Inter Arma Silent Leges - Über die großen Sonderkommanden des Cnaeus Pompeius Magnus


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

25 Seiten, Note: 1 - Sehr Gut


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Zur Vorgeschichte: Die Ereignisse bis 83 v. Chr

3. Das imperium des Pompeius im Seeräuberkrieg
3.1. Die kilikischen Seeräuber
3.2. Die lex Gabinia

4. Das imperium des Pompeius im Dritten Mithridatischen Krieg
4.1. Der Konflikt mit Mithridates VI. Eupator
4.2. Die lex Manilia

5. Schlußbetrachtung

6. Bibliographie

1. Einleitung

Cnaeus Pompeius Magnus war und ist eine umstrittene Gestalt. Aus dem Dunkel des sullanischen Bürgerkrieges stieg dieses “aufgehende Gestirn”[1] empor, überflügelte den Diktator Sulla und stieg auf zu höchsten Ehren, bis einem kometenhaften Aufstieg ein ebenso plötzlicher Fall folgte. Theodor Mommsen sah in ihm einen guten Offizier, “übrigens aber von mittelmäßigen Gaben des Geistes und des Herzens, […] ein Beispiel falscher Größe[…], wie es die Geschichte kein zweites kennt[2], und dieser Einschätzung sind viele gefolgt.

Schon die Zeitgenossen Pompeius’ übten schwere Kritik an ihm: die drei wichtigsten Zeitzeugen, deren Werke auf uns gekommen sind – Caesar, Cicero und Sallust – waren allesamt keine Bewunderer Pompeius. Cicero blieb auf Distanz zu ihm, buhlte zuweilen um seine Unterstützung, versuchte gar, ihn auf die Seite der boni zu ziehen, doch behielt er stets einige Vorbehalte. Daß das Urteil Caesars nicht positiver ausfiel wundert nicht weiter, und Sallust, der im Bürgerkrieg auf Seiten Caesars kämpfte, wird ebenso von der Gegnerschaft des Pompeius beeinflußt worden sein.

Trotz der vielfältigen zeitgenössischen Literatur – über keine Periode der Antike sind wir besser informiert, als über die letzten Jahrzehnte der Republik – ist das Bild, das uns durch sie vermittelt wird, einseitig: sie ist vor allem von Cicero geprägt. Umso wichtiger sind daher die Werke späterer Autoren, die sich nicht ausschließlich auf Caesar, Cicero oder Sallust berufen, und uns so einen Einblick in andere, verlorene Quellen verschaffen. Am interessantesten sind dabei sicherlich die Biographien Plutarchs und die noch erhaltenen, im Jahr 68 vor Christus einsetzenden Bücher der “Römischen Geschichte” von Cassius Dio. Auch Velleius Paterculus ist von einiger Bedeutung: in seiner “Historia romana” behandelt er unter anderem die Jahre 83 bis 44. Auch die “Annales” des Publius Cornelius Tacitus sind, bei der Frage nach der Natur des pompeianischen imperiums, von Bedeutung.

Die meisten uns erhaltenen Urteile über Pompeius sind negativ ausgefallen; besonderen Anstoß erregte – auch damals schon – seine außergewöhnliche Karriere.

Sie war eine Ansammlung von verfassungsrechtlichen Abnormitäten. Seine frühen Kommanden, an sich schon ungewöhnlich genug, verblassen allerdings in Anbetracht der beiden außerordentlichen Imperien, die ihm verliehen wurden. Pompeius, der einst mit knapp 23 Jahren von Sulla als imperator begrüßt wurde, erhielt durch diese beiden Gesetze Vollmachten und eine Verfügungsgewalt, die der Macht Sullas nach der Schlacht am Collinischen Tor entsprachen – und das alles auf mehr oder minder legalem Weg. Einer der besten Feldherren seiner Zeit erhielt de facto die Herrschaft über weite Teile des römischen Einflußbereiches übertragen.

Das ihm verliehene imperium maius wies Pompeius, der ein Leben lang auf den Grenzpfaden der Verfassung geschlichen war, endgültig eine Stellung als Außenseiter zu, die es ihm schließlich über lange Zeit hin praktisch unmöglich machen sollte, sich selbst in den Dienst der res publica zu stellen. Denn eigentlich wollte er nicht mehr sein, als princeps civitatis, Erster Bürger, maßgebender Politiker und erster Feldherr des Reiches. Da aber die vorherige Heeresreform des Marius eine Militarisierung des römischen Klientelwesens mit sich brachte, stellte der erfolgreiche Feldherr und Triumphator eine latente Bedrohung des Staates dar. Mit seinen ihm ergebenen Armeen konnte er jederzeit, wie Sulla, auf Rom marschieren – wenn er dies denn wollte. Daß er es nicht tat, lag an seiner Persönlichkeit und an seinen Zielen. Er sah keine Schwierigkeiten dabei, seine eigene besondere Stellung mit dem Prinzip der Senatsherrschaft zu verbinden; zwei Dinge, die sich aber als gänzlich unvereinbar erwiesen.

Wie genau sich diese Ausnahmestellung des Pompeius manifestierte, wie sie zustande kam und warum sie im Ende nicht nur zu seinem persönlichen Untergang, sondern auch zu dem der ‘Republik’ beitragen mußte: dies soll ihm Folgenden deutlich werden.

2. Zur Vorgeschichte: Die Ereignisse bis 83 vor Christus

Im Jahre 146 vor Christus gingen zwei der großen Städte des Altertums in Flammen auf: Der Niedergang der von römischen Truppen geplünderen und zerstörten Metropolen Karthago und Korinth war Sinnbild für die Allmacht des Hegemons Rom. Durch die Punischen Kriege, die ‘Befreiung’ der Griechen und die darauf folgenden Makedonischen Kriege erwarb Rom innerhalb eines knappen Jahrhunderts ein riesiges Reich in Afrika und im Osten, dessen Gewinn allerdings auch Probleme mit sich brachte. Der Geschichtsschreiber Velleius Paterculus notierte dazu in seinen “Historiae”:

Als nämlich die Furcht vor Karthago beseitigt und die Rivalin aus dem Weg geräumt war, wich man nicht Schritt für Schritt vom Pfad der Tugend, man verließ ihn Hals über Kopf und betrat die Bahn des Lasters.”[3]

Verwaltung und Erhalt dieser Provinzen nämlich, stellte das senatorische Regime, das den Stadtstaat Rom seit der Vertreibung des letzten römischen Königs Tarquinius Superbus regierte, vor eine schwere Prüfung. Am Ende sollte sich erweisen, daß die stadtrömische Ordnung nicht ohne weiteres auf ein weltumspannendes Imperium zu übertragen war. Sallust äußerte sich dazu folgendermaßen:

[…] so sehr war die Jugend durch Schwelgerei und Habgier verdorben, daß man mit Recht sagt, es seien Menschen geboren, die weder ihr eigenes Vermögen erhalten noch zulassen konnten, daß andere das ihre behielten.[4]

Bestehende innenpolitische Auseinandersetzungen sollten im Laufe der Jahre immer gravierender werden, bis sich, spätestens bis 133 v. Chr., zwei grobe Parteiungen entwickelten: auf der einen Seite die Optimaten, die am Herkommen und den bestehenden Strukturen starr festhielten, auf der anderen die Popularen, die, weit davon entfernt allesamt Revolutionäre zu sein, eine Reform der res publica anstrebten, um die offensichtlichen Fehler des Systems auszumerzen.

Das römische Volk, oder genauer gesagt die plebs urbana, spielte dabei eine eher untergeordnete Rolle. Tages- und Außenpolitik lagen in den Händen des Senats - bis zu eben diesem Jahr, 133 v. Chr., in dem Tiberius Sempronius Gracchus, Sprößling einer angesehenen Familie, das Volkstribunat bekleidete. Auf die Details seiner Gesetzgebung muß hier nicht weiter eingegangen werden: wichtig ist die Art und Weise wie er seine Gesetze durchsetzen wollte. Um sein Ziel zu erreichen erarbeitete sich Tiberius die Unterstützung der plebs, um mit ihr Politik zu betreiben - gegen den Willen des Senats. Als ein anderer Volkstribun gegen seine Gesetze interzedierte, ließ Tiberius ihn kurzerhand durch Volksbeschluß seines Amtes entheben - und das Gesetz wurde bestätigt. Dieser Schritt war ungeheuerlich, die Unverletzlichkeit der Volkstribunen waren ehernes Verfassungsrecht. Kein Gesetz verbot ausdrücklich die Amtsenthebung eines Tribunen, doch in einer Gesellschaft, die keine geschriebene Verfassung kannte, bestimmten Tradition und Präzedenz das politische wie soziale Geschehen. Eine solche Behandlung des Tribunen war auf keinen Fall mit der Tradition, mit dem mos maiorum vereinbar. Tiberius verstieß gegen alles Herkommen und stellte sich klar über die bestehende Ordnung. Als er sich dann auch noch für das zweite Jahr in Folge zum Tribunen wählen lassen wollte, verstieß er auch noch gegen die traditionelle Annuität aller römischen Magistraturen[5], und mußte dem Senat endgültig als aufrührerischer Umstürzler erscheinen. Tiberius und Dreihundert seiner Anhänger wurden bald danach bei einem Tumult erschlagen.

Zehn Jahre später trat Gaius Gracchus das Erbe seines Bruders an. Er verfolgte ähnliche Ziele wie Tiberius, im Gegensatz zu ihm wurde er auch zu einer zweiten Amtszeit gewählt. Bei einer eher unwichtigen Auseinandersetzung wurde dann jedoch ein Diener des Konsuln Opimius von einem Anhänger des Gracchus getötet. Der Senat nahm dies zum Anlaß, zum ersten Mal in seiner Geschichte das senatus consultum ultimum auszusprechen. Gaius verbarrikadierte sich mit 3000 Anhängern auf dem Aventin, wurde aber schnell von Anhängern des Senats in einem regelrechten Scharmützel geschlagen. Seine Leiche wurde wie die des Tiberius in den Tiber geworfen.

H.H. Scullard bezeichnete die Gracchen als Märtyrer[6]. Das erscheint mir übertrieben: wahr allerdings ist, daß sie die Schwächen des Systems erkannten, und für eine Verbesserung der Situation eintraten. Die Gracchen als Revolutionäre zu bezeichnen trifft schon eher zu[7]: Ihre Gesetzgebung war in Einzelfällen durchaus revolutionär - man denke nur an die Übertragung der quaestio de repetundis an Juroren des Ritterstandes, oder an die von Gaius eingeführte, subventionierte Verteilung von Getreide an die Bevölkerung! Das gewaltsame Scheitern der Gracchen läutete die Zeit der Bürgerkriege ein, an deren Ende schließlich das Ende der ‘Republik’ stand. Marius und Sulla versuchten beide auf die Erfolge und Mißerfolge der Gracchen zu reagieren. Ersterer, indem er gleichfalls um die Unterstützung der plebs buhlte, letzterer, indem er, um ihn zu retten, den Staat stürzte. Sullas Reformen als dictator legibus scribundis et res publica constituende sollten den Staat vor weiteren Gracchen schützen. Am Ende vermochten sie es nicht, da die verlockenden Möglichkeiten eines ihm wohlgesinnten Volkstribunes Pompeius in ihren Bann schlugen. Unter seinem Konsulat wurden die Bestimmungen des Tyrannen, der die Befugnisse der Tribunen bis zur politischen Impotenz beschnitten hatte, wieder aufgehoben, und der Weg für ehrgeizige nobiles wieder frei. Wenn die Gracchen am Anfang des Endes der res publica standen, dann erledigte Pompeius den Mittelteil. Nach ihm kam Caesar, und mit ihm der Untergang der Republik.

[...]


[1] Plutarch, Vies Parallèles II, Pompée, 14, 4.

[2] Theodor Mommsen, Römische Geschichte, Bd. 3, s. 436.

[3] Velleius, Historia Romana, 2, 1, 1.

[4] Sallust, Historiae, fragmenta ex prooemio, I 16.

[5] Wenn man von denen unter Sulla eingeführten prokonsularischen, bzw. propraetorischen Statthalterposten absieht, die nicht auf ein Jahr verliehen wurden, sondern bis die den Statthaltern gestellten Aufgaben erfüllt waren, oder diese vom Senat zurückgerufen wurden, waren alle römischen Magistraturen auf eine Amtsdauer von einem Jahr beschränkt.

[6] H.H.Scullard, From the Gracchi to Nero, s.37.

[7] David Stockton, The Gracchi, s.82ff.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Inter Arma Silent Leges - Über die großen Sonderkommanden des Cnaeus Pompeius Magnus
Hochschule
Universität Trier  (Fachbereich III Geschichte)
Veranstaltung
Cicero und die Krise der Römischen Republik
Note
1 - Sehr Gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
25
Katalognummer
V20396
ISBN (eBook)
9783638242783
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine Untersuchung der beiden Sonderkommanden des Pompeius im Krieg gegen die Piraten und im Dritten Mithridatischen Krieg.
Schlagworte
Inter, Arma, Silent, Leges, Sonderkommanden, Cnaeus, Pompeius, Magnus, Cicero, Krise, Römischen, Republik
Arbeit zitieren
Christian Rollinger (Autor:in), 2003, Inter Arma Silent Leges - Über die großen Sonderkommanden des Cnaeus Pompeius Magnus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20396

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