsen, die Rückhalt und Sicherheit mit Entdeckerdrang und Selbstentfaltung verbin­den.

Gerade das Wissen um die Begrenztheit des Menschen und die Zuversicht, im Glauben letzten Halt zu finden, gewähren uns jene innere Freiheit, in Verantwortung die geschenkte Vernunftbegabung sinnvoll zu nutzen und damit Sinn zu stiften, sodass wir in unserer jeweiligen Einzigartigkeit Spu­ren hinterlassen.

Wir sind insoweit über die Zeit Galileo Galileis hinaus, in der Wissen dem Glauben untergeordnet wurde und ein über den Glauben und den damaligen Erkenntnisstand hinausgehendes Wissen für Viele unvorstellbar erschien. Insoweit erscheint aus heutiger Sicht damaliges kirchliches Verhalten zwar erklär- aber kei­neswegs recht­fertigbar.

Heute stellen sich uns Glaube und Wissen als gleichzeitige Aufgaben dar, an denen per­manent zu arbeiten ist. Glaube gewährt ein tragfähiges Funda­ment, von dem aus agiert werden kann und Wissen vertieft seinerseits – angesichts des begrenzten menschlichen Erkenntnisvermögens – den Glau­ben an einen tiefer liegenden Sinn des Seins.

Insoweit sind Wissen und Glauben nicht Gegenpole, sondern wechselseitig sich ergänzende und befruchtende Phänomene. Sie sind daher für einander nicht Gefährdungen, sondern vielmehr Bereicherungen, deren Wert es zu entdecken und zu berücksichtigen gilt.

Sind wir dazu bereit, die damit verbundene Mühe auf uns zu nehmen? Sind wir bereit, unseren Beitrag im Rahmen des fortlaufenden Schöpfungsaktes zu leisten? Sind wir dazu bereit, den in uns glimmenden göttlichen Funken zum Wohle aller einzusetzen?

Fundamentalismus und Relativismus

Damit kommen wir zu Fehlentwicklungen, den Fundamentalis­mus und den Relativismus. Fundamentalismus lässt sich als „Überzeugung (fassen), die ihre Interpretation einer inhaltlichen Grundlage (Fun­dament) als einzig wahr annimmt. Fundamentalismus wird durch eine stark polarisierte Auslegung einer Letztbegründung umgesetzt.

Im weitesten Sinne wird als fundamentalistisch eine religiöse oder weltan­schau­liche Bewegung bezeichnet, die eine Rückbesinnung auf die Wurzeln einer bestimmten Religion oder Ideologie fordert, welche notfalls mit ra­di­kalen und teilweise intoleranten Mitteln durchgesetzt werden soll.“ (http:// de.wikipedia.org/wiki/Fundamentalismus)

Fundamentalismus steht insoweit im Widerspruch zur individuellen Freiheit, zur Verantwortung und zur Würde des Einzelnen. Er spricht ihm in der Form des Extremismus sogar ab, Anfragen zu stellen und über Glaubens­inhalte nachzudenken. Relativismus verfällt dem gegenüber in das andere Extrem und setzt in ihrer Dekadenz – dem Verfall, dem Niedergang bzw. der Ver­kommenheit einer Kultur – alles relativ, ohne sich festzulegen.

Beide – Fundamentalismus und Relativismus – erscheinen als eine Abkehr vom „rechten Weg“,

- dem Weg der Reflexion und Abwägung bereits im Vorfeld des Handelns,
- dem Weg der auf sich genommenen Mühe,
- dem Weg des Stellungbeziehens und
- dem Weg der bewusst getragenen Verantwort­lichkeit.

Um diesen „rechten Weg“ muss fortlaufend gerungen werden. Er ist ein Zei­chen von Lebendigkeit, auch wenn sich dies zuweilen für uns als an­stren­gen­de Herausforderung dar­­stellt.

Wie bei einer Wanderung führt eine Abkehr vom „rechten Weg“ allenfalls über Umwege zum Ziel, das im Vorfeld möglichst klar zu defi­nie­ren ist.

Als mögliche negative Folgewirkungen von Fundamentalismus und Relati­vis­mus zeigen sich

- Kampf und Vereinnahmung mit dem Verlust von Freiheit und Würde,
- Verlust an Sinn und an Gemeinsamkeiten einer Gemeinschaft
und letztlich als zu erwartende Folge
- Zerfall und Niedergang.

Kampf und Vereinnahmung stehen für streitiges Verhalten ohne Rücksicht auf Verluste, Verlust an Gemeinsamkeit einer Gemeinschaft steht für ein Nebeneinander statt einem Miteinander. Und zu Zerfall und Niedergang brau­chen wir nur in die Geschichte zu blicken. Denken wir in diesem Zusammenhang alleine an den Auf­stieg und Niedergang des Römischen Rei­ches Anfang des fünften Jahrhunderts unserer Zeitrechnung. Dies dürfte als Beispiel wohl genügen.

Abbildung 4:

„Rechter Weg“

Quelle: selbst erstellt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick

Wenn wir uns dem Zusammenhang von Hoffnung als Resultat eines ge­fes­tigten Glaubens zugewandt haben, so geschah dies in der Überzeugung, dass gerade in unserer heutigen Zeit

- Hoffnung eine Voraussetzung für Zuversicht darstellt,
- zunehmende Verunsicherung und Relativierung einer Rückbesinnung und zeitgemäßen Interpretation zeitloser Werte bedarf,
- aus einer gefestigten, immer wieder kritisch betrachteten Glaubensüber­zeu­­gung Kraft geschöpft werden kann,
- Gewissheiten und Anfechtungen stetig miteinander ringen und
- Fundamentalismus und Relativismus als „einfache Antworten“ eine ins Abseits führende Ab­kehr vom „rechten Weg“ darstellen. Sie verfolgen Wunschträume und unrealistische Menschenbilder, stellen diese über Wahrheit und Wirklichkeit oder lehnen eine Festlegung ab.

Dieses Abseits führt uns nur noch mehr in die Sackgasse und dies können wir nicht ernsthaft wollen; dies können wir uns nicht ernsthaft leisten. So stellt sich die Frage, welche Konsequenzen wir aus dem Vorgenannten zu ziehen bereit sind. Ist es ein der Einsicht folgendes Handeln, oder die Aus­sage: „Schön, dass wir einmal darüber geredet haben.“

Zum Nulltarif werden uns jedenfalls nicht wie im Schlaraffenland die reifen Trau­ben in den Mund wachsen.

Wenn der Mensch zur Hoffnung durch den Glauben berufen ist, so öffnet sich ihm die Tür in eine andere Wirklichkeit. Neue Perspektiven werden erkennbar, überzeugende Maßstäbe deutlich, ein neues Selbstverständ­nis als Teil der Schöpfung und – christlich gesprochen – aufgehoben in der befreienden Kraft der Liebe Gottes spürbar.

Aus diesem sich neu Erkennen erwächst durch ernsthafte Auseinan­der­set­zung

- eine Standortfindung, die subjektive Gewissheit und Sicherheit gibt, ein Fundament das trägt und hält.
- Es erwächst Zuversicht und Vertrauen, das Leben ungeachtet menschli­cher Schwächen meistern zu können und
- im größeren Ganzen Geborgen zu fin­den.

Dies nimmt nichts vom täglichen individuellen Kampf zwischen Gewissheit und Anfechtung, der sich aus der Entwicklung begründet – die Entwicklung der Person, der sozialen Beziehungen und Verhältnisse, der Grundeinstel­lun­­gen und dem verspürten Auftrag.

Wesentlich erscheint dabei, Kurs zu halten und um den jeweilig „rechten Weg“ zur „rechten Zeit“ zu ringen, sodass sich keine Abirrungen ergeben und das gesetzte und angenommene Ziel im Blickpunkt bleibt.

Sowohl Fundamentalismus als auch Relativismus – beides Erscheinungsfor­men in unserer Zeit – lassen die Erfordernisse vermissen, die uns ein in­di­vi­duelles Leben gelingen lässt.

- jene Freiheit und Würde, die uns einerseits auszeichnet, oder
- jenen Sinn- und jene Gemeinschaft, die Orientierungslosigkeit verhin­dern.

So ist nicht Anpassung an den Strom der Zeit angesagt, sondern ein be­wuss­tes und verantwortungsvolles Stellung beziehen, ein Eintreten und Akzente setzen – notfalls wider den Zeitgeist, der nur noch die Regel kennt: „Man darf sich nicht erwischen lassen“ – und gegen sachfremde bürokra­tische Lösungsansätze und vermeintliche Sach­zwänge, die sich aus Denk­faul­heit ergeben.

Stellen wir uns der Herausforderung. Es bleibt nichts anderes übrig, wenn die Verhältnisse besser werden sollen.

Literatur

Benedikt XVI (2008): Set: Deus caritas est und Spe salvi – Gott ist die Liebe und Gerettet durch die Hoffnung, St. Benno Verlag

Böck J. (2010):Prosoziales Verhalten und Altruismus,GRIN Verlag

Kampmann T./Schärtl Th. (2005): Der christliche Glaube vor dem An­spruch des Wissens, Aschendorff Verlag

Meyer Th. (2011): Fundamentalismus, VS Verlag für Sozialw.

Nagel Th. (2005): Die Möglichkeit des Altruismus, übers. von Gebauer M. und Schütt H.-P., Philo Fine Arts, 2. Aufl.

Reichenberger J. (2009): Fundamentalismus verstehen, VDM Verlag

Schärtl Th. (2007): Glaubensüberzeugung : Philosophische Bemerkungen zu einer Erkenntnistheorie des christlichen Glaubens, Aschendorff Verlag

Volk E. (1998): Anfechtung und Gewissheit des Glaubens, Freimund Verlag

Zwierlein C. u.a. (Hg.) (2011): Machiavellismus in Deutschland, Oldenbourg Wissenschaftsverlag

http://de.wikipedia.org/wiki/Fundamentalismus

http://de.wikipedia.org/wiki/Glaube

http://de.wikipedia.org/wiki/Überzeugung

Anfragen

Frage 1:

Glaubensüberzeugung, Hoffnung, Zeitaspekt sind Stichworte, die für eine bestimmte Sicht der Dinge stehen. Haben in unserer Zeit nicht immer mehr Menschen Schwierigkeiten, die aus der Glaubensüberzeugung erwachsende Hoffnung und verspürte Sicherheit nachzuvollziehen – und dies in einer Zeit des dynamischen Wandels?

Frage 2:

Glaubensfestigung ist permanenter Auftrag. Angesichts der schlimmen Er­fahrungen mit den Mitmenschen in Nähe und Ferne ist da nicht ein Nach­las­sen der Anstrengung und eine zunehmend resignative Grundhaltung nur zu verständlich?

Frage 3:

Individuelle Gewissheit und individuelle Anfechtung stehen in Wechsel­be­ziehung und sind eingebunden in den Entwicklungsverlauf des einzelnen Menschen. Dabei ergeben sich dem Grad nach unterschiedliche Ausprä­gungsformen von Anfechtungen. Wie gehen wir sinnvoll damit um?

Frage 4:

Wenn Glaube und Wissen sich auf einem individuellen Weg verbinden und zu individueller Gewissheit führen, geht da nicht das Gemeinsame zu­neh­mend verloren und machen sich da nicht Ausfransungen bemerkbar, die Grenzziehungen erschweren?

Frage 5:

Fundamentalismus und Relativismus lassen das „rechte Maß“ vermissen. Liegt einerseits eine angstbesetzte Überbetonung und andererseits das Bewusstsein einer grundlegenden Akzeptanz vor, wird da nicht – christlich gesprochen – die Güte und Liebe Gottes zu den Menschen verdrängt und dessen freie Entscheidung zum Guten verhindert?

Frage 6:

Authentisch den „rechten Weg“ zu gehen und sich treu zu bleiben, kostet un­ter Umständen positionsmäßige Entwicklungschancen. Wie ist dies ein­zu­­schätzen?

Antwortversuche

Antwortversuch zu Frage 1:

Glaubensüberzeugungen gibt es nicht zum Nulltarif. Sie sind das Ergebnis von Mühe und Arbeit. Sich innerhalb einer Spaßgesellschaft unterhalten zu lassen, dies ist zu wenig, um die in der eigenen Person steckenden Poten­tia­le verantwortungsbewusst zu entfalten. Insoweit ist das Erwachsen von Hoff­nung und empfundener Sicherheit an persönliche Anstrengung gebunden. Gerade im Gegensatz zu einer statischen Gesellschaft ist unsere Zeit ge­prägt von einer dynamischen Entwicklung mit vielfältigen Möglichkeiten und Ein­flüssen. Dass diese Vielfalt und die Entwicklungsgeschwindigkeit uns zu überfordern droht, macht Gegenstrategien dringlich. Dies soll jedoch kei­nes­wegs bedeuten, Vielfalt und Entwicklungsgeschwindigkeit auszublenden, son­dern soll vielmehr dazu ermuntern, angemessene Hilfen bereit zu stellen.

Antwortversuch zu Frage 2:

Wer wurde nicht schon in seinen Hoffnungen und Erwartungen enttäuscht, wer verspürt nicht aufgrund verdrängten Wissens immer wieder das Gefühl, dass ja doch alles Bemühen keinen Sinn macht? Und doch ist das Engage­ment jedes Einzelnen und die aus der Fülle der Einzelnen erwachsende Summe an positiven Leistungen Hoffnung vermittelnder Tatbestand – allen egoistischen Tendenzen zum Trotz. Sehen wir mehr das halbvolle Glas als das halbleere Glas? Können wir aus der Hoffnung, die aus dem Glauben erwächst, suboptimale Verhältnisse erst einmal annehmen? Wo liegt unsere persönliche Frustrations- oder Ambiguitätstoleranz? Und wie nehmen wir sie in unseren Alltag auf?

Antwortversuch zu Frage 3:

Jeder Mensch hat – wenn auch in unterschiedlichem Masse – mit der Wech­selbeziehung von individueller Gewissheit und individueller Anfechtung zu kämpfen. Anfechtungen können beispielsweise Fragen, Unsicherheiten, Zwei­fel oder menschliche Schwächen sein. Der Um­gang mit ihnen

- muss vom Betroffenen und seiner Berührtheit,
- von der subjektiv empfundenen Bedeutung,
- der Dringlichkeit und
- der Lösbarkeit – ggf. mit fremder Hilfe – ausgehen.

Einfache Antworten sind nicht zu erwarten, will man dem Einzelnen gerecht werden, rasche zu treffende Werturteile im Übrigen ebenso wenig, da die Individualität des Einzelnen und seine Entwicklung sinnvollerweise Berück­sichtigung finden muss.

Antwortversuch zu Frage 4:

Zunächst ist in diesem Zusammenhang an die Letztverantwortung des ei­ge­nen Gewissens hinzuweisen. Dies entbindet nicht davon, Ansichten von anerkannten Autoritäten und Gemeinschaften, in die wir eingebunden sind, ernst zu nehmen und zu durchdenken. Sicherlich wird es da Grauzonen geben und ein Herantasten an das was individuell verantwortbar erscheint. Doch ist dies so schlimm, wenn wir zunächst vom ehrlichen Streben nach Erkenntnis und Realisierung des Guten ausgehen. Sind Grenzziehungen wirklich von so entscheidender Bedeutung, wenn wir aus christlicher Sicht auf den 1. Korintherbrief 13, 1-13 verweisen?

Antwortversuch zu Frage 5:

Fundamentalismus und Relativismus lassen aus christlicher Sicht in der Tat das „rechte Maß“ vermissen. Denn es wird entweder die Güte und Liebe Got­tes zu den Menschen verdrängt, dessen freie Entscheidung zum Guten verhindert und damit seine Würde als denkendes Wesen und Ebenbild Gottes verletzt, oder an­dererseits unterstellt, dass Gott jegliches Verhalten für hinnehmbar hält und offenkundiges menschliches Fehlverhalten auch ohne Reue durch seine Liebe zu­deckt.

Auch wenn wir von der Notwendigkeit der Gnade ausgehen, ist das Ein­ge­ständnis des Versagens, dessen Bedauern und das Bemühen um die Wie­der­gut­machung des angerichteten Schadens Voraussetzung für den auf den Einzelnen be­zogenen individuellen Gna­denerweis. Die Bereitschaft zu Gnade und Verzeihen setzt damit die freie Entscheidung des Menschen und sein sich Einlassen auf Gott voraus. An­sonsten würde bildlich gesprochen das Angebot und Geschenk der Gnade aus­geschlagen und ein Verbleiben im Zustand der Gottferne aufrecht er­hal­ten werden.

Antwortversuch zu Frage 6:

In der Tat haben wir in der Bundesrepublik Deutschland derartige Phäno­meine. Entscheidend wird hier immer die eigene Position des in Versuchung Geführten sein.

- Ist er bereit, auf Profession, Legalität und Legitimität bezogene Erforder­nis­se zu Gunsten der Bürokratie und der persönlichen Karriere beiseite zu schieben?

- Ist er bereit, sich durch gezeigtes Fehlverhalten und Anpassung an die neue Ebene (mittels Ansammeln von eigenen „Leichen im Keller“) angreif- und erpressbar zu machen?

- Ist er bereit ethische Mindeststandards und die üblichen Mindestformen des Anstandes zu vernachlässigen und kooperierende Mitmenschen zu in­strumentalisieren?

Letztlich stellt sich die Frage, was einem Authentizität wert ist und was die betroffene Person letztlich dafür in Kauf nimmt.

Erwartung als Triebfeder und Fundament als Halt

Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung

Jeder von uns braucht Hoffnung. Sie ist für uns Triebfeder des Handelns. Und jeder von uns benötigt ein Fundament, das Halt gibt. So erscheint eine Auseinandersetzung mit der gewählten Themenstellung „Erwartung als Trieb­feder und Fundament als Halt“ nicht nur sinnvoll, sondern auch nötig. Denn aus dieser Betrachtung soll über Bewusstwerdung Klarheit erwachsen.

Dieser Klarheit bedarf es gerade in einer Zeit grundlegender Veränderungen, von Wandel und Globalisierung, damit wir nicht unsere Gestaltungsmacht einbüßen und zu Getriebenen der Entwicklungen werden. Dies würde uns vom Subjekt zum disponiblen Objekt degradieren und dem Postulat der Men­­schenwürde widersprechen.

Treibende und nicht Getriebene zu sein, Mitzugestalten und nicht nur ange­passt zu werden, dies ist unser Anspruch. Er stützt sich in gleicher Weise auf den christlichen Glauben, wie auch auf die Deklaration der Menschen­rechte. Letztgenannte werden heute bei uns unstrittig als positives Ergebnis abend­län­di­scher Kultur angesehen.

Mit der vorgenommenen Zielbestimmung ergeben sich zwangsläufig eine Ein­­schränkung des Blickwinkels und eine grundlegende Konzentration auf die festgelegte Fragestellung. Die Abgrenzung ist insoweit eine Hilfe, im Rah­men deduktiven Vorgehens vom Allgemeinen zum Besonderen zu ge­lan­gen.

Tiefer und weitergehende Überlegungen werden dabei durchaus als wichtig angesehen und zur eingehenden Auseinandersetzung mit Teilaspekten wird ausdrücklich aufgefordert, sodass sich letztlich aus den beigetragenen Stein­chen ein Mosaik formt, welches den Blick auf das ganze Bild freigibt.

Die Beschränkung auf eine Grundorientierung lässt Wesentliches und Zu­sam­menhänge, aber auch Lücken leichter Erkennen. Im Übrigen ist im Rahmen nachfolgender Ausführungen von deren Bezogenheit auf unsere Zeit und unseren Lebensraum auszugehen.

So wollen wir letztlich herausarbeiten, dass

- Erwartung eine Triebfeder darstellt,
- ein subjektiv vorhandenes Fundament Halt gibt,
- ein Zusammenwirken von Triebfeder und Halt stattfindet,
- dieses zu einem Bewusstsein der Mitverantwortung führt, welches
- Handeln ethischen Forderungen aussetzt und sich bei zielorientiertem

Tun Erfolg, aber auch individuelle Schuld ergeben kann.

Dies soll uns helfen, zu erkennen und zu verstehen, dies soll uns helfen, Schlussfolgerungen und Konsequenzen zu ziehen, die sich in positivem Sin­ne auf das Verhalten auswirken. Dabei werden durchaus die begrenzten Mög­lichkeiten eines kleinen Beitrages nicht verkannt. Sich bei unterschied­licher Akzentsetzung mit zentralen Fragen auseinander zu setzen, erscheint dessen ungeachtet hilfreich, denn nur der ernsthafte Dialog bringt uns letztlich weiter.

Anstoß zu geben ist insoweit ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen und sollten.

Erwartung als Triebfeder

Eine positive Erwartungshaltung lässt sich als Hoffnung beschreiben, die von einer zuversichtlichen innerlichen Ausrichtung geprägt ist. Sie geht davon aus, dass etwas Wünschenswertes in der Zukunft eintritt, ohne dass wirkliche Gewissheit darüber besteht. Das kann ein bestimmtes Ereignis sein, aber auch ein grundlegender Zustand wie etwa anhaltende Gesundheit oder finanzielle Absicherung.

„Hoffnung ist (dabei) die um­fassende emotionale und unter Umständen hand­lungs­lei­tende Ausrichtung des Menschen auf die Zukunft. Hoffend ver­hält sich der Mensch positiv zur Zeitlichkeit seiner Existenz.“ (http://de. wikipedia.org/wiki/Hoffnung)

Und diese positive Grundhaltung stärkt ein aktives sich einbringen, sofern Erwartungen oder Hoffnungen nicht systematisch oder auch immer wieder zunichte gemacht werden, z.B. durch ein unethisches Führungsverhalten.

Wenn wir Erwartung als Triebfeder betrachten, so lässt sich der Begriff Trieb­­feder auch mit den Synonymen Anlass, Antrieb, Beweggrund, Motiv, Ur­sa­che, Veranlassung, Handhabe und Auslö­ser umschreiben.

Uns wird damit deutlich, dass Erwartung etwas in Bewegung setzt, dass sie dem Stillstand und der Resignation entgegen steht und dass in der aus­ge­lösten Bewegung Leben spürbar wird – ein Leben, das idealtypisch

- entdecken will,
- welches den Anderen achtet,
- das Teilhabe einfordert,
- dem Mitgestaltung wichtig erscheint und
- das sich der Mitverantwortung bewusst ist.

Erwartung als Triebfeder bei vielen Menschen gibt auch sozialen Gebilden bis hin zur Weltgemeinschaft Perspektive. Sie gibt uns jenen Antrieb, ohne den wir nicht im umfassenden Sinne Mensch sind und Mensch sein können – auch wenn wir dies wollten.

Betrachten wir Erwartung als Triebfeder oder Ansporn, so ergeben sich hie­raus für uns zu berücksichtigende vielfältige Konsequenzen. Sie fordert von uns

- die Bereitschaft, dass wir uns Gedanken machen,
- uns auf die Zukunft einlassen,
- sie fordert ein aktiv werden,
- ein miteinander auf dem Wege sein.

Dies ist mehr als ein Erdulden von Zumutungen und fremden Entscheidun­gen. Denn unser Beitrag zur positiven Entfaltung würde bei einem Rückzug in die Innerlichkeit fehlen und Entwicklung würde hinter dem verant­wort­baren Möglichen zurück bleiben.

Keiner von uns kann definitiv sagen was möglich ist, sofern nicht der Ver­such unternommen wird,

- dieses Mögliche auszuloten,
- auch das Undenkbare zu bedenken und
- Ideale mit Leben zu füllen.

Fundament als Halt

So wie Hoffnung als Triebfeder gilt, bietet uns ein tragfähiges Fundament Halt. Halt steht in diesem Zusammenhang für Beistand, Rück­grat, Unter­stützung, Anhaltspunkt, Hort, Kraft und Stütze. Die Vielfalt der Wortbedeu­tung von Halt macht uns die Breite und Tiefe des mit dem Begriff Verbun­de­nen deutlich.

Hinter ihm versteckt sich eine Erwartung, dass wir nicht alleine gelassen – gewissermaßen auf freiem Felde und ohne Andere – nur auf uns gestützt Wunder zu vollbringen haben.

Jeder von uns bedarf des Halts durch ein tragfähiges Fundament. Dieses lässt sich auch als Basis, Grundlage, Untergrund, Ausgangspunkt, oder als Grundstock bezeichnen.

Fundament und Halt stehen miteinander in Beziehung und sind auf­einander verwiesen. Beide wenden sich gegen Unsicherheit und Furcht, bedürfen aber auch der Fähigkeit, veränderte Gegebenheiten unter Wahrung des Wesent­lichen zu integrieren.

Das Fundament legt die Basis, den Untergrund. Halt erfahren wir, wenn wir

- auf dieser Grundlage aufbauen,
- eine feste Verbindung von Fundament und darauf Aufbauendem schaf­fen,
- die angemessenen Proportionen einhalten,
- immer wieder neu prüfen, ob die Statik stimmt und
- den Rahmenbedingungen und Einflussgrößen angemessen agieren.

Fundament und Halt führen letztlich zu der gewonnenen Erkenntnis und re­la­tiven Si­cherheit, dass Fundament und Halt sich in der Form des Fun­da­men­tes als Halt vollendet.

Das Fundament bietet und ist mithin Halt. Da können wir uns auf das in der Bauwirt­schaft durch Erfahrung gewonnene Wissen verlas­sen. Im über­­tragenen Sinne gilt dies auch für das Leben des Einzelnen, in seinem Sein und in seiner Entwicklung.

Fundament als Halt ist insoweit nicht nur vernünftig, sondern weitestgehend als Erfordernis anerkannt. Gerade in Gegenden mit der Gefahr von Stür­men und mehr wissen wir eine hinreichende Auslegung der Verankerung zu schät­zen. Natur­katas­trophen wie in Japan hin, unerwartete Turbulenzen in unserem Leben her. So kommt der Sicherheitsmarge eine nicht unwe­sent­li­che Bedeutung zu. Denn eine Schutzmauer von 10 Metern bietet bei einer Springflut von 12 Metern nur begrenzten Schutz und eine heute angemessen erscheinende Vorsorge für spätere Zeiten hilft bei einer erheblichen kün­fti­gen Steigerung des Bedarfs nur unzureichend.

Zusammenwirken von Triebfeder und Halt

Ein Zusammenwirken von Triebfeder und Halt als wechselseitige Unter­stüt­zung des Bemühens geht von der Vorstellung aus, dass

- ein tragfähiges Fundament jenen Halt und jene Zuversicht vermittelt, wel­che die Hoffnung auf eine positive Zukunft verstärkt, die als Triebfeder zu förderlichen Aktivitäten führt.
- Hoffnung aufgrund positiver Erfahrungen gibt ihrerseits zusätzlichen Halt und trägt zu einer Festigung des bereits vorhandenen tragfähigen Fun­da­ments bei.

Das Zusammenwirken von Erwartung und Fundament, von Triebfeder und Halt verstärkt dabei eine angestrebte positive Entwicklung, die letztlich aber von den gesetzten Bewertungsmaßstäben her zu beurteilen ist. Der Miss­erfolg des Einen kann so gesehen für einen anderen durchaus als Erfolg wahr­genommenen werden und von den Ergebnissen her zu einer – wenn auch – ver­langsamten Erfolgsgeschichte führen. Zie­le können im Einzelfall zu hoch oder aber zu niedrig gesetzt werden.

Abbildung 5:

Fundament, Erwartung, Entwicklung

Quelle: selbst erstellt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wirken im Zuge gemeinsamer Erwartungen und Anstrengung auf der Grund­lage eines tragfähigen Fundamentes kann jedenfalls als ein Erfolgs­re­zept betrachtet werden.

Fehlender Halt und fehlende positive Erwartung könnte sich ebenfalls wech­selseitig verstärken und zu einer wenig hilfreichen Abschottung gegenüber neuem Wissen und Erkennen, neuen Erfahrungen und Herausforderungen führen. Dies sei der Vollständigkeit halber an dieser Stelle ergänzend fest­gehalten.

Aus dem Zusammenwirken von Erwartung als Triebfeder und Fundament als Halt ergeben sich Konsequenzen für das resultierende Handeln. Es sind dies Konsequenzen, die ethischen Forderungen Rechnung tragen sollten und letztlich mit der individuellen Persönlichkeit des Einzelnen, aber auch den bestehenden Möglichkeiten verbunden sind.

So lässt sich leicht nachvollziehen, dass wir mit den Einen in herzlichem Ein­­vernehmen sinnvolles voran bringen wollen und können, mit Anderen aber aufgrund gemachter negativer Erfahrungen, von Intrigenspiel und Mob­bingverhalten nicht. Wir können uns hier sogar dazu veranlasst sehen, aus Eigenschutz, den Kontakt mit Jenen auf das nötigste Maß zu beschränken.

Der Weg aus einer bestehenden Vertrauenskrise wäre im letztgenannten Fal­le ein langer, der auf kompensierenden Erfahrungen beruhen müsste. In­wie­weit die erforderliche Basis einer künftigen konstruktiven Zusammenarbeit aber bereits irreversibel geschädigt ist, dies kann letztlich nur im Einzelfall geklärt wer­den. Jedenfalls kann man Vielen kurzfristig etwas vor­machen, gegenüber Allen wird dies langfristig nicht gelingen.

Resultierendes Bewusstsein der Mitverantwortung

Resultierendes Handeln setzt ein entsprechendes Bewusstsein voraus. „Be­wusst­sein ist dabei im weitesten Sinne die erlebbare Existenz mentaler Zu­­stän­de und Prozesse. Die wissenschaftliche Forschung beschäftigt sich vor allem mit den klarer definierten Bewusstseinszuständen.

Das individuelle Bewusstsein ist das Ergebnis eines Bewusstwerdens. Mit Bewusst­sein tangieren wir ein Kernelement menschlichen Seins, nämlich seine Ver­nunftbegabung. Bewusstsein zeigt sich uns in diesem Zusammen­hang als eine Nutzung der dem Menschen eigenen Ver­nunft­be­ga­bung.

Bewusstsein prägt schließlich das individuelle Sein. Es zeigt sich in per­sönlichen Einstel­lun­gen und Verhaltensweisen mit allen positiven und nega­tiven Schattie­rungen. Es zeigt sich in der Unverwechselbarkeit des jeweilig Einzelnen.

Handeln im Bewusstsein der Mitverantwortung bedingt neben dem Be­wusst­sein der Mitverantwortung des Antriebes zu aktivem Einsatz und „Verant­wor­tung bedeutet (schließlich) die Möglichkeit, für die Folgen eigener oder fremder Handlungen Rechenschaft abzulegen. Sie drückt sich darin aus, be­reit und fähig zu sein, später Antwort auf mögliche Fragen zu deren Fol­gen zu geben.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortung)

Antrieb stellt sodann auf die inneren Triebkräfte ab, die handlungsaus­lösend wirksam werden.

Betrachten wir im Zusammenhang mit Bewusstsein und Mitverantwortung noch kurz die Begriffe Ziel, Erfolg und Misserfolg. „Der Begriff Ziel … be­zeich­net (hier) einen in der Zukunft liegenden, gegenüber dem Gegen­wär­tigen im All­­ge­meinen veränderten, erstrebenswerten und an­ge­strebten Zu­stand (Ziel­vor­gabe). Ein Ziel ist somit ein definierter und an­ge­strebter End­punkt eines Prozesses, meist einer menschlichen Handlung. 'Ziel' benennt häu­fig den Erfolg eines Projekts bzw. einer mehr oder weniger aufwendigen Ar­beit.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Ziel)

Und der Begriff Erfolg steht für das Erreichen gesetzter Ziele. Dies gilt so­wohl für einzelne Menschen als auch für Organisationen. Bei Zielen kann es sich um eher sachliche Ziele wie zum Beispiel Einkommen oder um emo­tio­nale Ziele wie zum Beispiel Anerkennung handeln. Zur Umsetzung von Zie­len in Ergebnisse bedarf es (schließlich) der Umsetzungskompetenz.“ (http: //de.wikipedia.org/wiki/Erfolg)

Abbildung 6:

Positive und negative Entwicklungsmöglichkeit

Quelle: selbst erstellt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Doch nicht nur Erfolg kann das Ergebnis der individuellen Bemühungen sein. Im menschlichen Leben werden wir unweigerlich auch auf persönliches Versagen und persönliche Schuld treffen. Hier ist noch einmal auf die je­weiligen Bewertungsmaßstäbe hinzuweisen.

Liegen sie ausschließlich im Bereich der positivistischen Vernunft oder fin­den auch andere – z.B. soziale und öko­lo­gi­­sche – Faktoren Berücksichti­gung? Wird Ganzheitlichkeit und Lang­fristigkeit zu Gunsten eines kurz­fris­tigen Vorteils aufgegeben? Wo liegt lang­fristig der Ausgleich zwischen Auf­wand und Ertrag? Da bietet sich wohl an, die Definition und den Gehalt von „Erfolg“ einer kri­ti­schen Reflexion zu unterziehen.

Aus christlicher Sicht liegt Erfolg darin, die geoffenbarte Botschaft zu leben und Zuwen­dung zum Menschen im Bewusstsein des Beschenktseins durch Gott zu zei­gen. Es ist dies – anders ausgedrückt – die Gleichzeitigkeit der liebenden Bindung an den Mit­menschen und die vertrauensvollen Zuwen­dung zu Gott.

Zusammenfassung, Reflexion, Ausblick

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass wir uns zunächst mit Erwar­tung als Triebfeder auseinandergesetzt haben und uns dann dem Funda­ment als Halt zuwandten. Dies bot uns die Möglichkeit, das Zusammen­wirken von Triebfeder und Halt zu betrachten.

Dabei wurde uns bewusst, dass ein resultierendes Handeln von uns gefor­dert ist, das uns in die Mitverantwortung ruft. Handeln im Bewusstsein der Mitverantwortung gestaltet sich als zielorientiertes Handeln, das Erfolg brin­gen, aber auch zu Schuld führen kann.

Letztlich ist es unsere Aufgabe, mit den nicht nur durch uns beein­flussten Ergebnissen fertig zu werden und Ergebnisse als neue Ausgangs­punkte zu betrachten. Aus dem Glauben heraus Kraft zu schöpfen und in liebender Zuwendung zu Gott und den Menschen ein positives Beispiel zu geben, er­scheint so gesehen als Erfolg schlechthin.

Erfolg wurzelt so betrachtet in der Botschaft des Glaubens. Beschenkt zu sein und sich selbst zu verschenken ist mehr als eine sentimentale Marotte. Sie ist Ziel und Inhalt und weiß sich getragen durch die eigene Annahme von Gott her, trotz aller Schwächen.

Damit wird dem Leben ein unüberbietbarer Sinn gegeben, der in dieser Welt Zeichen setzt, die sich nicht in Besitz ausdrücken lassen, der vergänglich ist. Glaube und Weltoffenheit schließen sich nicht aus. Entscheidend ist aber nicht die Aufnahme jeglicher weltlichen Erwartung und Ausrichtung in die Fortent­wick­lung der eigenen personalen Identität, sondern die Kon­zentration auf das Wesentliche.

[...]

Ende der Leseprobe aus 178 Seiten

Details

Titel
Glaube, Sinn, Gerechtigkeit
Untertitel
Persönliche Verankerung als Fundament und Ausgangspunkt für individuelles Handeln
Autor
Jahr
2012
Seiten
178
Katalognummer
V204023
ISBN (eBook)
9783656302216
ISBN (Buch)
9783656302858
Dateigröße
1967 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Glaube, Sinn, Gerechtigkeit, Fundament, Verankerung, Grundposition
Arbeit zitieren
Prof. Dr. Alfons Maria Schmidt (Autor:in), 2012, Glaube, Sinn, Gerechtigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204023

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